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vor 5 Jahren - 16.10.2019
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Duft-Merkwürdigkeiten aus San Marino

Vorwiegend familiäre - aber auch ein wenig touristische - Angelegenheiten führten mich vor einer guten Woche jeweils erstmals nach San Marino sowie nach Perugia. Wie es sich für einen rechten Parfumo gehört, schaute ich mich dort in den freien Momenten des Tages auch immer ein wenig nach den örtlichen Duft-Besonderheiten um - und diese Erfahrung will ich ganz rasch mit euch teilen.

San Marino ist mit etwa 30.000 Einwohnern einer der kleinsten Staaten und die wohl älteste Republik der Welt (nach den offiziellen Berechnungen: gegründet 301 n.Chr.); er ist völlig von italienischem Staatsgebiet umschlossen, bewahrte aber immer - sogar zu Mussolinis Zeiten - seine staatliche Unabhängigkeit, regiert von einer "Doppelspitze" aus zwei "Regierenden Hauptleuten", die vom "Großen und Allgemeinen Rat" gewählt werden. Das Zentrum, sozusagen die Alt- oder Hauptstadt von San Marino, liegt auf einem steilen Felsen, auf den man entweder mittels einer Seilbahn kommt, oder auf steil sich windenden Serpentinen mit dem Auto oder Bus. Ein paar Vororte liegen in der Ebene, und hinter den Vororten beginnt ringsherum Italien. Von dem wirklich sehr spektakulären und hohen Berg kann man sehr, sehr weit blicken, gefühlt über 100 km, jedenfalls weit über die Adriaküste hinaus aufs Meer.

Leben kann man dort anscheinend nicht schlecht, denn jedenfalls für Männer ist San Marino der Staat mit der höchsten Lebenserwartung der Welt, irgendwas weit über 85 im Schnitt. Aber auch der Staat als solcher muss sehen, wie er überlebt. Nach mehreren Jahrhunderten des Niedergangs und der Armut steht San Marino momentan wirtschaftlich wieder top da. Obwohl ich da eine Menge reicher Russen gesehen habe, scheint das Hauptthema des Kleinstaats nicht "Steuersparmodelle" oder "Briefkastenfirmen" zu sein, SM hat eigentlich nicht den Ruf, eine Piratenrepublik zu sein, die auf allen möglichen grauen und schwarzen Listen steht. Den Hauptreibach scheint man eher mit sozialverträglicheren Dingen wie Tourismus und dem Verkauf üppiger Briefmarkenserien an Philatelisten zu machen. Auch konnte ich selbst sehen, dass ein Euro für drei Euro verkauft wurde; weil der eine Euro nämlich ein San-Marino-Euro war (SM ist nicht in der EU, hat aber den Euro als Währung und darf wie die EU-Staaten Münzen mit eigener nationaler Rückseite prägen). Da ist es leicht, reich zu werden.

Was mir vorher nicht bekannt war, ist, dass zu den Geldquellen, auf deren Ausbeutung das Land sich spezialisiert hat, auch das Parfümeriewesen zu gehören scheint. Ich habe noch nie im Leben eine so enorme Konzentration von Parfümerien gesehen. Die sind dort dichter gesät als in Berlin die Bäcker, Friseure, Dönerbuden oder Yoga-Studios. Ich hatte nicht viel Zeit, die Einzelheiten zu erkunden, aber das Gesamtphänomen war äußerst auffällig. Dabei waren zwei oder drei Nischenparfümerien (aber eher so mit dem "üblichen" Nischenprogramm, lokale Besonderheiten konnte ich nicht ausmachen), ein paar Dutzend normale Parfümerien, in denen die sehr gängigen Standardmarken fast discountmäßig deutlich billiger als in Deutschland verkauft wurden (ich hoffe, es waren Originale; vielleicht gibt es in San Marino einen Null-Steuer-Satz auf Parfüms oder was auch immer der Grund für diese Abschläge ist). Die dritte Gruppe waren Läden, die offen mit "Similars" (also Dupes) warben, und am Ende der Schlange, in der vierten Gruppe der Läden, stehen die zahllosen Kioske und Lädchen, an denen neben San-Marino-T-Shirts und Basecaps sowie chinesischen Souvenirs riesige Mengen von Fakes nach Art von "Terr d'Hermos" verkauft werden. Die Bekämpfung von Produktpiraterie scheint jedenfalls nicht zu den derzeitigen Top-Schwerpunkten der san-marinesischen Polizei und Staatsanwaltschaft (wenn die so etwas haben) zu gehören.

Gekauft habe ich nichts, gewundert habe ich mich schon. Vielleicht weiß ja jemand von euch etwas zu den Hintergründen dieser merkwürdigen Duft-Spezialisierung dieses Mikrostaates beizutragen. Auf meiner zweiten und letzten Etappe dieser Reise, in Perugia, habe ich ebenfalls kleinere Duft-Auffälligkeiten notieren können, über die dortigen Erlebnisse erzähle ich aber dann vielleicht im nächsten Blog.

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