M3000

M3000

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6 - 10 von 18
M3000 vor 4 Jahren 7 8
4
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
7.5
Duft
würziger Tabak mit Old School Flair [Blindprobe!]

Harscher Start, unangenehm! Sehr würzig, leicht urinös, etwas oldschool. Tabak. Fein fruchtig zwischen den groben Linien. Vanille arbeitet sich nach ca 3 Minuten durch; sicherlich als Absolue in seiner würzigen Ausprägung. Erinnerung korkiger Wein.

Wird jetzt gut!

Aber schon noch stechend in einigen Momenten. Ausrichtung wie Francesca Bianchi Etruscan Water oder The Black Knight, aber doch etwas zurückhaltender. Sehr maskulin dennoch. - Kaffeelikör!
Wird trockener, grüner, stoffiger. Tabak immer zentraler.

"Du riechst aber schon recht penetrant", sagt meine Frau nach ca. einer Stunde. Habe aber auch die Potenz unterschätzt und 4-5x gesprüht.

Fazit:
Zu old school für mich, aber in sich gute Ausrichtung.

[dies sind Notizen der Beobachtungen von Bookie und mir/M3000 auf Basis einer Blindprobe von Caligari - danke!]
8 Antworten
M3000 vor 6 Jahren 53 22
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Das erste Oud-Parfum von Hèrmes!?
Sie haben's getan! In all den Jahren, in denen Oud in der westlichen Welt vom Geheimtipp zum Mainstream-Must wurde, hat sich Hèrmes rausgehalten. Es sagte Jean-Claude Ellena im Jahre 2015: "To put oud in a fragrance is not Hermès: it's a marketing approach to perfumery for those who follow the money." Ellena war 12 Jahre lang Haus-Parfümeur bei Hèrmes und wirft einen sehr langen Schatten. Seine designierte Nachfolgerin war seit 2013 die erfahrene Christine Nagel, und seit dem Abtritt Ellenas 2016 ist sie die alleinige In-House-Parfümeurin. Der Alte ist weg! Endlich ist die Bahn frei für das erste Hèrmes Oud-Parfum! Der grosse JCE wird das als Affront empfinden.

Womit haben wir es zu tun:
Der Markteintritt von Agar Ébène (Ebenholz Oud) wird flankiert von vier gleichzeitigen Neuveröffentlichungen und markiert zudem die ersten Düfte Nagels in der Hermessence-Reihe. Mit Oud hat sie für andere Marken in einer Handvoll Düfte gearbeitet, die aber alle eher Leichtgewichte und keine eigentlichen Oud-Düfte sind. "Oud für Anfänger", heisst es dann in den Kommentaren oder "So mag sogar ich Oud". Die Marschrichtung ist also klar.

Oud?
Wie Christine Nagel im Interview erklärte, enthält dieses Parfum aus Naturschutzgründen kein natürliches Oud. Eine ehrenhafte Ehrlichkeit mit Haltung, und ich bin bereit zu glauben, dass diese Entscheidung bei Hèrmes tatsächlich nicht nur finanzielle Beweggründe hat. Nagel spricht vom Agar, das aus dem gleichen Holz sei, jedoch nicht krankhaft infiziert ist. Natürlichen Ursprungs also, kein synthetischer Ersatz. Warum man von dieser scheinbar naheliegenden Alternative noch nichts gehört hat, muss vorerst ungeklärt bleiben. - Übrigens nennen andere Quellen abweichend von der obigen Inhaltsangabe ("Oud und Balsamtanne") noch die Noten Cashmeran/Kaschmirholz und Pinie bzw. Kiefer. Eine eindeutige Referenz gibt es nicht, die Hèrmes-Websites führen die Reihe noch nicht auf.

Zum Duft:
Ob synthetisch oder natürlich, Oud oder Agarholz, das hier ist ein Lederduft. Und zwar ein guter. Bevor das deutlich wird, eröffnet Agar Ébène grün-zitrisch, nicht allzu knackig. Keine Spur von spitz-aggressiver Grapefruit oder ähnlichem, sondern eine breite Saftigkeit von reifer Zitrone, etwas aufgeraut vielleicht von Bergamotte. Später meine ich rückwirkend Zirbelkiefer/Arve zu erkennen; ein wunderbare leichte, holzige Kopfnote von leider kurzer Haltbarkeit. Der Auftakt ist jedenfalls grossartig, und er zieht sich nur langsam zurück. Bzw. entwickelt sich weiter, denn ich empfinde es als sehr elegant fliessend, wie sich das Zitrusgrün zunehmend zum dunkleren und harzigeren Waldgrün wandelt. Tannenbalsam nehme ich als mild-harzig und eher hell wahr. Mit waldigem Image zwar, aber echte Dunkelheit geht nicht von ihm aus - diese Lücke wird gefüllt von der hier noch nicht aufgeführten Kiefer. Sie legt ein dunkleres Nadelkissen zwischen Kopf und Basis, gleichzeitig harmonisieren ganz leicht süße Anteile, die noch vom Tannenbalsam stammen können.
Bilde ich mir im Herz vorübergehend gar einen zarten Rhabarber-Akkord ein? Etwas Vetiver vielleicht? Das würde passen und fruchtig-erdig zum Leder überleiten. Die holzige Grundierung wird nun zwar lauter, doch der Protagonist ist Leder. Eine tierische Assoziation ist nur entfernt zu ahnen, hat in ihrem säuerlichen Anklang jedoch etwas vom Lebendigen. Zwar frei von fieser Animalik, aber es handelt sich beileibe nicht nur um das moderne milde 'Wildleder'. Die rauchig-harzige Ausrichtung bleibt bestehen, m.E. wird sie weitergeführt von Guajakholz und Birkenteer. Ich schwanke zwischen säuerlich und erdig, und auch wenn das merkwürdig klingt, riecht es doch absolut ansprechend! Später wird das Gebilde etwas leichter, das Kaschmirholz lüftet auf sympathisch-synthetische Art. Erstaunlicherweise gewinnt der Duft in der späteren Basis an Grün zurück, mir gefällt das sehr gut.

Fazit:
Die ganz grosse Innovation wird mit Agar Ébène natürlich nicht betrieben. Der erste (fast-)Oud-Duft von Hermès ist per se eine deutliche Ansage, mit der sich Christine Nagel selbstbewusst Gehör und einen Raum post-Ellena verschafft. Gleichzeitig spricht sie über das Leder geschickt die Hèrmes-Traditionen an. Unterm Strich ist dies ein sehr gutes, kräftiges, holzig-ledriges Parfum von eher maskuliner Ausrichtung, rund und schlüssig gebaut.
22 Antworten
M3000 vor 7 Jahren 37 12
9
Flakon
6
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Zitrone auf unserer Haut
Etwas Frisches von Andy Tauer? Das ist neu! Aber es wäre kein Tauer-Duft, wenn da nicht diese typische Handschrift wäre, der gewisse Twist. Und richtig: l'Eau ist kein eigentliches Cologne, kein leichter, spritziger Erfrischer. Es ist schon gar nicht sportlich, auch nicht wirklich blumig. Vielmehr folgt einem herb-zitrischen Auftakt ein pudriges Herz, und dann wird l'Eau schon überraschend süss auf einer wunderbaren Basis von sehr trockenem, warmen Holz.

Die Inspiration zu diesem Duft war der Zitronenbaum auf Andy Tauers Veranda in der frischen Morgenluft. Gerochen habe ich selbst Zitronenblüte leider noch nicht bewusst, und offenbar hatte ich eine falsche Vorstellung. Denn nun habe ich mir angelesen, dass Zitronenblüten blumig lieblich bis süss riechen, Wikipedia spricht gar von 'bisweilen faulig duftenden Blüten'. Bedaure, dazu kann ich keine Stellung nehmen.
Den Start empfinde ich mit Bergamotte als frisch-herb, eine Brise Zitrone bringt noch hellere Noten ins Bild, ist aber für mich nicht einmal vordergründig. So nehme ich die Hesperidien schwankend stark war, und während ich noch suche, drängen sich die nächsten beiden Protagonisten auf: Eine Neroli-artige, orange Süsse streitet sich bereits mit den pudrigen Noten der Iris. Auf der Haut meiner Partnerin zeigt sich die Iris deutlich präsenter und langanhaltender, bei mir hingegen streicht sie bald die Segel. Ich betrachte Iris selten als ausdrücklich blumig, vielmehr empfinde ich sie, bestehend aus ganz vielen hellen Punkten, neben der Pudrigkeit als etwas rauh und kühl. Und insofern repräsentiert sie für mich in diesem Duft die besagte kühle Morgenluft, die zart über die Zitronenblüten streicht.
Die Sonne geht auf und steigt weiter, die Luft erwärmt sich, und mit ihr unsere Haut. Denn das ist für mich ein markantes Merkmal: l'Eau weist diesen ausgeprägten, warmen Hautton auf, von dem ich nicht genug bekommen kann! Hier spricht mich ein Parfum emotional an, wie es mir selten passiert. Aber dieser verführerische Hautton (Moschus?) in Kombination mit trockenen Holznoten und der süssen Orange ist ganz grossartig. Auch leichte Sonnencreme-Assoziationen hatte ich schon, im positivsten Sinne. Weiter: Mir doch egal, ob es Mysore Sandelholz oder Javanol ist, es riecht in dieser Verbindung zum Reinlegen. Zum Reinlegen oder eben - Haut! - zum Drauflegen :-) Stabilisiert und verlängert wird die Basis von Ambra, d.h. sinnvollerweise vom synthetischen Ersatz Ambroxan, zu dessen Qualitäten sich Andy Tauer im Zusammenhang mit l'Eau bekannt hat. Und nehme ich ein paar Spritzer Vetiver wahr? Mit im Spiel dürfte auch etwas aromatische Zeder sein. Das alles ist perfekt abgestimmt, fast körperlich zum Reinlegen und Anfassen.

Die Sillage des l'Eau ist recht zurückhaltend, die Haltbarkeit mittel. Mittel gemessen woran? An zitrischen Eau de Colognes etwa? Nein, die sind keine Konkurrenz. An langanhaltenden holzigen Düften, die mit generischer Basis langweilen? Keine Konkurrenz. Ich empfehle übrigens eine recht starke Dosierung, so wirkt l'Eau voller und verführerischer. Sprüht l'Eau am Nachmittag nach und tanzt in die laue Sommernacht unter den Sternen!

Noch kurz zum Formalen: Den Namen finde ich zu wenig individuell auf dem Markt, aber im Tauer-Portfolie ist diese abweichende Schlichtheit wiederum logisch. Dazu passt auch die Verpackung: Tauer hat sich für glänzenden, weissen Karton entschieden anstelle des bisherigen Dunkelblau. Der Flakon ist das übliche blaue Fünfeck, unverkennbar Tauer. Der Name steht in weissen Buchstaben auf transparentem Klebeetikett, auch aus diesen Variationen spricht die Kreativität.

Fazit: Tauer hat uns mit einem zitrischen Duft voller Wärme überrascht. Unerwartet, eigenwillig und überzeugend!
12 Antworten
M3000 vor 8 Jahren 11 4
8
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Holziger als das EdP-Original, schlechtere Haltbarkeit
Die Unterschiede zum Original, und damit meine ich das EdP von 2010, hervorzuheben, genügt mir als Ziel dieses Beitrags. Die 15 Kommentare dort erschliessen diesen wirklich guten Duft umfänglich. Denn die Unterschiede sind aus meiner Sicht gering, weitere mögen mir folgende Kommentare gern heraus arbeiten:

Das Extrait startet etwas holzig-würziger. Im EdP ist mir während der ersten knappen Stunde die leicht stechende Kamille überbetont. Das ist nicht völlig falsch, meinem Geschmack entspricht aber der holzigere Start des Extrait mehr. Etwas kratziger im besten Sinne, etwas dichter, weniger rund. Und das war's dann auch für mich mit den Duft-Unterschieden.
Hinzu kommt deutlich schlechtere Haltbarkeit und flachere Sillage des Extraits. Schade! So favorisiere ich unterm Strich doch das EdP, dessen elegante Männlichkeit noch einige Stunden länger strahlt.
Ach ja, das Extrait gibt's offenbar nur im Luxus-Set mit extra-schöner Verpackung zum vierfachen Preis des EdP zu kaufen. Da weiss ich, dass ich eh nicht die Zielgruppe bin.
4 Antworten
M3000 vor 8 Jahren 28 10
9
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Der Cowboy im weissen Hemd
So sieht Andy Tauer selbst seinen Lonesome Rider, das Bild hat er in Interviews gezeichnet: Der Cowboy im weissen Hemd. - Je länger ich mich mit diesem Duft-Kunstwerk auseinander setze, desto besser verstehe ich dieses Bild.

Nach den ersten Ankündigungen Anfang des Jahres war ich auf die enthaltenen Noten Leder, Rauch und Vetiver fixiert - genau meine Wellenlänge, die Vorfreude war gross! Den Flakon habe ich im Pre-Order zum grosszügigen Einführungspreis blind bestellt, die zunehmenden Infos auf www.lonesomerider.website verschlungen, gewartet, endlich gerochen... - und wurde aus der Bahn geworfen. Meine Erwartung war falsch, ich wurde enttäuscht. Dann habe ich bei Null angefangen und der Cowboy konnte mich mit jedem Tragen mehr auf seine Seite ziehen.

Gedankliche Vorgänger sind zum einen Tauers dritter Duft, das bereits 10 Jahre alte "Lonestar Memories" (der zweite war der Türöffner "L'Air du Désert Marocain") und zum anderen das mir leider unbekannte "Orris" etwa gleichen Alters, das nur limitiert erschien. Während "Lonestar Memories" noch ein dreckiger Kracher ist, der mit ledrigen und animalischen Tönen die Tür aus Birkenholz eintritt, ist Lonesome Rider viel ruhiger. Ein komplexer Duft von feinsinniger Präsenz, der selbstbewusst auftritt, aber nicht laut ist.

Ein knackiger Auftakt von herber Bergamotte mischt sich mit bitteren Grapefruit-Spritzern. Das gilt als Zitrus-Akkord, ok, frisch ist dieser Start trotzdem nicht. Belebend aber doch! Sehr zügig betritt dann die pudrige Iris die Bühne, die sogleich von borstigem Pfeffer aufgewirbelt wird. Diese beiden Linien bindet dann - mit nur minimalster Spur von Sauberkeit, ich bin da empfindlich - eine trockene Rose. Dem Ganzen haftet etwas Kreide-artiges an, so pulvrig, aber auch metallische Töne. Das ist ganz schwer auf den Punkt zu bringen. Einfach schön.
Irgendwo hier erhebt sich auch der Rauch. Kein Vergleich zum Lagerfeuer aus Lonestar Memories, zum Glück auch kein klerikaler Weihrauch - ich fühle eher dichte weisse Rauchfahnen, als dass ich sie rieche.
Und noch etwas, ein Gegenpol: Ein Hauch von animalischem Unterton bringt mit schönem Gruss aus dem Pferdestall das bisherige Konstrukt zum harmonischen Schwingen. Sekret-Töne sind problematisch, wirken oft etwas gezielt provokant, gewollt unschön. Nicht so in Lonesome Rider, die Harmonie ist perfekt!

Dem Leder - es sei der Sattel auf dem besagten Pferderücken, vielleicht auch die Hose-schützenden Chaps oder die Lederjacke - wird in etlichen Besprechungen viel Raum gegeben. Für mich ist es zumindest nicht dominant, ich empfinde LR beileibe nicht als Lederduft. Aber eine gewisse Knarzigkeit macht da weiter, wo der Pfeffer aufgehört hat, reibend spielt sie den Gegenpart zum zart blumigen Körper der Rose und bereits dem ambratischen Brummen. Ob auch mein geliebter Vetiver dazu beiträgt, vermag ich nicht zu sagen, ungewöhnlicherweise identifiziere ich den nicht einmal im Drydown. Holzige Noten bestimmen den späten Ausklang...

"Noten dicht verwoben" heisst es allzu oft in Parfum-Reviews, aber für Tauer-Düfte gilt das (vielleicht neben denen Duchaufours) ganz besonders. Lonesome Rider wirkt als einheitliches und schlüssiges Ganzes, keine Noten drängen sich auf. Wer aber einen solchen Duft viele Male trägt und sich konzentriert mit den Bestandteilen auseinander setzt (im Rahmen seiner (hier: meiner) Möglichkeiten), der lernt und findet ein paar Teile einer Summe, ohne die Magie brechen zu können.
10 Antworten
6 - 10 von 18