Duftpsyche

Duftpsyche

Rezensionen
6 - 10 von 22
frühe Prägung
Als Teenager der späten 70iger war es für mich „der allerschönste Duft der Welt“. Alles was ich vorher an Düften kannte war ebenso faszinierend wie unpassend-seriös-erwachsen. Aber dann kam MyMelodie und das war begeisternd „unterhaltsam“ (Zitat Serenissima). Es tanzte geradezu, beschwingt, fröhlich, blumig-romantisch, ohne die bislang geschnupperte erwachsene Seriösität. Wenn es uns als junge Dinger damals so erschien, als sei MyMelodie kein großes Duftkunstwerk (nochmal Zitat Serenissima), dann deshalb, weil dieser Duft für uns erreichbar war und eben kein „sündhaft teurer Damenflacon“.
Damals hingen Qualität und Preis viel mehr als heute zusammen. Mir erschien es wie ein Wunder, dass das für MyMelodie irgendwie nicht galt, dend dieser „allerschönste“ Duft der Welt war unter Aufwendung des "ganzen Taschengeldes" immerhin erreichbar. So wurde es das erste Parfum, das ich heimlich zu „meinem“ Duft erklärte und der mir spürbar fehlte als er verschwand.
Kaum vergehen gut 40 Jahre, erfahre ich im Nachhinein, wie sehr er mich prägte. Angeregt durch parfumo erinnere ich mich. Schaute wiederholt im Souk. Dort zwar keine Spur davon, aber dafür bei Ebay. Allerdings in Nischenduft-preisklasse. Deshalb streikte ich zuerst, doch nach einer Weile reitet mich erneut das Nostalgiepferdchen (statt umgekehrt, räusper,). Sozusagen aus Versehen gewann ich zum fünffachen Preis die Versteigerung und ich fragte mich ob es das wert sein würde. Wie sich herausstellten sollte ja, denn ich zahlte nämlich für die Erkenntnis über eine frühe Prägung!

Der Flacon (wie abgebildet), kommt mit fast vollständigem Inhalt. Eine kleine aber ausreichende Menge am Handrücken wird zur Zeitmaschine. Allerdings nicht ganz so weit zurück wie erwartet. Statt des Teenagers erwacht in mir ein etwas späterer Lebensabschnitt! Wie das? Die Nase weis es sofort: MyMelodie erscheint fast identisch mit "Nina Riccis Fleurs de Fleur", das Jahre später in die Lücke trat. Was mir deshalb überhaupt nicht bewusst war, da ich die Existenz der Lücke damals verdrängt hatte. Hab mich nur immer gewundert warum mir Fleur de Fleurs so überaus gut gefällt. Ach, man lebt halt vorwärts und versteht erst rückwärts!
Natürlich verlangt dieser Eindruck einen Handgelenks-Direktvergleich und der bestätigt die unglaubliche Ähnlichkeit im Charakter und in der Farbe. Beides ist auf ähnliche Arte "Vollblumig Bunt". Der kleine Unterschied: MyMelodie etwas sonniger-cremiger und Fleur de Fleurs seifiger-rosaroter. der Unterschied ist aber wirklich nur ein Hauch durch den Direktvergleich. Zwei üppige bunte herrliche große Blumenboquets, absolut gleichwertig: bunt, klar, taghell, ehrlich, sonnig, rein. MyMelodie hält ewig( auch nach 8h immer noch die Basis auf der Haut, allerdings blüht der Blumenstrauß etwas später auf als Fleur de Fleurs. Dort aber ist die Sillage etwas höher und der "Strauß“ leuchtet und blüht bereits in der Kopfnote.

Was ich bedauere ist, dass all diese Erkenntnisse nicht viel nützen, weil beides Vintage-düfte sind. Kostbarkeiten zur gelegentlichen Anwendung. Als Duftliebhaberin möchte ich aber eigentlich weniger sammeln sondern bitte benutzen! Möchte großzügig sprühen und nachkaufen können! Total schade, dass sich die moderne Duftindustrie verhält, als wäre das Rad noch nicht erfunden worden. Gute Musik wird ja auch immer als dieselbe gespielt und erneut gern gehört!
Aber vielleicht entdeckt ja irgendwer die Marktlücke und gründet ein Unternehmen, bei dem man sich vintage-originaldüfte nachbauen lassen kann um sie großzügig zu benutzen!
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Aroma"therapie"
Es kommt mit der Post ein Duft. Sie weis gottlob nicht, dass es sich um einen Verwandler handelt, eine Art „Beamer“, denn während sie nach dem Sprühen noch wartet bis der Alkohol wegtrocknet ist es schon geschehen. Augenblicklich, und doch so gleitend sanft wie im Fahrstuhl, landet sie direkt im eigenen Herzen, wo sie verwundert ihre Einzelteile wieder zusammengesetzt bekommt. Es überwältigte sie so schnell, dass ungefragt Tränen hochsteigen. Unter Umgehung jeder Art Abwehr kam sie ganz direkt und tief nach innen ohne dass sie es hätte verhindern können. Ein extrem berührender Duft wie inneres heimkommen.

Erinnerung ? Vielleicht ! doch woran? ... sie kommt nicht drauf, doch offenbar kennt sie den Duft. Egal woher, sie kennt ihn eben. Ohne zu wissen ob eine olfaktorische Ähnlichkeit besteht, erscheint vor ihrem inneren Auge der dunkelblaue Flacon von „Soir de Paris“, welcher den Frisiertisch der geliebten Tante schmückte als sie ein Kind war von vier oder fünf.

Apres l ondee jedenfalls hatte die Wirkung einer unerwarteten Umarmung eines sehr geliebten Menschen, der ewig abwesend war oder vielleicht schon nicht mehr auf der Erde lebt. Ein Duft wie ein zurückgekehrter Teil ihrer selbst, der verloren ging ohne dass es bemerkt wurde. Welch unerwartete Wendung: Apres l ondee breingt diesen Teil tatsächlich zurück. Diesen und Alles wofür ein derart komplexer pudriger Duft steht: Geborgenheit, tröstliche Zärtlichkeit, sanftes Lächeln, wiederaufblühende Freude, eine leise schöne Melodie...alles was das Leben einem Kind bedingungslos ohne Gegenleistung schenkt.

Er-wachsen-sein heißt ja eben, daran zu "wachsen" diese Geschenke zu verlieren. Und dann wiederzufinden. Wobei „Apres l ondee“ helfen kann. Für mich gesehen ist es weniger ein Parfum, das man trägt um sich damit zu schmücken sondern eher „Aromatherapie“. Auch wenn die industrielle Parfumherstellung natürlich keine therapeutischen Aspekte verfolgt. Trotzdem. Hier zeigt sich ja schon im Namen „nach dem Schauer“ die künsterlische Vision (die ich vor dem testen kaum beachtete) während im Duft eine meisterliche Umsetzung emotional tief berührt. Apres l ondee balsamiert, tröstet und bringt tatsächlich Freude und Hingabe ans Leben zurück, nachdem die Gewitter und Stürme des Lebens verklungen sind aber noch kaum Mut für Neues da.
Hoffentlich gibt es für jeden von Euch zur passenden Stunde "das" Parfum, das direkt und tief ins Herz trifft und dich wieder „ganz“ macht.
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Die „unerträgliche Leichtigkeit des Seins“...

Der Filmtitel wäre eine gelungene Beschreibung für Twilly, denn es ist eine „windig-frisch-synthetische Lieblichkeit“. Twilly ist nicht jemand der die ehrwürdige Melone konventionell verdient sondern jemand der sich damit spielt. ( genau wie im film).
Das Erstaunlichste an diesem Duft ist seine „kühle Leichtigkeit“. Im Wortsinn eine Art „Windakkord“, auch wenn das was anderes ist. Das Bekannteste daran ist die „zart-blümerante Süße“-eine weiche rosige Süße, wie auch in anderen Parfüms und Kosmetikprodukten, mandelmilchigen Bodylotions, Wäscheparfüms, Gesichtscremes, etc…Der Geruch ist keineswegs störend, durchaus angenehm „luftig-zart, weich und blümelig“. Er weckt aber keine Assoziationen an edles Parfum aus namhaften Hause sondern nur an den kühlenden Dufthauch beim auftragen von beliebiger Bodylotion.
Dank der Abfüllung von Mitglied Vikimiki ist nun klar, wie sehr mich die „blumig-würzig“ Einordnung doch in die Irre lenkte. Das erwartete Bauerngärtchen voll Blumen und Kräuter existiert hier nicht. Aber gut nachvollziehbar sind die Nebenzuordnungen „frisch, süß und cremig“. Frisch im Sinne von luftig-kühl.

Ingwer gibt es in der Kopfnote so kurz dass man es übersehen könnte. Nach 60 sec. übernimmt sofort eine typische „moderne zartfrische Süße“, die mich sehr an Kosmetika erinnert. Diese zeigt sich auch in der Herznote vorherrschend, hier einen Hauch cremiger und rosiger. Doch auch damit bekommt Twilly kein erwachsen-würziges Profil sondern bleibt in einer kindlichen „luftig-lieblichen Schwebe“. Ein Duft wie ein sorgloser Teenager der kopfüber am Spielplatz Klettergerüst hängt.
Twilly ist „leichtfüßig-ungreifbar-luftig-lieblich-zahrt“. Jedenfalls das Gegenteil von „konkret und deutlich“. Nur eine Spur, eine Ahnung von Ingwerschärfe zieht sich durch als diese besondere Luftigkeit, aber weit entfernt von „würzig“.
Twilly ist auch nicht konkret blumig von „Rosen-Tulpen-Nelken…“, aber vielleicht könnte man sagen "Lieblich", denn es zeigt einen zartsüßen Charakter.
Erst in der Basis kommt ein wenig Wärme. Wenn man so will „würze“, und auch hier ist die Twillytypische „windige-Süße“ noch gut spürbar.
Für mich gesehen: Twilly zu testen war nett, Twilly zu kaufen unnötig.

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Guerlain?...na gut!
...steht ja drauf, aber riechen kann ich es nun hier nicht so recht.
Zwar kann es ja immer mal sein, daß eine kleine Probenmenge von 1,5 ml nur einen unvollständigen Eindruck des Duftes wiedergibt. Bei industriellen Originalproben gibt es keine Anhaltspunkte über das Alter. Doch wiederholt aufgesprüht an verschiedenen Tagen zu verschiedenen Tageszeiten, sollte man seier Nase vertrauen dürfen und der Eindruck beurteilbar sein. Probe ist verbraucht aber der eher enttäuschede Einduck ist geblieben:

Der zitrische Auftakt wirkte auf mich eineseits erhellend, aber auch fremd, denn die Erwartung die der Name weckt, bei dem ich an Wurelhiolz und Wärme denken muss will erfüllt werden ud Bergamotte kann das hier nunmal nicht. Vielleicht flieht sie deshalb so schnell vor der schüchternen, eher synthetisch wirkenden Herznote. Diese bleibt hautnah und zeigt nur wenig warme Pudrigkeit. Doch sie hält lange an.

Kaum zu glauben, dass Iris Torrefie von Guerlain ist. Mir fehlt das "Gehemniss", die Tiefe oder auch der "überraschende Schock", den ich mit dem großen namhaften Haus verbinde. Natürlich muss nicht gleich jeder Guerlain mit "Shalimar" vergleichbar sein, aber es ist schwer der "modernen Leichtigkeit" etwas anzugewinnen, die Iris torrefier aufweist. Sie wirkt seltsam einheitlich und konturlos.
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"amazing" ist auch die Ähnlichkeit mit Gloria Vanderbilt
Auf den ersten Blick zwar nicht Zwillinge oder Schwestern, aber wie gleichaltrige Freundinnen derselben Charaktergruppe. Cousinen vielleicht, oder nur sehr ähnlich ohne verwandt zu sein. Im Charakter, Pudrigkeit, Sillage und Haltbarkeit sind diese Beiden einander sehr ähnlich.
Dort wo Amazing frisch-säuerlich-Apfel-blumig-maiglöckchen zeigt, da gibt sich Gloria Vanderbilt Himmbeersüß-fruchtig.
Ab Herznote hauchen die Beiden, harmonisch zweistimmig, dasselbe Lied. Jede mit eigenem Timbre in der Stimme singt sanft und zärtlich mit gleicher Intensität von trockener Puderwärme. Dieses Lied dauert an, wie sich das gehört. Wobei Amazing stets einen Hauch kühler und Vanderbilt eine Idee süßer "klingt", wie die Kopfnote es vorwegnahm. Ganz deutlich domminiert bei Beiden lange die trockene Puderwärme. Und das derart ähnlich, dass nur im Direktvergleich zu sagen ist, was das eine und was das andere, bei rechts-links-Handgelenktest in gleicher Menge zu gleicher Zeit. Gestern und Vorgestern teste ich jeden Duft einzeln. Hätte ich es nicht gewusst, ich hätte nicht sicher hätte sagen können, was das eine und was das andere, so ähnlich erschienen sie mir.
Eigentlich muss man sich gar nicht wundern. Nämlich wegen der fast zeitgleichen Gebutsstunden. Vielleicht haben ja auch Parfums so etwas wie ein „Horoskop“, angesichts Entstehungszeit, Trend und Zeitgeschmack. Das zeigt sich ja auch darin, wer solche Düfte mag. Nämlich meistens Menschen, die zwischen 20 und 30 waren, also in Lebens-aufbruchstimmung, als der entsprechende Trend den Markt eroberte.
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