Fluxit

Fluxit

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56 - 60 von 64
Fluxit vor 8 Jahren 18 6
7
Sillage
8
Haltbarkeit
6.5
Duft
Kakaoparty im Kellergewölbe
Was habe ich diesen Duft erwartet! Im Forum erspäht, im Souk gejagt, doch immer vergeblich: Mal wurde ausgerechnet diese Probe vom tauschenden Parfumo nicht gefunden, mal wurde sie nach Zögern doch einbehalten, weil man wachsenden Gefallen an der teuren Schokolade gefunden hatte. Dann Guidos Sharing, wo ich mir die Teilnahme nach mehrfacher Überlegung verkniffen hatte, weil ich - auch nach dem Reinfall mit Jo Malones schwarzem Edeltee - nicht bereit war, so viel Euros für eine Blindabfüllung zu latzen. Woraufhin sich natürlich die Frage aufdrängt, ob ich überhaupt einen so hochpreisigen Duft testen möchte, wenn ich mir die Flasche später wiederum nicht leisten will oder kann ... aber zum Glück gibt es ja für kleinere Mengen euch und den Souk, deswegen stelle ich diese Frage immer hintenan. Und selbst aus reiner Neugier testet man ja gerne. Das sozial akzeptablere Wort für "Sucht" ;)

Zum Testhintergrund möchte ich noch anmerken, dass ich in den letzten Monaten einige Schokoladen/Kakaos in der Flasche unter der Nase hatte. Sowohl in der bekannteren Nische ("Chocolate Greedy", "Sorriso", "Nerocacao", "Ore, "Musc Maori No.04", "Pardon", ...) als auch in obskuren, aus Etsy & Co erworbenen Indiekreationen, die nicht mal auf Parfumo gelistet sind (was wir, nebenbei bemerkt, mit dem Wanderpaket gerade nachholen). Im Gegensatz zu vielerlei anderen Noten traue ich mir damit hier einen anständigen Vergleichserfahrungsschatz zu.

Bei einigen Düften erkennt man ja die Note aus der Pyramide gar nicht erst und so näherte mich dem einfach besprühtem Handgelenk optimistisch, aber kritisch. Was mir da wuchtig entgegenschlägt überschwemmt jegliche Skepsis mit köstlich heißer Schokolade! Ein Kakaotraum, und ja, er sticht etwas, aber es ist das gleiche Stechen des Amarettoschusses im Winterkakao, ein willkommener Gast im leckeren Zusammenspiel! Mmmhm. Etwas tollpatschig, wie das kalorienreiche Getränk dann auf dem Holzbrett verkippt wird, aber dann leckt man es halt direkt von der Platte; mir egal!
Und das war dann für wenige Minuten leider auch der Höhepunkt, ab da geht es runter. Die verschmierte Holzschokoladentasse wird in den Keller getragen, ach was, gar in die Gruft. Erdige, muffige Störfaktoren. Patchouli, Elendiger! Fast schimmelig treibt sich der ungebetene Lippenblütler dazwischen und bleibt trotz ärgerlicher Winkbewegungen meinerseits stur bis in die Basis, wenn auch immerhin mit schwindender Tendenz. Da hilft es auch nicht, dass neben dem Kakaograb ein paar Vanilleorchideen blühen und zaghaft mit ihren Schoten klappern, bis ich sie nach einem halben Abend in Ruhe begutachten kann. Der Zauber ist gebrochen, nach mehreren Stunden zwar wieder akzeptabel in Balance, aber längst aus meiner Gunst gefallen. Und so trifft vor allem Adhiras Kommentar weiter unten meine Wahrnehmung ziemlich gut, nur dass ich mich von dem Besuch im Kellergewölbe nicht mehr erhole.

Rückblickend finde ich es schon verständlich, dass sich die so schmackhafte Kopfnote nicht bis in Herz oder gar in die Basis behauptet, auf Dauer wäre das recht anstrengend. Das erdige Patchouli ist für meine Nase aber als ungeschickter, unwürdiger Nachfolger auserkoren worden. Ich geb 6 Punkte, als Mittelwert vom Amarettokakao (10) und der Gruft (2). Bonus 0.5 für das Herz mit Vanille.
Naja, nicht schlimm: Für zweihundertfünfzig Euro kann man ja eine ganze Weile echte Schokolade kaufen ;)
6 Antworten
Fluxit vor 8 Jahren 7 4
7
Sillage
9
Haltbarkeit
6.5
Duft
Von Mitternacht zu Mitternacht
Da bisher noch niemand was zu dieser Edition geschrieben hat, erstmal ein paar Worte zu der Rare Tea Collection:
Durch Tee inspirierte Düften hat jo Malone mit seinen Tea Fragrance Blends bereits 2011 auf den Markt gebracht. Serge Majoullier verfolgte diese Idee weiter und experimentierte vier Jahre, um nun sechs exklusive Düfte zu veröffentlichen, die sich durch die Preispolitik (nur als 175ml Flaschen für ca. 300€ erhältlich) vom Rest des Angebots in höhere Luxusebenen abheben. Auch in der Herstellung gibt es interessante Unterschiede: Erstmals wird der Tee als reine Infusion, also durch Einlegen in Alkohol, extrahiert. Für Midnight Black Tea dauert dieser Prozess angeblich 100 Stunden, da mit fortschreitender Zeit die Note weicher wird. Bewusst gestaltet sich das Parfum um den Tee ohne klassische Pyramide, nur mit ergänzenden Beigaben, um den Eigengeruch hervorzuheben und zu unterstreichen.
Visuell erfolgt die Abgrenzung durch die neuen Flakons, nach 25 Jahren ein Novum für Jo Malone London.

Black Midnight Tea klingt tatsächlich so verlockend, dass ich durch die Exklusivität ("Da komm ich sonst bestimmt niiie wieder ran") verführt bei meinem ersten Sharing eines ungetesten Neulings teilgenommen habe.
Der Erstversuch fiel enttäuschend aus:
1) Ich roch, rieche, keinen Tee. Damit verfehlt Black Midnight bereits seine Aufgabe, die ich ihm blind anvertraut hatte. Allerdings muss ich sagen, dass ich trotz Gefallens an der Note kein Teekenner bin und auch bei anderen Düften manchmal meine Schwierigkeiten bei der Erkennung habe. Hier muss also nochmal eine erfahrene Nase ran, um die Puerh-Blätter aus der chinesischen Yunnan-Provinz herauszuriechen.
2) Labdanum. Was ich in "Sable Marocain / Morocco Sand" das erste Mal kennenlernte und in mir eine spontane Zuneigung erweckte, entpuppt sich mittlerweile zum wiederholten Male als zunehmend lästig. Dass ausgerechnet das so verheißungsvolle Labdanum mit Dominanz in der Herznote meinen Genuss am Mitternachtstee betrügt, hatte ich alles andere als erwartet.

Der zweite Versuch, mit vorsichtigerer Dosierung:
Viel besser. Nach dem süßlich, feinwürzigen und etwas kratzigen Beginn, benimmt sich später auch das Labdanum eher so, wie es sich gehört. Vor allem nehme ich über den Tag hinweg besser die Ambervanille wahr, die bei etwas Entfernung vom Handgelenk samtig seine goldene Fahne schwenkt.

Der dritte Versuch, als besprenkelte Serviette auf der Heizung:
Ich hegte die Hoffnung, dass sich der Tee bei wärmerer Temparatur doch noch ans Mondeslicht traut, aber die Puerh-Geister halten sich zurück. Immerhin, ein weicher Raumduft, und die verbotene L-Note bleibt schüchtern an der Zellulose.

Haltbarkeit:
Ein kräftiger Sprüher hält von Mitternacht zu Mitternacht, eine Dusche eingeschlossen. Für einen Teeduft ist das eine lange Zeit, aber hier erlaube ich mir die Spitzfindigkeit, dass Tee für mich ja ohnehin nicht vorhanden ist ;)

Ich mag ihn. Allerdings bin ich mir etwas unsicher, inwieweit das an den weiteren Chancen liegt und inwieweit daran, dass ich mir die gekaufte Abfüllung schöner reden will. Kaufen werde ich ihn nicht mehr, aufbrauchen vielleicht, tauschen bestimmt. Trotzdem ist meine Lust auf weitere Düfte von Jo Malone geweckt.
4 Antworten
Fluxit vor 8 Jahren 10 2
7
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Der schönste aller Räucherkegel
Ich bin kein Weihrauchfan. Gut, im Hintergrund wie bei L'Eau Duelle, von mir aus, so als Ausgleich gegen Süße und Langeweile. Aber nicht als Hauptantagonist, als Held des Feldes, als Vorreiter der Duftarmee.
Dachte ich.
Diese Theorie wurde nun gebrochen.

Vielleicht kennt ihr diese kleinen Räucherkegel, die zur Adventszeit in Räuchermännchen gestellt werden. Ich entsinne mich noch an meine Kindheit, denn wir hatten einen dunkelgrünen Holzförster als solche Figur, der Rauch kam dann in Schlieren aus der Pfeife. Immer brav von der Mama entzwei genommen und nachgefüllt, wir Kinder durften nur ran, wenn er abgekühlt war - vielleicht war es diese neugiersfördernde Restriktion, die uns später in der Schule mal mit einem Räucherkegel fast das Lehrerpult durchkohlen ließ, wer weiß, wer weiß ;) Jedenfalls eine schöne Erinnerung, die Broken Theories mal eben zwei Dutzend Jahre und mehr hat vergessen lassen und vor mir in qualmende Bilder zeichnete.
Das alleine macht den Duft aber noch lange nicht groß, denn verträumte Retrospektive mal beiseite, so ein Räucherkegel alleine flasht mich nicht gerade; im Gegenteil, der intensive Start irritiert mich vielmehr und ich brauche ein paar Minuten, bis ich mich davon erhole. Dann zeigt sich Broken Theories jedoch schnell versöhnlich, umschmeichelt mich würziger Vanille und weichem Oud, ein wärmendes Konglomerat für kalte Wintertage. Nur für diese und auch nicht für jeden, Räucherstäbchen auf Dauerfeuer sind (mir) ein Gräuel. Aber für besonders feierliche oder verschneite Abende, ja, zum Träumen.

Da ich nur dieses eine richtige "Räucherkegel"-Parfüm kenne, ist der Kommentartitel nicht besserwisserisch zu verstehen und ich bin gerne bereit, ihn zu einem späteren Zeitpunkt zu revidieren. Aber jetzt ist er vor allem Ausdruck meiner Überraschung über diesen Weihrauchwunderduft. Schön!
2 Antworten
Fluxit vor 8 Jahren 5 1
5
Sillage
5
Haltbarkeit
8
Duft
MM, MC und andere Minz-Musikanten
Mit Minze verbinde ich den wuchernden Garten, der hinter unserem Caravan in den Niederlanden auf dichter Flächte hüfthohe Minzstauden beherbergte, die gefühlt einen Status zwischen abendlicher Teebeigabe und eigenständigem Unkraut pflegten. Seitdem empfinde ich Minze sowohl heimelig als auch belebend, natürlich erfrischend. Selbst in Tansania in den Usambarabergen fühlte ich mich sofort wohl und zuhause, als mir nahe Yamba wilde Minze in der Nase kitzelte.

Da noch kein Kommentar existiert, ergänze ich meinen mit Vergleichen zu den bekannteren, ebenfalls von mir getesteten Duftnachbarn "L'òme - Menthe Fraîche / Fresh Mint" (MF/FM) und "Mentha Citrata" (MC).

# Kopfnote
- MM: Frisches Minzkaugummi. Damit meine nicht nur frisch wie erfrischend, sondern vor allem wie unverbraucht. Aus dem neuen Kaugummistreifen löst sich der Zucker, die ersten 15 min ist MM kräftig minzig-süß. Zitrische Noten sind trotz Pyramide für mich ausgeblendet.
- MF/FM: Nach bissigen ersten Sekunden, fällt die Minze gezähmt zurück, der Eindruck ist cremiger, weicher, minimal sauer.
- MC: MC ist zu Beginn vergleichsweise zitrisch. Bei den Duftpyramiden für mich überraschend, dass hier mehr Säure enthalten ist als im MM. Nach wenigen Minuten wird MC phasenweise dann fast unsichtbar für meine Nase.

# Nach 1-2 Stunden
- MM: Seine Süße ist längst verflogen, doch die Minze hält sich. Den Wechsel von grüner zur Pfefferminze kann ich nicht erkennen, wohl aber den Tee, der die leicht bissige Grundfrische wieder einfängt. Schön.
- MF/FM: Nun ist er dem MM sehr ähnlich, es gibt einen Zeitpunkt, wo sie als Duftzwillinge durchgehen.
- MC: Nach seinem Minutenschläfchen wacht der Duft in leisem Moschus - glaube ich - wieder auf. Die Minze ist nicht mehr groß zu erkennen.
Alle drei Düfte weisen eine schwache Sillage auf, vor allem der MC ist zeitweise milimeternah an der Haut.

# Nach 4 Stunden
- MM: Ein Veilchen blüht leise mit, unaufdringlich, aber fast gleichberechtigt neben dem mittlerweile schwachen Minze-mit-Tee-Aspekt.
- MF/FM: Minze ist nur noch nah an der Haut zu erkennen, verblasster als im MM.
- MC: Ein komplett minzloser Hautduft, interessanterweise jetzt deutlicher erriechbar als seine Nachbarn.
Weitere Duftentwicklungen finden nicht mehr statt, die Parfums entschwinden während der nächsten Stunden.

Ich ziehe zwei Fazits:
* Minze in der Flasche befriedigt mich nicht so sehr wie die in der Natur. Die Duftnote erfreut mich zwar weiterhin, aber weniger als erwartet, wirklich begeistern kann mich keiner der Drei.
* Von den genannten Kandidaten kann Menthe Moderne die Minze am längsten transportieren, positiv. Auch die Kombination mit dem Tee und, von mir aus, dem Veilchen finde ich gelungen. Der MF/FM ist mir deswegen aber nicht weniger sympathisch. Der MC ist ebenfalls angenehm, aber als Minzduft viel zu kurzlebig.

Weitere Empfehlungen für alle Suchenden:
- "Harmatan Noir No.11": Kräftiger, frisch aufgebrühter Minztee mit leichter Süße. Die Note wirkt auf mich synthetischer, ist aber schnörkelfrei und intensiv erkennbar.
- "Armani Privé - Figuier Eden": In der Pyramide steht nur vage "Tee", aber ich erkenne tatsächlich auch hier eine Minze, die sich nach einer Viertelstunde nicht lange, aber sehr angenehm nach draußen wagt.
1 Antwort
Fluxit vor 8 Jahren 16 3
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9.5
Duft
Der vertraute Unbefugte
Nachdem ich lange nach einem Testexemplar dieses raren Duftes gesucht hatte und endlich an eine kostbare Probe gelangen konnte, erreichte sie mich letztendlich zerbrochen im ungepolsterten Maxibrief - wie schade. Immerhin war sie in ein kleines Plastikbeutelchen eingepackt, das die Flüssigkeit auffangen konnte. Deswegen war ich zuerst nicht mal sicher, ob ich nicht vielleicht eine Kopf- oder andere Note verpasst habe.
Dafür geschah etwas anderes: Da das Beutelchen nicht völlig dicht schloss, verbreitete sich der Duft nach und nach an meinem Arbeitsplatz zuhause. Ein Eindringling, wie sein Name es verhieß. Aber er wirkte angenehm vertraut, mehr wie ein Bodyguard oder ein alter Bekannter als ein störender Zeitgenosse. So teilte er sich mit mir nun den Schreibtisch und selbst nach mehreren Tagen konnte ich ihn gut leiden, obwohl mich sonst eine Parfumdauerbeschallung ordentlich nerven kann. Das rechne ich ihm hoch an!

Meine Vanillereferenz ist L'Eau Duelle, die ebenfalls mit rauchigem Hintergrund aufwartet. Beide schätze ich, weil sie die von mir geliebte Vanille erwachsen und nicht zu feminin einrahmen. Memoirs of a Trespasser ist allerdings deutlich grober als L'Eau Duelle, kantiger. Trocken schön kokelt die Eiche neben unsüßer Vanille, dunkelholzige Späne auf dem weißen Körper des Eindringlings, der ein Rauch-Cape über sein weiches Herz geworfen hat. So steht er aufmerksam neben mir, kein gaunerischer Einbrecher, sondern ein wärmender Begleiter, der sich nur Zugriff verschaffte, um bei dir zu sein und dich zu begleiten.

Durch die ungewohnte Plastikbeuteldosierung war die Haltbarkeit und Sillage des Trespassers nicht so leicht einzuschätzen, aber er durfte gerne noch länger so bei mir bleiben, bevor er zur Erinnerung verblasst.
Ein dunkler Eindringling mit friedlichen Absichten und sympathisch vertrauter Präsenz!

Es folgte also eine Originalprobe. Die Kopfnote ist eher trocken, säuerlich fermentiert und gefällt mir nicht so gut wie der Rest. Da innerhalb von unter 10 Minuten die Duftwelt wieder in Ordnung ist und nur diese Nuance mir nicht zusagt, vergebe ich 9.5. Möglicherweise meine Lieblingsvanille und insgesamt in meiner Top 5!

Und schließlich folgte der Flakon, nach erfrischendem Schriftwechsel mit Josh Meyer, der sich als sympathisch bescheidener Parfumeur herausstellte und damit mein Gesamtbild für IA und speziell Memoirs auf eine angenehme Basis stellte. Mittlerweile ist der Trespasser meine Signatur und auch wenn ich ihn nicht jeden Tag riechen mag, bleibt die trocken holzige Vanille gern gesehene Gesellschaft.
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