Maxi3000

Maxi3000

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11 - 15 von 19
Maxi3000 vor 10 Jahren 10 2
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
2
Duft
Nicht extrem black, einfach nur extrem schlecht.
Eigentlich wollte ich über diese Kreation ja gnädig den Vorhang des Schweigens legen, aber da ich gerade gesehen habe, dass eine 50ml-Pulle tatsächlich 50 Euro kostet, möchte ich nun doch ein paar Worte der Warnung darüber verlieren.

Habe ihn vor ein paar Tagen im good old Dougi getestet - ich werde ja von schwarzen Flakons magisch angezogen. Den hier fand ich zugegebenermaßen auch ziemlich stylisch und hübsch - bloß: er steht in krassem Kontrast zu seinem Inhalt. Weil "Black" ist an Black Extreme wirklich gar nix.

Für's Protokoll: ich habe kein Problem mit Synthetik. Es gibt so einige Düfte, die ich trotz synthetisch riechenden Inhaltsstoffen sehr lecker finde, weil sie in ihrer Gesamtheit einfach interessant riechen, eine spezielle Aura auf der Haut erzeugen. Das hier viel geschmähte "Joop! Homme" gehört dazu, aber auch die gewagten Düfte von Comme Des Garcons. "Black Extreme" riecht weder interessant noch speziell.

Stattdessen schlürft zur Eröffnung eine künstliche Zitrone lustlos herein. Irgendwann kommt dann noch eine aquatische Duschgelnote ins Spiel und nach kurzer Zeit ist die ganze Chose dann eh am Arsch des Propheten, wie der neue Trend-Altkanzler Helmut Kohl es so schön formulieren würde. Ich riech aus dem zitrisch-blumig-ambrierten Durcheinander mit Platinum-Egoiste-für-ganz-Arme-Anmutung dann überhaupt nix Spezifisches mehr heraus. In der Basisnote wird's dann noch leicht sandig und schweißig. Puh. Sillage und Haltbarkeit sind im oberen Bereich, aber ganz ehrlich: hier hätte das echt nicht sein müssen.

Ich weiß nicht, was sich Trussardi dabei denkt, eine schlampige und ohne jeden Pfiff zusammenkomponierte Drogerie-Niete nach der nächsten auf den Markt zu werfen. Normalerweise halte ich mich mit Verrissen immer sehr zurück, denn Geschmäcker sind eben verschieden und mir kann ja nicht jeder Duft gefallen. Aber in diesem Fall wurde so offensichtlich lieblos und mit billigen Rohstoffen herumgepfuscht, dass selbst ich als verhältnismäßiger Parfum-Laie mich wirklich darüber ärgere. Anscheinend hat bei den Italienern selber niemand mehr wirklich Lust auf das Parfum-Segment.

Für den Preis kann man sich 5-10 Mal was von S.Oliver, Mexx oder Bruno Banani ins Haus holen und hat damit höchstwahrscheinlich noch mehr Freude, allein schon wegen dem Wissen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis angemessen ist. Selbiges passt in diesem Falle nicht. Da ärgert man sich dann höchstens extreme black.
2 Antworten
Maxi3000 vor 10 Jahren 9 8
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Vom Synthie-Popper zum Dancefloor-Klopper
Ich hab' da diese Angewohnheit: ich vergleiche Parfum gerne mit Musik. Ich weiß nicht warum, vielleicht liegt es daran, dass beide Arten von Kunst (wobei man im Falle der Parfumerie ja eher von "Kunsthandwerk" sprechen muss) so viel Atmosphäre, Stimmungen und Bilder in meinem Kopf hervorrufen. Und in manchen Fällen passen dann meine Eindrücke von Musik und Parfum in meiner Birne irgendwie zusammen.

Besonders gut hat das bei "Joop! Homme" funktioniert. Der war für mich, ganz ein Kind seiner Enstehungszeit, schon immer Synthie-Pop. Kylie Minogue, Blue System, Camouflage. Gefällig, süßlich, richtig schön auf die Zwölf, aber halt auch wahnsinnig synthetisch. Musik für die Diskotheken - Stroboskope, Neonlichter. Kommerziell unglaublich erfolgreich, aber in Kritikerkreisen ein absolutes No-Go. Überhaupt: rein von den Verkaufszahlen her musste eigentlich jeder Zweite diese Platten daheim stehen haben - aber keiner der cool und sophisticated sein wollte gab es zu. So muss auch "Joop! Homme" gewesen sein.

Nach gut 25 Jahren hat sich so einiges getan. Statt Diskotheken sind jetzt Clubs gefragt. Epilepsie auslösende Lichttechnik ist out, die Masse bevorzugt gediegenere, "durchgestyltere" Beleuchtung. Provozieren will kaum jemand mehr, man will als gepflegt und attraktiv wahrgenommen werden. Alles eine Nummer glatter. Wie die Musik: dichter und basslastiger ist sie geworden, aber auch deutlich zahmer und "polierter". Aber: immer öfter hört man jedoch in diesen clubbigen Chart-Stampfern Versatzstücke aus Songs der erste Hälfte der 90er, die für den neuen Hit gesampelt wurden.

Und genauso ist für mich "Joop! Homme Extreme". Ein für den aktuellen Publikumsgeschmack zusammengestelltes Parfum, in das grob das Grundgerüst vom Original "Joop! Homme" "hineingesampelt" wurde. Ganz entfernt nimmt man sie im letzten Strophe wahr: die Duftmelodie des Synthie-Poppers; Patchouli. Vielleicht Heliotrop? Eventuell noch etwas Blumiges. Allerdings verpackt in den olfaktorischen Sound, der bei den jungen Menschen aktuell am besten ankommt: Gourmandiges. Eine deutliche Kakao-Note mit dunklen Beeren durchzieht die Herznote. Ruhiger, gedimmter, aber absolut zeitgemäß. Die junge Clubmeute findet es super, andere Zeitgenossen rümpfen die Nase: zu kommerziell, zu trashig, zu Computer. Wo sind die handgespielten Instrumente? Früher war alles noch nicht so schlimm.

"Joop! Homme Extreme" mit teuren Nischendüften zu vergleichen wäre dann auch so als würde man Pop-Musik mit Klassik oder Jazz vergleichen: unpassend. Beide Richtungen sprechen jeweils ein völlig unterschiedliches Publikum an. "Homme Extreme" würde ich nie und nimmer wie ein klassisches Stück im stillen Kämmerlein genießen. Der Duft ist Mucke für die Clubs: rausgehen, abtanzen, flirten. Sich wie ein Popstar fühlen. Äußerst leicht leicht zu konsumieren, partytauglich, anspruchslos, Laune machend.

Absolut nix für die Geschichtsbücher. Bach und Mozart bleiben für immer, der nächste Hit von Rihanna wird in sechs Monaten vergessen sein. Dann ist schon wieder was anderes cool. Wie all die Club-Titel, die nach einiger Zeit keiner mehr hören will. Aber ganz ehrlich? Noch befinden wir uns im Hier und Jetzt, da zählt die Magie des Augenblicks.

Und unter uns: da macht er gerade so richtig Spaß.
8 Antworten
Maxi3000 vor 10 Jahren 20 3
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Duft 2000
Einer der meiner Meinung nach interessantesten und amüsantesten Schätze, die uns Künstler und Visionäre in den letzten Jahrzehnten hinterlassen haben, sind die Überbleibsel dessen, was wir heute nur noch "Retrofuturismus" nennen - sprich, wie sich die Menschen in der Vergangenheit die Zukunft vorgestellt haben - mitunter auch die Zukunft, die für uns mittlerweile die Gegenwart ist.

Ich kann mich erinnern, dass es in meinem Englisch-Buch in der 6. Klasse (Herstellungsdatum: späte Siebziger, frühe Achtziger) eine Geschichte namens "The Year 2000" gab, in der die Figuren im Buch erzählen, wie sie sich das Jahr 2000 vorstellen. Die Beschreibungen reichten von fliegenden Autos in einer "Logan's Run"-haften Plastik-Metall-Welt (ohne Gehirnwäsche) bis hin zu Weltuntergangs-Szenarien mit verdorrten Bäumen und blassen Menschen mit Michael-Jackson-Gedächtnis-Mundschutz. Für eine 6. Klasse, die sich gerade im Schuljahr 2000/01 befand und mehrheitlich nicht mit mit Ufos, sondern mit dem Stadtbus oder dem elterlichen VW Polo zur Schule gebracht wurde, waren die Geschichten natürlich von unfreiwilliger Komik.

Eine andere Perle dieser Art ist die Dokumentation "Richtung 2000", auf die ich vor kurzem auf Youtube gestoßen bin - ein ZDF-Film aus dem Jahr 1972, der nachstellt, wie das Jahr 2000 aussehen könnte (Wer neugierig ist, einfach mal Filmtitel bei Youtube eingeben, es lohnt sich!). Da die Menschheit jenes Jahr mittlerweile auch schon fast 15 Jahre hinter sich gelassen hat und die 25-Stunden-Woche, Popmusik mit Theremin und das "Normfrühstück FS10-22" immer noch nicht in Sicht sind, betrachtet man "Kunstwerke" dieser Art mit einer Mischung aus Belustigung und Faszination. Vor allem, weil in diesen Zeitdokumenten die Zukunftsvision immer mit zeittypischen Attributen vermischt wird - sehr hübsch beispielsweise die typischen Sixties-Betonfrisuren in "Raumpatrouille Orion".

Warum ich jetzt so weit ausgeholt habe? Nun, weil "Cacharel Pour L'Homme", das ich seit kurzem mein nennen kann, für mich ein retrofuturistisches Parfum ist - haltet mich für bekloppt, aber so muss sich Cacharel anno 1981 ein Duft aus dem 21. Jahrhundert vorgestellt haben. Allein schon der Flakon - puristisch-oval und äußerst spacig designt, mit dem Zerstäuber als Knopf oben drauf. Als könnte man beim Drücken des Zerstäubers den Jetpack auslösen und mit einer aus dem Boden des Flakons herausströmenden Kondenswolke in die Luft abheben!

Und auch der Duft selber: Retrofuturismus. Eine Verquickung von Zukunftsvisionen mit dem damaligen Zeitgeist. Muskat, Gewürznelke, eine leichte Blumigkeit im Herz und abschließend allerlei Tannig-Holziges; eben das Typische, was in den frühen 80ern halt so angesagt war bei den Herrenparfums - aber nicht mit der Dampframme, sondern dank der Zitrone, die fast den gesamten Verlauf durchhält und immer mal wieder stärker oder schwächer in Erscheinung tritt, sehr eigensinnig, friedlich und fast schon schwebend abgestimmt. In seinem damaligem Kontext progressiv, aber natürlich kam, wie das oft so bei Zukunftsvisionen ist, alles völlig anders: wer konnte schon ahnen, dass im 21. Jahrhundert die Mitteleuropäer nach Nuss-Nougat-Creme und arabischem Baumschimmel riechen wollen? So steht die Komposition anno 2014 zwischen mehreren Generationen Aquatics und der aktuellen Gourmand-Welle recht angestaubt da.

Völlig zu unrecht, wie ich finde. Der Duft ist sensationell, fein abgestimmt, und immer noch absolut tragbar, meiner Meinung nach auch für U30. Retro, aber nicht Opa. Klar, kein Publikumsliebling, kein Trendprodukt, aber für Träger mit einem ganz eigenen Stil - modern, weltoffen, aber andererseits auch retroverliebt und eigenwillig . Menschen, die sich nicht von anderen sagen lassen, was gut und was nicht gut ist - sondern, die konsequent ihrem eigenen Geschmack folgen. Und wer weiß, vielleicht ist "Cacharel Pour L'Homme" im Jahr 2030 wieder state of the art. Erste Anzeichen gibt es ja, nachdem Cacharel den deutlich zeitgeistig-gefälligeren "Amor Amour Pour Homme" mitsamt seinem Flanker "Tentation Homme" eingestellt hat und "Pour L'Homme" nun das letzte verbliebene Herren-Parfum von Cacharel ist...
3 Antworten
Maxi3000 vor 10 Jahren 11 1
5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
7
Duft
Mr. Bogart in the Remix, oder: Eighty Million
Wenn es um's Thema Blindkauf geht, bin ich bisher ein echter Glückspilz gewesen: noch keiner meiner spontan-unvernünftigen Impulsiv-Käufe hat so schlecht gerochen, dass ihn ernsthaft als Flop einstufen würde. Dennoch ist die Fluktuation an Flakons, die man schnell wieder weg gibt relativ hoch - die Befürchtung, 100 Milliliter Duft werden für die nächsten 25 Jahre ungenutzt in der Schublade verstauben lässt einen dann doch immer wieder Adios zum Neuzugang sagen.

"One Man Show Gold Edition" ist auch so ein Blindkauf. Er gefällt mir eigentlich sehr gut, aber... ob ich ihn überhaupt groß nutzen werde? Naja, zunächst mal zum Positiven: 25 Euro für den großen (und sehr seltsam konstruierten) Flakon sich ein echtes Preis-Leistungs-Schnäppchen, riecht der Duft, trotz leichter synthetischer Anklänge, doch deutlich teurer und edler.

Beim ersten Aufsprühen hab ich mich aber, zugegebenermaßen, gleich doppelt erschrocken: zum einen, weil einem der Zerstäuber eine ungewöhnlich großzügige Ladung an Duft ausspuckt und zum anderen, weil die Kopfnote gleich mit der Tür ins Haus will: ein reifer roter Apfel und eine saftige Mandarine plumpsen in den Gewürztopf und wirbeln mächtig Zimt und Nelke auf. Intensiv, schwer orientalisch und etwas stechend, dank der humanen Sillage aber nicht aufdringlich. Eine Zeit lang wird recht süß vor sich hin gewürzt, dann kommen nach einiger Zeit eine kleine florale und eine dominantere holzige Note ins Spiel, die den Duft etwas herber, aber auch ausgewogener und geschmeidiger machen.

Ich habe gestern noch ewig nachgedacht, woran mich der Duft entfernt erinnert - heut ist es mir eingefallen: "Drakkar Noir".
Im Endeffekt riecht der Duft so, als wäre ein 80er-Jahre-Powerhouse á la "Drakkar Noir" eine Liaison mit modernem Süßkram wie "One Million" von Pacco Rabanne eingegangen. Oder, wie es in einem anderen Forum treffend formuliert wurde: "Es ist wie der Remix eines alten Songs". Oder sagen wir mal so: reifer Herr macht Mucke für die jungen Dinger. In manchen Fällen kommt das ganz cool (Tom Jones - Sexbomb), in anderen Fällen ist man eher peinlich berührt (Heino).


Wäre "One Man Show Gold Edition" Musik, dann Charles Aznavour mit ein paar leichten Beats von David Guetta. Und da liegt das Problem, dass ich mit dem "Remix" habe: zum Weggehen riecht "One Man Show Gold Edition" mir irgendwie noch zu "klassisch", oldschool und zu opulent. Für feine Anlässe ist er aber wiederum zu süß und verspielt. Und im Sommer kam man ihn eh kaum tragen.

Werde ich ihn also auch bald wieder weggeben? Vielleicht sollte ich mal den Winter abwarten. Und ihm einige mehr Chancen geben.
Vielleicht hätte ich die mehreren Blindkäufen geben sollen.
1 Antwort
Maxi3000 vor 10 Jahren 15 7
8
Duft
Die strenge Lehrerin
Es gibt sie ja, diese eine Frage, die auch hier im Parfumo-Forum wieder und wieder durchexerziert wird: darf man als Mann Damenparfums tragen? Der gesunde weltoffene Verstand (und auch die Mehrheit der User hier) sagt: Jau. Trotzdem - ich persönlich muss zugeben, dass ich zunächst etwas gehemmt war, als ich erstmalig das Ufer der Herrenparfums verlassen habe. Na gut, mein erstes selbst gekauftes Parfum war "Sun Delight" - aber da war ich ein 16-jähriger Bub ohne Bartwuchs, zu dem die süße Komposition noch durchaus gepasst hat. Und spätestens seit "Fleur Du Male" sollte dieses Schubladendenken doch der Vergangenheit angehören. Trotzdem, das anerzogene "Doing Gender" zieht, man ärgert sich ob der eigenen Festgefahrenheit in der Geschlechterrolle und der irritierte Blick der Verkäuferin in der Parfumerie, während man etwas verschämt durch die Damenabteilung streunt macht es auch nicht besser.

Umso schöner, wenn man schon bei den ersten zaghaften Testversuchen im Damenterrain einen Fast-Volltreffer landet. Auf meiner etwas ziellosen Wanderung durch die Regale des hiesigen Karstadts fiel mir das Erstlings-Parfum von Paloma Picasso ins Auge. Trotz des Flakons übrigens - schön ist der nämlich nicht. Ein schwarzer ovaler Sockel mit einer Art "Ei" in der Mitte, in dem sich das Parfum und Außen der Schriftzug "Paloma Picasso" befindet. Beim aufsprühen muss man die obere Hälfte des Sockels abnehmen, was sich teilweise nicht einfach gestaltet, da diese manchmal etwas klemmt und man Angst hat, das irgendwas auseinanderbricht. Sehr viel Plastik insgesamt und nicht besonders hochwertig wirkend. Unschön.

Von Paloma Picasso besaß ich bereits den Herrenduft "Minotaure" - ein an sich schönes Parfum, das ich aber im Zuge einer leicht traumatischen Urlaubserinnerung (mehr dazu vielleicht später in einem anderen Kommentar) weg gab. Den guten "Minotaure" hatte ich sehr süß in Erinnerung, von daher erwartete ich beim Duft für die Damen etwas noch Zuckrigeres. Der Sprühstoß strafte meiner Vermutung Lügen.

Die zitrischen Komponenten kommen auf meiner Haut fast gar nicht heraus, Rose und Nelke übernehmen gleich das Kommando. Recht deutlich auch der Koriander wahrnehmbar. Dieses Trio sorgt für einen seifig und recht bitter wirkenden Auftakt. Ja, die Kopfnote riecht wie Kernseife. Für jemanden wie mich, der olfaktorisch erst nach den Millenium geprägt wurde eher abschreckend und unangenehm.

Auch wenn nach und nach die anderen blumigen Noten der Herznote dazustoßen wird das Parfum nicht lieblicher. Ein dunkler, undurchdringlicher Wall bildet sich auf der Haut, nebulös und nicht wirklich greifbar. Aus irgendeinem Grund simuliert das Zusammenspiel der Noten bei mir sogar eine undefinierbare Rauchigkeit. Eine Dunkelheit, die abzuweisen versucht aber dadurch auf mich irgendwie ziemlich spannend wirkt. Ich bin aber auch ehrlich: spannend und gleichzeitig ziemlich seifig-anstrengend. Würde sich der Duft nach der ersten halben Stunde nicht mehr verändern, ich hätte ihn im Regal stehen lassen.

Doch spätestens nach einer Stunde tut sich was: die Mauer aus Pech-Blumen fängt das bröseln an und lässt ein paar Strahlen der moosig-weichen Chypre-Basis durchscheinen. Amber und der Honig manövrieren den Duft sachte in eine sanftere Richtung, ohne ihm die ernst-dunkle Grundspannung zu nehmen. Würzig und fein ausbalanciert riecht er jetzt, durchaus warm aber "ernst" bis zum Schluss.

"Paloma Picasso" ist ein strenges Parfum. Streng nicht im Sinne von miefig riechend, sondern im Sinne von strikt und unnachgiebig. Bei diesem Duft denke ich nicht an eine verspielte, blonde Elfe, sondern an eine strenge Lehrerin. Kantige Gesichtszüge, das schwarze Haar zu einem Dutt zurückgebunden, elegant und stilsicher ganz in schwarz gekleidet. "Paloma Picasso" ist so eine Lehrerin - eine starke Lehrerin, die zunächst Disziplin von anderen aber auch von sich selber fordert, sich durchsetzt und sich dabei kein X für ein U vormachen lässt. Doch hält man durch, zeigt sich, dass sich hinter der Strenge Wohlwollen und Güte verbirgt, eine herbe Schönheit.

Kaum ein Parfum hat mich bisher so gefordert, und mich allerdings in der Basisnote dafür aber auch so belohnt. Das finde ich phänomenal. Und genau diesen starken, geheimnisvollen, aber dennoch bestimmten Charakter macht - um den Bogen mal wieder zum Anfang zu spannen - "Paloma Picasso" zu einem Damenduft, den man auch als beherzter Herr ohne Einschränkungen tragen kann. Süße Herren-Crowdpleasern aus den Häusern Mugler oder Rabanne lässt "PP" wie Mädchenparfums wirken. Verkehrte Welt. Dem Duft geht sämtliche Süße ab. Man muss auch sagen, dass er recht "oldschool" und nicht topmodern riecht. Wird nicht jedermanns Geschmack treffen.

Muss er aber auch nicht. Ich werde ihn noch oft für mich selber oder einfach an einem gemütlichen Abend tragen. Ein Blick über den Tellerrand lohnt sich also.
7 Antworten
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