Blödsinn (sorry). Synästhesie ist ein Alltagsphänomen, gerade im künstlerischen und Wahrnehmungsvermittlungsbereich sowie schon immer in der Rhetorik. Ein bisschen runterscrollen darfst du bei dem Artikel allerdings:
de.wikipedia.org/wiki/Syn%C3%A4sthesie#Philoso
phische_Aspekte Die Semiotik wird sogar explizit als Beispiel von Weltwahrnehmung genannt, die sich sprachkonventionell manifestiert. Wir haben doch Hunderte Redewendungen, in denen Sinnesebenen vermischt werden, ohne dass das vom Empfänger eine besondere pathologische Störung/Fähigkeit vorausgesetzt wird. Ein individuelles Erleben wird eben nicht gefordert, sondern das Bild (oder in unserem Fall der Geruch) wird in demselben Maße als bekannt vorausgesetzt wie es durch sich selbst erzeugt wird.
Saussure meint dazu etwa Henne-Ei-mäßig:
Betrachtet man jedoch die Sprache als Gesamterscheinung, so besteht gleichwohl ein Zusammenhang zwischen diesen beiden einander widersprechenden Tatsachen: der freien Übereinkunft, kraft deren die Wahl in das Belieben gestellt ist, und der Zeit, vermöge deren das Ergebnis der Wahl schon festgelegt ist. Gerade deshalb, weil das Zeichen beliebig ist, gibt es für dasselbe kein anderes Gesetz als das der Überlieferung, und weil es auf die Überlieferung begründet ist, kann es beliebig sein.
Konvention und Arbitrarität schließen sich eben nicht aus, sondern bedingen einander. Welche Worte wir benutzen ist völlig egal, wichtig ist, dass Einigkeit über den Sinn unserer Aussagen besteht. Man kann sagen: Wir nehmen dasselbe wahr, weil wir für unsere Wahrnehmung dieselben Worte benutzen. Und wir benutzen diese Worte, weil sie unsere Wahrnehmung beschreiben und schon vorher beschrieben haben.
Bleibt die Frage, ob man überhaupt eine arbiträre Festlegung von Beschreibungsvokabeln in einem Fachjargon sinnvoll auseinanderfriemeln kann. Worte wie „pudrig“ stimmen, wenn genügend Menschen sie stimmig finden und darin eine Verständigungslösung sehen (koordinatives Gleichgewicht). Daraus folgt eine kommunikative Stabilität, die letztlich Sprache an sich möglich macht und normativiert.
Georg Meggle:
Stabil ist eine Kommunikative Regularität nur bei hinreichend häufigem kooperativem Verhalten auch auf Seiten des Kommunikations-Adressaten; und das wiederum ist nur dann gewährleistet, wenn hinter dieser Kooperation von S und H gemeinsame Interessen (und wiederum das gemeinsame Wissen um diese) stehen.
Pudrig ist also gar nicht schlecht, weil wir den Riecheindruck identifizieren können und ihn sogar synästhetisch greifbar machen. Bricht man die Konvention und sucht andere Lösungen, etwa „beige“, bleibt man wahrscheinlich kommunikativ auf der Strecke.
[Ich danke dem Internet, das mir das Kramen im Bücherregal für die Zitate gespart hat. Dennoch:
F. de Saussure: „Grundfragen der Allgemeinen Sprachwissenschaft“.
G. Meggle: „Verstehen“ in: „Kommunikation“, Hg. v. Richter & Schmitz]