Duftrebellen

Duftrebellen

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6 - 10 von 12
Duftrebellen vor 3 Jahren 8 3
7
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Von alten Buchseiten, Moder, Kot & Verfall
Unscheinbar erhebt sich die Außenfassade einer in Nebel gehüllten Bibliothek. Die Architektur lässt auf das mittlere 19. Jahrhundert schließen. Langsam aber steten Schrittes schreitet der unbedarfte Jüngling die Treppenstufen hinauf - 20 Schritte später befindet er sich auf der Pforte zum Eingang. Ein altes, mit unzähligen Schrammen verziertes Eingangstor zeugt von einer langen und erbarmungslosen Zeit. Geschichten, die mit Fingernägeln, spitzem Werkzeug oder auch Messern & Scheren eingraviert wurden, lassen darauf schließen, dass diese Bibliothek Jahrhunderte überdauert hat und auch die nächsten Jahrtausende fortbestehen wird.

Der junge Knabe öffnet mit einem zittrigen aber wohl überlegtem Schwung das Tor und findet vor seinen Füßen zerrissene, lose, leicht im Luftzug eines zerbrochenen Fensters flatternde Buchseiten, die nur das bestätigen, was das Eingangstor angekündigt hat: Die Vergänglichkeit, die mit aller Macht versucht, den Tod zu überwinden.

Eingefangen in diesem Moloch aus Staub, Exkrementen längst verstorbener Tiere und einem Hauch bitterer, fiebererzeugender Atmosphäre, die den Atem immer wieder und wieder stocken lässt, schaut sich der Junge um.

Keuchend von dieser kaum aushaltbaren Animalik, findet er zwischen dem Geruch immer wieder den einen Tunnel, der ihn geradeaus gehen lässt. Auf der Suche nach dem Unbekannten. Auf der Suche nach etwas, von dem er immer geträumt hat, aber sich durch unzählige Wolken wühlend niemals die Gelegenheit hatte, danach greifen zu können.

Eine Leidenschaft, ein Gefühl von Glück - nichts davon ist in dieser alten Bibliothek greifbar. Er durchforstet weiter und weiter alte Pergamente mit Schriftzeichen, die er nicht zu verstehen vermag. Doch trotzdem faszinieren ihn diese Lettern, in unverständlicher Sprache überliefert. Der Geruch, der ihm bei jedem einzelnen durchblättern entgegenkommt, versprechen nichts anderes als diese Gebrechlichkeit des Vergangenen. Das, was einst war, verleiten ihn dazu, inne zu halten. Den Moment der Vergangenheit in das jetzt und hier zu transportieren. Er wirft die Pergamentrollen auf den Boden. Der süßlich, modrige Geruch, der aufgewirbelt wird, steigt langsam kriechend in seine Nase. Ein Gefühl überkommt ihn. Ein Gefühl, das er immer wieder versucht hat zu finden. Ein Funken Licht, ein Hauch von Glückseligkeit - Ein Blitz in seinen Hirnwindungen, der ihn Grinsen lässt.

In sich selbst gefangen in einem Gebäude, das die Vergangenheit, das Jetzt und die Zukunft verbindet, weiß er nun: "Ich bin daheim."

- - -

Ein hervorragender Duft, der die Szenerie einer alten, verlassenen Bibliothek in all ihrer modrigen, ledrigen, animalischen & staubigen Facetten wunderschön abbildet. Zibet sorgt für den animalischen - in Kombination mit den Hölzern - exkrementalen Charakter, der mitnichten schlecht ist, sondern sich schön in das Gesamtkonzept einfügt. Weihrauch sorgt für eine gewisse Stickigkeit, die mich an Räume voller Staub und Moder erinnern lassen. Das Highlight sind aber all die anderen Duftstoffe, die im Verbund eine Geschichte von alten Büchern, Mauerwerken und Einsamkeit erzählen. Wahrlich der beste Bibliotheksduft, der meinen geliebten Memoirs of a Trespasser vom Thron stoßen wird.

Schwer und unnachgibig legt sich der Duft auf die Haut und sorgt für ein wahres Spektakel für Tagträumer und alle, die einer werden wollen - man muss sich nur darauf einlassen.
3 Antworten
Duftrebellen vor 3 Jahren 7 4
9
Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
6.5
Duft
Schrödingers Parfum
Intro:

Ein kleiner Hype ist schon um die neueste Kreation von Nasomatto entstanden. Das witzige Ankündigungsvideo von dem Parfumeur Alessandro Gualtieri hat auch dazu beigetragen, dass der Duft wohl eine Homage an den Superschurken "Fantômas" darstellen soll. Da diese Figur augenscheinlich nur Böses im Schilde führt, sich selbst aber wohl als Genie sieht, ist dieser Gegensatz auch bei dem Parfum "Fantomas" zu finden.

Duft:

Beim ersten Aufsprühen erschlägt einen sofort die Asoziation mit einer Wassermelone. Später im Verlauf bleibt dieser Eindruck bestehen. Und selbst nach 2 Tagen riecht diese Wassermelone noch nach. Fertig.

Nein, so simpel ist dieser Duft dann doch nicht. Wieso eine Wassermelone, frage ich mich? - Das ergibt irgendwie keinen Sinn.
Aber anscheinend sind die Dufteindrücke anderer Personen verschieden: Mein Bruder sagt, Fantomas riecht frisch, sommerlich, ganz und gar nicht schlimm. Meine Freundin (Chemikerin) beschreibt ihn so, dass er sehr stark nach chemischen Stoffen riecht. Nicht im guten Sinne. - Ich empfinde den Duft als eine straighte Wassermelone, die etwas mit Patchouli und einer Prise Sandelholz verfeinert wurde. Diese etwas düstere, schokoladige Note, die ich mit Patchouli verbinde, entfaltet sich in der Herznote recht präsent, ohne, dass das Parfum dabei was von seiner synthetischen Fruchtigkeit verliert.

Ein wirklich ungewöhnlicher Duft, der so noch nicht gerochen bzw. produziert wurde, meiner Meinung nach - 11 Punkte auf der Unique-Punkteskala.

Flakon & Verpackung:

Die Umverpackung ist von einem roten Sleeve eingehüllt und nur oben und unten ist sie offen. Das erinnert sehr an den Deckel des Flakons, an dem oben und unten das Holz zu sehen ist, aus dem der Deckel besteht. Umhüllt ist er mit einer silberfarbigen Folie, die sehr gut Fingerabdrücke aufnimmt ;)

Die Verpackung – nachdem der Sleeve entfernt wurde – ist recht bunt gehalten und erinnert an Comics der 60er bzw. 70er Jahre. Das Konzept des Superschurken wird auch hier gut getroffen.

Der Flakon ist Nasomatto-typisch sehr schön in rechteckiger Form gehalten. Nichts neues hier. Weiterhin liegt ein kleinerer Deckel bei, mit dem man den Flakon auch bequem auf Reisen nehmen kann.

Fazit:

Ich sitze bei diesem Duft zwischen den Stühlen: Einerseits ist er wirklich interessant und spiegelt das Konzept eines nicht mögbaren Duftes, der aber irgendwie doch etwas hat, super wider. Diese synthetische Wassermelone, die später irgendwie schokoladig wird, gefällt mir durchaus gut.
Aber auf der anderen Seite nervt der Duft nach gewisser Zeit und bringt immer wieder Nuancen zum Vorschein, die etwas unrund wirken, wenn nicht sogar "eklig".

Ich werde den Duft auf jeden Fall wieder verkaufen und fülle mir eine Abfüllung ab. Ab und an am Zerstäuber zu riechen reicht mir, um diesen Geruch zu "genießen". Aber an mir selbst will ich ihn nicht haben, da er mir doch zu wenig gibt. Und 50% meiner Umgebung wird es mir sicher danken.
4 Antworten
Duftrebellen vor 3 Jahren 11 2
10
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Der Signaturduft eines Asia-Marktes
Intro

The Merchant Of Venice ist eine Marke, die mich schon immer interessiert hat. Eines der Aushängeschilder ist hier "Asian Inspirations", um den ich schon seit Monaten bzw. Jahren herumstreuner.

Jetzt ist er endlich da und was soll ich sagen? - Das Ding riecht, wie ein Kommentar unter mir schon verlauten lässt, original nach einer asiatischen Suppe!

Duft

Der erste Sprüher startet mit einem Konglomerat aus Pfeffer und Kardamom. Eingebettet in einem Hauch von Vetiver, versprüht der Duft wahrlich eine Orgie an gepfeffertem Pfeffer, schwarz, bunt, you name it.
Curry steht nicht in den Ingredenzien drin, erinnert aber auch an jenen. Wahrscheinlich auch deshalb, weil dieses Gewürz ebenso gerne in der asiatischen Küche gesehen wird, genau wie Pfeffer....Ja, Pfeffer. Da geht aber noch mehr!

Auf seiner Reise zur Basisnote und zum Drydown verändert sich der Duft leider nicht allzu sehr. Nur der Vetiver sticht mehr und mehr raus, mit einem kleinen Einschlag in die ledrige Richtung.
Der würzige, pfeffrige Vibe bleibt aber bis zum Schluss da. Zum Ende hin wird der Duft mehr und mehr überzeugend, da die Suppengewürze immer weiter abnehmen.

Flakon & Verpackung

Der Flakon erinnert sehr an eine Mischung aus einer Vase und eines kleinen Männchens. Eine lustige Kombination, die aber auch trotzdem edel aussieht. Haptisch ist der Flakon eine Wucht: Schöne Details am Hals, das goldene Gebambel (dieses besenartige...Ding, ihr wisst schon!) und auch der "Hut" sehen sehr unique aus. Ein sehr schöner Flakon, der in das Konzept super hinein passt.

Die Verpackung ist allerdings das Highlight! Sie ist wunderschön designed, mit goldenen Applikationen, Details und vielem, was es zu entdecken gibt. Vor allem die mittelalterliche Karte, auf der die Handelswege der Kaufmänner von Venedig zu sehen sind, ist eine der schönsten Gimmicks, die ich bisher bei einer Umverpackung sehen durfte. - Wenn ihr euch den Duft holt, dann besteht auf die OVP!

Fazit

Asiatische Inspiration ist hier nicht im klassischen Sinne zu finden, sondern hat diesen gewissen Twist, dass der Duft nicht grün, floral riecht, sondern sich der Gewürzen der asiatischen Welt annähert. Der Pfeffer, Kardamom und später Vetiver übernehmen hier deutlich die Überhand und erinnern tatsächlich sehr stark an Thai-Curry-Asia-Suppen.
Mit der Zeit, so nach ca. 3-5 Stunden wird der Duft noch gefälliger, da ab dem Zeitpunkt der Vetiver das Sagen übernimmt und mit kleinen Lederkomponenten ein kleiner Seelenschmeichler wird. Vor allem im Spätherbst und auch Winter sehe ich diesen Duft veranlagt.
Alles in allem würde ich diesen Duft nur halbherzig empfehlen, da ich bis jetzt immer noch nicht weiß, ob der Duft gut oder eher mittelmäßig ist. "Klick" hat es noch nicht gemacht, kann jedoch noch kommen. Aber so sperrige, einzigartige Düfte finde ich immer sehr spannend. Und das ist dieser allemal.
2 Antworten
Duftrebellen vor 3 Jahren 8 7
7
Flakon
3
Sillage
3
Haltbarkeit
2
Duft
Seit Red Wood kann ich Farben hören und Filme riechen
"Wieviel Duschgel wollen wir in unser Parfum stecken?"

"Ja."

Ungefähr so stelle ich mir die Besprechung zur Konzeptidee von Red Wood vor, als der Parfumeur und 4 Seifen im Büro saßen und beschlossen: genug Duschgel ist uns nicht genug.

Zur Kopfnote: Die Entfaltung des Duftes in den ersten Sekunden erinnert mich stark an einen Film aus dem Jahr 2015 mit dem Namen "Die Lawine". Der einzige Unterschied ist: Während der Film ruhig beginnt und langsam wie auch vorsichtig versucht, eine Bindung zum Zuschauer aufzubauen, überollt die Kopfnote von Red Wood gnadenlos jede Riechzelle mit einer synthetischen Lawine aus Duschgel.

Zur Herznote: Den betäubten Geruchsmolekülen, die nicht von der olfaktorischen Lawine mitgenommen wurden, offenbart sich nach der Katastrophe eine neue, sauere Note die einem bisher noch nicht so untergekommen ist: Duschgel. Sinneserweiternde Mittel sind in der Regel mit Vorsicht zu genießen. Ich weiss nicht wie es da mit dem Schnuppern am Red Wood aussieht. Allerdings habe ich das Gefühl, die Geruchswelt dreht sich.

Zur Basisnote: Während die letzten Geruchszellen in meinem Riechkolben die Titelmelodie von Tetris in der Orchestral-Version spielen, befindet sich meine Geruchswahrnehmung in einem Zustand, der jenseits von Gut und Böse ist. Am Ende bleibt ein trostloser, synthetischer Duschgel-Dschungel im 80er Jahre Retro Synthwave-Stil. Alles blinkt, alles leuchtet. Alles Duschgel.

Das Geheimnis: Ich erkenne hier, was der Parfumeur geschickt versucht hat, unauffällig einzubauen. Eine ganz besondere und geheime, versteckte Duftnote: Duschgel.

Ich bin mir nicht ganz sicher ob ich seit Red Wood Farben hören oder Filme riechen kann. Aber irgendetwas hat sich seit Red Wood definitiv geändert.
7 Antworten
Duftrebellen vor 4 Jahren 10 3
6
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
6.5
Duft
"Nimm den mal, der ist wie der Black Afgano"
So hieß es, als ich auf der Insel war und vergessen hatte, mir ein Parfüm mitzunehmen. Gut, dass mir Julian eine Woche vorher noch diesen Tipp gab und ich im Drogeriemarkt plötzlich diesen viereckigen schwarz-hölzernen Brocken entdeckte. Der alteingesessene Duftadel dreht sich beim Vergleich "Black Afgano -> Black Ash" vermutlich im Grab um. Kann er auch ruhig machen. Doch so weit hergeholt ist der Vergleich nicht: auch wenn es bessere und vor allem genauere Dupes geben wird – mit Kokain "Black Ash" von Rammstein schlägt das erste mal ein preislich günstiger Drogerieduft eben jene Duftrichtung ein – und ist dabei gar nicht mal so unerfolgreich.

Die äußeren Werte: Bereits die schwarze, matte Verpackung des glatten Würfels gibt ein dunkles Versprechen von sich. Jeweils ein Balken zieht sich im hölzernen Look sowohl durch die Mitte des Würfels als auch um sein Fußende und könnte sogar im übertragenem Sinne die Duftkomposition, die dieses Eau de Toilette erreichen möchte, darstellen – hier werden gräuliche und dunkle Duftnoten von einem Hauch hölzerner und rauchiger Aspekte umschmeichelt. Befreit man den Flakon von seiner Verpackung, wo er in einem feinen Schaumstoffsockel steckt, ehe man ihn herauszieht, kommt ein ebenso quadratförmiger Körper im leicht bräunlich gefärbten Glas zum Vorschein mit stilvollem Rammstein Logo vorne und hinten. Ein schwarzer Deckel versteckt einen ebenso schwarzen Zerstäuberkopf, der den Duft weit und fein aufsprüht, festgehalten und umringt von einem kupferngoldenen Ring als Fassung. Der Flakon wirkt kompakt und solide.

Die inneren Werte: Das erste mal aufgesprüht kommen einem rauchige Noten entgegen mit einem Hauch von Leder. Im späteren Verlauf dringen merklich hölzerne Harze – aber vorallem Sandelholz in den Vordergrund und runden den Duft ab. Zugeben muss man, dass die Sillage nichts besonderes ist, eher flach und Standard. Dafür macht die Haltbarkeit (für einen Drogerieduft) eben das wieder wett – gute 4 Stunden habe ich die Schwarze Asche während eines heißen, hektischen Arbeitstages an mir riechen können. Auf der Kleidung sogar gut doppelt solange und mit sehr viel Glück etwas länger, wie ich feststellen durfte, als ich nach 11 Stunden von den Arbeitsklamotten befreit in die Alltagsklamotten geschlüpft bin und sofort wieder mit einem gut riechbaren Kick des dunklen Kokains überrascht wurde.

Das Fazit lautet: "der Black Afgano der Drogeriemärkte" Jetzt geht's los. Ich weiss, bei diesem Fazit kippt bei allen alten Omis und Opis beim Kaffeekränzchen und Lästern die Milch vom Sonntagstisch. Ungefähr so, als hätte der tattoowierte Junge von nebenan mal wieder die Rockmusik zu stark aufgedreht. Das Leben geht weiter – jeder Parfümliebhaber und jede Parfümliebhaberin wird gefühlt einen Dupe in der Welt der Nischendüfte finden, die er oder sie als Vorreiter des Kokain Black Ash von Rammstein für sich beanspruchen wird. Für uns Duftrebellen ist die schwarze Asche der klare Versuch, ein preiswertes Äquivalent des Klassikers von Nasomatto zu sein. Am Ende überzeugt der Duft. Er geht stark erkennbar in diese Duftrichtung, auch wenn er lange nicht an das große Vorbild heran kommt. Mir persönlich schlägt das Sandelholz gegen Ende des Tages zu sehr durch und verwässert den sonst soliden Duft. Wer allerdings die Sandelholz-Richtung mag und nicht mehr als 30€ ausgeben will – der wird Black Ash lieben.

Greift zu, solange die Asche noch heiß & frisch ist - André von den Duftrebellen
3 Antworten
6 - 10 von 12