Alberich

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11 - 15 von 29
Alberich vor 11 Jahren 13 5
10
Haltbarkeit
10
Duft
Kuscheldecke und auch Schutzschild
An einem verregneten Sonntag verlangt es nach Sofa, Kuscheldecke, einem schönen Film und einem Parfüm, das sich wie ein weicher Schal an die Haut schmiegt.

Heute also Gosford Park, denn da geht’s schon bei schlechtem britischen Regenwetter los und Arpège ist mein Begleiter. Wer möchte nicht mal wie Lady Trentham von ihrem Chauffeur spazieren gefahren werden, von ihrem Zimmermädchen jeglichen Wunsch erfüllt bekommen, sollte ihr nach Aufmerksamkeit der Sinn stehen.

Kommen wir nun wieder zurück zur Sinnlichkeit von Arpège, diesem mysteriösen Opus Magnum der französichen Parfümeurskunst. So mysteriös, dass es in einem undurchsichtigen schwarzen Flakon aufbewahrt wird. Wie ein schwarzer Schrein hütet er dieses Duft-Geheimnis, welchem schon viele Näschen verfallen sein dürften. Zur Faszination trägt weiterhin auch das Erscheinungsjahr des Duftes bei. Wenn sich ein Duft schon so lange in den Kontoren und Parfümsalons behaupten kann, dann muss an dem Arpège wirklich was dran sein. Hinzu kommt das goldene Symbol des Hauses, welches eine Versinnbildlichung der mütterlichen Liebe ist. Der Name steht metaphorisch für das Klavierspiel ihrer Tochter Marguerite Lanvin. Margeritten waren ja auch die Lieblingsblumen der Frau Lanvin. Unter den Liebhaberinnen des 1927 kreierten Dufts befinden sich Größen wie Marlene Dietrich.

Ich habe diesen Duft seit einigen Jahren und trage ihn an kühlen und ungemütlichen Tagen, fast schon in der Funktion eines Schutzschilds vor bösen Mächten. Wie macht es das?

Der Duft ist komplex und rund, luxuriös und verschwenderisch. Wenn ich diesen Duft wahrnehme, habe ich das Gefühl, dieses Arpège tragen Leute, die ins Theater oder die Philharmonie gehen. Sie haben sich fein herausgeputzt und wollen so auch von der Gesellschaft wahrgenommen werden.

Das Hauptthema des mit zarten Fingern auf einem offenen Flügel gespielten „Arpeggios“ sind aldehydische Noten, ähnlich wie bei Chanel No. 5. Das Blumenherz wird dominiert von Ylang-Ylang und Jasmin, welche umrahmt werden von Amber und Hölzern. Der Duft ist schwierig zu zergliedern. Das Päckchen an Duftingredienzen ist perfekt geschnürt. Jede Note ist akkurat gespielt. Die Haltbarkeit des Parfüms ist wirklich erstaunlich. Ich bin der Ansicht, ich kenne keine vergleichbare Haltbarkeit für vergleichbar günstige Düfte.

Der Duft ist unisex, für die, die sich trauen, ihn als Mann und Gentleman zu tragen.

An Tagen, an denen ein wenig mütterlicher Trost und Schutz willkommen sind, ist Arpège kein schlechter Ersatz. Einen echten gibt es für Muttis natürlich nicht!
5 Antworten
Alberich vor 11 Jahren 13 3
10
Flakon
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Trug wohl Gatsby diesen Guerlain?
Ich muss gestehen, ich hatte ein bisschen Angst vor dem ersten Aufsprühen von Mouchoir de Monsieur, nicht zuletzt befeuert durch die teilweise doch recht skurrilen Geschichten, die Mit-Parfumos über ihn schrieben.
Unverkennbar ist dieser Duft ein Guerlain: Die Auswahl der Zutaten passt gut in die Reihe von Guerlains Klassikern. Etwas Schweres haftet diesen Düften an. Etwas Nobles, Teures, Geschmackvolles – etwas Nicht-Gefallsüchtiges.
Ich finde, es ist der blumigste Herrenduft, den ich kenne. Apicius beschrieb hier sogar eine der schönsten Irisnoten, womit er völlig Recht hat. Zum klassischen Drei-Phasen-Verlauf:
Lavendel, Orangenblüte und die Iris eröffnen die Duftlandschaft von MdM. Die oft beschriebene Zibet-Aura lässt auch nicht lange auf sich warten, gehört bei mir aber auch zu den flüchtigen Bestandteilen, sodass dieser recht schnell flügge wird und der pudrigen und süßen Blumen-Note (Vanille, Lavendel, Rose, Iris) Platz macht. Das Duftherz ist anspruchsvoll – was heißen will, es ist sicher nicht jeder Manns Geschmack: Vanille und Lavendel erzeugen eine schräge Süße. Würzig trocken und pudrig geht es in die Basis.
Ich trage diesen Duft auf der Kleidung und nicht auf der Haut. Ich habe das irgendwo gelesen, dann ausprobiert und für sehr ratsam befunden, denn der Duft (und da muss ich in der Tat Abstriche machen) glänzt im Gegensatz zu meinen anderen Guerläng-Schätzchen Vol de Nuit und Mitsuko, Soul le Vent und Guerlain L’eau nicht durch Ausdauer. Auf der Kleidung jedoch erzielt man gute 8 Stunden. Und ein zarter Hauch verbleibt bis zum nächsten Tag. Auf jeden Fall hat der Duft etwas, was mich die hohen Anschaffungskosten berappen ließ.
Lange habe ich überlegt, zu welchem Anlass ich diesen Duft tragen möchte. Leicht fiel mir darauf keine Antwort ein. Sooft gehe ich ja auch wieder nicht auf festliche Abendgesellschaften. Und dann trug ich ihn letztens bei der Prämiere vom großen Gatsby. Er ist so ein Mannsbild, der diesen Duft getragen haben mochte. Zu jener Zeit, als Damen mit ihren Kleidern und durch die aufkommenden Kurzhaarfrisuren provozierten, und Männer ihre Männlichkeit nicht mehr durch eine Uniform sondern durch Sakkos mit breiten Schultern und gestärkter Brust zur Schau stellten und sie sich nicht mehr nur von ihrem Chauffeur von A nach B bringen ließen, sondern nun immer mehr als Selbstfahrer hinterm Steuer saßen. Die Haare wurden praktischerweise nach hinten gegelt und gescheitelt. Gatsby steht aber nicht nur für diese Sorte von Gentleman, sondern auch für die Einsamkeit in der modernen Welt und den Moralverlust, den Macht und Reichtum mit sich bringen können. Ist dieser Duft nun unzeitgemäß? Diese Frage mag ich nicht beantworten.
MdM ist einer der wenigen Düfte, der immer wieder aufregende Geschichten erzählen kann. Ich höre ihm dabei gern aufmerksam zu. Auch meinen Vorkommentatoren hat Mouchoir zu sehr persönlichen Geschichten inspiriert. Neree hat seine erzählt. Nun steht eine von mir hier. Ich bin mir sicher, viele weitere Duftnasen werden ihre ganz eigene Geschichte mit ihm erleben.
3 Antworten
Alberich vor 11 Jahren 6 1
10
Duft
Intriege auf der grünen Blütenwiese
Von meiner letzten Wien-Reise habe ich ein ganz besonderes Andenken mitgebracht. Auf einem Parfümflohmarkt entdeckte ich dort ein ganz besonderes Schätzchen: Futur... und die Zukunft trägt ein dunkelgrünes Ballkleid.

Bei seiner Lancierung in den 1960er Jahren musste dieser Duft schon recht avantgarde gewirkt haben. Waren es doch die Jahre, in denen die Röcke kürzer wurden, die Models schlanker und man ohnehin der Auffassung war, dass die Zukunft mehr im Zeichen der Wissenschaft als im Zeichen des guten Geschmacks und Stils stehen würde.

Ich denke, wenn man heute an diesem Flakon schnuppert – und das habe ich dieser Tage oft getan – mutet der Duft wohl eher retro an. Vielleicht liegt es daran, dass sich grüne Blütendüfte nicht so recht durchsetzen konnten. Denken wir nur an das erstauliche Azuree von Estee Lauder, welches man heute wirklich wie eine Nadel im Heuhaufen sucht, obwohl es nach wie vor produziert wird. Ein anderes smaragdgrünes Schätzchen war Weil de Weil – inzwischen auch in der Walhalla der Düfte eingegangen. Grüne Chypres haben vielleicht ihre Zukunft noch vor sich, in der Gegenwart haben sie es allerdings schwer.


Doch grüne Blumen bestechen durch distanzierte Leidenschaft. Hier steht der lustvolle Augenkontakt im Vordergrund, nicht der vollzogene Seitensprung. Futur macht da keine Ausnahme:
Der Duft beginnt bereits schwer und leidenschaftlich. Ich denke beinahe an eine Intrige auf der grünen Blumenwiese. Verführerisch und betörend wirkt diese olfaktorische Landschaft auf mich. Und das ganze Schauspiel dauert auf meiner Haut eine kleine Ewigkeit.

Wie schön doch Urlaubserinnerungen sein können.
1 Antwort
Alberich vor 11 Jahren 11 2
10
Flakon
10
Haltbarkeit
9
Duft
Laliques Löwenherz
"Vor seinem Löwengarten,
Das Kampfspiel zu erwarten,
Saß König Franz,
Und um ihn die Großen der Krone,
Und rings auf hohem Balkone
Die Damen in schönem Kranz. ..."

Doch auf dem Balkone sitzen nicht nur die behandschuten Damen, sondern auch die noblen Herren und Rittersleute, die nicht nur gekommen waren, um das Schauspiel der Raubtiere zu schauen. Und so wurde aus dem Wettkampf der Löwen in Schillers Ballade "der Handschuh" auch ein Minnesang, in dem ein stolzer und tapferer Edelmann um die Gunst einer schönen Frau buhlte... oder aber vielleicht auch nicht. Wir Männer sind da wohl wie Löwen – irgend jemandem, wenn auch nur uns selbst, müssen wir stets was beweisen.

Laliques Männerduft Pour Homme trägt das Relief eines stolzen Löwen auf dem Flakonrücken, und wie ich finde, auch ganz zu Recht. Pour Homme ist ein elegantes Parfüm für den Gentleman, mit holzigen und warmen Anklängen, das uns in die Welt der Nostalgie zu entrücken scheint. Der Duft startet aromatisch und blumig, ja sogar leicht pudrig. Unverkennbar funkeln zitrische Noten in der Kopfnote. Zur Mitte hin wird der Duft angenehm anschmiegsam und gemütlich. Die weichen Hölzer bestimmen Laliques Löwenherz: Zeder und Sandelholz. Die Basis ist klassisch – leicht eichenbemoost, holzig, warm.

Herausragend an diesem Duft finde ich die fast schon seidenweichen Übergänge zwischen den einzelnen Duftnoten. Hier wurden herkömmliche Bestandteile eindrucksvoll verwoben. Der Duft ist unkompliziert, er überfordert nicht, sein männlicher Charakter will durch Schlichtheit, Natürlichkeit und Klasse überzeugen. Für mich ist Laliques Löwe ein selbstbewusster und stilvoller Duft.

Lalique Pour Homme verweilt auf meiner Haut für gute 8 Stunden und damit kann Mann vollends zufrieden sein.
2 Antworten
Alberich vor 11 Jahren 12 4
8
Duft
Der Weg ist das Ziel
L'Artisans Passage d'Enfer ist mein erster Duft, der sich hauptthematisch mit Weihrauch beschäftigt. Er war vor Entdeckung von CDGs Avignon mein wohl spirituellster Duft. Im Vergleich zu Avignon handelt es sich hier nicht um die olfaktorische Abstraktion eines gotischen Sakralbaus.

Der Duft ist, wie es sich für L'Artisan gehört, linear, weich und zurückhaltend. Er ist beinahe gefällig, durchaus warm und balsamisch und wirbelt meine Gedanken deshalb auch nicht so stark auf wie ich es bei Weihrauch gewohnt bin. Vielleicht ist er dem einen oder anderen Weihrauchliebhaber deshalb auch nicht spannend genug.

Ob man den Titel nun mit Pforte zu Luzifers Reich oder die Überfahrt ins Jenseite übersetzt, für mich hat er in jedem Fall etwas Meditatives. Obwohl er subtil und zart ist, hält er auf meiner Haut etwa vier bis fünf Stunden durch. Bisher haben mich L'Artisans Duftkunstwerke noch nie enttäuscht.

Der Duft bringt mich zu Ruinen einer Kirche, eines Tempels oder einer anderen okkulten Stätte. Der sommerliche Wind trägt schwere Blüten in meine Gedanken. Ich atme tief ein und seufze, denn ich weiß, mein Weg ist noch weit und unvorhersehbar. Wie wird meine Reise weitergehen? Was erwartet mich? Aber ist es denn wichtig, immer zu wissen, was kommen wird? Ich tupfe mir die Stirn und betrachte versunken die Ruinen. Nach einer kurzen Rast im Schatten der Bäume mache ich mich wieder auf den Weg. Die Reise ist noch lange nicht zu Ende.
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