Atanarjuat

Atanarjuat

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6 - 10 von 32
Atanarjuat vor 2 Jahren 41 11
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Mare Nubium
„Cargo de Nuit“ ist mein persönliches Mondmeer. Meine einzige 10 hier auf Parfumo. Dieser Duft drückt wie kein anderer in mir eine besondere Stimmung aus, die ich kaum zu beschreiben vermag. Er beruhigt, er stärkt, er trägt – mich.

Ganz bestimmt hat Daniela Andrier auch hier mit Substanzen gezaubert, die eben Mond-Assoziationen ins Tageslicht rücken. Ich will diesen Duft eigentlich gar nicht zu sehr durchanalysieren, hier würde zu viel der Kompetenz (ich meine nicht nur meine akzeptable, sondern auch eure überragende) ein zu Viel am Genussschwebezustand aufheben.
Cumarine wirken beruhigend, Zeder- und Sandelanklänge sind allseits beliebte Stoffe, Trickkzauber des ISO-E-Super-Universums geben sich die Hand. Die von mir gern gesehene Iris schaut durch die Nebelwand kurz vorbei.
Das macht Cargo de Nuit zum Vielfältigkeitsduft, geradezu immer tragbar und trotz der Mond- und Pradas Nachtkonnotationen, wärmt er eher, als dass er zu erfrischen vermag. Wärmt wie eine innige Umarmung. Eine leise zwar – aber eine vertraute.

Vielleicht mag ich auch so sehr, weil ich ihn für mich seinerzeit entdeckt hatte, ohne hier bereits viel über ihn gelesen zu haben. Es fühlte sich an wie ein seltener Schatzfund. Einen, den man alle paar Jahre nur einmal hat.
Vielleicht aber auch, weil er schön zurückhaltend zu sein scheint (!) – das ist wahrscheinlich völlig unmodern (#beast / #sillagemonster), ebenso wie die sehr zurückgenommene Süße.

Er bewegt mich schlechthin zu innerer Stille – ganz so stelle ich es mir auf dem Mond vor.

Vakuumrauschen, weites Weiß und schwereloser Schatten.

Ein Ich.
Kein Du.
11 Antworten
Atanarjuat vor 2 Jahren 4 3
9
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Violetta

Als Hommage an die Oper „La Traviata“ von Giuseppe Verdi will Note I verstanden wollen werden, einen olfaktorischen Zusammenhang zum Operninhalt mögen andere eher erkennen als ich (Achtung Spoiler: Kurtisane stirbt an Krankheit. Ja, im ernst, das ist der Inhalt einmal ganz kurz zusammengefasst!).
Die hochwohlgeborene Gesellschaft Violettas (die Kurtisane) könnte dem Duft doch eher entsprechen, startet Note di Colonia I doch recht bekannt mit cologneartiger Bergamotte und etwas Neroli, um gleich – noch im ersten Akt – klare, aristokratisch-klassische Kante zu zeigen: Veilchen! Ha! Womöglich findet sich hier der zumindest namentliche Zusammenhang: Violetta und das Veilchen (Veilchengewächse: "Violaceae").
Dieses ist so schön mit Lavendel und etwas Rose im Herzen verwoben, dass es tatsächlich ein wenig überrascht! Das ist dann ziemlich mutig und anders, als es andere Colognes versuchen, die sich auf sicherem Terrain wissend, bloß von Zitrischem und Holzigem führen lassen.
Das obligatorische Holz wird am Ende des letzten Aktes mit etwas Patchouli unterfüttert. Bis zum Ende hin aber gehen Veilchen und Lavendel Hand in Hand – anders als in der Oper, wo Violetta einfach an Tuberkolose stirbt – gen Sonnenuntergang.
Der Flakon ist eine Augenweide, besteht aus dickem Glas, der Sprüher ist über jeden Zweifel erhaben. Der Flakondeckel (rastet mit schwerem Klick ein) wird eigens in einer Glasmanufaktur einzeln gefertigt. Ein tolles Teil!
Tatsächlich ist bereits Acqua di Parmas Colonia Nummer I dieser Sonderserie für mein Dafürhalten ihr bestes. Es gibt dort auch weitere interessante Funde, die grundsätzlich auch alle sehr verschieden sind. Eine großartige, jedoch auch sehr feudale Operngesellschaft, in die man sich hier hereinverlieben möchte.
3 Antworten
Atanarjuat vor 2 Jahren 14 5
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Sprudelnder Zitronenbrunnen
Ich finde es immer schön zu lesen, wenn „Reisen zu Ende gehen“, Parfüms gefunden und entdeckt wurden – Düfte gekommen sind, um zu bleiben. Der Eine, der zitrische Duft, der mir die im Mittelpunkt stehende Zitrone für mich (!) perfekt ausbalanciert darbieten kann, den Duft hatte ich noch nicht gefunden – Und es ist eine wahrlich lange Reise…

Es gibt so einige Referenzen, wenn schöne zitronisch-zitrische Düfte zusammenkommen. Es gab große Hallos bei Xerjoffs „Nio“, Profumum Romas Powerzitrone „Acqua Viva“ oder „Blue Mandarine“; exotische Nischengefilde mit Miya Shinma („Mizu“), schöne Orangen bei Afternoon Swim oder zitrisches Vetiver/vetiverige Zitrik bei Bergamote22 von Le Labo oder auch Givenchys „Gentleman Givenchy Cologne“. Wahrscheinlich sind dies auch die Zwei, die wohl nahe mit „Silk“ verwandt sind. Tolle Düfte sind sie alle. Hinzufügen müsste ich dann aber unbedingt noch Guerlains Grapefuit-Bergamotte „L´Homme Idéal Cologne“, das diesen besonderen Zwist (Mandel) hat. Ich verstehe bis heute nicht, warum man gerade den eingestellt hat, der hatte was…
„Silk“ mag ein Konglomerat dieser Drei sein, zumindest trägt es deren Stimmung – wenn ihr wisst, was ich meine.

Das Besondere an „Silk“, ist nicht ganz leicht zu beschreiben, ist er doch bloß ein zitrisch-frischer Duft eines italienischen Schneiderdesigners, den ich – mit Verlaub – gar nicht kannte. Die Erwartungshaltung beim Testen war „interessiert“ und nicht etwa hype-erwartend-angefixt, dies trug zur späteren Überraschung bestimmt nicht unwesentlich bei.

Dir wird vom Start weg ein Eimer sprudelndes Wasser mit ausgedrücktem Zitronensaft samt Schalen ins Gesicht gekippt. SPLASH! Mandarinen- und Orangenspritzer gleich dazu. Das oben beschriebene Besondere ist bereits jetzt schon zu erahnen: Diese Zitrone sticht nicht. Das ist schwer zu beschrieben, sie zielt nicht zwischen eure Augen, wenn ihr einen tiefen Atemzug nehmt. Dem feinen Italiener zu Hilfe kommt hier wahrlich schnell eine Herz-Tonka, die aber im Vergleich zu Guerlains „L´Homme Idéal Cologne“-Mandel noch zurückgenommener und nicht wirklich herauskristallisierbar zu erriechen ist. Anscheinend schneidet sie die hohen und glasschneidenden Zitronenfrequenzen einfach geschickt ab. Diese Tonkasoftware lasse ich mir gefallen, sie arbeitet unheimlich leise im Hintergrund.
Der Salbei unterstützt und Vetiver darf wirken - alles jedoch so fein verwoben, dass die Beiden nur von Parfumos Anhängerinnen und Anhänger erkannt werden. „Atanarjuat, also ist der Zwist noch toller als beim Guerlain!?“ „Richtig, für mich schon, da sehr subtil!“ Es entsteht ein idealistischer, weicher – nur angehaucht cremiger – Zitronen-Duft.

Dass dann am Ende die obligatorischen Vertreter Moos und Zeder beruhigen und ein ganz wenig Strenge versprühen - geschenkt. Kennt man – mag ich. Das Ganze ist in der Basis dann auch viel feiner austariert als etwa beim neusten „Hero“ von Burberry.

Schön fand ich, dass „Silk“ recht lange zu sprudeln vermag. Die Quelle versiegt nach einem halben Tag und ist bis dahin auch gut wahrnehmbar. Hautnah bleibt er bis abends, Nuancen riecht man mit der Nase auf dem Arm auch noch am nächsten Morgen nach dem Aufstehen. Eine richtig gute Leistung für die Kategorie Freshie!

„Silk“ ist somit ein runder, klarer, seidenweich-sprudelnder Brunnen purer Freude, vielseitig tragbar und ein toller Duft für den Sommer!

5 Antworten
Atanarjuat vor 2 Jahren 39 14
9
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Arthur Rimbaud
Hedi Slimane kann man sicher eines nicht absprechen: dass er sehr erfolgreich für seine jeweiligen Unternehmungen und Unternehmen arbeitet bzw. gearbeitet hat. Dior, YSL, Selbstfindungsphasen und -prozesse und nun soll er schließlich Celine auf Vordermann bringen. Auch dies wird funktionieren, darf er doch jetzt beinahe alles (mit)bestimmen und ist auch federführend beim Release der neuen Parfümkreationen des Hauses.

Sein Flakondesign ist klassisch - chanelig-privée-angehaucht – und wunderschön in Szene gesetzt. Wertiges Glas und ein schwerer Magnetdeckel zieren auch den neusten Spross der Celine-Familie.

Gespannt war ich neben den schönen anderen Celine-Parfüms auch auf den nach dem Dichter Arthur Rimbaud benannten Duft. Rimbaud selbst: ein konsequent Hochbegabter, der Zeit seines Lebens voller Unrast dichtete, abenteuerte und auch als Geschäftsmann sehr erfolgreich war – immer auf der Suche nach neuer Identität.

Diese findet sich nun vielleicht auch im Celine-Portfolio: Nach den Statements, die die Celine-Düfte unter Slimane definitiv olfaktorisch setzen konnten (Celine-DNA mit Vanille und Liliengewächs Iris), lässt es Rimbaud bereits von Beginn an recht leise angehen.
Der kühle Lavendel hat zu Beginn genug Platz, sich selbigen zu sichern und fährt erstmals eine von Slimanes liebsten Gewächsen wieder ganz nach vorne. Vorsicht: auf bloßem Papier bleibt der Lavendel lange führend, auf Haut wird er rasch von der Iris ein- bzw. überholt – ohne jedoch vom Weg abzukommen. Erinnerungen keimen auf an Eau Noire von Dior, da wurde sich noch etwas getraut - die beiden Düfte jedoch haben so gar nichts gemein, ich rieche auch keinen oft gelesenen DHI, da ist bloß die Iris assoziierend...

Neroli hält sich kauernd abseits des Wegs, die Celinevanille erdet den kühlen, sanften Duft und wärmt ihn zum Ende hin an. Ich fühlte mich an Miya Shinmas „Yuki“ erinnert, auch ein Vergleich mit Tom Fords „Lavender Extreme“ böte sich an, der ist nur viel lavendelfordernder und ohne Irisantagonist. Die angepriesene Weizennote rieche ich hier leider nicht heraus, vielleicht hält sie die Süße der Vanille in Schach – allzu süß wird Rimbaud nämlich nicht.

Slimane gelingt als Hauptverantwortlicher eine schön-leichte Lavendeliris, die leise - aber bestimmt – ihre Meinung kundzutun hat und das Zusammenspiel beider großer Zutaten wundervoll in Szene setzt, ohne bloß ein laues Lüftchen zu sein.

14 Antworten
Atanarjuat vor 2 Jahren 18 7
9
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Das hässliche Entlein
Kennt ihr das? Ihr habt unzählige Duftproben vor euch und testet sie auf Herz und Niere, auf Papier, auf Haut und bildet euch sukzessive eurer Urteil. Im Kopf, im Herzen und manches Mal auch für den kognitiven Papierkorb. Dann nämlich wird der Duft unweigerlich mit unter 7 auf Parfumo bewertet und ....er wird vergessen. Von euch. Von anderen.

Von diesen Erlebnissen gibt es viele, der heute zu beschreibende gehört jedoch für mich nicht in diese Kategorie der Vielen. Mit dem hier verhielt es sich nämlich komplett anders. Für diesen Duft habe ich nun bestimmt drei Jahre gebraucht und er ging mir von Anfang an nicht mehr aus dem Kopf. Zwischen oudgeschwängerten Serotonindampfhämmern, Beastmode 540 ff. und Interlude Megamen schlich sich heimlich, still und leise…..Arsène Lupin Vouyou…
Das ist dann zunächst einmal ein Schock. Ein ziemlich netter, dies sei vorausgeschickt – aber immerhin ein Schock. So subtil, so leise, so unscheinbar. Der wäre auch schön blöd, als Meisterdieb hier den Macker mit großem Aufzug machen zu wollen. Der Name war damals schon Programm. Der neue passt aber auch. Nun, zurück zu den Testerlebnissen:

Ich vergaß ihn einfach nicht mehr! Den Unscheinbaren, das vermeintliche hässliche Entlein. Nix Guerlinade - dies ein Duft von Guerlain persönlich!? Wie bitte?!
Danke. Danke für diesen Duft. Er ist schlicht wundervoll. Vielleicht war es vor mehr als 10 Jahren einfach nicht seine Zeit. Oder die heutige, in der Wuchtbrummen die große Rolle spielen, sich alles um „Performance“ dreht. Und wisst ihr was? Die kann man ihm gar nicht absprechen, der hält auf meiner Haut richtig lange. Ist diese Version von 2021 im neuen Flakon eigentlich reformuliert? Hat er mehr Kraft als damals?
Sillagemäß ist und bleibt er der Meisterdieb, keine Frage, strahlt unterarmnah ab, ist sich seiner Rolle bewusst und klaut. Herzen!

Er startet mit zitronigem Grünzeug (ich mag eben Grün) und auf der Waldlichtung treffen sich deutlich Rose, Salbei und die Nelke. Ohne Frage jederzeit das Triumvirat. Ich sag es euch im Geheimen: die Rose wird richtig kommen in den nächsten Jahren – gerade auch für uns Männer. Aber nicht weitersagen!! Sie schleicht sich immer wieder hinein, ohne anderen das Wort zu nehmen und das finde ich richtig gut so. Gegen Ende wird es hellholziger, die Duftnotenzistrose ist ja auch eher harzig - im Labdanum-Stil (leise!) - unterwegs, das Sandelholz ergreift nach und nach das Wort. Ein Glück haben sie dieses Mal nicht die Vanille dazugekippt (nicht böse gemeint, das können sie ja wirklich gut..), sondern es vanille-harziger mit Benzoin verfeinert. Das passt hier auch viel besser.

Et voila, ein richtig schöner, runder Duft – von vielen als hässliches Entlein (den Ausgang des Märchens kennt ihr…) verschrien, macht er für mich doch so vieles richtig und vermag mich immer wieder aufs Neue zu erfreuen. Hand aufs Herz: welcher Duft schafft das schon!? Er scheint insgesamt ein wenig aus der Zeit gefallen oder aber: seine Zeit wird kommen – das vermag niemand wirklich zu sagen…

7 Antworten
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