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vor 4 Jahren - 07.05.2020
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Unique Vorschläge für gute Kommentare

So viele Neue hier... Begeisterung!

Zwar kenne ich keine Statistiken, aber gefühlt haben sich hier in letzter Zeit vermehrt neue Teilnehmer angemeldet. Großartig, und herzlich Willkommen an alle von einem, der zwar auch nicht zehn Jahre dabei ist wie manche hier, aber immerhin gut drei.

Ebenso habe ich den Eindruck, dass viele der Neuen nicht faul sind, gleich loslegen und eifrig Kommentare verfassen. Das ist interessant, denn es gibt ja auch Hunderte und Tausende User, die nie etwas schreiben, sondern dieses Forum nur zum Lesen, zum Verwalten ihrer Duftbestände oder zum Souken nutzen. Wie auch immer: Fantastisch, dass es auch so viele Neue von der schreibenden Zunft hier gibt. Das macht dieses Forum noch vielfältiger und interessanter.

Manche der (nicht nur neuen, auch "alten") Rezensenten haben sich vielleicht gefragt, warum sie eher wenige der hübschen Pokale kriegen, oder ab und zu eine eher kritische Anmerkung unter ihrem Kommentar, oder im Extremfall vielleicht sogar Ärger mit den Moderatoren. Oder sind einfach interessiert daran, was es vielleicht noch für Tricks und Kniffe gibt, um hier Kommentare zu schreiben, die bei den Lesern gut ankommen. Dafür habe ich ein paar Ideen zusammengetragen. Natürlich sind die von meinen persönlichen Vorlieben geprägt, aber ich habe mich ehrlich um Objektivität bemüht.

Noch ein Wort vorab: Natürlich werde ich hier keine Negativbeispiele nennen. Aber auch mit Positivbeispielen ist es schwierig. Wenn ich hier jemanden lobe, dann fragt sich ein anderer vielleicht: "Wieso lobt der nicht mich?". Außerdem ist es mit dem Loben sowieso gefährlich, weil das so nach gönner- oder lehrerhaftem Loben klingen kann, so nach dem Motto: "Gut gemacht, Kleiner!". Trotzdem werde ich mir erlauben, ein paar ganz sparsame Positivbeispiele zu nennen. Es soll sich aber bitte niemand, der nicht erwähnt wird, zurückgesetzt fühlen, und den Erwähnten sei ehrenwörtlich versichert, dass das Lob absolut respektvoll und nicht von oben herab gespendet wird. Ich nenne diese Beispiele auch nur, damit interessierte Neulinge sich bei den Genannten vielleicht Anregungen holen können.

Würde ich das selbst gerne lesen?

Der erste Tipp, in dem eigentlich schon alle anderen enthalten sind: Man sollte sich immer in den Leser hineinversetzen und sich fragen, wie der sich beim Lesen fühlt, und ob er das gerne liest und sich freut. Oder anders ausgedrückt, man könnte sich fragen: Wenn ich nach meinem letzten Schnüffler an einen Ort komme, wo ich bis in alle Ewigkeit Kommentare in dem Stil lesen müsste, den ich selbst schreibe, würde ich das dann denken: "Scheiße, ich bin in der Hölle gelandet!", oder fände ich das eigentlich ganz amüsant dort?

Wer sich jetzt sagt: "Das ist mir doch egal, wie die anderen sich fühlen, wenn sie meine Kommentare lesen", dem würde ich vorschlagen, die Kommentare einfach für sich zuhause auf ein Blatt Papier zu schreiben und dieses dann wegzuwerfen. Denn wenn man sich nicht für die Leser interessiert, braucht man auch nicht veröffentlichen?

Netiquette

Was ich an Parfumo liebe, sind die guten Umgangsformen. Bitte verderbt sie nicht. Es sollte sich von selbst verstehen, dass hier nicht rumgepöbelt, rumgestänkert und sexistische oder sonst peinliche Sprüche gemacht werden sollten. Wer vielleicht auch im Realleben gelegentlich mal aneckt, weil er einen etwas schwierigen Humor hat oder zu unpassend offenen Schilderungen seines Intimlebens neigt, sollte es auch hier erstmal langsam angehen lassen, den Ball flach halten und kein frühes Gegentor riskieren.

Kommt es auf die Länge an?

In den verschiedensten Lebenslagen lautet die Frage: "Kommt es auf die Länge an?" Für Parfumo lautet die Antwort meiner Meinung nach: "Eher nicht". Man hat hier maximal 7500 Zeichen. Wenn man die voll ausnutzt, ist der Kommentar sehr lang und vielen zu lang, um ihn zu Ende zu lesen. Meine Kommentare sind oft zu lang. Kurz zu schreiben ist nicht meine Stärke. Ich würde sagen, am besten ist es, man bleibt unter 5000.

Bei vielen Neulingen hier ist das Problem aber eher, dass die Kommentare sehr kurz sind. Ist das automatisch schlecht? Nein. Es gibt hier einige Kommentatoren, die die Kunst des Kurzkommentars beherrschen. Von denen, die länger dabei sind, könnte ich da als Beispiel Augusto nennen. Und bei den Newcomern habe ich in letzter Zeit ein paar sehr kurze, aber sehr aussagekräftige Kommis von Milathecat gelesen.

Allerdings sollte ein solcher sehr kurzer Kommentar dann wirklich vollgepresst sein mit relevanten Infos. Wenn der Kommentar sowieso schon kurz ist und dann noch die Hälfte davon aus komplett uninteressanter Einleitung besteht wie: "Ich habe diesen Duft das erste Mal in einem Flughafen im Duty Free gerochen, da wollte ich ihn fast kaufen, aber da war die Packung beschädigt. Dann hat mein Kumpel gesagt: Ey, diesen Duft musst du unbedingt noch ein zweites Mal probieren...." und die andere Hälfte aus einer ebenso nichtssagenden Ausleitung, dann ist es nicht so gut.

Außerdem sollte ein absolutes Minimum nicht unterschritten werden. Die Statementfunktion hier hat 140 Zeichen. Ich behaupte: Jeder Kommi von unter 300 Zeichen (eigentlich 500) kann auch zusammengekürzt werden auf ein Statement.

Echt jetzt? Ich soll Statements schreiben? Die sind doch voll minderwertig! Nein. Gute Statements sind genauso wichtig und wertvoll wie gute Kommentare. Wie in der Literatur: Ein Sonett von Shakespeare ist zwar ca. 10.000 Mal kürzer als ein Roman von Thomas Mann, aber mindestens genauso wichtig. Ich behaupte, die Statements werden sowieso viel mehr gelesen. Und man kann auch in 140 Zeichen unheimlich viel sagen. Die Statements von Edda32 sind Weltlitetarur. Ich könnte zehn Jahre üben und könnte nicht solche Statements schreiben. Und die ganz neue Userin Ammanda zum Beispiel traut sich auch, fleißig schlichte, unprätentiöse Statements zu verfassen, obwohl sie keine Muttersprachlerin ist, und ich finde diese Statements extrem informativ und aussagekräftig.

Duftbeschreibung und Unterhaltsamkeit

Die beiden wichtigesten Zutaten für einen guten Kommentar sind eine aussagekräftige Duftbeschreibung (wie riecht das? Wie entwickelt sich der Duft? Woran erinnert er mich? Woran muss ich dabei denken?), zu der im weiteren Sinne auch so Dinge gehören können (aber nicht müssen) wie eine historische Einordnung, und Unterhaltsamkeit (witzig geschrieben, rührend, persönliche Anekdoten aus dem eigenen Leben etc.). Von beidem sollte mindestens jeweils ein bisschen vorhanden sein. Der perfekte Kommentar sollte uns extrem viel über den Duft sagen und uns ein wundervollen Lesevergnügen bescheren.

Ich kann solche Kommentare auch nicht schreiben, oder vielleicht gelingt es mir einmal im Jahr. Muss man aber auch nicht. Aber man sollte versuchen, nahe ranzukommen. Wenn ihr genauer wissen wollt, was ich meine: Von den aktiven Autoren (also nicht die, die seit mehreren Jahren schweigen), gehören Yatagan und Schoork zu den Superstars hier. Zu Recht, weil sie beide Aspekte miteinander verbinden. Wobei Yatagan, unsere Duft-Enzyklopädie auf zwei Beinen, sicher noch etwas aussagekräftiger und Schoork, unser Top-Comedian, sicher noch etwas unterhaltsamer ist, aber bei beiden ist beides auf einem so hohen Niveau, dass das eigentlich dann auch schon egal ist.

Soll ich hier lyrisch rumdichten oder intellektuell rumlabern?

Wenn du nicht willst, dann nicht. "Literarisch wertvolle" oder künstlerische Kommentare gibt es, das muss aber absolut nicht sein. Ich persönlich finde manche Versuche, hier poetisch rüberzukommen, z.B. auch eher nicht ganz so gelungen. Dasselbe gilt für "Intellektualität". Man kann hier einen Duft soziologisch oder kunsthistorisch einordnen, muss es aber nicht. Wenn man es nicht gut kann, sollte man es sogar besser lassen.

Man kann auch absolut straight und klar von der Leber weg schreiben. Ich denke mal, ich tue Basti87 kein Unrecht, wenn ich hier mal behaupte, er hat keinen Bock auf besonders poetische und besonders intellektuelle Kommis. Aber seine Kommentare sind immer ein absolutes Vergnügen zu lesen, weil er immer etwas über den Duft zu sagen hat und auch ohne viel Rumgelaber eine flotte Schreibe hat, die gut unterhält.

Im Übrigen ist dann halt jeder auch mit seinem Stil ein bisschen selbst dafür verantwortlich, welche und wieviele Leser er hat. Ich hab bestimmt schon ein paar Leser verloren, die meine Schreibe an sich witzig finden, aber nicht so damit klarkommen, dass ich mir manchmal nicht verkneifen kann, irgendein lateinisches Sprichwort oder eine Anspielung auf einen isländischen Nobelpreisträger rauszuhauen. Da denkt dann mancher (kann man nicht übel nehmen), dieses intellektuelle Gehabe von dem Typen geht mir auf den Keks, den abonniere (bzw. "followe") ich jetzt nicht mehr weiter. Damit muss ich dann leben.

Umgekehrt kann das natürlich auch passieren, wenn man zu sehr den Babo raushängen lässt. Mir geht es zum Beispiel mächtig auf die Nerven, wenn in betont cooler Weise Parfüms als "Juice" bezeichnet werden oder in ironiefreier, nicht spielerischer Weise der Parfumeur mit Vornamen genannt wird, als ob der Rezensent schon mit ihm im Sandkasten gespielt hätte. Dann abonniere ich jemaden, der mir vielleicht ansonsten sympathisch ist, dann doch nicht. Muss also jeder dann selbst ein Gleichgewicht finden, wie passe ich mich hier an, und wie lasse ich meine Marotten raushängen.

Rechtschreibung & Co

Das ist hier keine Schule und kein Bewerbungsgespräch, und es muss absolut nicht sein, dass die Kommentare 100% fehlerfrei sind. Am wenigsten schlimm finde ich, wenn hier Nicht-Muttersprachler ein bisschen rumholpern. Ist doch toll, dass die sich beteiligen. Das ist doch am Wichtigsten!

Etwas problematischer finde ich es, wenn alle Regeln der Rechtschreibung und Grammatik konsequent missachtet und dann noch falsche Worte verwendet werden. Das ist auch kein Weltuntergang, aber das Lesen macht dann weniger Spaß. Wenn jemand Probleme mit fehlerarmem Schreiben hat, aber trotzdem hier etwas über Düfte sagen möchte, ist das toll, aber vielleicht könnte er dann vorher einen Freund bitten, mal kurz über den Text zu schauen, oder ein Korrekturprogramm drüberlaufen lassen? Nur ein Vorschlag. Dann gibt es bestimmt auch mehr Pokale...

Am allerdoofsten finde ich es, wenn man einem Text ansieht, dass er total lieblos hingeschlonzt wurde. Wenn z.B. die Wortabstände nichtstimmen wie in d iesem Beispiel Hier. Wozu für mich auch gehört wenn ein text konsequent in kleinschreibung verfasst ist oder wenn sowieso schon sehr kurze Texte noch zusätzlich mit Abkü. gespickt werden wie in diesem Bsp. hier. Wenn ich als Leser dem Verfasser nicht mal die Mühe wert bin, dass er das Wort "Beispiel" ausschreibt (neulich las ich: "Der Duft kostet 150 E"; ja was, 150 Eier?) , warum sollte er mir die Mühe wert sein, seinen Text zu lesen und sogar noch einen Pokal dafür zu geben?

Ein paar kleine bescheidene Einzelwünsche zum Abschluss

Was mir in letzter Zeit aufgefallen ist: Die Bewertung von Düften wird hier manchmal mit diesen Quartett-Kartenspielen verwechselt, die man früher oft auf dem Schulhof gespielt hat. Bei Düften ist es aber nicht so, dass jeder Wert gleichrangig ist. Am wichtigsten ist eigentlich immer, wie der Duft riecht. Kommentare der Art: "Der hat eine megakrasse Haltbarkeit und Sillage, der hält noch nach dreimal Duschen, den musst du unbedingt kaufen. Er hat nur den kleinen Fehler, er riecht total mies" sind vollkommen sinnbefreit. Leider liest man sie aber ziemlich oft. Merke: PERFORMANCE IST KEIN SELBSTZWECK. Bei einem miesen Duft ist es am besten, er verschwindet sofort wieder.

Ein ganz kleiner Tipp wäre noch (das hab ich am Anfang auch falsch gemacht), dass "Sillage" (a.k.a. "Projektion" oder "Abstrahlung") bedeutet: Wie weit riecht der Duft, d.h. wenn ich ihn in Normaldosis aufsprühe, riecht man ihn dann nur, wenn man die Nase dranpresst, oder auch noch am anderen Ende des Fußballstadions. "Silage" (mit einem L) ist hingegen Viehfutter, das in einem Silo gelagert wurde.

Eine andere Sache wäre, dass man mal drüber nachdenken sollte, ob man immer "mainstream" als gleichbedeutend mit "Kanalisation" und "Nische" als gleichbedeutend mit "Gott" verwenden sollte. Das ist einfach nur falsch und unsinnig. "Nische" heißt im Grunde einfach nur, dass es kleine Duftfirmen sind. Da ist natürlich extrem viel Schrott dabei. Ebenso gibt es Mainstream-Düfte, also gut verkaufte Düfte der großen Firmen, die nach übereinstimmender Ansicht aller ernstzunehmenden Kritiker einfach nur genial sind. Chanel No 5 oder Dior Homme sind gewiss nicht "Nische", aber trotzdem klasse. Ich gehe noch weiter und sage, dass es sogar unter den Drogeriedüften für 5 oder 10 Euro Offenbarungen gibt. Tosca ist für mich einer der schönsten Damendüfte, die es gibt. Also tanzt doch nicht so um das goldene Kalb, lasst es auch mal in seiner Nische stehen. Mit einem Vorhang davor.

Mein vielleicht allergrößter und allerpersönlichster Wunsch zum Abschluss ist, dass der Begriff der "Uniqueness" vielleicht etwas sparsamer gebraucht wird. Ich bin inzwischen schon allergischer gegen diesen Begriff und alle seine Ableitungen als alle Hipster dieser Welt zusammen gegen Gluten und Laktose [Bitte um Nachsicht an alle mit echten gesundheitlichen Problemen in dem Bereich...]. Warum muss dieser Begriff, ohne den die Welt mehrere Millionen Jahre exzellent ausgekommen ist (mit Ausnahme einiger weniger Verwendungen in der englischen gehobenen Literatur) in jedem Kommentar zehnmal vorkommen? Man kann es doch auch mal mit "einzigartig", "unverwechselbar", "markant", "singulär", "unnachahmlich" und anderen schönen Begriffen versuchen, das ist dann auch viel abwechselungsreicher. Meist wird aber mit "unique" sowieso nur "gut" gemeint. Dann kann man aber auch einfach "gut" sagen. Wer ständig "unique" schreibt, hat mit Sicherheit eins nicht: Uniqueness.

Just my 2 Cents.

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