Fran

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6 - 10 von 253
Fran vor 12 Jahren 17
5
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Und plötzlich war es Liebe
Kann man seine Meinung zu einem Duft einmal komplett drehen? Ich dachte, das geht nicht. Und siehe da: es geht.

Die Probe einer Mit-Nase war lieb gemeint – und ging schwerst nach hinten los. Und dann fragt die Mit-Nase natürlich, wie er denn so gefiel. Und dann windet man sich und formuliert so drumrum – um aber doch irgendwie wahrheitsgemäß und höflich zu antworten: geht so.

L’Inspiratrice, der kleine Zungenbrecher, hat mich völlig falsch erwischt. Oll, muffig, staubig, altbaksch, unmodern, spickig, hustenpudrig und einfach komplett seltsam. In keinster Weise mein Beuteschema. Und ich hab ihn nicht kapiert.

Die Mit-Nase war schwer begeistert, und ihr Wort hat eigentlich bei mir Gewicht – zumindest ist unsere olfaktorische Schnittmenge nicht eben klein. Deswegen ist die Probe wohl auch nicht gleich in die Tonne gewandert, sondern ins Probenlager.
Und Monate später überkommt mich die Neugier, diese Herausforderung erneut zu testen (so schnell gebe ich ja nicht auf).

Und plötzlich war es Liebe.

Was auch immer beim ersten (oder zweiten) Testen schief gelaufen ist: am Ende ward alles gut, und L’Inspiratrice und ich haben endlich zueinander gefunden. Und alles, was vorher doof (aber so richtig doof!) war, war plötzlich wundervoll (aber so richtig wundervoll!). Aus „oll, muffig, staubig, altbaksch, unmodern, spickig, hustenpudrig und einfach komplett seltsam“ ist mit einem Mal „pudrig, sinnlich, fein, edel, kuschelig, feminin, warm, blumig und einhüllend“ geworden. Und wunderbar seltsam. Ich kenne keinen Duft, der ihm gleicht, obwohl die Kombination „Rose und Patchouli“ ein kleiner Klassiker ist. Aber hier ist irgendwie alles anders.

Das Patchouli pudert ordentlich, dunkel, trocken, elegant, mysteriös. Keine Erde, kein Keller, keine Gruft, keine Schokolade. Dafür dunkeltrockener Puder, zurückhaltend und doch intensiv, eine diffuse wohlriechende Wolke umhüllt und fahnt elegant. Die Rose in L’Inspiratrice ist überraschend – schon blumig und voluminös, allerdings mehr als nur rosig und samtig, sondern tatsächlich fruchtig-saftig. Als wäre hier eine Fruchtrosenhybridzüchtung am Werk. Das ist ein extrem spannendes Duell mit dem supersanften Puderpatch, der zu jeder Zeit den Ton angibt. Die Fruchtrose bringt in diesen voluminösen Puder einen guten Schwung dunkelrote Sämigkeit, und dieses Zusammenspiel ist fantastisch extravagant und elegant.

L’Inspiratrice wirkt nur eine Sekunde lang harsch und laut, um dann sofort butterweich dahinzuschmelzen. Hier gibt es keine Schärfe, keine Würze, keine Kühle, stattdessen ein wundervoll verwobenes Duftnetz mit ganz viel Charakter in Moll. Kein Jogginghosenduft allerdings, hier sediert keine Vanille oder sonst eine Dröhnsüße, es bleibt immer edel und schick mit ganz viel Sinnlichkeit. Sehr erwachsen, und sogar für mich Patchouli- und (Schmink)Puder-Angsthasen schwerst tragbar. Hat sich nach einem Fehlstart in meine Topriege hochgepatcht und -pudert und darf da gerne lange bleiben. Danke Hermi.
17 Antworten
Fran vor 12 Jahren 6
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
3
Duft
Hans-A-Plast
Die japanische Mandarinen-Abart startet fulminant: zitrisch, erfrischend, grün, spritzig, saftig, herrlich. Die Minze hat weder Kaugummi noch Zahnpasta Attitüden, sondern fügt sich blendend in die grüne Zitrusfrische ein und kühlt sogar die Haut. Auftakt also großartig, Häkchen dran.

Und sehr schnell ist auch klar: das hier ist kein ödes oberflächliches Erfrischungswasser. Denn gleich schwingt neben der vordergründigen Yuzu-Minz-Spritzigkeit eine gewisse Weite wenn nicht sogar Tiefe mit, die dem Duft Mehrdimensionalität und Volumen gibt. Sind das irgendwelche hellen Hölzer? Es erinnert mich auch an eine Art kühlen Weihrauch – irgendetwas Raum-schaffendes ohne Schwere. Zweite Stufe nach dem Auftakt also immer noch großartig, so kann’s weitergehen.

Und dann wendet sich das Blatt. Plötzlich, wie aus dem Nichts heraus, verschwindet die wirklich leckere Zitrus-Yuzu-Minz-Saft-Frische – und hinterlässt einen Geruch nach: frischem Pflaster. Dem brauen Klebeteil von Pflaster, Außenseite. Wo Jense im Bambuswald steht, Ergo auf Bohnerwachs schliddert, Turandot Waschtag hat und Lila den Putzlappen schwingt breitet sich in mir ein Gefühl nach Wundheilung aus. Eben war’s noch schlimm, der Kratzer tat weh, aber jetzt ist ein Pflaster drauf, die Wunde ist versorgt, die Tränen sind getrocknet, ich bin getröstet, alles wird gut.
Der Pflastergeruch ist so deutlich, ich bin wirklich verblüfft. Ein bisschen krautig, ein bisschen muffig, ein bisschen medizinisch, ein bisschen aseptisch. Holziger Pfeffer mit Bambus, vermute ich mal. Mir viel zu herb und seltsam.

Die ganze schöne Kopfnote ist verblasst, zurück bleibt bei mir ein krautig-holzig-bitterer Geruch für „The Library of Fragrance: Band Aid“.
6 Antworten
Fran vor 12 Jahren 12
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Die Rosenpeitsche
Ein Rosenduft wie ein Donnerhall – Whips and Roses ist nicht ohne Grund in Leder geschnürt. Wer ist auch schon so alt wie ich und kann sich noch an den ersten Film von Otto erinnern, wo er den Namen des Edelrestaurants vergisst (Crème de la Crème) und stattdessen im Chrome de la Chrome landet? Trotz des knalldunkelpinken Flakons muss ich sofort und unbedingt an diesen Laden denken („Wie pinkelt 'n Eskimo?“). NurdieHartenkomminGarten.

Whips and Roses knallt dir die Rosen mit einer Wucht um die Ohren, dass es dich aus den Lederlatschen haut. Fett, frontal, furios. Vergiss alles, was du bisher über Rosen gedacht hast. Vergiss rosa, vergiss lieblich, vergiss reizend, vergiss niedlich, vergiss verspielt. Die Kerosene-Rose von John Pegg ist laut, knallig, kräftig, schrill. Superfrisch, supergrün, supersaftig. Hier sind neben den Rosenblüten auch die Blätter, Stängel und Dornen verarbeitet worden. Damit das alles dann aber auch bloß nicht noch zu leise ist, dürfen Bergamotte und Blutorange die Dröhnung noch verstärken. Bisweilen sogar etwas beißend und rasiermesserscharf. Achtung: Zitronengesicht! Wie reingebissen in die gelbe Frucht - mit Schale versteht sich. Die Kopfnote ist so voller Intensität, dass sie durch die Nase direkt ins Hirn bläst. Ungewöhnlich, fesselnd, mutig – aber durchaus reizvoll und bei weitem nicht unschön. Ein saure Fruchtigkeit mit Tiefe und Volumen.

Moschus ist ja bekanntermaßen ein kongenialer Partner der Rose, und auch die Donnerrose bedient sich seiner Vorzüge. Wobei selbstredend der Moschus hier mithält und alles andere als fluffig-süß ist. Die Rosensüße nimmt eher noch ab und der Moschus hat Muckis. Kein Tier weit und breit, aber dennoch ist der Moschus selbstbewusst kompakt und vielleicht schon eine Spur sperrig. Und trotzdem breitet sich eine leichte Sämigkeit um die Rose herum aus. Ein bisschen dunkel-schnurrig-weich, um die scharfen Kanten etwas abzurunden. Aber weiterhin jenseits aller Schäfchenwolkenfluffigkeit. Spätestens ab jetzt ist der Duft wie deklariert unisex – wenn Mann keine Angst vor Rosen hat. Wobei eines fest steht: DIESE Rose ist keine typische Rose. Die schlägt sensible Nasen in die Flucht, egal ob mit oder ohne y-Chromosom.

Und dann kommt das Leder, vor dem ich immer ein bisschen Manschetten habe. Und tatsächlich ist das hier kein schmuseweiches dünnes hellgraues Wildleder, unter dem man eine Zeitung lesen könnte, sondern edles, ehrliches schwarzes Leder mit ohne Nieten. Deutlich, eingebettet, kraftvoll, gewöhnungsbedürftig. Die Rosenwucht hält dagegen und den Moschus zieht es jetzt zur dunklen Seite der Macht. Das riecht auffällig, kantig, pieksig. Whips and Roses will nicht kuscheln, das ist mal klar. Aber duften durchaus, nur eben nicht so dezent und unaneckend. Gefällig ist was anderes. Die Rosenpeitsche passt sicherlich nicht zu jeder Gelegenheit, für sie braucht man Lust und Bereitschaft. Denn sie bleibt auch lange bei dir und du teilst sie mit denen in deiner Umgebung. Kompromisslos.

Und wird am Ende etwas versöhnlicher. Runder und weicher, ohne auf seine drei Hauptdarsteller zu verzichten, die sich jedoch im Drydown einander annähern, sich verweben und als eine eigenständige Moschuslederrose auftreten, die ich so noch nicht gerochen habe.

Und noch zwei Worte zum Flakon: großes Kino. Feinste Handarbeit, kein Plastik weit und breit, dafür Lack, Metall, Leder - schnörkellos und dennoch mit Charakter. Haptisch und optisch eine Augenweide. Ein kleiner Bondage-Flakon, um die wilde Rose im Zaum zu halten. *peitsch!*
12 Antworten
Fran vor 12 Jahren 8
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Sonnen-Creme
Nein, der Bindestrich ist kein Verschreiber. Stattdessen ist er ein stilistisches Mittel, um vorherige Dufteindrücke mit meinem zu paaren. Louanges Profanes, also die "weltlichen Lobgesänge" oder auch schlicht die Nummer 19 aus dem Hause Parfumerie Générale, gilt weithin als Sonnencreme-Duft, sprich als Duft einer Sonnenschutzmilch einer bestimmten Marke - die ich leider nicht kenne. Nichtsdestotrotz ahne ich eine begründetet Relation. Denn für mich kommt Louanges Profanes direkt aus der Sonne, und zwar wie eine aus der Sonne direkt hergestellten dicken fetten Creme. Und so kann ich mir auch hervorragend vorstellen, dass es mal eine Sonnenmilch gegeben hat, die so riecht. Warum auch nicht sollte früher schon mal jemand befunden haben, das Thema "Sonne" in Verbindung mit Creme so duften zu lassen.

Doch zurück zu meiner Sonnen-Creme. Man nehme edle, weiche, buttrige, satte, weiße Creme und füge ihr "Sonne" hinzu. Strahlend, warm, dunkelgelb, mächtig, lebendig, ein bisschen lähmend auch, flirrend, besänftigend, stimulierend. Alles gut verrühren - voilà: Louanges Profanes. Sonnen-Creme im Flakon zum Aufsprühen.

Ein kräftiger, seltsamer, ungewöhnlicher Blumen- und Blütenduft mit extrem cremiger olfaktorischer Haptik, sehr dicht, sämig, wie Nektar, beinahe trüb wirkend. Ein starke Neroli-Note tritt zunächst hervor, und diese Orangenblüten sind stark und konzentriert eingesetzt. Sie verbreiten Sonne und Licht und bringen eine eigene Süße mit. Doch Neroli allein sorgt nicht für diesen fremdartigen Geruch. Weiße Lilien geben die ihnen eigene florale transparente Schwülstigkeit ab und sorgen für eine blumige Nuance, ebenfalls sehr hell. Die Weißdornnote (danke Louce fürs Googeln - finde den Dufteindruck genau so wieder) schließlich macht den Unterschied: "animalisch" trifft es dabei für mich nicht so ganz, eher "lebendig", "körperlich", "grobsinnlich", "naturhaft" - so ein bisschen "in your face", nicht sehr subtil und feinsinnig, sondern ziemlich direkt.

Und dieses Trio infernale - sonnige Orangenblüte, schwülstige Lilie und grobsinnlicher Weißdorn - ergibt diese aufmerksamkeitsstarke Note, die die Nummer 19 ausmacht. Fröhlichkeit und Schwermut im wunderbar fremdartigen Gleichklang. So wie die Sonne nicht nur sonnig und heiter ist, sondern auch ihre dunklen Seiten hat und mächtig und zerstörerisch sein kann. In Louanges Profanes steckt, und das merkt man auf Anhieb, eine sinnliche Tiefe, allerdings eher gefahrlos, irgendwie träge, räkelnd und faulenzend in der warmen Sonne, vielleicht mit melancholischen Tendenzen.

Diese besondere Note trägt die dichte Cremigkeit schon in sich, Benzoe und Holz geben ihr ein paar warme süßliche Gewürznuancen, ohne dass es harzig-holzig wird. Das bleibt alles sehr cremig-weich. Weihrauch hält sich bei mir, mal wieder, komplett zurück. Und trotzdem wirkt der Duft bei aller Sonnigkeit auch irgendwie ein bisschen schwer(mütig) und trüb(sinnig), zumindest zu keiner Zeit oberflächlich und platt. Kein Duft für jeden Tag, aber auch nicht nur für Sommertage reserviert. Das wäre zu schade, denn diese komplexe und herausfordernde Sonnen-Creme richtet sich vielmehr nach Stimmungen - und ob die jetzt heiter oder wolkig ist spielt dabei keine Rolle. Louanges Profanes mit seinem breiten Duftspektrum passt, wenn's denn passt, sowohl als auch.
8 Antworten
Fran vor 12 Jahren 3
5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
7
Duft
Frische Kokosnuss
Die Parfums von Mrs. Parker sind sicherlich kein großes Kino, aber unter den Celebrity-Düften gehören sie unterm Strich wohl doch zu den etwas interessanteren und etwas ausgefeilteren. Zumindest sind sie nicht ganz so platt als nur "fruchtichblumichsuß".

Hier haben wir: einen 1 A Kokosduft. Mit ohne Klebrigkeit, mit ohne erdrückende Süße, ein paar weiße Blüten geben eine feinsinnige florale Nuance, die nicht stört, sondern im Gegenteil den Duft etwas "parfümiger" macht. Eine seltsame Röstnote ist dabei, die der Kokosnuss eine gewisse Künstlichkeit verleiht, wobei die Kokosnuss an sich eher frisch und unsüß ist. Das Ganze ist eingebettet in eine weiße Cremigkeit. Pure Crush wirkt hell und weiß und freundlich und lecker, ganz schön sommerlich und verströmt bei aller Leichtigkeit eine erstaunlich kräftige Sillage. Die Haltbarkeit kann sich ebenfalls sehen lassen. Vanille hält sich bei mir glücklicherweise zurück, Pure Crush ist nicht quietschig. Es ist eher diese fette Cremigkeit, die den Duft so gehaltvoll macht. Wie, wenn man eine Dose Kokosmilch nicht ordentlich genug geschüttelt hat, und das sehr flüssige Kokosmilchwasser zuerst abgießt und dann nur noch die feste, weiße, weiche, aromatische Kokoscreme übrig behält. Das garniert mit frischen weißen Blüten - voilà: Pure Crush. Im positiven Sinne eindimensional, sehr "leisure", ein bisschen auch wie mit einer satten Kokos-Bodylotion eingecremt, nur viel haltbarer.
Sommer, ich komme!
3 Antworten
6 - 10 von 253