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vor 4 Jahren - 29.02.2020
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Babyface Needs no After Shave. Dufteindrücke aus Thailand Teil 1.

Aus familiären Gründen halte ich mich alle paar Jahre mal in Thailand auf, wobei ich regelmäßig ziemlich im Land herumkomme, auch in Gegenden, die touristisch eher weniger erschlossen sind. Mein letzter Besuch vor ein paar Wochen war nun der erste, bei dem ich mich auch aktiv nach der örtlichen "Duft-Szene" umgesehen habe, auch wenn das nicht im Mittelpunkt meiner Reise stand. Dabei habe ich gelernt, dass es aller Globalisierung zum Trotz weltweit ganz schöne Unterschiede darin gibt, wie Parfüms gedacht und gelebt werden. Ich habe da einige Überraschungen erlebt, die ich gerne mit euch teilen möchte, wobei nicht zu verhehlen ist, dass ich bestimmt vieles auch nicht verstanden, nicht gesehen oder nicht richtig eingeordnet habe. Aber ganz auf den Kopf gefallen bin ich ja auch nicht.

Als erstes mal habe ich leider die Düfte von Prin Lomros komplett verpasst. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, nach denen besonders Ausschau zu halten. Auf diesen (wohl einzigen bekannten) thailändischen Parfumeur bin ich über Parfumo und insbesondere durch freundliche Tausch- und Geschenkpröbchen netter Parfumos aufmerksam geworden. Seine Spezialität sind schwere Wummser, und die Marken, unter denen seine Düfte erscheinen, sind "Prissana" und "Pryn Parfum". Vor Reiseantritt habe ich nicht näher recherchiert und dann vor Ort hat eine Internetrecherche ergeben, dass "Parfum Prissana" zwar mit "Bangkok based" wirbt, aber überhaupt keine Verkaufsstellen in Thailand angibt, sondern nur in London, New York, Los Angeles und online über Luckscent. Ich weiß nicht, ob ich dann schon aufgegeben habe, jedenfalls muss mir irgendwie entgangen sein, dass "Pryn Parfum" durchaus etwa acht Verkaufsstellen in Bangkok (und nur dort!) angibt, darunter solche, an denen ich quasi vorbeispaziert bin. Schade eigentllich.

Bevor ich berichte, was ich stattdessen vorgefunden habe, ein paar Worte zu den Rahmenbedingungen, die man bei so einer Duft-Erkundung mit bedenken muss. Thailand ist so zentralisiert, dass Frankreich geradezu ein gleichmäßig besiedeltes Land ohne ausgeprägte Hauptstadtregion ist. Bangkok hat 10 Millionen Einwohner (administrativ etwas weniger und der Großraum etwas mehr), und die nächstgrößten fünf bis zehn Städte (das ist die Kategorie Khorat, Pattaya, Chiang Mai, Hat Yai, Udon Thani und co) hat zwischen 150.000 und 100.000 Einwohner. Der Rest: Kleinstädte und flaches Land. Anders: Die zweitgrößte Stadt des Landes hat etwa 100 Mal weniger Einwohner als die größte. Das ist von von der Größenordnung her so, als ob auf Berlin als nächstgrößte Städte solche wie Buxtehude, Ingelheim am Rhein und Heide in Holstein folgen würden. Entsprechend kann man eigentlich nicht erwarten, außerhalb der Hauptstadt irgendwelche Vollsortiment-Parfümerien zu finden. Da ist dann eher Grundversorgung zu erwarten.

Starten wollte ich eigentlich mit ein paar netten einheimischen Rasierwässern aus dem Supermarkt. Wie jeder Thailandbesucher weiß, besteht für die kleinen Supermärkte (die meisten eher wie eine Mischung aus Drogerie, Tante-Emma-Laden und Kiosk) fast ein Monopol der Kette "Seven Eleven", und ob es sich um eine Ansammlung von Hütten oder schon ein Dorf handelt, definiert sich danach, ob es von diesem Laden eine Filiale gibt, die dann auch gerne zum sozialen Mittelpunkt avanciert. Mittelgroße Supermärkte entfallen, und bei den Riesenteilen (Stil Kaufland und Metro) gibt es dann ein Duopol von Big C und Tesco Lotus. Dort also wollte ich mich erstmal nett ausstatten, denn ich hatte nur meine kleine Reiseflasche des tschechischen "378" dabei.

Doch Fehlanzeige. Glaubt es oder glaubt es nicht, der Thailänder als solcher, egal ob in Bangkok oder in der Provinz, und ich habe von Chumphon im Süden bis Tak und Nan im Norden recherchiert, er benutzt kein Rasierwasser. Deshalb gibt es auch kein. So einfach ist das. Ich habe von den kleinsten bis zu den größten Supermärkten alles versucht. Die Regale mit den Rasierapparaten, die mit den Cremes, und und und und. Gefragt hab ich auch, soweit die Sprachbarriere dies zuließ. Gefunden habe ich nichts. Fast nichts. Hier einige Impressionen:

Hier dachte ich, ich hätte so etwas ähnliches wie After Shave Balsam gefunden. Es war aber keins, sondern bloß eine Herren-Gesichtscreme mit, wie so oft in Süd- und Südostasien "Whitening Effect". Bemerkenswert, dass es für Männerkosmetik ein Werbeargument ist, dass man von dem Zeug ein "Babyface" bekommen soll.

Hier dachte ich, ich hätte endlich was gefunden: Nivea und ein cool blickender gut rasierter Typ. War aber nichts. Bei näherem Hinsehen ein Gesichtswasser und ein Aknemittel.


Endlich, irgendwann, wurde ich fündig. Nach Dutzenden von Rasier-Regalen, in denen es überhaupt kein Aftershave gab, fand ich dieses:

In der untersten Reihe stehen die Kondome und Gleitcremes, ist ja auch irgendwie Herrenbedarf, aber darüber, in der zweiten Reihe von unten, da ist doch was...

Genau: Ein geruchsneutrales Aftershave von Gilette (rechts vom Pres-Have aus Japan namens Gatsby) und ein dufthaltiges lokal aussehendes namens "Klear" (links vom Gatsby). Wir zoomen weiter ran:

Jawohl, das ist der Beweis. Und es ist lokal. Rechts vom Wort "Tabu" steht zwar "Paris - New York", aber das ist rein dekorativer Natur. Internetrecherchen (etwa http://www.pktradingthailand.com/en/men-care/4848-klear-after-shave-lotion-120ml.html) zeigen, dass es sich wirklich um ein Thai-Produkt handelt. Nach meinen Recherchen das einzige. Und selbst das muss man im ganzen Land mit der Lupe suchen.

Bemerkenswert auch, dass die beiden wohl zentralen Internetseiten für thailändische Freunde der Nassrasur zwar allerlei Schäume, Rasiermesser & Co (gerne aus Deutschland von Mühle) präsentieren, aber entweder gar keine After-Shaves (manofsiam.com) oder nur ein paar wenige westliche, z.B. von Proraso (siamwetshave.com).

Da mir das "Klear" nicht gefiel (ich würde den Duft als minzig-süß bezeichnen) und 162 Baht auch 5 Euro sind, habe ich auf eine Anschaffung verzichtet und mich die ganze Reise über weiter mit dem guten "378" aus Groß-Meseritsch in Böhmen desinfiziert.

Das ist nun schon ziemlich lang geworden, und deshalb erfahrt ihr über klassische westliche Parfümerien, Ausflüge in Lasterhöhlen und über die wahrscheinlich "eigentliche" thailändische Duftwelt, deren Verortung auf der Duftlandkarte mir dann erst ganz zum Schluss klar geworden ist, etwas in Folge 2, die ich später, oder morgen, oder irgendwann schreiben werde.

Fortsetzung folgt.

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