MisterRossi

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16 - 20 von 24
MisterRossi vor 11 Jahren 13 2
7.5
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Be my baby!
Ehrlich gesagt: ich verstehe Parfumo manchmal nicht. Bei der Einreichung hatte ich neben einer vollständigen Listung der Inhaltsstoffe auch Fotos angegeben. Leider ist - so gut wie - nichts davon hier erschienen?

Der Vollständigkeit halber hier das Ergebnis meiner Recherche der Inhaltsstoffe:
Top: Ananas, Aprikose, Orangenblüte, grüne Noten, Osmanthus, Pfirsich. Bergamotte.
Herz: Nelke, Lilie, Kassie, Jasmin, Orchidee, Rose, Heliotrpoe, Ylang Ylang.
Basis: Amber, Sandelhol, Tonka, Moschus, Weihrauch, Patchouli, Vetiver, Zitrone, Vanille, Benzoin, Zeder, Leder.

DK Men Cologne ist nicht zu verwechslen mit seinem jüngeren Geschwister DK Men "unleaded", welcher später geboren wurde und eine leichtere, etwas weniger raumfüllende Erscheinung hat(te?) als sein leider viel zu früh verstorbener Bruder. R.I.P.
Optisch zu erkennen sind die Brüder an ihrer Farbe. Der ältere ist braun-grau-anthrazit, der jüngere bläulich changierend. Die Kartonage nimmt dies ebenso auf.

Der Inhalt des an einen Joystick erinnernden Flacons ist für meine Begriffe einer der schönsten Lederdüfte die ich kennenlernen durfte, und das, obwohl Leder als Inhaltsstoff gar nicht dominierend ist. Der Ledereindruck eröffnet sich vielmehr über einen sehr komplexen, vielschichtigen, ja fast schwülstigen Duftaufbau, der sich zunächst über leicht synthetische Frische öffnet.
Ziemlich zügig treten zwei Komponenten in den Vordergrund, die den Duft beherrschen: Kirsche und Leder. Und das in perfekter Harmonie.
Die leichte Fruchtigkeit der Kirsche (oder das was ich mit Kirscharoma assoziiere) verbindet sich mit einer pudrigen Ledernote, die mich an mattes Wildleder denken lässt. Weich und schmiegsam. Und eben doch auch knackig.
Die Verbindung dieser beiden Protagonisten ist so vollständig, dass man von einer Emulsion sprechen könnte.
Und das ist auch genau der Clou des Duftes: streicht man eine dieser beiden Teile aus der Gleichung heraus, würde das Gesamte nicht mehr funktionieren.

In der Wirkung ist DK men orgiastisch zu nennen. Die Sillage ist gewaltig.
Dies dürfte auch ein Grund für die Einstellung gewesen sein: Alltagstauglichkeit duftet anders, die Allermeisten dürften sich wohlriechend überfahren gefühlt haben.
Und für das Erscheinungsjahr empfinde ich DK als seiner Zeit voraus, den Kuschelfaktor in Herrendüften als begehrliches Attribut einzusetzen, kam in dieser Intensität erst später.

Leider hat er trotz seiner innovativen Idee nicht überlebt. Schade.
2 Antworten
MisterRossi vor 11 Jahren 14 6
7.5
Flakon
2.5
Sillage
5
Haltbarkeit
4
Duft
Blöde Schanell
Liebe Schanell,
zuerst einmal möchte ich Dir danken für Dein Geschenk. Du hattest mir ja schon vor längerer Zeit versprochen, dass Du mir etwas zukommen lassen möchtest, wie schon so viele Jahre davor auch.
Und ich muss sagen: ich freute mich sehr, haben mich doch Deine anderen Gaben viele Jahre lang begleitet. Deine Nummer 19 und Dein Antaeus begleiten mich bis heute, von daher versprach ich mir viel.
Doch was - bitte nimm es mir nicht übel - musste ich heute auspacken?
Hälst Du mich wirklich für so mittelmäßig? Glaubst Du, meine Person könne nicht mehr vertragen als ein durchschnittliches Allerwelts-Wässerchen? Hälst Du mich für zu schwach, etwas mit mehr Austrahlung und einer Portion mehr des gewissen "Etwas" zu tragen?
Oder ist Dein "Bleu" auch wieder ein Zufallsprodukt, weil Dir im Bad Dein Kulturbeutel mit Gesichtwasser, Haarspray, einer großen Flasche Bazaar von Lacroix und zwei, drei vertrockneten Gewürzen zu Boden gefallen ist?
Ich bin enttäuscht, ich muss es leider so schreiben. Bei der Verpackung hast Du Dir wie immer viel Mühe gegeben, von daher verzeihe ich Dir.
Und auch aus dem Grund, dass ich mir keinen anderen Grund vorstellen kann, als dass Dein Mann - der ja bekanntlich das Geld hat - Dir aus rein ökonomischen Gründen zu dieser Gabe geraten hat. Bitte lass Dir nicht wieder derartiges einflüstern. Dein guter Ruf steht auf dem Spiel!
Was nutzt es Dir, Dich für den Einen der Güte wegen zu verbiegen und verlörest doch meine Freundschaft? Lass es bei diesem Ausrutscher, ich bitte Dich.
Besinne Dich zurück auf Deine Wurzeln, zu Deiner Kreativität, Deiner Einzigartigkeit. Denn du kannst mehr, ich weiss es.

Und da ich eine langjährige Freundschaft nicht wegen eines vermurksten Geschenkes so mir-nichts-dir-nichts aufgebe, schicke ich Dir trotz allem liebe Grüße und freue mich auf unser nächstes Wiedersehen.

Dein Mr. R.
6 Antworten
MisterRossi vor 12 Jahren 55 20
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
3
Duft
Lustwicht XIV. oder: Was vom Beischlaf übrig blieb.
Vorab: Einen weiteren Kommentar zu Bodoir zu verfassen erscheint mir ebenso halsbrecherisch zu sein wie den Duft zu tragen. Ein unter Umständen schwieriges Unterfangen. Vor allem weil meine VorrednerInnen ihn zu mögen scheinen. Und ich mag euch allen zurufen: Tragt ihn! Ihr seid PUNK!

Um das Geheimnis zu lüften, ohne jemandem die Freude des Tragens von Bodoir nehmen oder vergällen zu wollen: Ich mag ihn nicht. Ich mag aber die Idee dahinter.

Zur Verdeutlichung meiner Zweifel ein Gedankenexperiment. Man nehme:
- Eine große Flasche Bodoir;
- ein schickes Loft, sehr teuer, sehr weiß, sehr edel, sehr aseptisch;
- die in dieses Loft passende weiße, edle, aseptische Besitzerin.
Nun: Besprühe man sämtliche Textilien in diesem Loft inclusive der Besitzerin mit einer guten Brise Bodoir, um dann Besucher hereinzuführen, denen vor dem Betreten des Loftes die Augen verbunden wurden.
Und? Wie durch Zauberhand schaltet sich in den Köpfen der "blinden" Besucher eine rote Laterne an. Violá! Wenn sie die Augenbinde abnehmen, schaltet sich die rote Laterne wieder aus; zurück bleibt Irritation und Verwirrung. Und das ist PUNK!

Wie konnte das geschehen? Ich denke, um Bodoir zu verstehen, muss man sich die Mühe machen, in die Biografie seiner Initiatorin zu schauen, denn:
Ich verstehe Bodoir nicht als Duft (im Sinne eines schmeichelnden Begleiters, wobei das meine subjektive Meinung ist), sondern vielmehr als Ausdruck der Lebenshaltung von Vivienne Westwood. Losgelöst davon halte ich persönlich Bodoir für untragbar. Erst in der Kombination von Duft und innerer Haltung der Trägerin wird m. E. daraus ein Statement.

Frau Westwood, Jahrgang 1941, stammt aus einer englischen Familie, deren Mittellosigkeit sie zwang, ihre Talente weiterzuentwickeln. 13 Meilen entfernt von Manchester - der Wiege des Punks - fiel die Idee der "Erschütterung des Establishments" auch bei Frau Westwood wohl auf fruchtbaren Boden. Als Lebensgefährtin von McLaren, dem langjährigen Manager der "New York Dolls" und später der "Sex-Pistols", kreierte sie lange Zeit deren Bühnenoutfits. Provozierendes Aussehen, rebellische Haltung und nonkonformistisches Verhalten und Ideen waren die Instrumente, mit denen die Punks das englische Establishment in Frage stellen und – evtl. - an den Rand des Wahnsinns bringen wollten. Soweit die Idee.

Nun kommt Frau Westwood ins Spiel, deren Idee es war, einen Duft zu gestalten, der - wie der Name schon sagt – die Assoziationen eines Bodoirs (=Ankleidezimmer, Rückzugsraum für die Dame) wecken soll: Staub, Puder, Textilien, Schweiß, Körperflüssigkeiten. Eben all das, was so an Gerüchen in einer abgeschiedenen Kemenate so anfällt – und je nachdem was dort so getrieben wird.

Wie riecht Bodoir nun? Ich finde: Genau so. Schauerlich. All die Gerüche und Ausdünstungen, die man am liebsten durch die tägliche Toilette vor der Öffentlichkeit zu verbergen sucht, sind hier vereint. Schwülstig, süß, staubig, schweißig, animalisch, pudrig, ungewaschen, ungelüftet, ranzig, abgestanden. Mme de Pompadour lässt grüßen (in Versailles gibt es keine einzige Toilette; es gab spezielle Bedienstete, deren Aufgabe es war, die Notdurft der feinen Gesellschaft vom Parkett zu entfernen).
Doch Bodoir schafft es, diese scheinbar abstoßenden Gerüche so miteinander zu verweben, dass ein Duft dabei herauskommt, den viele als angenehm und tragbar empfinden - und dies auch tun. Punk im Flakon! Bravo!

Verrückterweise schafft Frau Westwood mit Bodoir etwas, was dem Punk nicht vergönnt war: Eine Haltung als leb- und tragbare Idee vom "Überwerfen des Althergebrachten" in den Alltag zu integrieren.
Irritieren. Verwirren. Ins Nachdenken bringen. Verkrustete Strukturen in Frage stellen. Und an dieser Stelle finde ich Bodoir gelungen.

Also, ihr Bodoir-tragenden PunkerInnen: Weiter so!!
20 Antworten
MisterRossi vor 12 Jahren 9 4
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
H.R.H.
Diese Queen ist tatsächlich eine Majestät. Ein extrem komplexer Duft in perfektem Auftritt, ohne auch nur eine Sekunde lang auch nur im entferntesten in den Dunstkreis von "langweilig" zu geraten. In einem Wort: Perfekt.
Und dies ist ein Label, welches ich - zugegebenermaßen - sehr selten vergebe.

Bevor sich die Queen olfaktorisch zeigt und ohne Umwege direkt ins Gefühlszentrum unseres Hirnes vordringt, zeigt sie sich zunächst nur durch einen Hauch von Stoff. Schon die Kartonage gibt einen Fingerzeig auf das, was sich im Inneren der Muranoglas-artigen Flakon-Vase verbirgt: Hier wirds kuschelig.
Die Haptik des Glases rundet den äußeren Eindruck ab, in sanft rauchig-halbtransparentem Violett schmiegt sich der Flakon - einem Handschmeichler gleich - in den menschlichen Tastapparat und flüstert leise: "Sprüh mich".
Und auch das kann die Queen gut. Meiner Skepsis angesichts des in die Kappe integrierten Sprays zieht sie buchstäblich beim ersten Sprüher den Boden unter den Füßen weg. Und wir sind noch gar nicht beim Duft.

Auf meiner Haut dominieren zwei markante Duftsbausteine: Heliotrop und Zeder. Beide sind direkt von Beginn an da, wechseln sich in den ersten Minuten stetig ab, so als könnten sie sich nicht entscheiden, wer denn nun als erster die Queen ins Rampenlicht stellt. Zu Beginn siegt der Heliotrop. Weich und strahlend hat er sich ein paar Veilchen zur Seite gestellt und gebietet der Zeder noch etwas Einhalt. Je länger der Auftritt weilt, desto mehr zieht sich der Heliotrop zurück, um der Zeder mehr Raum auf der Bühne zuzugestehen. Diese wiederum hat sich etwas Patchouli zur Unterstützung mitgebracht, aber dieser verhält sich sehr unauffällig.
Der Gesamteindruck verdichtet sich zu einer schwebenden Pudrigkeit. Edel, elegant und einzigartig. Das Besondere finde ich hier: MyQueen hält diese Pudrigkeit von der ersten bis zur letzten Sekunde bei, ohne sich am Ende in ein breiiges Vanille/Tonka/Tralala-Irgendwas zu verabschieden. Sie strahlt und schwebt bis zum Finale weiter. Sie hat Ausdauer. Und Kraft.

Ich assoziiere hier L´Instant Magic (Guerlain) und das dahingeschiedene Nuit d´eté (Joop) mit der Queen; letzteres wegen des Heliotrops, ersteres wegen der extremen Pudrigkeit. Doch die Queen kann es m. E. besser. Während bei Guerlain die Pudrigkeit durch Seifigkeit aufgebrochen wird, driftet sie bei Wolfgang ins süßliche ab.
Die Queen ist hier konsequent, was pudrig beginnt, wird auch so zu Ende gebracht.

Alles in allem ein Duft, der getragen werden will und sollte, und zwar von allen die sich und andere von seiner aristokratischen Raffinesse berauschen und begleiten lassen mögen. Auch wenn die Queen nicht allzu zurückhaltend ist. Understatement ist ihr eher fremd.
Abgeraten sei daher von einer - im schlimmsten Falle übermäßigen - Verwendung bei Temperaturen über ca. 22 Grad Celsius. Dann verwandelt sich die Queen leicht in ein grau-violettes Cashmere-Cape, welches sich wie ein Schleier niedersenkt und einen selbst sowie die Umgebung in zwar wohlriechende, doch deshalb nicht minder narkotische Zustände katapultiert.

Majestät. Ich verneige mich.
4 Antworten
MisterRossi vor 12 Jahren 9 2
5
Flakon
5
Sillage
10
Haltbarkeit
7
Duft
Synthetische Rose die Zweite.
Klappe Nummer zwei für eine Duftidee des Herrn Almairac, die er m. E. - leider ohne den mit Sicherheit erhofften Erfolg - bereits im 2000er Lumiere von Rochas zu lancieren versuchte. Cabaret ist mittlerweile optisch seines putzigen Harlekin-Kostümchens beraubt worden, zweifelsfrei eine Einsparung von Kosten angesichts eines Duftes, der offensichtlich dahinsiecht. Rotes Glas ist halt teuer. Natürliche Inhaltsstoffe auch.

Ich beschreibe die aktuelle Eau de Parfum-Variante, abweichend vom hier dargestellten Flakon in Klarglas mit roter Kappe.
Um im Bild zu bleiben: Die nun klare Flasche gibt ungeschönt den Blick frei auf den Inhalt, die clowneske Show ist verschwunden. Dies könnte der letzte Todesstoss sein für einen Duft, dessen hübscher Flakon nicht mehr in der Lage ist, ein Gegengewicht zum nicht wirklich überzeugenden Inhalt zu bilden.

Dabei schimpfe ich auf hohem Niveau: Cabaret ist ein gut gemachter Duft.
Er strahlt auf eine klare, kühle, distanzierte und leicht arrogante Art und Weise, ohne unangenehm oder abweisend zu wirken. Von Beginn an wird der in meinen Augen synthetische Rosenduft durch die Beigabe von Weihrauch und Patchouli gedämpft, und auch wer beides nicht leiden kann, könnte es in dieser Kombination mögen. Die Iris bringt Pudrigkeit, die abklingende Kopfnote schleppt sich mit leichter Frische bis ins Herz des Duftes.
Im Zusammenspiel der Komponenten entsteht - paradoxerweise - so etwas wie eine vibrierende Ruhe. In perfekter Verblendung und mit ausgezeichneter Haltbarkeit.

Doch leider: Die hohe Qualität und das kunstvolle Arrangement können letztendlich nicht darüber hinwegtäuschen, womit wir es hier zu tun haben.
Seidenrosen. Gut gemacht, durchaus. Doch: künstlich.
Eine ganze Zeit lang falle ich auf diesen Bluff herein; schwanke hin und her zwischen Verliebtheit und Abneigung; erfreue mich an der technischen Raffinesse. Um dann jedoch festzustellen, dass die technische Raffinesse mich nicht überzeugt. Ich sehe plötzlich die Seide, die Blätter aus Stoff, den Stengel aus überzogenem Plastik - und meine ambivalente Faszination kippt in das unschöne Erleben, betrogen worden zu sein.

Ab und an trage ich Cabaret, da er ein angenehmer Begleiter ist: Herb, ohne seine Blumigkeit zu verleugnen und pudrig, ohne trocken zu wirken.
Aber ich trage ihn nur an Tagen, an denen ich seine fehlerhafte Authentizität ertragen kann.
2 Antworten
16 - 20 von 24