Kory

Kory

Rezensionen
Kory vor 13 Jahren 41 18
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Und irgendwo dazwischen...
Muss ich denn schon wieder einem armen, unterbewerteten Parfümchen zur Seite springen, verteidigend die Arme um den Flakon herumlegen und tröstende Worte ins Sprühköpfchen flüstern? Offensichtlich ist es mal wieder soweit.

Ich halte ja wenig bis nichts von Objektivität in Rezensionen beziehungsweise Kommentaren, zumindest, wenn es um die Bewertung geht. Ich mag's, oder ich mag's nicht...dazwischen gibt es die Höchststrafe namens "Ist mir egal." oder "Naja, ist doch ganz nett.". Aber bevor ich zur Bewertung komme, gibt's ja durchaus die Möglichkeit sowas wie eine subjektive Objektivität anzubringen - eine Beschreibung der eigenen Wahrnehmung also. Wenn ich beispielsweise eindeutig grünes Gras rieche und das so kommuniziere, dann mag ein anderer zwar immer noch sagen können, es rieche doch viel eher nach Kerosin oder Katzenpipi, aber in der Mehrheit ist man letzten Endes doch auf der selben Seite im selben Buch und man riecht gemeinsam frisch gemähtes grünes Gras. In diesem Rahmen ist der unten stehende Kommentar irreführend: ich habe keine Ahnung, wo das "stark zitronige" zu schnüffeln ist, aber ich befürchte, es handelt sich nicht um Préparation Parfumée. Nassing for ungudd.

Viel mehr steht Préparation Parfumée als kleiner Bruder zwischen den beiden Extremen "Victrix" von Profumum Roma und "Navegar" von L'Artisan Parfumeur. Während Victrix saftig, spritzig und doch gemütlich und tief brummelnd seine Kreise zieht, ist "Navegar" die skelettierte Version davon: hier spritzt und saftet nichts, hier ist nur eine eisige, kristallklare und beinahe sterile Struktur zu erkennen. Als höre man die Duftknochen klappern. Préparation Parfumée sitzt exakt zwischen diesen Polen: es ist ebenso klar in der Struktur, distanziert-modern und städtisch, aber es hat einiges an zurückhaltender Wärme auf den Leib geschneidert bekommen. Eine Wärme, die leicht gräulich schimmert, die den Träger in einem abgeschlossenen System am Atmen hält. Aber es geht nie zu weit: Kirmesdüfte nebst proletenhafter Fleischbeschau gibt es für andere Menschen. Préparation Parfumée behält die hochgeschlossenen Klamotten an, es ist intellektuell, räumlich. Wenn der leicht ergraute Architekt von nebenan mit Designerbrille und grauem, perfekt sitzendem Anzug die Arbeit mal Arbeit sein lässt und sich dazu entschließt, in dem schicken Café um die Ecke einen Milchkaffee auf der Terasse zu trinken - ihm bleibt im Grunde für Wahl seines Parfums nur eine Option.

Ich benutze Préparation Parfumée gerne, wenn ich einerseits Zeit für mich haben will, weil es mich so schön wie einen Kokon umhüllt, der keine Fragen stellt und dem ich keine Rechenschaft schuldig bin, und wenn ich andererseits dennoch keine Lust habe, meine manchmal durchaus vorhandene Misanthropie so auszuleben, dass ich künftig als alter Sack einsam in einem kalten Rattenloch vor mich schimmeln muss. Für mich deckt es damit eine gehörige emotionale Bandbreite ab. Und nebenbei: es duftet ganz ausgezeichnet! Nach einem Spaziergang im Regen, entlang eines kleinen, natürlich belassenen kleinen Flusses, in dem Frösche und Forellen leben.

Klar und pur.

Einfach Natur.

So wie es ist.
18 Antworten
Kory vor 13 Jahren 34 9
10
Haltbarkeit
9
Duft
Zementiert in Anmut
Stifte raus, Klassenarbeit: "victrix" gehört zum lateinischen Substantiv "victrix", welches zur konsonantischen Deklination gehört, und auf Deutsch übersetzt "die Siegerin" heißt. Zugegeben, der Satz ist von irgendeiner Streberseite kopiert - alleine auf diesen Anfang wäre ich selbst unter schwerstem Medikationscocktail "Tramal & Dormicum" nicht gekommen. Letzten Endes bin ich auch gerade schwer überrascht: dass "Victory", also "Sieg" hier irgendwie beteiligt ist - bon! Aber diese weibliche Komponente macht mich gerade wuschig. Vielleicht ist das der Schlüssel zu diesem Duft.

Profumum Roma ist der Albtraum eines Parfumverrückten: Live und in Farbe (=im Laden) sieht's in Deutschland ziemlich duster aus, weil sich die Ladenbesitzer angeblich mit allerlei Extravaganzen der Italiener herumprügeln müssen (riesige Präsentationsflächen und Bestellmengen), Pröbchen gibt es meines Wissens nach nur in diesem komischen Land auf der anderen Seite des großen Teichs (selbst das Profumum-Headquarter in Rom soll ausgesprochen knausrig sein und fast nichts rausrücken) und aufgrund der preislichen Lage von rund 170 Euro pro Flasche und pro 100ml kauft selbst die vernarrteste Nase nur ungern die Katze im Sack, vor allem unter Berücksichtigung obiger amüsanter Geschäftsmodelle. Ursprünglich war sogar der Vertrieb über das Internet ein rotes Tuch, in dieser Hinsicht haben sie sich also mittlerweile ein wenig geöffnet, da es in der Zwischenzeit ein paar Mailorder gibt, bei denen man die Parfums in Deutschland bestellen kann. Persönlich finde ich all das ausgesprochen charmant und vor allem eben amüsant. Da muss jemand nicht immer und überall die Nase in jeden kleinen Spalt reinstecken, um seinen Krempel zu verkaufen. Selbstbewusst? Na klar, aber was ist schlecht daran?

"Victrix" steht genau in dieser Linie. Ein selbstbewusster, anmütiger Duft. Ich würde spontan sogar "edel" schreiben, aber das wäre bei Licht betrachtet irreführend: "Victrix" ist bei aller Exklusivität und Distinktion total auf dem Boden geblieben. Unprätentiös und lässig. Auf Du und Du mit den Menschen. Der Auftakt ist extrem grün, wie frisch zwischen den Fingern zerriebene, saftige Grashalme. Beinahe etwas säuerlich, wie ein emporschwebender Reflex in der Kopfnote. Dabei ist "Vixtrix" überaus frisch und kühlend, zu gleichen Teilen beruhigend als auch belebend. Überraschend: diese Frische bleibt auf meiner Haut eigentlich bis zum Ende bestehen, auch wenn sie von einem einerseits leicht erdigen, andererseits fast etwas pudrigen Unterton in den Hintergrund gerückt wird. An dieser Stelle wird "Victrix" übrigens deutlich wärmer und kuschliger.

Nach einigen Stunden (und Victrix hält lange - sehr lange!) zieht sich der Kern der Siegerin immer weiter zurück, wofür gleichzeitig ihre Aura deutlicher wird. Ich habe sogar den Eindruck, dass sie mit zunehmender Tragedauer immer raumgreifender und ätherisch-präsenter wird. Das ist durchaus beeindruckend zu beobachten. Und es ist vor allem unfassbar angenehm, "Victrix" zu tragen.

Um den Bogen zur kleinen Einleitung weiter oben zu spannen: es ist am Ende des Tages wohl wirklich die weibliche Komponente, die als Erklärung für "Victrix" durchgehen kann. Diese Anmut, diese distinguierte Zurückhaltung auf der einen, die wärmende und einnehmende Umarmung auf der anderen Seite passen perfekt in das Bild, das "Die Siegerin" vermittelt. Mit beiden Beinen fest auf dem Boden, und doch über allem schwebend. Metaebene revisited.

Eine Anmerkung noch für die Interessierten: Ein extra angebrachter Hinweis auf der Flasche sagt mir, dass "Victrix" ohne Tierversuche entwickelt und hergestellt wurde. Ich gehe damit auch davon aus, dass hier keine tierischen Inhaltsstoffe in der Flasche umherschwappen, auch wenn darauf nicht extra hingewiesen wird. Das macht mir ganz persönlich sowohl Profumum im Allgemeinen als auch "Victrix" im Speziellen nochmal einen ganzen Tacken sympatischer.
9 Antworten
Kory vor 13 Jahren 17 6
10
Haltbarkeit
8
Duft
Veto!
Ich fürchte, ich muss mich zur Ehrenrettung von "Soir" zu einem Kommentar hinreißen lassen, denn so schlecht, wie es in vielen Kommentaren gemacht wird, ist es ganz sicher nicht.

Dabei lässt sich ganz bestimmt viel Schlechtes über Düfte von Bvlgari sagen, ich bekomme beispielsweise bei "Aqua" Brechdurchfall und bei der übrigen "Pour Homme"-Reihe mit ihren "Extrèmes", "Extrème Extrèmes" und "Total Extrème" geht mir glatt der Hut hoch - diese billigen, nach einer hölzernen Honigmelone riechenden und darüber hinaus aggressiven Varianten sind einfach schrecklich phantasielos und plump. "Soir" ist (neben dem überaus großartigen "Black") tatsächlich der einzige Bvlgari-Duft, den ich besonders angesichts der heutigen Gleichmacherei bei 95% der Mainstream-Männerparfums ansprechend und angenehm finde, gerade weil er keine gängigen Klischees bedient, weil er eben nicht nach dem 37427.Parfum riecht, das verzweifelt versucht, ein Duschgel oder ein Schuppenshampoo zu imitieren.

"Soir" ist frisch und erfrischend, ohne dabei frisch oder erfrischend sein zu wollen. Es ist einerseits klar in der Wirkung, es ist in den Kopfnoten fast ein wenig durchsichtig, auf jeden Fall ätherisch, gleichzeitig zeigt es andererseits aber eine gewissen Schärfe und eine entwurzelte Bitterkeit. Und vor allem: "Soir" hat Ecken und Kanten. Es hat Charakter.

Ich bekam vor einigen Jahren eine Bvlgari-Pröbchensammlung geschenkt und kurz nachdem ich ich "Soir" zu meinem Buddy auserkorte, nahm ich das kleine Fläschchen mit ins Büro. Es war Hochsommer und ich arbeitete zu jener Zeit wie ein Ochse - vermutlich roch ich am Ende des Tages auch exakt so. Ich erinnere mich jedenfalls noch gut daran, dass es zum allabendlichen Ritual wurde, dass ich mir für den Heimweg ein paar Tropfen "Soir" gönnte, und der Gang zum Auto durch die sich langsam abkühlende Luft eines fast vergangenen Tages, die Schritte durch die langsam sich entwickelnde Dämmerung waren trotz des harten Tages plötzlich federleicht, obwohl ich mich auf einen Schlag sehr kraftvoll fühlte. Es fühlte sich einfach nur gut an. Ich erlebe das heute noch: "Soir" ist jederzeit völlig angenehm zu tragen, es ist meilenweit vom Mainstream (und erstrecht von Haushaltsreinigern, wtf? :D) entfernt, es ist sophisticated und urban. Er hält zumindest auf meiner Haut (und ich bin ein Scent-Killer par excellence!) ewig und hat im Drydown eine sehr ruhige, fast sedierende Tee-Note.

Natürlich kein "Klassiker" und auch kein Meilenstein, aber dafür wurde er ja auch nicht gemacht.
6 Antworten
Kory vor 13 Jahren 13 6
Dilemma
Ich hatte mir lange überlegt, ob es Sinn macht, ein paar Worte über "Back To Black" zu verlieren. Ich halte für gewöhnlich nichts davon, auf etwas herum zu trampeln, was ich sowieso nicht mag - sei es Musik, Malerei, Literatur oder eben Parfum. Die Wahrnehmung ist in diesen Bereichen so subjektiv, und wer bin ich schon, um mich hier motzend einzuschalten. Außerdem ist es langweilig - lieber schreibt man doch über Sachen, die man toll oder inspirierend findet.

Andererseits markierte "Back To Black" sowas wie einen Meilenstein - es ist das erste Parfum, das bei mir mehr oder minder ernste körperliche Reaktionen auslöste und das finde ich dann schon wieder alles andere als langweilig. Ich erhielt Anfang Januar eine Probe von dem Tröpfchen und probierte es, durch die Kommentare vorgewarnt, sehr zaghaft zunächst nur auf einem Kosmetiktuch aus und meine Einschätzung war gar nicht so übel - gut, das ist Honig und sonst nix, aber wenn's draußen arschkalt ist, könnte das nicht unangenehm sein. Also wartete ich auf den passenden Moment, irgendwann hätte ich schon mal Lust darauf.

Am vergangenen Sonntag war es soweit: das Wetter war ungemütlich, meine Stimmung passte sich dem an - warum also nicht? Was dann passierte, habe ich so wirklich noch nie erlebt. Keine halbe Minute nach dem Aufsprühen wurde mir zunächst speiübel, dann als Fortführung des Wahnsinns bekam ich keine drei Minuten später Kopfschmerzen und anschließend wurde mir für die nächsten Stunden ein schöner Schwindel geschenkt. Letzteres übrigens nachdem ich panisch ins Badezimmer lief und versuchte, mir diesen Honigbrocken wieder ab zu waschen. Erfolglos, wie ich schnell anfügen möchte - der Kram blieb für Stunden auf der Haut.

Ich werde "Back To Black" nicht bewerten, ich hielte das irgendwie für unfair, zumal es ja auch Menschen geben soll, die den Duft lieben. Aber ich bitte dennoch kurz um Verzeihung: wenn das ein Aphrodisiakum sein soll, d....dann stelle ich mir ab sofort höchstens einen Spuckeimer neben das Bett.

Halleluja.
6 Antworten
Kory vor 13 Jahren 11 3
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Der erste Schritt
Bei Licht betrachtet ist Zino dafür verantwortlich, dass ich heute kaum an einer Parfümerie vorbeigehen kann, ohne darin etwas zu testen oder gar zu kaufen.

Es muss Anfang der 90er Jahre gewesen sein, ich tippe auf 1993/1994, als sich mein Bruder das After Shave von Zino in den Schrank stellte und ich mir nicht nur nach den ersten eigenen (hilflosen) Rasurversuchen, dafür aber fast jeden Morgen vor dem Gang in die Schule ein oder zwei Tröpfchen auf die Haut rieb. Im Rückblick passt das alles hinten und vorne nicht zusammen: ich war und bin ein Kind des Grunge und gab angesichts des Lebensstils meines Helden Kurt Cobain nun nicht so wahnwitzig viel auf Körperhygiene. Die zerrissene Jeans, die Mutti in den Wahnsinn trieb, das verwaschene Karohemd, der Fünf-Tage-Bart, das ganze Bier und die ganzen Kippen - aber der Herr trug Parfum, dazu nicht mal eine leise oder wenigstens leichte Variante - ganz im Gegenteil. Und ich liebte es.

Vielleicht trug ich es damals als Gegenpol zum sonstigen Auftritt, was aber angesichts der prätentiösen und klassischen Aura von Zino auch nicht so tierisch stilsicher gewesen wäre. Vielleicht trug ich es aber auch, um mich sicherer zu fühlen, denn eines ist heute wie damals richtig: Zino ist mein Wohlfühlduft. Er ist zu gleichen Teil anschmiegsam und warm wie frisch und belebend, fast prickelnd. Ich stimme Apicius zu, dass das heutige Zino entschärft, fast glattgebügelt wurde. Es fehlt diese unwiderstehliche Tiefe der Version meines Bruders, es hat außerdem einige Strukturnoten und auch einiges an Haltbarkeit eingebüßt. Aber das Tragegefühl ist noch nahezu unverändert: noch heute hüllt mich die dunkle Ebene Zinos in einen vibrierenden Kokon ein, noch immer fliegt mir ein frischer Wind gegen die hohle Rübe, obwohl draußen 40°C im Schatten wüten. Und wo das gesagt ist: Zino ist sowohl an einem lauen Sommerabend im August, beim Abendessen auf der Promenade, als auch am kühlen Wintermorgen auf dem Weg zur Arbeit die weapon of choice.

Ich werde immer ein Plätzchen für dieses beschnittene Monster im Schrank reservieren.
3 Antworten