Jella

Jella

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6 - 10 von 34
Jella vor 11 Jahren 10 8
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Alles, nur nicht brav und züchtig!
Die Farbe des Samtsäckchens, aus dem der wunderbar handschmeichelnde Flakon mit dem eingravierten Schriftzug "Daphne" zum Vorschein kommt, wurde mit Bedacht gewählt. Bietet dieses intensive Rot dem Auge doch einen Vorgeschmack auf ein üppiges, sinnliches und sehr weibliches Parfum. Eines, dass trotz aller Opulenz erstaunlicherweise kein raumfüllender Duft ist.

Verstörend wie der flüchtige Auftritt eines Flaschengeistes ist das, was dem formreduzierten Glaskunstwerk zunächst entweicht. Dieser Dschinn stellt sich nämlich als in einer stechenden Spirituswolke aufgelöste unsüße Ambernote heraus. Ist die erste Schrecksekunde überstanden, macht sich ein im besten Wortsinn tierisch guter und bitter-süß eingebetteter Jasminduft breit. Er wird von dezentem Weihrauchnebel umwabert, durch den sich vereinzelte Safranfäden ziehen. Das ist alles, nur nicht brav und züchtig! Zumal sich nun auch noch eine ausladende Tuberose hinzugesellt, die mit dem mehr als nur animalisch angehauchten Jasmin konkurriert. Patchouli und ein nur als homöopathische Dosis wahrnehmbares Oud erden, flankieren, und halten die lebensfroh ausschweifende Mixtur zumindest ein wenig im Zaum.

"Daphne" ist ein äußerst markanter Duft. Einer, den man vermutlich mag oder nicht mag. In Unkenntnis seines Erscheinungsdatums hätte ich ihn auf gute 25 Jahre älter taxiert, und bin davon begeistert, dass auch im eher gourmandig duftgeprägten neuen Jahrtausend noch solche Ausnahmeerscheinungen geschaffen werden. So hoffe ich inständig, dass sich die Ausdauer dieses Parfums nicht allein auf seine Haltbarkeit auf Haar, Haut und Kleidung, sondern auch auf seine als limitiert angegebene Verfügbarkeit übertragen wird.
8 Antworten
Jella vor 11 Jahren 19 9
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Der Reiz des Widerspruchs
Begegnungen zwischen Menschen und Parfums besitzen für mich auf einer Ebene eine gewisse Vergleichbarkeit. Denn meist sind es eben nicht die, die sich ad hoc in den Vordergrund spielen, die mein Herz langfristig zu erobern vermögen. "Clemency", der zwar keinerlei Kopfkino, sondern eher ein zumindest anfängliches Hin- und Hergeworfensein in mir auslöst, ist dafür ein sehr gutes Beispiel.

Dieser Duft weckte auf irritierende Art vom ersten Moment an mein Interesse. Anfangs vermutlich nur, weil er sich von Anbeginn völlig offenbart. Dabei aber seine sehr klare und gerade Linie beibehält. Allerdings blieb mir der wahre Kern von Clemency gleichwohl lange verborgen. Und selbst nach monatelanger Beschäftigung mit diesem Duft bin ich mir noch immer nicht sicher, ob sich mir nicht doch noch eine weitere Ebene darin erschließen wird.

Dabei ist, rein faktisch bewertet, im Grunde eigentlich alles wie zu Beginn. Eigentlich, und eigentlich eben nicht. Wahrscheinlich liegt in eben dieser Widersprüchlichkeit der besondere Reiz dieses (und nicht nur dieses) Humiecki & Graef.

Eine leicht synthetische - und damit zumindest für mich deutlich Distanz schaffende Note nahm ich bereits bei meinem ersten Test wahr. Kaltes Leder und eine geradezu betörende Lindenblüte hingegen wirkten auf mich sofort anziehend, und waren für meine Nase auch auf Anhieb präsent. Schnell gesellte sich auch die leichte Säure der Johannisbeere und eine eigenwillig warm-milchige Note dazu. Weitestgehende Fehlanzeige jedoch für mich bei der in der Inhaltsangabe aufgeführten Rose. Zwar hat sich an dieser Wahrnehmung bis heute sachlich betrachtet nichts geändert, und doch hat sich meine Einstellung zu Clemency im Verlauf der Zeit verändert.

Was so verwirrend klingt, ist es auch. Jedenfalls für mich. Denn wie kann es sein, dass etwas Statisches so viel Bewegung erzeugt? Abschließend zu beurteilen vermag ich diese Frage zumindest bisher nicht. Dennoch halte ich die Zeit reif dafür, zu einer vorbehaltlosen, und nicht von irgendwelchen vorgegebenen Assoziationen geprägten Auseinandersetzungen mit diesem Duft zu ermuntern. Dabei dürfte deutlich geworden sein, dass sich die Liebe auf den ersten Schnuff wohl eher nicht einstellen wird. Dafür aber womöglich eine lange währende tiefe Beziehung. Und die ist jedenfalls mir deutlich lieber als ein nur kurz aufflackerndes und eher belangloses Strohfeuer.
9 Antworten
Jella vor 11 Jahren 19 7
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
1
Duft
Eine Busreise auf Mallorca
Still, alles ist still und friedlich. Ich genieße wärmende Licht der ersten Sonnenstrahlen, hänge meinen Träumen nach, und fühle mich eingehüllt in eine zarte und wohltuende pudrige Wolke. Sanft weht der laue Wind einen zarten Hauch Mandarinenaroma zu mir herüber. Dieser Morgen ist schön, so wunderschön. Und je höher die Sonne steigt, desto klarer nehme ich den herrlichen Duft von Mandeln wahr. Was für ein Genuss. Einen solchen Moment müsste man festhalten können - am besten für immer. Doch Zeit und Leben haben ihre eigenen Gesetze, und schon sehr bald soll dieser herrliche Tagesbeginn Vergangenheit sein.

Schnell hat mich die Realität eingeholt. Denn heute habe ich mich als Reiseleitung verdingt, auf dem Programm steht eine Bustour auf Mallorca. Ich schlüpfe in meine Schuhe, erhebe mich von meinem idyllischen Platz auf einem großen Felsbrocken, und eile den von Rosen gesäumten Weg zum Hotelparkplatz entlang. Dort erwartet sie mich schon, meine "Wanderdüne", bestehend aus rund 70 überwiegend beige gekleideten Menschen fortgeschrittenen Alters. Einige von ihnen brabbeln laut durcheinander, andere stehen wie verloren am Rand der Gruppe. Nach einem freundlichen "Guten Morgen" bitte ich alle Gäste einzusteigen, greife beherzt zum Mikrofon, und erzähle launig wohin uns unsere Tagestour führen wird. Rosen- und Mandelhaine werden unseren Weg säumen, wir werden staunen, verzückt und begeistert sein höre ich mich sagen.

Meine Begeisterung jedoch beginnt zu schwinden. Denn die Luft im Bus wird langsam stickig. Es riecht altbaksch und aufdringlich. Zu viele Rentner auf zu engem Raum, denke ich mit wachsender Verzweiflung. Was nur hat mich geritten, diesen Job zu übernehmen? Die Klimaanlage schafft es nicht mehr, die Fenster lassen sich nicht öffnen. Mir schwinden die Sinne, ich bitte den Fahrer an der nächsten Nothaltebucht rechts ran zu fahren. Stürme aus dem Bus, und sauge begierig die klare Luft in meine Lungen. Derweil hängen die Rentner gaffend hinter den Scheiben. Keine zehn Pferde bringen mich zurück in diese schon nach Erde müffelnde Umgebung. Der Busfahrer tippt grimmig dreinblickend auf seinen Unterarm. Hupt.

Ich schrecke hoch. Schaue auf die Uhr. Es ist drei Uhr nachts. Ich bin verstört. Realisiere, dass ich mir abends "Canyon Dreams" aufgesprüht hatte. Ein Duft, der so verheißungsvoll begann, und sich dann ins für mich Unerträgliche drehte. Ein Duft, der sich nicht einmal durch hartnäckiges Schrubben vertreiben ließ. Ein Duft der mich schon eine Stunde zuvor zu einer weiteren Notwaschung gezwungen hatte. Ein Duft, der sich zu einem puren Albtraum entwickeln sollte. Ich wanke ins Badezimmer, drehe den Hahn auf, greife erneut zur Seife. Tappe zurück ins Bett, will endlich ruhig schlafen - doch der Albtraum geht weiter.
7 Antworten
Jella vor 11 Jahren 19 9
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Widde Widde wie es mir gefällt
Zugegeben, reizvoll wäre es schon, angesichts des Namens dieses von Supernase Jacques Flori geschaffenen Werkes an die Geschichte von Pippi Langstrumpf anzuknüpfen. Doch würde ich mit der Szenerie einer Villa Kunterbunt, durch die eine liebeswert-rebellische Göre nebst Äffchen und Pferd turnt, nicht mal ansatzweise das beschreiben können, was L´Enfant Terrible tatsächlich ausstrahlt. Denn dem schweren und handschmeichelndem Flakon entspringt ein sehr erwachsener Duft, der auf seine subtile Art ziemlich sexy ist.

Die reizvolle Duftreise beginnt mit einer klaren Zimtnote. Sie kommt als kerzengrade, auf einem knisternden krautigen Bett stehende, opulent-herbe Zimtstange daher. Beleuchtet wird die Szenerie durch wiederkehrend gezündete Wunderkerzen, aus der funkelnde Kuminsternchen britzeln. Mit dem Erlöschen des ersten kleinen Feuerwerks schwindet auch die krautige Anfangsbasis dahin. Dem stürmischen Vorspiel folgt eine sehr intensive, lange anhaltende Phase, in der eine würzige Grundstimmung die Führung übernimmt. Mit viel Phantasie kann ich dabei einen zurück-haltenden Hauch Muskat erkennen. Von weiteren Kuminsternchen begleitet, wandelt sich der nach wie vor vom Zimt dominierte Duft. Er wird wohliger, weicher und wärmer, bis er im Bereich des ausgewogen herb-süßen, leicht holzigen, und fast mystisch-Orientalischen angekommen ist. Erst jetzt büßt der Zimt seine verschwenderisch ausgeteilte Kraft ein.

Für Romantiker scheint mir dieser Duft wegen seiner fehlenden Blümeligkeit und der nur sparsam angedeuteten Süße ungeeignet. Genau diese Eigenschaften sind es jedoch, durch die er sich für Mann und Frau gleichermaßen empfiehlt. Auf Grund seiner nicht all zu üppigen Sillage halte ich "L´Enfant Terrible`auch im Berufsleben für tragbar. Ein echtes Statement ist er definitiv.

Und nun bemühe ich doch noch die kleine rothaarige Göre mit den frechen Zöpfen. Denn mit dem "schreckliche Kind" habe ich - widde widde witt - eines gefunden, wie es mir gefällt!
9 Antworten
Jella vor 11 Jahren 19 9
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Prall, selbstbewusst, und ein Tick zerrissen
Was für ein Knaller!
Tiefe, Wärme, Sinnlichkeit und eine beeindruckende Opulenz. So könnte man die Eigenschaften von "Psychedelique" auf den Punkt bringen.

Zweifelsohne hat sich dieser Duft des Meisters Jacques Flori seinen Namen durch die gewaltige Patchouliwolke verdient, auf der das gesamte Duftkonzept ruht. Alles hier erinnert an die durchgeknallten Zeiten, in denen (zumindest) der bewusstseinsverändernde Joint genau so dazugehörte, wie die kraftvolle Stimme von Janis Joplin. Schon beim ersten mit "Psychedelique""" geschwängertem Atemzug fällt mir unweigerlich ihr Titel "Piece of my heart" ein.

Nichts ist hier düster oder gar gruftig. Dieser Duft ist wie das pralle Leben. Selbstbewusst - gleichwohl mit einem Tick Zerrissenheit. Ein Statement. Was kümmert es mich, was die anderen denken?

Im Duftverlauf taucht zunächst eine bergamottige Patchoulivariante auf. Sie verwandelt sich binnen Kürze in eine wärmere und deutlich geranienlastige Note. Ab diesem Zeitpunkt erreicht der Duft das Entwicklungsstadium, das ich am meisten an ihm liebe. Das Patchouli geht im weiteren Verlauf eher gemächlich, doch unverändert kraftvoll tief- bis abgründige harzig-knarzige Verbindungen ein, flirtet einen Tick blumig, wobei ich keine Rose ausmachen kann. Erst nach Stunden begibt sich die rockende Duftröhre ganz langsam auf einem weichen warmen Bett aus Vanille zur Ruhe. Durch ihre Träume jedoch scheinen weiter bunte Bilder zu wandeln. Sie schläft einen Schlaf, der außergewöhnlich lange anhält, und selbst tags darauf noch Tagträume nach sich zieht.

"Psychedelique" ist gewiss nichts für graue Mäuse - egal welchen Geschlechts. Der Flakon ist übrigens genau so großartig wie dessen Inhalt.
9 Antworten
6 - 10 von 34