Mefunx

Mefunx

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6 - 10 von 13
Mefunx vor 9 Jahren 20 8
6
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7
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9
Haltbarkeit
9
Duft
Ein Duft am Abgrund
Man könnte "Autoportrait" als ziemlich harmlosen Duft beschreiben, oder als alltagstauglich, als einen Duft, bei dem man nichts wagen muss. Dennoch trage ich ihn mit einer gewissen Spannung.

Man könnte von "Autoportrait" auch sagen, dass er nicht sonderlich originell ist, weder der einzige noch der erste seiner Art ist, dennoch bewerte ich ihn hoch und zähle ihn zu meinen Lieblingen.

Manche Düfte empfinde ich als „robust“. Dabei denke ich nicht notwendigerweise an den Grad Ihrer Komplexität oder an das Maß ihrer kompositorischen Raffinesse. Ich meine damit meinen Geschmack, und wie nah am Rand meines Geschmacksspektrums sich ein Parfum befindet. Bei manchen Düften kann ich mir vorstellen, dass, würde die Parfümeurin oder der Parfümeur an einem Rad drehen und die eine oder andere Komponente anders gewichten, ich diese Düfte trotzdem noch gerne tragen würde – diese Düfte befinden sich gewissermaßen in einer subjektiven Safe Zone, tief in jenem Bereich angesiedelt, der mich anspricht.

Und dann gibt es Düfte wie "Autoportrait", die gerade noch in diesem Kreis stehen, schon in den Abgrund blicken. Würde "Autoportrait" nur einen Tick anders sein als er ist, würde ich ihn nicht mögen, wahrscheinlich sogar ablehnen.

"Autoportrait" steht auf tönernen Füßen.

Grund dafür ist ein Dreiklang von asphaltgrauer (Iso-)Zeder + hellem Vetiver (Vetiverylacetat) + pfeffrig-dillkrautigem Harz (Elemi o. Ä.), den dieser Duft mit einigen anderen teilt: mit jenen im näheren Verwandtenkreis – der hier zu Genüge bereits beschrieben wurde – aber auch mit entfernter stehenden Zeitgenossen wie "Terre d'Hermès" und weiteren Ellenas ("Eau de Pamplemousse Rose"). In "Autoportrait" nehme ich diesen Akkord anfangs deutlich wahr, er tritt dann aber bald in eine allgemeine Cremigkeit zurück, mit der ich gut leben kann. Das ist eine neue Erfahrung für mich und ich schätze "Autoportrait" sehr dafür.

"Autoportrait" erfahre ich also als holzig und cremig, die Bergamotte bringt eingangs Frische, die dann durch die zitrischen Aspekte der Harze aufgegriffen und bis zum Ende weitergetragen wird. Hartes Holz und aromatische Harze: darum kreist dieser Duft. Die Harze wirken leicht terpentinartig, fast fruchtig, dann wiederum rauchig. Und der Weihrauch ist es auch, der sich mit dem Moschus zu diesem zart cremigen Wölkchen verbindet, das ich als Textur sehr reizvoll finde. Das Fundament für dieses Gerüst: Vetiver. Ausgekleidet wird der Duft dann noch durch Pfeffer und eine dillartige Krautigkeit, beides Facetten von Elemi. Immerhin und glücklicherweise: das Dillkraut kommt hintergründiger als in "Carbone" und der Rauch lässt mich nicht an Fleisch denken. Auch darum ist er für mich der feinste seiner Art: die verfeinerte Version seiner Vorgänger, urban und zeitgemäß.

"Autoportrait" war kein Duft, von dem ich dachte, ich würde ihn besitzen (oder kommentieren), er ist für mich problematisch, aber auch reizvoll, weil er es schafft, einen mir eigentlich nicht angenehmen Akkord tragbar zu machen. Das bringt Extrapunkte, epigonale Komposition oder nicht. Mit Blick auf meine Umwelt empfinde ich ihn gleichzeitig als so wenig offensiv, dass ich in ihm eine sichere Wahl für meine Arbeitsumgebung sehe, wenn das mal aus pragmatischen Gründen notwendig sein sollte.

(Wie bei allen Düften des Hauses bleibt das begleitende Foto – ohnehin eine etwas bemühte Marketingstrategie – weit hinter dem Duft zurück.)
8 Antworten
Mefunx vor 10 Jahren 23 8
7
Flakon
5
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Sanfter Rauch, wunderschöne Zypresse
Während "I-I Terralba" von Masque als Gewinner aus meiner Suche nach dem perfekten „Garigue“-Duft hervorgegangen ist, war "Infinito" für mich der klar schönste und eleganteste Kandidat der Testreihe.

Sein gelbgrün-krautiges Gewebe wird von zartem, silbernem Rauch durchzogen; "Infinito" ist holzig (harzige Koniferen) und herb (vor allem hautnah) und warm-würzig (aus größerer Distanz) und erinnert mich an kühlen, nur leicht gesüßten, herben Tee mit Zitrone und Ingwer – die grünen Noten lassen sogar zu, sich ein Minzblatt vorzustellen. Ingwer und (weißem) Moschus verdankt "Infinito" wohl auch seine subtile, sauber-seifige Facette.

Neben der feinen Rauchigkeit ist der zweite Hauptakteur die Zypresse, die den mediterranen Charakter von "Infinito" betont und die wirklich wunderschön eingesetzt ist. Überhaupt ist "Infinito" eine runde Sache: von Kopf über Herz bis zur Basis geben sich jeweils ausgewählte grüne und holzige Noten die Hand, alles sehr natürlich anmutend, Vetiver bringt rauchige und grüne Noten zusammen und der Duftverlauf zeigt sich sanft; hin zu mehr Tiefe und Ruhe, zu nun geerdetem, moosig-moschusartig-cremigem Grün.

Nachdem ich letzten Winter tief in Amber-Gefilde abgetaucht bin, befinde ich mich derzeit in so etwas wie einer grünen Phase. Mir ist vermehrt nach etwas Erfrischendem; Zitrusfrüchte allein sind mir dabei oft zu banal und die Aquaten warten noch auf ihren Retro-Moment. "Infinito" befriedigt dieses Verlangen, ist erdend, belebend, nicht übertrieben formal, aber, wenn man so will, trotzdem ein klassischer, erwachsener Duft. Für Kenner von "Pontevecchio" (maskulin), auch aus dem Hause Nobile 1942: "Infinito" ist ein naher Verwandter.

(Danke Gaukeleya für den Tipp! Und hier noch der eingangs erwähnte Thread: http://www.parfumo.de/forum/viewtopic.php?t=29038)
8 Antworten
Mefunx vor 10 Jahren 9 2
8
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft
Widerspenstiger Spaßmacher
Da bläst mir eine bemerkenswerte Frische in die Nase. Der Pfeffer ist wie Kohlensäure für dieses säuerlich-fruchtige Zitrus-Rhabarber-Wasser: prickelnde, limonadenhafte Frische.

Die floralen Facetten bleiben schlank und grün, das Holz ist hell, der Weihrauch silbern.

Und weil das alles auch noch mineralisch wirkt, baut sich langsam eine Küstenlandschaft auf. Ich blicke auf das Meer, das Sonnenlicht reflektiert sich an der Oberfläche, gleißend, schneidend. Hinter mir Felsen und eine Idee von Grün.

Das Ganze ist so unterkühlt also nicht, die Strohblume erdet und lässt nun doch langsam Schweißperlen auf meiner Stirn stehen: Sonne, Wärme.

Ich teste mich mit diesem Duft gewissermaßen selbst. Ich mag ja Terre d'Hermès nicht. Der wird hier überzeichnend zitiert, ins Extrem verdreht, in Licht getaucht, gefiltert und kommt als etwas anderes wieder raus. So mag ich das! Ein widerspenstiger Spaßmacher.
2 Antworten
Mefunx vor 10 Jahren 11 4
8
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
Allein die Dosis macht das Gift
Wie ich mal gelernt habe, geht dieses Sprichwort auf Paracelsus zurück. Und auch hier, in unserem Kontext, ist es hilfreich, richtig zu dosieren.

Bei einem, maximal zwei Sprühstößen entwickelt Musc Ravageur eine feine Frische, aus Bergamotte, Lavendel und Gewürznelke, die dann unerwartet lange anhält. Im Laufe der ersten zwei Stunden dunkelt sich MR deutlich ab, erreicht dabei aber keine drückende Schwere. Die Gewürznelken sind recht dominant, ich mag das, der Zimt bleibt vergleichsweise im Hintergrund, ich glaube auch Sternanis wahrzunehmen.

Vielleicht bin ich als Stadtkind auch nur nicht ausreichend vertraut mit tierischen Gerüchen – auf mich wirkt MR jedenfalls weder besonders animalisch noch ausgesprochen „dreckig“, vulgär oder lasziv. Sinnlich lasse ich gelten, auch strahlt MR eine einladende Intimität aus und eine wohlige Wärme. Es schwingt aber nichts zwingend Sexuelles mit (wie überhaupt des Meisters Bart im Foto am Verpackungskarton einschlägigere Assoziationen triggert als der Duft selbst).

Der Moschus trägt zu einer gewissen Pudrigkeit bei und bildet, gemeinsam mit den Hölzern und dem Vanilleaspekt, eine runde, cremige Basis, warm, balsamisch, fast wächsern, angenehm süß, dabei auch dezent herb. Die Haltbarkeit ist ausgezeichnet.

Meine anfänglichen Hinweise auf die Dosierung wieder aufnehmend: richtig dosiert ist MR problemlos tragbar und alltagstauglich. Und ein wirklich guter Duft.
4 Antworten
Mefunx vor 10 Jahren 12 2
5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Felsstrand statt Jachthafen
Das hier ist nicht der Jachthafen, in dem Millésime Impérial vor Anker liegt, das hier ist ein Felsstrand bei Seegang.

Creed polarisiert, daran hat das Unternehmen selbst schuld - scheint aber recht gut damit zu fahren. Der kritischere (erfahrenere?) Teil der Parfumcommunity stößt sich zumeist am Außenauftritt des Hauses genauso wie an den wenig fordernden Düften, gesteht Creed gleichzeitig allerdings zu, gefällige Sommerdüfte aus relativ hochwertigen Bausteinen zusammenzusetzen. Erolfa schneidet auf Parfumo besonders schlecht ab, wobei ich mich eher auf Seiten der letzten Kommentatoren wiederfinde, die das differenzierter sehen.

Erolfa: Die Pyramiden im Netz unterscheiden sich zum Teil deutlich, es gibt vereinfachte, erweiterte, vor allem aber tauchen einzelne Noten gerne mal in vertauschten Phasen auf.

In meiner Wahrnehmung dominieren in den ersten Minuten die Zitrusfrüchte, dann sehr bald tritt der maritime Aspekt in den Vordergrund, getragen von den Gewürzen, mineralisch, salzig, mit Schaumkrone. Später beruhigt sich Erolfa, wird etwas holziger, ganz leicht seifig und entwickelt sich ansonsten parallel zu anderen Creeds. Sandstrandaromen (Sonnenmilch/Kokos) kommen nicht vor, Fische sind ebensowenig explizit zu riechen, Algen kann ich mir hineindenken.

Die Pinselstriche sind sicher nicht die zartesten, das aber passt durchaus zu Erolfa! Ich habe das Gefühl, hier wurde ein Ziel erreicht. Erolfa ist ein paar Jahre älter als die aktuellen Bestseller der Marke (allerdings auch keiner der vergessenen Creeds wie Acier Aluminium etc.). Wo viele neuere Creeds lieblicher, fruchtiger, eleganter sind, tritt Erolfa dynamischer auf, vielleicht eindimensionaler, sehr auf den Punkt, aber gekonnt (wenn man so will schlägt das Pendel aus in Richtung gutes Design/Kunsthandwerk).

Ich nehme an, auch aufgrund seiner basalen Stellung im Stammbaum der Aquatics ist uns der Duft vertraut – und ja, es gibt sogar Duschgels und Shampoos, die ähnliche Bilder zu evozieren versuchen und verwandt riechen (immer eigentlich Produkte "for men", auch Erolfa wird leider als maskulin verschubladet).

Erolfa hält bei mir rund acht Stunden, das ist gut. Sillage ist auch gut. Alles in allem: Ich mag Erolfa.

Bonuscomment: Ein wirklich schlechter Creed ist für mich Himalaya. Der riecht tatsächlich völlig unoriginell und billig.
2 Antworten
6 - 10 von 13