Wastlking

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Wastlking vor 12 Jahren 13 3
7.5
Flakon
10
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Duft
Nomen est Omen? – M7 Oud Absolu (Yves Saint Laurent)
Als vor zehn Jahren unter der kreativen Federführung Tom Fords im Hause Yves Saint Laurent der siebte Herrenduft lanciert wurde, sorgte – für Ford typisch – das hervorragende Marketing für die nötige Aufmerksamkeit. Vor allem der monolithische Flakon hatte es mir optisch angetan und ermutigte mich zu einer Probe.

Verblasste Erinnerungen an diesen Duft, den ich aufgrund der als positiv befundenen Probe zwei oder drei Jahre getragen hatte, sind geblieben.
War es ein Chypre, dem eine leicht blumige Herznote fehlte? Dieser hesperidisch-fruchtige Auftakt, das nicht florale aber irgendwie (vetiver-)süße Herz, die balsamische Wärme. Statt der Blume schlug ein anderes Herz in M7. Ein damals mir unbekanntes Herz, das es mir dennoch angetan hatte. Es war das Adlerholzöl, das heute in aller Munde ist und mit dem Yves Saint Laurent – warum auch immer – nicht so progressiv Werbung machte, wie das heute der Fall ist. Denn heute führt der alte Namen das Epitheton „Oud Absolu“.

Neuer Name, alter Duft? – Nein, es ist nicht mehr der alte Duft.

Der zitrisch-fruchtige Auftakt wurde ersetzt durch sogenannte „mineralische Noten“. Wie riechen „mineralische Noten“?
Mineralische Noten kenne ich aus dem Bereich der Weinkunde. Hier kann man, je nach Anbaugebiet und dessen geologischen Bedingungen, im Wein „mineralische Noten“ wie Schiefer, Granit und Marmor erriechen und erschmecken.

Und das trifft auch auf den Auftakt der Reformulierung des Duftes M7 zu: der Auftakt riecht wie die in der Sonne erhitzten Schiefer- oder andere Steinplatten.
Ganz zart, ja hauchzart, taucht im Hintergrund eine leichte zitrisch-fruchtige Ahnung auf.
Und dann? Nun, dann beginnt – wie bereits von Dannyboy beschrieben – die Herrschaft des Patchoulis, die im Vorgänger nicht gestattet war. Ich empfinde das Patchouli nicht als unangenehm. Es wirkt – auf meine Nase – exotisch, süßlich-schwer, holzig. Ähnlich wie das Oud, nur nicht so – wie soll ich das formulieren – aromatisch komplex. Diese Komplexität des Ouds tritt über den gesamten Duftverlauf nicht auf. Entgegen des Versprechens „Oud Absolu“ wird das Adlerholzöl domestiziert, ja dominiert von der Patchouli-Diktatur. Ähnlich wie der Vorgänger – wenn man M7 aufgrund der Differenzen noch so bezeichnen mag – gewinnt dann doch auch dieser Duft eine balsamische Tiefe, die einen träumen lassen möchte und versöhnlicher stimmt.

Es ist ein schöner, tragbarer Duft. Aber wenn man nicht bereit ist, sich auf etwas Neues einzustellen, läuft der Duft Gefahr, ehemalige M7-Träger zu enttäuschen, denn das Herz des Duftes ist ein anderes.
3 Antworten
Wastlking vor 12 Jahren 8 2
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Einer, der zum Schokoladen-Frühstück bleibt – L’Instant de Guerlain pour Homme Eau de Extrême (Guerlain)
Die auf ihrem Zenit stehende Sonne versucht seit geraumer Zeit sacht ihren Weg durch die Jalousien auf das Bett unserer Protagonistin Bridget Jones zu finden. In dem Licht tanzen die etwas angestaubten Luftmoleküle, die die Sonnenstrahlen brechen und ihre Tanz-Pirouetten in Bridgets Nasenlöchern störend auslaufen lassen, sodass sie langsam zu sich kommt.

Sie schiebt mit leicht verkniffenen Augen ihren dumpfen, immer noch leicht besäuselten Kopf unter ihr Kissen. Mit ihrem wachwerdenden Bewusstsein und ihren schärfer werdenden Sinnen kommt – gefördert durch einen angenehmen Duft von dunkler Schokolade – auch die Erinnerung an den vergangenen Abend wieder auf.
Bridget fährt vor Schreck aus ihrem Bett, dass sie gestern Nacht nicht alleine gewärmt hatte – die andere Betthälfte war allerdings bereits kalt. Im großen Spiegel neben dem überfüllten, leicht schräg stehenden Kleiderschrank erblickt sie, dass sie nur mit einem offen stehenden Herrenhemd bekleidet ist. Sie zieht instinktiv das Hemd nach unten und greift nach dem Kragen, um alles zu bedecken. Da ist er schon wieder – dieser Duft nach Schokolade. Bridget schnuppert mit geschlossenen Augen, leicht lächelnd am Hemdkragen.

Der Kakao scheint vor einem sowohl leicht zitrischen als auch blumig-pudrigen Hintergrund eingewebt zu sein. Die Schokolade lässt den Duft dunkel wirken, zugleich hell und frisch durch die Textur von Zitrus, Neroli sowie Jasmin und Patchouliblüte; und Holzkomponenten tauchen auch auf. Der Duft oszilliert zwischen diesen würzig-holzigen und blumig-pudrigen Akkorden, die in dem Kakao kulminieren.

Ein wunderbarer Duft! Ein langanhaltender Duft! Einer, der eine Ausdauer von neun bis zwölf Stunden hat. Langanhaltender als die gestrige Romanze. Nun ja, der Träger ist nicht mehr da. Aber der Duft, der bleibt.
2 Antworten
Wastlking vor 12 Jahren 8 3
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
7
Duft
Die imaginäre Nähe der Geliebten – Tommy (Tommy Hilfiger)
Es ist 1997
meine Freundin ist weg und bräunt sich
in der Südsee – Allein?
Ja, mein Budget war klein.
Na fein! Herein, willkommen im Verein!

(Fettes Brot)

August 1997. Ein unvergesslicher Sommermonat. Zwei verliebte Teenager. Sie aus gutem, solventem Hause, Schülerin einer erzbischöflichen monoedukativen Schule; er aus einfachsten Verhältnissen, aus denen er sich mittelst seines seinerzeit bereits abzeichnenden Ehrgeizes freistrampeln möchte. Vier Wochen, in denen er sich zum ersten Mal im Schatten junger Mädchenblüte sonnte, in denen sie händchenhaltend wie auf Wolken die Kölner Rheinpromenade entlang spazierten, im etwas höheren Gras, das dennoch keine Deckung bot, lagen, im dunklen Versteck des Kinosaals zu irgendeiner Liebesschnulze zärtliche, teils unbeholfene Küsse austauschten, und in denen sie sich auch mit den Nasen näher kamen.

Sie roch fantastisch. So, wie nun ein Früchtchen riecht: fruchtig – blumig – leicht betörend, ohne eine belastende Schwere. Es war „Tommy“, das auf ihrer Haut für den Zauber sorgte, dem er verfallen war.

Und dieser Zauber war nach diesen vier Wochen zu Ende. Die Tändelei hatte sich nicht über die Sommerferien hinweg retten lassen wollen.

Aber etwas blieb! Richtig: er kaufte sich in seinem ersten Schmerz über die verloren gegangene Geliebte – den er retrospektiv betrachtet auszukosten schien – diesen Duft, der doch alles versprach, der alles wieder vor die Augen, ja Nase führte.

Nun, wie hätte er denn sonst mit dem Scheitern der ersten – wenn auch nicht unbedingt großen, aber immerhin ersten – Liebe umgehen sollen?

Groß waren nun die Erwartungen. Und leichte Ernüchterung stellte sich ein. Ja, es war der Duft – aber nicht ihre Haut.
Er inhalierte „Tommy“ regelrecht. Da war der frische, zitrische Auftakt, der eine zusätzliche Reinheit durch den Lavendel und die Minze erhielt. Diese sowohl ausnüchternde als auch ernüchternde Frische hielt sich. Und hielt die Angebetete zurück.

Wo war sie?

Sie ließ sich dann doch erahnen. Da waren plötzlich fruchtige, ja beerige und blumig-pudrige Noten, die balsamisch fixiert wurden, ohne ihre Reinheit zu verlieren – aber: das war nicht sie. Der Wille, der die Nähe der Geliebten herstellen wollte, führte eher zu einer weiteren Distanz.

Nichtsdestotrotz und gerade deshalb: der Duft begleitete ihn noch eine Weile und ruft heute noch immer diese Erinnerungen hervor.
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Wastlking vor 12 Jahren 8 1
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10
Duft
Olfaktorische Anapher – Grey Vetiver (Tom Ford)
Das vorliegende Parfum „Grey Vetiver“ aus dem Hause Tom Ford, erschienen im Jahre 2009, macht das tropische Süßgras Vetiver zum Thema.

Auffällig ist hier vor allem – ich bediene mich literaturwissenschaftlicher Vergleiche – die weit verbreitete rhetorische Figur, die die Wiederholung eines Wortes zu Beginn aufeinanderfolgender Verse bezeichnet: die Anapher – in diesem Fall eine olfaktorische Anapher, da das Vetiver in jeder Duft-Strophe wiederholt wird.

In der ersten Strophe beginnt das Vetiver mit einem süßlich-holzigen Auftakt, der durch den Ton des ebenfalls süßlich-herben Duftes des Salbeis unterstrichen wird, wobei das Metrum zitrisch alterniert und hierdurch eine belebende Frische gewinnt.
In der zweiten Strophe begegnen das Vetiver und die oben beschriebene zitrische Frische der Iriswurzel, die dem Parfum eine Eleganz und sanfte Pudrigkeit verleiht sowie kühlend wirkt.
In der dritten und letzten Strophe wird dem Vetiver durch ambratische Motive ein balsamischer Einschlag und bedingt durch das Eichenmoos eine zusätzlich erdige, würzige Note verliehen.

Die klassische Form des Flakons aus geriffeltem, gesandstrahltem Glas wirkt elegant und greift die motivische Kühle der zweiten Strophe auf und kongruiert hervorragend mit dem Parfum – auch wenn es hierdurch lediglich der bis dahin publizierten Flakonform der Parfums der Marke Tom Ford grosso modo entspricht.

Abschließend kann ich nur sagen, dass es – nach meiner Nase – ein Gedicht von einem Parfum ist.
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Wastlking vor 12 Jahren 7 2
10
Flakon
10
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10
Haltbarkeit
10
Duft
Zur Demut eines Dioskuren – Antaeus (Chanel)
Obwohl er Sohn des Zeus ist, kann er – im Gegensatz zu seinem Halbbruder Herakles – Antaeus, im buchstäblichen Sinne, nicht tragen. So oft er sich dem bewunderten Riesen auch nähert, dem Zeusjüngling bleibt ein Sieg in diesem Kampf verwehrt. Er ist dem Riesen schlicht nicht gewachsen.

Voller Ehrfurcht, ja, es ist ein Spiel aus Nähe und Distanz, steht der Gottessohn vor dem schwarzen, monolithischen Palast des Riesen, der – aus Schädeln seiner Gegner erbaut – bereits die Kraft ausstrahlt, die den Dioskuren mit voller Wucht treffen wird, sobald er sich ihm olfaktorisch respektvoll, ja eventuell sogar verliebt – schließlich lässt der Jüngling Hautkontakt zu – nähert.
Der würzig-süße Duft von balsamischer Feinheit der Myrrhe gepaart mit dem Muskatellersalbei, der den würzigen Auftakt unterstreicht, webt den potentiellen Träger ein. Zitrische Noten leiten im Hintergrund über zum pudrig-blumigen und ebenso herben Herz des dunklen Riesen, das auch ins Seifige gehen kann. Wenn der Dioskur Stand hält und der Riese ein Herz für den selbigen hat, wird er belohnt werden: das liebliche, leicht an Honig erinnernde Labdanum tritt dem Sohn des Zeus entgegen – es ist der Versuch einer balsamisch-animalischen Versöhnung.
Ein Versuch, der scheitert. Doch der Grund des Scheiterns liegt nicht an dem entgegentretenden Riesen, der sich offenbaren möchte. Es liegt am Zeussohn und dessen Hausherrin, dessen Einsicht, dem Riesen immer noch nicht gewachsen zu sein, und deren Abneigung gegenüber dem Riesen zu einer demütigen Haltung führt. Es ist noch nicht ihre gemeinsame Zeit angebrochen. Der Duft des libyschen Riesen bleibt wohl gegenwärtig nur Zeus vorbehalten. Dem Dioskur bleibt nichts anderes übrig, als diese Gegebenheit hinzunehmen.
Es bleibt ihm nun vorbehalten, zumindest Zeus mit Antaeus zu beschenken, um ihn am Göttervater wahrzunehmen.
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