Medianus76

Medianus76

Rezensionen
Filtern & sortieren
21 - 25 von 30
Medianus76 vor 4 Jahren 24 19
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Fifty shades of grey...
Nein...ganz sicher nicht! Mit großer Gewissheit ist jetzt jeder hier lesende Parfumo bzw Parfuma geneigt an einen einschlägigen Filmtitel zu denken. Hieraus wird aber leider nichts, oder sollte ich besser sagen Gott sei Dank?! Das liegt, wie so oft, im Auge des Betrachters.
Ich wählte diesen treffenden Titel deswegen, weil Anthracite in meinen Augen genau diese sehr vielfältigen Grauschattierungen präsentiert. Eine ganze Weile begleitet mich dieser intensive und sehr ausdrucksstarke Tom Ford nun schon, weswegen ich ihm ein paar Zeilen mehr widmen möchte, hier mit diesem Kommentar.
Noir Anthracite startet Abstand nehmend und auf Distanz gehend. Viele dieser grauen Facetten und düsteren Sprenkler zeigen sich in der Eröffnungsphase. Durch den präzise und gekonnten Einsatz des Szechuanpfeffers und der Tuberose entstehen Eindrücke eines kühl mattierten Schleiers, welcher sich mit einer gewissen Säure, Schärfe und Bitternote auf die Haut legt. So als ob er sagen würde: Da bin ich nun, und werde auch nicht mehr so schnell gehen! Jetzt sie zu wie Du mit mir zurecht kommst...
Dieses "zurecht kommen" meine ich tatsächlich so. Noir Anthracite besitzt meiner Meinung nach nämlich eine sehr stark emotional kaskadierende Komponente. Durch diesen latent melancholischen Start hatte ich schon Tage, an denen ich das Auftragen fast bereut habe. Denn wenn die eigene Gefühlslage nicht dem "mir scheint die Sonne aus dem..." gleichkommt, vermag der Duft diesen Zustand sogar eher im negativen zu unterstützen.
Ob ich dieses Phänomen nun gut oder schlecht heißen soll wusste ich lange Zeit selbst nicht. Mittlerweile sehe ich das aber klarer. Denn das Konzept des Duftes wurde mit aller Konsequenz umgesetzt. Sowas ist in jeder Hinsicht löblich und tadellos. Ich als Träger muss eben entscheiden, ob ich mich in dem dazu passenden Modus befinde.
Zur aktuell anstehenden Jahreszeit, dem Herbst, passt der Duft dennoch perfekt. Noir Anthracite ist schlichtweg prädestiniert jetzt, im Herbst, getragen zu werden. Sobald sich ein, sagen wir mal, gewisser groove mit dem Duftschleier eingestellt hat, funktioniert Noir einfach großartig. Seine Großartigkeit erhält der Duft durch seine ihm inne wohnende Ambivalenz - seine Widersprüchlichkeit! Paradoxerweise wird nach einer gewissen Zeit, ziemlich genau dann wenn die dunklen Edelhölzer die Regie übernehmen, das ganze Duftspektrum umgekrempelt respektive gekippt. Plötzlich ist da ganz viel Wärme und Geborgenheit. Weiche und sanfte Nuancen nehmen dem anfänglich harten Konstrukt die kalten und scharfen Kanten, die den Duft zu Beginn schon fast lieblos machten.
Klassisch, elegant und perfekt in Szene gesetzt duftende Hölzer verwandeln den kühlen Schleier in einen wärmenden Mantel. So entsteht ein anschmiegsamer Begleiter für den nahezu gesamten Tag. Denn ihn zeichnet auch eine gewisse Unverwüstlichkeit aus. Mehrere Stunden Haltbarkeit sind kein Problem. Deswegen sollte auch die Dosierung mit Bedacht gewählt werden, um die Sillage und Projektion nicht ausufern zu lassen.
In seiner Gesamtheit betrachtet ist Noir Anthracite genau das was er sein will bzw sein soll. Sicherlich nicht für jeden geeignet, auf seine Art speziell, für mich aber unbedingt authentisch und überzeugend, unnahbar kühl und anschmiegsam warm, abweisend fremd und anziehend vertraut...

*Das Glück besteht nicht darin, dass ich tue was ich will, sondern das ich will, was ich tue*

Vielen Dank für´s lesen...

Anm.d.Red.: ich kenn den Film gar nicht...:-))
19 Antworten
Medianus76 vor 4 Jahren 23 14
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
A Trip to India...
1999 - Zentralindien. Ich befinde mich in Hampi, genauer gesagt in Vijayanagar. Das war das letzte hinduistische Königreich, und ist heute eine uralte Ruinenstadt mit einer Unmenge an Tempeln. Die Landschaft rund um Hampi zieht jeden sofort in seinen Bann. Aus einer Laune der Natur entstand ein hügeliges Areal, welches mit einer Unzahl an aufeinandergetürmten Granitbrocken übersät ist. Es ranken sich viele Mythen und Geschichten um die Entstehung dieser skurrilen Landschaft. Eine besagt der Affengott Hanuman hat zur Demonstration seiner Macht die Steine herabregnen lassen...
Wie dem auch sei, Hampi und sein altes Königreich ist ein absolut magischer Platz, an dem es viel zu entdecken gibt. Streift man durch die alten Tempelanlagen, so kann man überall den Duft von Räucherstäbchen wahrnehmen. Fast schon so, als ob aus dem alten Mauerwerk jahrtausendealter Tempel diese Aromen hervordringen, um Geschichten von längst vergangenen Zeiten zu erzählen. Außerhalb der Tempel bieten alle möglichen Händler ihre Waren und Köstlichkeiten feil. Immer wieder schnappt man exotische Duftwolken auf, und in der sengenden Sonne Indiens lässt man sich gerne an einem schattigen Platz nieder, um die Seele baumeln zu lassen bei einem Glas Chai...

Südliche Westküste, Goa, Vagator Beach. Es ist der 31.12.1999. Der letzte Tag des alten Jahrtausends neigt sich der Abenddämmerung entgegen. Goa glich zu diesem Zeitraum einem Hexenkessel. Menschen von der ganzen Welt waren gekommen, um den Milleniumswechsel an einem zur damaligen Zeit ganz einzigartigen Ort zu zelebrieren. Die Luft war elektrisiert, und der grosse Milleniums Bash sollte im Disco Valley stattfinden. Eine Partylocation direkt am Meer unter einer Unmenge von Palmen. Das war ein ganz einmaliges Erlebnis zu einer ganz einmaligen Zeit. Bunte fluoreszierende Farben an den Palmen, ausgeleuchtet mit Schwarzlicht, erzeugten den nötigen visuellen Raum. Es lag der Geruch von staubigem Sand, und den dampfenden Chillums der feiernden Partycrowd in der Luft. Druckvolle, wabernde Bässe der peitschenden Trance Musik schoben sich durch die Masse, und man musste tatsächlich ein Stück weit aufpassen in diesem Getümmel nicht unterzugehen...

Nördliche Westküste, Bombay. Ein Großstadtmoloch der sicherlich seinesgleichen sucht. Noch nie habe ich einen Ort erlebt, der derartige Armut und Elend, als auch unglaublichen Reichtum und Wohlstand, direkt
nebeneinander offenbart. Für mich hatte Bombay eher wenig reizvolles. Aber mein Aufenthalt dort war nicht allzu lange, insofern sind mir sicherlich viele angenehme Momente entgangen. Was mir aber nicht entgangen ist, waren die unterschiedlichsten und mannigfaltigen Gerüche und Düfte die sich wahrnehmen lassen. Im positiven als auch im negativen. Egal ob Gewürze von an den Straßen verkaufenden Händlern, oder die von Abgasen geschwängerte Luft. Bombay hat da so einiges zu bieten...

Wenn ich nun den wunderschönen Duft Meo Fusciuni - Varanasi rieche, dann habe ich augenblicklich mindestens eins der drei beschriebenen Erlebnisse vor Augen. Es kommt dem drücken einer Rewind Taste gleich, welche mich gut 20 Jahre in die Vergangenheit katapultiert. Man könnte auch sagen Varanasi ist konserviertes Indien in seiner reinsten Form.

Wie aber riecht denn nun Varanasi?
Die Duftpyramide hat ja so einiges zu bieten, aber ich bin der Meinung es macht wenig Sinn einzelne Aromen isoliert auszufiltern.
Varanasi ist rauchig, holzig, hat auch gewisse leicht muffig modrige Akkorde dabei. Diese wiederum verleihen dem Duft aber den nötigen Charakter. Blumige, leicht süßliche Tendenzen runden ab. Harzig-balsamische Facetten werten auf...von allem etwas eben.
Der Duft muss in seiner Gesamtheit wahrgenommen werden!
Platt ausgedrückt könnte man auch sagen er riecht wie ein Räucherstäbchen, ein sehr gutes wohlgemerkt. Elegant ausgedrückt ist es dem Label aber gelungen den Duft eines Subkontinents einzufangen, zu konservieren, zu extrahieren und zu filtrieren. Um daraus einen wahrlichen Nischenduft zu kreieren. Von meinem momentanen Dufthorizont ausgehend habe ich bislang nichts vergleichbares gerochen.

Die Intensität und Sillage erscheint mir ausreichend bis angemessen, und auch die Haltbarkeit ist mit gut zu bewerten. Allerdings ist das sicherlich kein Alltagsduft. Varanasi ist schon recht speziell, und auch wenn ich viele Erinnerungen damit verknüpfen kann, möchte ich nicht ständig danach riechen.

Nochmal auf die Westküste zurückkommend, möchte ich meine Erzählung mit ein paar Worten schließen, welche ich im kleinsten Bundesstaat Indiens immer wieder wahrnehmen konnte:

Goa is not a place - Goa is a state of mind!

Vielen Dank fürs lesen...

Ein großes Dankeschön für die Probe an Bloodxclat!!

14 Antworten
Medianus76 vor 4 Jahren 13 7
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Morgendämmerung
Die ersten Sonnenstrahlen des nahenden Frühlingstages durchbrechen die dünne Wolkendecke, und bahnen sich ihren Weg durch die Baumwipfel des Nadelwaldes. Das Licht der Sonne erhellt den grün moosigen Boden des Waldes, auf dessen Morgentau die Lichtstrahlen glitzern wie kleine Diamanten. Der Wald selbst, idyllisch gelegen in einem rauen Bergtal, ist noch umgeben von wabernden Nebelschwaden des frühen Morgens. Umgeben und eingekesselt von schroffen Berggipfeln und unberührter Natur, plätschert der eisig kalte Bergbach hinab ins Tal.
Stille und Ruhe beherrscht das Idyll. Nur das rauschen des Wassers, das singen der Vögel und das klopfen eines Spechtes ist zu hören. Fernab der Hektik des Alltags. Keine Menschen, keine Städte, keine Stimmen, kein Lärm - Nichts! Die frische und reine Luft des Waldes füllt die Lungen. Der weiche Waldboden erdet unser innerstes Ich, und wir finden Raum und Zeit zu unserer Quelle zurück zu kehren - Return to the Source!
Ich liebe es derartige Landschaften aufzusuchen. Verbunden zu sein mit den Kräften der Natur, um ein Stück weit erinnert zu werden wo unsere Wurzeln liegen. Puristische, Geist klärende Elemente in ihrer Reinform...
Da ich im Süden Deutschlands lebe, die Alpen und Wälder quasi vor der Tür habe, kann ich relativ unproblematisch passende Szenarien und Landschaften besuchen.

Eau Sauvage ist nun genau solch ein ätherischer Taktgeber, um derartige naturnahe Erlebnisse perfekt zu unterstützen. Wenn ich meine Augen schließe und an dem Duft rieche, kann ich mich im Sinne eines olfaktorischen Pausenmoments an so einen Ort denken.
Zuallererst belebt das Eau durch seine frische, leicht zitrische Spritzigkeit. Gleich der Situation kommend neben dem Bergbach zu stehen, dessen hinab plätscherndes Wasser sanft die Haut benetzt. Das vom Morgentau noch leicht glitzernde Moos auf dem Waldboden und an den Wurzeln der Bäume, läßt an eine milde krautige Note denken. Das beides zusammen ergibt einen wunderschönen Auftakt.
Vom Waldboden aufsteigend lässt sich ein grün-herber Akkord wahrnehmen. Duftend und dampfend unter den Nebelschwaden der Bäume. Sehr mild und wunderbar eingebettet in die frühen Morgenstunden des noch so jungen Tages. Die umliegenden majestätischen Bäume bestimmen durch Ihre balsamische und harzige Anwesenheit das gesamte Bild dieser Landschaft, und verleihen dem Duft die erforderliche Tiefe und Intensität. Die schroffe und kantig umgebende Berglandschaft lässt den Duft unbedingt auch ausreichend wild und verwegen erscheinen.
Damit die einfallenden Sonnenstrahlen wieder Wärme vermitteln, um die gesamten Eindrücke filigran weich zu zeichnen, erzeugen sie sogar eine subtile Süße.

Die ist für mich ein Bild welches sich manifestieren lässt, wenn ich Eau Sauvage intensiv aufnehme und innerlich verarbeite. Selbst die grünliche Farbe des Duftes passt perfekt zu dieser Vorstellung. Einerseits vermittelt der Duft eine enorm raue und wilde Seite, andererseits wirkt er aber auch sehr harmonisch und ausgewogen. Durch den hohen balsamisch-harzigen Anteil auf eine gewisse Art sogar beruhigend.
Die im Flakon befindliche Flüssigkeit wirkt relativ ölig. Insofern vermute ich einen angemessenen Anteil an Duftstoffen. Dies wiederrum bestätigt sich in der Haltbarkeit als auch in der Sillage. Eau Sauvage hält auf meiner Haut gute 6 - 7 Stunden mit einer guten Wahrnehmbarkeit.
Fallabschließend ist Diors Kreation in der Version von 2012 für mich eine gelungene Interpretation von ungezügelter Wildnis und sanfter Natur...

Am wilden Fluss...
Kehren wir zurück zur Quelle...
Dem Ursprung des Lebens...
Im Rhythmus der Natur...

bleibt mir wie immer gewogen und lieben dank für´s lesen...
7 Antworten
Medianus76 vor 4 Jahren 16 10
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
8.5
Duft
Welch holzige Stimmung
Woody Mood bedeutet wörtlich übersetzt holzige Stimmung. Allein schon wegen der Namensgebung ist ein näheres Kennenlernen für mich von großem Interesse gewesen. Auch das Label ist seit längerem in meinem Focus. Insofern stand einem ausführlichem Test nichts mehr im Wege - und ich wurde alles andere als enttäuscht. Denn der Name ist hier tatsächlich Programm!
Die goldgelbe bernsteinfarbene Flüssigkeit verspricht schon mal einen verheißungsvollen, ätherischen Waldduft. Der Auftakt entsendet eine leicht frische, zitrische Note. Umrahmt wird diese kurz andauernde frische Waldluft von einer traumhaft mild-bitteren Kakaonuance. Nicht intensiv oder gar süß, sondern initiierend und einleitend für die weitere Duftentwicklung. Dieser Start bildet meiner Meinung nach die Basis, das Gerüst für die weiteren Komponenten. Es gesellt sich nämlich als gleich eine leichte Schärfe, vermutlich durch den Ingwer, dazu. Unterstützt wird diese Harmonie durch eine ebenfalls milde, herb-dezente Krautigkeit.
Diese Konstellation der Kopfnote bildenden Aromen ist schon klasse umgesetzt. Aber Woody Mood hat mehr zu bieten, weitaus mehr, denn wir befinden uns erst am Eingang des monumental anmutenden Mammutbaum Waldes...
Wenn sich so langsam mehr und mehr ätherisch-balsamische Klänge untermischen, befinden wir uns schon mehr auf waldigem Terrain. Duftender, leicht rauchiger Waldboden verbindet sich mit einer unglaublich schönen, smoothen und warmen Holzigkeit. Der Duft wirkt zu keinem Zeitpunkt anstrengend oder gar kantig, es brennt nirgendwo der Wald, und er erscheint immer zugänglich und hervorragend umgesetzt! Zwischendurch blitzt eine leicht bittere Facette durch, welche wahrscheinlich durch den Tee entsteht, und das ganze Duftspektrum zur Mitte hin abrundet. Zu diesem Zeitpunkt befinden wir uns schon tiefer Im Wald.
Am Ende des Waldes angekommen, zum Drydown des Duftes, mischt noch eine umschmeichelnde holzig-harzige Komponente mit. Das Styrax vermittelt wohl dieses warm-sinnliche und harzige Finale, und begleitet uns bis zum Ausgang des Waldes...

Ich schreibe Kommentare zu Düften die mich durch ihre Magie und Ausstrahlung tief im Innersten berühren. Ich möchte versuchen, den Lesern dieser Zeilen den besonderen Eindruck zu vermitteln und nahezubringen.
Aber was ist nun das für mich so besondere an Woody Mood? Walddüfte gibt es viele, und wahrscheinlich sind sie sich alle ein Stück weit ähnlich!
Das für mich faszinierende an dem Duft ist die komplexe Aura, die im Sinne der Projektion und Abstrahlung entsteht! Es ist dieser Schleier, den der Duft erzeugt!
Rieche ich direkt an der Haut, dann kann ich einzelne Bilder erkennen, einzelne Aromen wahrnehmen. Wie bei einem Kaleidoskop. Ich kucke durch, und sehe jedesmal ein anderes tolles Bild.
Aber erst die Summe dieser Komponenten macht Woody Mood ganz außergewöhnlich, betörend und intensiv...
Ein Duft der für meine Begriffe seinesgleichen sucht, und so schön erhaben und anmutend mächtig ist wie die Mammutbäume unseres Planeten!
Lieben Dank fürs Lesen
10 Antworten
Medianus76 vor 4 Jahren 12 9
7
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
7.5
Duft
Auf duftenden Spuren und aromatischen Pfaden - Italien Teil 2
Es ist Anfang August. Ich befinde mich in Rom, und es herrscht eine sengende Hitze. Unser Zentralgestirn stahlt vom Himmel als ob man sich in einem Backofen befinden würde. Die Luft flimmert in den verwinkelten Seitengassen, und es riecht nach überhitztem Teer.
Rom war ein weiteres Ziel unserer Italien Tour. Obwohl wir zwar wussten, es würde bei dieser Hitze einem Spießroutenlauf gleichen die einzelnen Sehenswürdigkeiten zu bestaunen, so war die Verlockung aber doch groß genug Rom einen Besuch abzustatten. Gerade jetzt in der Corona Auszeit, wenn sich eben nicht Menschen an Menschen drängen und die Stadt schier aus allen Nähten platzt!
Rom ist eine kolossale Stadt. Geprägt durch die Antike, beeinflusst durch die Moderne, ausgestattet mit einem italienischen Flair wie ich es so noch nirgendwo anders in Italien erlebt habe. So ging unsere Rechnung auch auf, und wir konnten ein nahezu menschenleeres!! Kolosseum bestaunen, auf der spanischen Treppe Bilder ohne andere Passanten schießen, und uns in den verwinkelten Seitengassen umsehen ohne erdrückt zu werden.
Aber eben diese Hitze - sie war gnadenlos. So kam es dann, daß ich in einer dieser herrlich italienisch anmutenden Seitengassen eine kleine Profumeria entdeckte.
Klar ist Wasser bei Hitze die erste Wahl, aber ein erfrischender Duft, idealerweise italienischer Manufaktur abstammend, kann da nicht schaden...
Gesagt getan bin ich in der Profumeria abgetaucht...und kam eine Weile später mit meiner neuen Errungenschaft zurück. Acqua dell Elba "Blu Uomo" wurde mir von der Besitzerin empfohlen. Ich fand die Kopfnote des Duftes erfrischend, spritzig und maritim. Und ich wollte ein italienisches Produkt. Um den Duft weiter zu testen, und aufgrund der spontanen Sympathie habe ich ihn erworben. Leider wurde Rom deswegen auch nicht kühler - aber ich ein wenig erfrischter und meine Sammlung um einen Duft reicher!

Blu Uomo beginnt mit einer prickelnden, erfrischenden und wunderschönen Zitrusnote. Da spielen Zitrone, Orange, Mandarine das erste Orchester. Südländische Zitrusfrüchte, so frisch als ob sie noch am Baum hängen würden. Bei mir ist es dann leider oft so, dass derart frisch anmutende Düfte leider eine gewisse Klostein Assoziation entwickeln. Dieser Effekt tritt bei dem Duft kaum bis gar nicht auf. Wäre dem so gewesen, dann hätte mich der Kauf enttäuscht. Denn ob Blu diese Tendenz zeigt, konnte ich in der Profumeria nicht recht einschätzen.
Kompensiert wird diese anfängliche Frische durch einen gut umgesetzten Twist. Eine gewisse herb-holzige Komponente flankiert den Duftverlauf. Das Eichenmoos steuert eine leicht grün-moosige Facette bei, und das Zedernholz diesen herb-holzigen Sprenkler. Dabei wird der Duft keinesfalls von seiner Grundthematik abgedrängt, sondern ergänzend unterstützt. Es bleibt ein blauer, maritimer frisch anmutender Duft, der zum Süden passt wie die Faust auf´s Auge. Selbstredend zum Sommer!
Das wohl verwendete Mastixharz ist in seiner ursprünglichen Form klein, kugelrund und leuchtendgelb. Es ist das Harz des wilden Pistazienbaumes, und wird auch Tränen von Chios genannt. Der Geruch wird beschrieben als süßlich-frisch, harzig-würzig und an Zitrusfrüchte erinnernd.
Dieser weitere Inhaltsstoff rundet meiner Meinung nach den Duft und damit den olfaktorischen Gesamteindruck hervorragend ab. Diese leichte zitrische Harzigkeit macht den Duft zum Schluss sehr weich...
Projektion als auch Haltbarkeit entsprechen eher dem, was man von den blauen Düften so erwarten darf. Ich würde mich hier für ein diplomatisches Mittelfeld aussprechen. Dennoch bleibt Blu eine ganze Weile noch als schöner Hautduft wahrnehmbar.
In der Gesamtheit betrachtet ist Blu für mich ein schöner, gut gemachter italienischer Sommerduft. Er wird mich sicherlich immer wieder, wenn ich ihn rieche, an diesen außergewöhnlichen Tag in Rom erinnern...
Wie auch zu Teil 1 habe ich in meinem Album ein paar Bilder von Rom hinterlegt, um dieser Beschreibung noch ein paar optische Eindrücke folgen zu lassen.
Bleibt mir gewogen und danke fürs Lesen
9 Antworten
21 - 25 von 30