EmergeR

Nicht falsch verstehen - ich mag Filippo und seine Kreationen. Und ich mag auch '_scusami_'!

Allerdings war ich bisher anderes von ihm gewohnt... Entweder Weihrauch in allen Variationen von hell bis dunkel, oder Birkenteer-Rauch, oder Kalmus in 'epicentro' als schräge bitter-herbe Komponente. Irgendwas hatte immer eine Kante. OK, vielleicht bis auf 'Rosa_Nigra', der ist einfach nur klar und rein.

Beim ersten Riechen dachte ich sofort an Mugler und seine Jasmin-Puder-Bomben, die man oft Kilometer gegen den Wind riecht. In Sachen Intensität steht '_scusami_' dem in nichts nach. Allerdings gesellen sich hier leckere reife Früchte hinzu, insbesondere die Mirabelle sticht angenehm prall-saftig hervor.

Die Fruch lässt im Laufe der Zeit nach uns es bleibt ein pudrig-zuckriges Blütenbouqet, das im Laufe vieler Stunden in einen sanften, weichen Hauch von hellem Holz und Moschus dahinweht...

Insgesamt qualitativ wieder sehr überzeugend, aber bei einer Blindverkostung wäre ich im Leben nie auf Filippo gekommen ;-)

PS: Der absolute Hammer ist m.E. der Flakon. Was auf den Fotos leider überhaupt nicht abzubilden ist ist die Farbe! Flakon und Deckel sind mit Kerben versehen, passend zur Story (im Deckel echte Kerben, der Flakon ist glatt und nur der Lack hat Kratzer). Flakon und Deckel sind von einem irisierenden Lack überzogen, der je nach Lichteinfall violett oder grau-blau reflektiert. Der Lack wäre auch für jedes Auto der Knaller :-)

Ja, ich gestehe, ich gehöre der wohl aussterbenden Rasse der Gourmand-Duft-Liebhaber an.
Und doch finde ich diesen Duft faszinierend.

Klingt komisch. Ist aber so!

"Chocolat" ist nämlich kein Gourmand. Also nicht wirklich. Also schon, aber irgendwie doch nicht. Lese ich "Chocolat", dann denke ich an ein zuckersüßes Stück Vollmilch-Schoki - am liebsten die mit der Kuh. Doch dieser Duft ist eher herb, leicht fruchtig, nicht überzuckert - eher ein Stück Edelbitter mit einem Hauch Kakao bestäubt. Kennt Ihr das, wenn man z.B. bei Tiramisu die Gabel zum Mund führt, versehentlich dabei einatmet und einem der Kakao an den Gaumen fliegt, so dass man direkt husten muss? Ungefähr so ist dieser Duft, nur halt in schön.

Durch die herbe Note finde ich ihn durchaus Männer-tauglich, aber ich persönlich bin da eh schmerzfrei. Tom Daxon sagte mal so schön, dass Geschlechterzuordnungen bei Düften ein reines Marketingkonzept sind. Dem schließe ich mich vorbehaltlos an.

Wenn ich überlege, dass der Duft vor 23 Jahren kreiert wurde, dann ist er gefühlt auch heute noch ein Stück seiner Zeit voraus. Für Freunde ungewöhnlicher Chypres auf jeden Fall nen Versuch wert.

Der Herr Gardoni (seines Zeichens Architekt und zugleich die One-Man-Show namens Bogue Profumo) wird ja vom Herrn Turin (seines Zeichens Wissenschaftler und zugleich umstrittener Parfüm-Kritiker) in höchsten Tönen gelobt. Nachdem nun mein Kölner Lieblingslädchen diese Marke führt bin ich mit "Douleur!" mal einen Tag spazieren gegangen (auf dem Arm, unter dem Pullover...)
Ich sag mal so: Starker Tobak, allerdings ohne Tobak, dafür aber mit Rose, aber eben einer "anderen Rose".
Rosendüfte sind ja meist nicht sehr beliebt. Sie erinnern viele zu sehr an die klassischen Düfte ihrer Omas. Deshalb für Frauen oft schwierig und für Männer meist ein no-go! Schade eigentlich.
Die Rose in "Douleur!" ist keine klassische Rose - direkt beim Aufsprühen habe ich gemerkt, dass sie eine ungewöhnliche Penetranz hat, viel heller, weniger warm, als ich das sonst von Rosendüften gewohnt war. Und direkt hatte ich eine Assoziation zu einem anderen Rosen-Liebling: "Rose Alcane" von Æther. Hier findet sich allerdings keine "echte" Rose, sondern Rosenoxid, ein Duftmolekül, das einer der Hauptbestandteile von echtem Rosenöl ist. Dem Rosenoxid fehlt die Tiefe und das Volumen einer "echten" Rose. Es ist ätherisch, fast leicht metallisch, eher kühl, so als ob man pulverisierte Rosenblätter in die Luft pustet und alles andere wie Struktur, Stengel, Dornen (die ja eigentlich Stacheln sind) einfach weglässt. Ich selbst fand Duftmoleküle schon immer sehr spannend und inspirierend.
Während "Rose Alcane" allerdings bewusst diesen Weg geht und den metallisch-ätherischen Charakter betont, macht Herr Gardoni (dem ich hier ebenfalls die Verwendung von Rosenoxid unterstelle) etwas anderes: Er knüpft einen äußerst komplexen Teppich von "Hintergrundaromen", die der ätherischen Rose eine unglaubliche Wärme, Tiefe und Penetranz verleihen. Mal blitzen frisch-fruchtige Noten hervor, mal süße, fast pudrige und im Hintergrund spielt immer eine gekonnt dosierte Animalik mit. Ich nehme auch durchaus eine gewisse Blut-Note wahr, doch keine metallische, eher eine süßliche (vielleicht war der Blutspender Diabetiker?!?).
"Douleur!" übertönt alles - es ist ein lauter, jedoch keinesfalls schriller Duft. Auf der Haut hielt er bei mir ca. 10 - 12 Stunden, doch auf der Kleidung war er zwei Tage später noch wahrnehmbar. Er ist definitiv einzigartig, zentriert sich für mein Empfinden im Gegensatz zu den anderen Bogue-Düften viel stärker auf ein zentrales Thema (Rose) und ist daher trotz Komplexizität nicht ganz so wandlungsfähig wie z.B. "MEM" oder "MAAI", bei denen IMHO viel mehr "passiert". Dennoch solide, vielschichtige und tragbare Arbeit. Chapeau!

Der Titel ist tatsächlich so doppeldeutig gemeint, wie er klingt.

Ohne Zweifel, Lost Cherry ist ein ungewöhnlicher, leckerer, fast gourmandiger und doch fruchtiger Duft. Ich habe mich auch sofort ein wenig in ihn verliebt und mich umso mehr gefreut, dass ich ihn dieses Jahr zu meinem Geburtstag geschenkt bekommen habe. Dennoch finde ich den Namen so falsch, dass er eigentlich wieder richtig ist. Denn die Kirsche spielt meines Erachtens hier nur die zweite Geige. Für meinen Geschmack (genauer: meine Nase) dominiert hier nämlich eindeutig die Bittermandel.
Nun muss man vielleicht dazu sagen, dass ich aufgrund meiner Erfahrungen in diversen Chemielabors in der Vergangenheit etwas sensibel auf Bittermandel-Aroma reagiere (die giftige und krebserregende Chemikalie Nitrobenzol riecht nämlich auch total lecker nach Bittermandeln - was mir einige Jahre den Genuss eines Gläschens Amaretto vermiest hat).
Wie gesagt, es mag an meiner Überempfindlichkeit gegenüber des Aromas bitterer Mandeln liegen, deshalb geht für mich die Kirsche, obwohl präsent, ein kleinwenig unter.
Das schmälert jedoch nicht die Einzigartigkeit dieser schönen Komposition.
Vielleicht könnte man sie als Remineszenz an die Zeit betrachten, als unsere Großmütter im Gewand beim Nachmittags-Kaffee hinterher ein Gläschen Kirschlikör oder Amaretto geschlürft haben. Nicht dass meine Großmutter (sie hatte einen landwirtschaftlichen Hof) das getan hätte, aber die Vorstellung ist einfach schön ;-)

Der Duft hat insgesamt eine lange Haltbarkeit, die dem Preissegment gerecht wird. Was für mich persönlich schade ist: Sobald ich den Duft aufgetragen habe rieche ich ihn an mir selbst überhaupt nicht mehr. Bei anderen Düften ist es normalerweise so, dass sie im Tagesverlauf immer noch mal kurz "Hallo" sagen, aber die verlorene Kirsche geht auf dem Weg in meine Nase immer verloren. Geht das noch jemandem so?

Trotz allem würde ich ihn mir jederzeit wieder schenken lassen ;-)

Resonance ist ein spannender Duft. Spannend vor allem deshalb, weil hier ein Leitbestandteil Verwendung findet, den man kaum in anderen Düften findet: Kork.
Auf ganz Parfumo sind derzeit nur 4 Düfte gelistet, die Kork in irgendeiner Form als Duftbestandteil enthalten.
Was beim Wein als Fehlaroma ein wertvolles Produkt zunichte macht ist hier sehr elegant gespielt und repräsentiert. Elegant nicht im Sinne von fein, blumig, ziseliert - sondern elegant im Sinne von "Hier ist Kork und den runden wir schön ab mit Vanille und Weihrauch". Auch wenn die anderen Bestandteile immer mal in der Wahrnehmung auftauchen, so sind sie nie so überdosiert, dass der Kork als Star des Duftes seiner Hauptrolle beraubt wird.
Auf jeden Fall eine Empfehlung für Liebhaber ungewöhnlicher Holznoten.