Lecker234

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Lecker234 vor 3 Monaten 3 1
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Haltbarkeit
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Duft
Lagerhalle: Flohmarktverkauf
Wir befinden uns in einer Lagerhalle, ein Flohmarktverkauf findet statt. Die zum Verkauf stehenden Bücher; vom Kochbuch über die Bibel, vom Reiseführer bis hin zum Kriminalroman suchen ein neues zu Hause. Sie sondern allesamt einen charakteristischen Duft ab - die Seiten sind vergilbt, zu viel Feuchtigkeit haben diese Schinken abbekommen, zum Teil wurden sie lieblos im Keller gelagert. Das im Zentrum der Lagerhalle stehende Ledersofa trägt seinen Beitrag zum Geruchserlebnis bei. Das ist "Sultan Vetiver | Nishane".

Die Stimmen, die versuchen, diesem Vetiverduft Modernität zusprechen, wirken auf mich wie der vergebliche Versuch, einen Röhrenfernseher als den neuesten Trend zu verkaufen - der "Sultan Vetiver | Nishane" wirkt auf mich muffig, altmodisch, herb - einfach unschön.

Trotz einer Vetiver-Abneigung kann man dem "Sultan Vetiver | Nishane" nicht aberkennen, dass er dem Träger qualitativ gut umgesetztes Vetiver bietet, das durchweg durch passende Noten untermalt wird:

Zu Beginn trifft man auf herben Absinth, der im Hintergrund subtil süßlich-würzige Andeutungen (Wermut, Anis, Fenchel) mitbringt - im Vordergrund steht dennoch die herbe Alkoholnote gepaart mit Vetiver.

Leider offenbart sich erst im späteren Verlauf die auf das Vetiver gut abgestimmte Ledernote. Diese verwandelt den "Sultan Vetiver | Nishane", sobald die Basis sich bemerkbar macht, von dem Flohmarkt-Duft erstmals in ein wahrhaftiges Parfum. Zu spät, um noch etwas zu retten - das negative Urteil ist bereits gefällt.

Nach dem im Herzen angegebenen Neroli und der Tonkabohne sucht man hier vergeblich.

Zusammenfassend bekommt man mit dem "Sultan Vetiver | Nishane" eine geballte Ladung an Vetiver, die über den Verlauf hinweg mit charakteristisch Noten gepaart wird, die hervorragend zum Vetiver abgestimmt sind. Alteingesessenen Vetiver-Liebhabern kann das durchaus zusagen, bei dem durchschnittlichen Parfumenthusiasten wird dieser Duft jedoch vermutlich keinen großen Anklang finden, da er für die Norm zu herb und altmodisch riecht.
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Lecker234 vor 3 Monaten 7 1
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Haltbarkeit
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Duft
Tief wie der Marianengraben
Es gibt Düfte, über die man wenig schreiben kann, weil sie flach sind - sie verlaufen linear, sie riechen unkreativ. Bei dem "17/17 - Pikovaya Dama | XerJoff" ist das Gegenteil der Fall: Dank der immensen Tiefe dieses Duftes ließe sich eine ellenlange Rezension verfassen. In dieser Rezension werde ich versuchen, mich auf das Wesentliche zu beschränken. Dennoch lasse ich es mir nicht nehmen, mit folgendem Bild zu beginnen:

Das Neugeborene liegt in seiner Wiege -
der Bettbezug aus Seide.
Wärmende Sonnenstrahlen fallen auf das Kind nieder -
es reckt und streckt sich.
Engelsgleich.

Diese Vorstellung passt zum "17/17 - Pikovaya Dama | XerJoff" wie zu keinem zweiten Parfum. Er ist fein abgestimmt, wirkt sehr filigran und kommt in jeder Etappe, die er durchläuft, äußerst geschmeidig rüber.

Etappen - in die lässt sich dieser Duft wohl am besten unterteilen. Hier bekommt man keinen typischen Verlauf, der sich an der angegebenen Duftpyramide festmachen lässt, sondern viele, mal kürzere, mal längere Duftetappen zum Genuss.

Bereits mit dem ersten Atemzug nach dem Auftragen lässt sich die unwahrscheinliche Tiefe dieses Duftes erahnen. Zuerst nehme ich einen sanften Weihrauch wahr, aber - ein wichtiges "aber" für alle Weihrauch-Pessimisten - dieser ist weder sakral noch nimmt er eine penetrante Rolle ein.

Diese Erfahrung lässt sich für den gesamten Verlauf pauschalisieren: Keine der wahrnehmbaren Duftnoten nimmt an irgendeiner Stelle eine unangenehme oder aufdringliche Position ein. Durchwegs bleibt der "17/17 - Pikovaya Dama | XerJoff" elegant und ausgeklügelt.

Im Laufe des Drydowns offenbart sich eine Kräuter-Erfrischung durch den Koriander, der dem Duft eine krautig-grüne Seite verleiht und gleichzeitig durch die Iris, die mich vielmehr an Irisbutter erinnert, geschmeidig gemacht wird und demnach keineswegs an Suppenkräuter erinnert.

Das Ganze ist auf einer vorerst klassisch wirkenden Moschus-Vanille-Basis gebettet - die sich im lang andauernden Duftverlauf als eine durchaus individuelle Ausarbeitung entpuppt: Meistens verhält es sich bei diesem prominenten Basis-Paar so, dass es entweder zu sehr in die süße Richtung tendiert (zu viel Vanille) oder durch eine Überladung an Sauberkeit schon wieder einen gewissen Staub-Charakter entwickelt (zu viel Moschus). Bei dem "17/17 - Pikovaya Dama | XerJoff" habe ich erstmals eine andere Erfahrung machen dürfen; zwar geht es hier relativ eindeutig in die Richtung der Sauberkeit (mehr Moschus als Vanille, obwohl die Vanille auch bemerkbar und nicht zu vernachlässigen ist), dennoch bleibt man einer Staub-Überladung verschont und genießt einen Abschluss, der die Pik-Dame endgültig zur Königin schlägt.

Neben der vorausgegangenen Duftbeschreibung wäre es eine Schande, die überragende Haltbarkeit dieses Duftes außer Acht zu lassen. In der Regel macht man die Erfahrung, dass die Freude, die man an Düften hat, die auf Blumen basieren, leider nicht von langer Dauer ist. "17/17 - Pikovaya Dama | XerJoff" zeigt denjenigen, die diese Erfahrung teilen, dass es mit hochwertigen Inhaltsstoffen auch anders geht. Die Sillage hingegen ist moderat - allemal nicht schlecht - allerdings würde es dem Charakter des Duftes auch gänzlich zuwiderlaufen, wenn sich hierhinter eine Dampfmaschine sondergleichen befinden würde.

Der Titel "Understatement-Duft" ist sicherlich einer, den die ein oder andere Person an dieser Stelle anbringen würde. Wenngleich ich diesen Titel nachvollziehen kann, muss ich sagen, dass ich diese Ansicht nicht teile; der "17/17 - Pikovaya Dama | XerJoff" ist ein Duft, der sich durch seinen einzigartigen Charakter durch feinst abgestimmte Duftnoten (die man so bei keinem zweiten Parfum bekommt) einen Verlauf durch diverse Etappen bildet, der vergeblich seinesgleichen sucht. Ein konkurrenzloser Genuss.
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Lecker234 vor 3 Monaten 3 1
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Sillage
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Duft
Mehr als ein klassischer Himbeer-Oud - aber kein Kamel!
Der Name "Kamel Oud" ist hier etwas weit gegriffen. Oud bekommt man in Maßen und die Animalik eines Kamels sowieso nicht - wer hat sich diesen Namen ausgedacht?

Wie dem auch sei - um davon wegzukommen, was der Duft nicht ist, hier ein paar Informationen dazu, was man von ihm erwarten kann: Neben die klassischen Himbeer-Oud-DNA, wie man sie von unzähligen Konkurrenten kennt (z.B. "Sillage | Kinetic Perfumes", "Sapphire Collection - London | Widian / AJ Arabia", "Infusion Velours (Eau de Parfum) | Ojar", um nur ein paar zu nennen), gesellt sich eine orientalische Würze, die vor allem von Kardamom, Kümmel und ausgewogenen Safran geprägt ist.

Das Oud ist hier nicht animalisch und nur leicht rauchig. Primär tendiert es in eine ledrige Richtung, welche durch die anderen Hölzer und den Kardamom bestärkt wird. All das wird mit Hilfe des Elemiharzes, welches eine balsamische Note setzt, fein abgerundet.

Die davon ausgehende (etwas erfrischende) Wärme beschert ein Dufterlebnis, das diesem Titel wirklich würdig ist. Mit der Zeit rückt die Fruchtigkeit der Himbeere in den Hintergrund und macht die Bühne für die Gewürze (Kümmel, Kardamom, Safran) frei, die diese Chance dankend annehmen und ihr volles Potenzial entfalten.

Demnach ist der "Kamel Oud | Sora Dora" eine fein abgestimmte, würdige Konkurrenz für andere Himbeer-Oud-Düfte. Zusätzlich zu der Himbeer-Oud-Seite erhält man eine orientalische Würze, die dem Duft seine Spannung verleiht und ihn zu einer einzigartigen Kreation macht. Lediglich hinsichtlich der Haltbarkeit und Sillage unterliegt er (wenn auch nicht weit abgeschlagen) seinen Konkurrenten. Dennoch: Großen Respekt an diese doch relativ junge Nischenmarke für ihre spannenden Kreationen, die definitiv einen Test wert sind.
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Lecker234 vor 3 Monaten 3 4
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Duft
Nicht nur die Feige, sondern der ganze Baum
Es ist Juli. Du stehst vor dem Feigenbaum im Garten. Es ist nicht nur der süßliche Duft, den die reifen Feigen absondern, der durch die Luft in deine Nase getragen wird, sondern es ist die pure Geruchserfahrung des Feigenbaumes, die du wahrnimmst.

Es sind keine Meter, die dich und den Baum trennen. Du stehst unmittelbar vor ihm und atmest den Duft ein: grün, sehr grün. Es sind die Feigenblätter, die diesen Geruch bescheren und ein nahezu herb-grünliches Geruchserlebnis bescheren.

Hungrig auf die Frucht pflückst du dir eine Feige und beißt ungeduldig durch die dicke, schützende Haut, um an das süße Innere zu gelangen. Ob das eine gute Idee war? Ein bitterer Geschmack verbreitet sich in deinem Mund, der den intensiv-grünen Geruch der Feigenblätter weiter zu verstärken scheint. Leicht enttäuscht genießt du vor dem Baum die Feige zu Ende während die sanfte Sommerbrise dir durch die Haare pustet.

Diese kleine Feigengeschichte beschreibt meine erste Erfahrung mit diesem doch sehr schönen Duft und soll anderen eifrigen Feigenliebhabern falsche Hoffnungen auf einen quietschend süßen Feigenduft präventiv abnehmen, um einer Enttäuschung vorzubeugen - denn das bekommt man mit dem "Philosykos (Eau de Parfum) | Diptyque" nicht.

Stattdessen lässt sich hiermit ein vorwiegend grüner Feigenduft genießen, der durchaus eine fruchtig-süße Seite hat, die aber keineswegs im Vordergrund steht. Im Vordergrund ist nämlich das Feigenblatt, worauf diese Rezension im Gesamten aufmerksam machen soll.
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Lecker234 vor 3 Monaten 5
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Duft
Die kalte Schulter des Pinguins
Die Kreativität der Marke Zoologist ist immer wieder beeindruckend, zuletzt durch ihre erste Kreation des Jahres 2024: "Penguin | Zoologist" . Wobei, wie riecht überhaupt ein Pinguin?

Mit dieser Frage werde ich meine Rezension beginnen; bei den Düften von Zoologist unterscheide ich immer zwischen denjenigen, die den Geruch eines Tieres direkt vermitteln bzw. versuchen, dies zu tun, wie zum Beispiel der "Hyrax | Zoologist" und zum anderen denjenigen, die vorrangig die Atmosphäre bzw. das Gefühl des Tieres ausstrahlen. Zu der zweiten Kategorie zähle ich den "Penguin | Zoologist" - persönlich gerochen habe ich zwar noch keinen Pinguin, jedoch gehe ich davon aus, dass dieser Vogel nicht nach Menthol-Halsbonbon und Wacholder riecht. Mehr dazu aber in der folgenden Duftbeschreibung.

Frost, Eis und Kälte - diesem Motiv versucht der Zoologe mit der neuen Kreation "Penguin | Zoologist" gerecht zu werden, was ihm eine lange Zeit gut gelingt.
Den Auftakt bildet ein Geruch, der tatsächlich kalt wirkt. Durch die diffuse Duftnote "Eis-Akkord" ist es kompliziert, dafür eine passende Erklärung zu finden, plausibler sollte daher der Vergleich zu dem befreienden Geschmack eines Menthol-Hustenbonbons sein. Das Gefühl, wenn man sich diese Bonbons einwirft und die ersten paar Luftzüge durch die Nase einzieht, schafft der "Penguin | Zoologist" eine lange Zeit gut zu vermitteln.
Nicht zuletzt durch die Unterstützung der Wacholderbeere, die in der Duftpyramide womöglich vorerst fehl am Platz wirkt, im Duft jedoch ihre Daseinsberechtigung deutlich macht. Als Nuance zur Verstärkung des Eis-Sujets fungiert sie hervorragend.

Wenn nach geraumer Zeit die Menthol-Erfrischung den Geist aufgibt (Wacholder bleibt übrigens stark), kommt eine leicht blumig-verfeinerte Basis aus Hölzern mit Leder zum Vorschein. Pinguinleder? Nein, so weit kommt es nicht - die Basis ist sehr zahm und vielmehr ein milder Ausklang für diesen Duft als ein weiterer Charakterzug des Pinguins. Ein anderer mag das als ein langweiliges Ende für die sonst so spannenden Zoologist-Düfte abstempeln, ich aber stehe dem nicht so kritisch gegenüber. Anstatt eine unausgewogene Komposition zu riskieren, wird hier der auch so grundsolide Duftverlauf hingenommen.

Zusammenfassend ist der "Penguin | Zoologist" als einer derjenigen Zoologen-Düfte zu kategorisieren, die die vom Tier ausgehende Atmosphäre in Form eines Parfums interpretieren. Das Gefühl, welches ein Pinguin vermittelt, kommt hier hervorragend zur Geltung: Lange Zeit genießt man einen eiskalten, mentholartig-erfrischenden Duft, der zum Ende hin in eine Basis aus Wacholder und Holz übergeht.
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