MonsieurTest

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6 - 10 von 39
MonsieurTest vor 2 Jahren 57 36
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
8.5
Duft
Die Frau hinter L'Homme. Daniela Andriers Gespür für weiche Würze schuf diesen ultrabeliebten Puder-Seifen-Patcher
Dieser Prada L‘Homme hat was: Seine mild gepfefferte Patchouli-Würze; die weichgespültesten Rosengeranien-Veilchen seit es Blümchen (und Weichspüler) gibt; die pudrigste sanftsüße Amber-Kuscheligkeit seit Iriswurzel Gedenken.

Dieser Duft kann was: Er vermittelt das Gefühl von Sauberkeit. Er verpasst einen büro- wie operntauglichen Umhang dezenter Eleganz: ein gebügeltes, weißes Hemd zum Aufsprühen.

Dieser Duft hat Erfolg: Pradas L’Homme zählt bei Parfumo zu den meist verbreiteten Parfums. 4176 Nutzer besitzen ihn. Nur zwei andere, vulgärere Düfte, verzeichnen noch höhere Quoten. Dabei ist der 2016 erschienene Prada gar der jüngste unter den Reichweiten Top Ten hier. Auch als Signaturduft hält er einen bemerkenswerten dritten Platz auf der Parfumo-Rangliste.

So also riecht Erfolg! Dieses Duftwasser, das all seine weit verbreiteten, unoriginellen Komponenten raffiniert ausbalanciert, wirkt derart rundgeschliffen, dass es mir schwer fällt, einzelne Noten herauszuriechen. So verstehen auch Nase und Riechhirn, warum die Pyramide hier als Flachbau auftritt: auf eine Unterscheidung in Kopf-, Herz- und Basisnoten wurde verzichtet.

Iris schmust mit Veilchen; Neroli pfeffert Patch. Veilchen knuddelt mit Zeder und Rosengeranie schaut ambriert lächelnd zu. Auf zitrische Anfangsfrische wird weitgehend verzichtet; diesen Effekt übernimmt hier vermutlich ein Pfeffer-Neroli-Akkord, der als solcher kaum auffällt, jedenfalls keine Schärfe evoziert…

Irgendetwas, vermutlich die Seife auf dem Waschbecken meiner Heidelberger Großeltern roch ähnlich wie Pradas Homme. Leider ist es mir Jahrzehnte später rätselhaft, welcher der raffiniert zu einem geschmeidigen Gesamteindruck verwobenen Duftbestandteile dieses Erfolgsparfums meine Erinnerungen hervorrufen könnte. Ich wüßte es zu gerne.
Benutzten meine luxusfernen, protestantischen Großeltern eine Seife mit Patchouli-Neroli, mit Zedernnoten oder eher eine mit Irisbutter? Hatte Oma einen Puder, der die Luft mit vergleichbaren Irisnoten schwängerte? Hat das 4711 Cologne-Neroli meiner Vorfahren etwas mit dem (hier aber ganz anders verbauten) Neroli zu tun?

Gab es eine gemeinsame Schnittmenge zwischen meinen Kindheitserinnerungen und den Inspirationen Daniela Andriers? Andrier stammt jedenfalls aus Heidelberg, migrierte dann freilich im Alter von Jahren 15 nach dem Tod ihrer Mutter mit ihrem Vater nach Paris. Dort nahm sie erst ein Philosophiestudium auf und stürzte sich nach einem Chanel-Praktikum in die Parfumeurs Ausbildung, ihrer seit Kindheitstagen bestehenden Faszination für Duftwelten folgend.

Vibriert in diesem wirklich sehr gut gemachten Supersauberduft ein calvinistischer Grundakkord? Denn Genf, wo Givaudan angesiedelt ist, gilt als Hauptort des Calvinismus und die Heidelberger protestantischen Theologen waren lange stark von dortigen Einflüssen geprägt…
Freilich lernte Frau Andrier ihr Metier in Grasse und lebt mit ihrem Mann und den vier Kindern in Paris, was nun so wenig calvinistisch daher kommt wie die Marke Prada oder wie das katalanische Dufthaus Puig, welches die Prada Düfte (wie auch Nina Ricci, Artisans Parfumeurs, Penhaligon sowie die Zara Düfte u.a.m.) vermarktet.
Über Kindheitserinnerungen, die Ursprünge und tröstlichen Funktionen ihrer Duftliebe sprach Daniela Andrier übrigens in einem interessanten 2010 publizierten Portrait–Artikel der ZEIT:

https://www.zeit.de/lebensart/mode/2010-03/parfum-daniela-andrier/komplettansicht

Die Mehrzahl der 30 TopTen Erfolgsdüfte (in m/f/unisex) bei Parfumo wurden von männlichen Parfumeuren verantwortet. Jedoch findet sich neben anonymen (Industrie-Team-) Schöpfern auch eine gute Handvoll Frauen unter den Erfolgsmixern: Andriers L‘Homme ist der Verbreitetste, daneben zählt Annick Menardo mit Hypnotic Poison (dem am häufigsten besessenen F-Duft) dazu. Ebenso: Christine Nagel (Narciso Rodriguez For Her), Nathalie Lorson (Black Opium; Encre Noir) und Anne Flipo, die an mehreren Top Ten Düften beteiligt war, sowie Sonia Constant (Ombre Leather) und Shymala Maisondieu (Fucking Faboulous).

Der Duft-Output Andriers ist mit 148 Parfums (davon etwa 50 für Prada) erheblich. Zu ihren ersten Erfolgen zählten Würz-Klassiker wie Etros Palais Jamais, Guccis Envy for Men und Emporio Armanis Lui/Him.

Der Mann hinter der Frau hinter L’Homme heißt übrigens Gilles Andrier. Er ist seit 2006 CEO von Givaudan, dem mit Abstand größten Dufthersteller dieses Planeten - vor IFF, Firmenich, Symrise und Robertet, das schon deutlich kleiner ist. Givaudan, ein an der Schweizer Börse notierter Konzern, für den Herr Andrier seit 1993 arbeitet, setzt knapp 7 Milliarden CHF um; nicht zuletzt auch durch von ihm verantwortete Zukäufe wie den Fragrance-Produzenten Quest. Der Konzern bringt es auf 25% Weltmarktanteil am Duftbusiness, welches freilich nur zum kleinsten Teil (ca 15%) um Parfums kreist. Der größere Teil wird mit Hygiene- und Nahrungsmittel- Scents und Flavours gemacht.

Ein überaus informatives Interview mit Gilles Andrier über die lange Geschichte und breite Produktpalette Givaudans wie auch über einige Aspekte des Parfumeurs-Berufs findet sich hier:

https://www.youtube.com/watch?v=kGwdMuUdAR8 .

Aus der Regie dieses Power-Teams der Weltbeduftung stammt (statistisch betrachtet...) jedes vierte vermarktete Duft- oder Geschmacksmolekül, das aus Essen, Waschmitteln, Raum- oder Parfumdüften den Weg in unsere Nasen und Hirne findet.
Aus Frau Andriers Nasen- und Mixkünsten stammt als ihr vielleicht nicht bestes doch wohl erfolgreichstes Parfum dieser gefällige, saubere, sanft-würzig-süße, tendenziell ins Uni- oder Metrosexuelle neigende, unaufdringlich weiche Nasenschmeichler.

Ein Duft ohne allzu markante Kanten; ein (fast) Immergeher mit ordentlicher Haltbarkeit und moderater, mithin menschenfreundlicher Sillage. Sein schwerer Flakon wirkt für mich einen Hauch zu klotzig-protzig, doch gibt es schlimmere. Er ist ganzjährig tragbar von jung und alt jedweder sexuellen Konfession.

Er ist gut und grundsympathisch
(vielleicht ein bisschen zu…).
36 Antworten
MonsieurTest vor 2 Jahren 34 28
9
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
5.5
Duft
Zitrisch und gemü-selig duftet Engels Sperma. Glanz und Elend des Parfumsammelns
Entkorkt man diesen Spitzenflakon begegnet einem ein erstaunlich frisches Zitrus-Opening. Das geht wohl klar Richtung Limette (oder einer leicht mandarinisierten und grapegefruiteten Zitrone), was schon mal prima ist.
Darunter vermutet mein Riechapparat eingangs blumige Mittelsüsse mit fluffigem Moschus. Dann glaubt er nach ca. 30 Minuten, mitten im Herznoten-Land, ein paar schlaffe Küchenkräutlein (Kamille, Thymian….?) sowie zarte Noten von Hipp Karottenbreichen (könnte auch ein Karotten-Kürbis-Birnen Müslein sein…) flüsternd zu vernehmen. Leider wandelt sich der anfangs erstaunlich schöne Limette-Vibe nun in einen diffussen Industrie-Zitrik-Akkord.
Keine Ahnung, ob das alles vor gut 20 Jahren in den mir vorliegenden Mini dergestalt reingefüllt wurde. Es handelt sich bei Angel’s Love um einen bei Parfumo pyramidenlos, gleichsam nacktschneckig glitschig auftretenden & unbesprochenen Duft. Das macht nen Kommentar schwierig, freilich auch frei.

Die Liebe der Engel ist im übrigen nicht ausdauernd. Wer einen Duft für langwierige Dates oder All-Night-Loving-Sessions sucht, der/die/das sollte nicht zu Angel’s Love greifen. Die Abstrahlung verhält sich ebenso moderat. Die Adressaten des Dufts müssen einem damit Bestäubtem schon ordentlich auf die Pelle rücken, um von dieser leichten Erfrischung etwas abzubekommen.

Es ist, was das Engels-Gerede betrifft – trotz Morgensterns Gedicht ‚Scholastikerprobleme‘ –, eine durch Humanisten erfundene (erstmals im Pseudo-Meister Eckhart‘schen Traktat ‚Schwester Katrei‘ im 14. Jahrhundert) in polemischer Absicht erstunkene Falsch-Behauptung, mittelalterliche Scholastiker hätten sich eifrig um die Frage gestritten, wieviele Engel auf einer Nadelspitze Platz fänden.
Als moderner Denker interessiert mich das weniger; als Parfumo-Pionier und Erstbesteiger dieses (zumindest in flakonologischer Hinsicht) Spitzen-Duftes muss uns aber die Frage umtreiben: Wie duften Engel und ihre Sekrete? Davon wollen wir hier Zeugnis ablegen – und von einigen Umständen der Begegnung mit dieser Rarität.

Das Sammeln von Parfums, die Neugier auf stetig andere Düfte führt ab einem gewissen Kipppunkt zu seltsamen Auswüchsen. Interessiert man sich beispiels- und empfehlenswerterweise für spanische Feindüfte älteren Baujahrs, kommt man kaum an den aberwitzig verpackten, riesigen Literflakons (Varon Dandy; Puigs Agua Lavanda; Heno de Pravia der Perfumaía Gal) vorbei.
Beginnt man ausgestorbenen Preziosen des letzten Jahrtausends nachzujagen – und hortet zudem schon Großflakons, welche für die nächsten 3 Generationen wohlbedufteter Nachkommen reichen, so verfällt man irgendwann auf die geniale Idee, Sammlungen alter Miniaturen bei Ebay zu ersteigern. Denn neu gibt es viele Düfte nicht mehr. Als Normalflakons sind sie unauffindbar im Netz – oder unbezahlbar.

Doch finden sich Konvolute von 10 oder 199 Parfum-Miniaturen, deren Sammelei seit den 1970er Jahren offenbar ein verbreitetes Hobby war. Zu diesem ollen Hobby gehörte wohl, die Düfte in ihren niedlichen Flaköngchen nur zu bestaunen, nicht aber zu benutzen. Exakt diese Unsitte bereitet nun das Revier für Parfumos Jagdbegier, für Glanz und Elend der Kleinwildjagd auf Vintage-Trophäen. Jedem sentimentalen Parfumo-Tierchen sein Retro-Pläsirchen…
Allerdings angelt man bei der Kleinwildjagd mit dem Schleppnetz neben begehrten Klassikern natürlich auch Beifang. Abenteuer! Manchmal offenbart sich ein Beifang als feiner und schöner als die anvisierten Edelfische der großen Marken. Zum Jagdglück des Aufspürens selten gewordener Vintage-Schätzchen gesellt sich die Serendipität des Zufallsfangs, der einem ans Herz wächst. Oder der Kuriositäten, die man den Parfumokollegen gern als solche präsentiert.

Und jedes Mal beim Öffnen der eingetroffenen duftigen Liliput-Senioren steht die Kardinalfrage, atemberaubend spannend, im Nasen-Raum: Gekippt, angeknackst oder intakt?? Das Spektrum reicht vom leicht dumpfen Knacks oder Ausfall in der Kopfnote, über zarte Cognac- oder Sherrynoten im Herzbereich bis zum Knallmaggi in Vollfettstufe. So wird die eigne Nase nebenbei zum Spezialisten für Alterungsprozesse von Düften. Meine Zwischenbilanz hierzu lautet: Frischlinge, Aquaten und Düfte mit Zutaten ab Mitte der 1990er (vor allem so Morillas-Wässerchen in CK-One-Richtung) machen eher schlapp als kräftige Chypres, 80er Powerhouses oder kraftvolle Orientmischungen.
(Wäre interessant, wenn mir hier ähnlich veranlagte Jagdgenoss*inn*en die Diagnose bestätigen oder bestreiten könnten. Kein Jägerlatein!).

Zurück zur Engelsanalytik, zum abschließenden ästhetischen (erotischen?) Urteil über Angel’s Love. Der Flakon mit süssem Wölkchen, als spitz zulaufender Kegel (wie viele Engelstropfen gehen auf so ne stumpfe Spitze, fragt man sich doch...) ist eine Augenweide. Doch habe ich Schwierigkeiten mit Rosa, das in Parfumo-Collectionen als Fehlfarbe streng zu meiden ist…
– Ob es wohl Parfumos hier gibt, die mir eine miniaturflakontechnisch ausgewiesene Lackiererei empfehlen könnten, die den Deckel in ein frühlingsfrisches Grün oder ein unendlich elegantes armanihaftes Greige umlackieren könnten?

Bei jedem Genitiv lautet die zentrale, manchmal peinliche Frage: Was biste für einer? Haben wir es bei Angel’s Love mit einem Genitivus objectivus oder subjectivus zu tun? (Den Genitivus partitivus behandeln wir angesichts diese Düftleins von Angelitos noch nicht – der wird später in einem Aufbaumodul zu Teilmengen von Liebesdüften im Vertiefungsstudium traktiert).
Handelt es sich also um den Duft der liebenden Engel (wenn Engel Liebe machen…)? Oder um den Duft der Liebe zu Engeln? Da meine Neigungen&Begierden doch eher humanoide sind, fasse ich dieses Angelitos-Produkt nicht objectivus sondern subjetivus und übersetze: SO duftet die Liebe der Engel. SO dünsten die Engel beim Lieben.

Übrigens gibt es aus dem Hause Angelitos, das sein Schaffen ganz den Ausdünstungen der Fernmelder Gottes widmet (was ‚Engel‘ eben der Wortherkunft nach bedeutet: Für griechisch ángelos (ἄγγελος) ‚Bote, Botschaft‘ wird unter Verweis auf griechisch ángaros (ἄγγαρος) ‚reitender persischer Eilbote‘ orientalischer Ursprung vermutet. Vgl.: https://www.dwds.de/wb/Engel. Wobei unbedingt klargestellt sei, dass dieser Duft KEIN orientalischer ist und auch kein Oud enthält; soviel steht bei allem sonst Zweifelhaften fest!), äh, wo waren wir…genau: es gibt von Angelitos noch 4 weitere Düfte zu Aspekten des Engelsduftens: Der Atem der Engel, Der Atem der Engel nur für Männer, der Atem der Engel Gold und auch in Platin.
Da hierzu noch keine Parfumo-Einträge vorliegen und mir diese engelischen Atemdüfte Angelitos‘ noch nicht ins Netz gegangen sind, bitte ich um Ko-Referate ähnlich veranlagter Parfumos zu diesen Atem-Düften (Atemgold-Fans voran!), die bis auf weiteres als unaufgeklärt – doch unter Flankerverdacht stehend – gelten.

Um den Kennern hier bei Parfumo, die diesen Duft noch nicht unter ihren Nasen hatten, einen Vergleich und die grobe Richtung zu blasen, möchte ich auf das feinzitrische Tweety von Zara verweisen. Angel’s Love könnte die Vintage-Stiefcousine dieses Kinderfrischlings sein. Wobei man sich fragt, ob Zaras Tweety wohl in gut 20 Jahren noch so frisch düfteln mag und in Würde gealtert aus seinem lustigen Flakon hervorkriechen wird. Zudem ist die alte Engelsliebe mit ihrem Limetten-Auftakt erst einen Hauch eleganter; dafür hintenraus einen Tick muffiger.
28 Antworten
MonsieurTest vor 2 Jahren 53 43
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Ode an Waschsalon. Fantastischer Chill-Duft: schillernd, betörend, erhebend
Holle, saubre Parfumeurin,
Tochter aus Elysium,
Wir erschnüffeln freudentrunken
Himmlische, dein Feinparfum.
Deine Zauber binden wieder,
Was der Mode Schwert geteilt;
Stinker werden duftge Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.

Chor
Seid umschlungen, Millionen!
Diesen Duft der ganzen Welt!
Parfumos – überm Wolkenzelt
Muß ne tolle Holle wohnen.

Wem der große Wurf gelungen,
Eines Flakons Herr zu sein;
Wer ein solches Eau errungen,
Mische seinen Jubel ein!
Ja – wer auch nur eine Nase
Sein nennt auf dem Erdenrund!
Und wers nie gekonnt, der rase
Weinend hier aus diesem Bund!

Chor
Was unsern großen Ring bewohnet,
Huldige dem Waschsalon!
Symrise leitet sie,
Wo die Unbekannte thronet.

Iso riechen alle Wesen
An den Brüsten der Chemie,
Alle Guten, alle Bösen
Folgen ihrem Snyth-Genie.
Eau de Waschsalon gab sie uns & Vacciné
Feinsten Duft, geprüft im Leid.
Wollust ward dem Wurm gegeben,
Und der Cherub steht vor Gott.

Chor
Ihr stürzt nieder, Millionen?
Ahndet Ihr die Schöpf‘rin, Holle?
Sucht sie hintern Wäldern,
In Holzminden muß sie wohnen.

Iso heißt die starke Feder
In der schillernden Olfaktur.
Iso E 10 treibt die Räder
In der großen Nasenuhr.
Hölzer lockt sie aus den Äthern,
Sonnen aus dem Formflakon,
Sphären rollt sie in das Riechhirn,
Durch des Schnüfflers Rüssls Wonn'n.

Chor
Froh, wie ihre Düfte strahlen,
Durch des Raumes weiten Saal,
Laufet, Brüder, eure Bahn,
Freudig wie ein Held zum Siegen.

Aus der großen Waschmaschine
Lächelt sie den Forscher an.
Zu den frischen Wohlgerüchen
Leitet sie des Dulders Bahn.
Auf des Holzdufts Sonnenberge
Sieht man ihre Fahnen wehn,
Durch den Riß gesprengter Särge
Sie im Duft der Engel stehn.

Chor
Sprühet mutig, Millionen!
Sprühet für die beßre Welt!
Droben überm Sternenzelt
Wird ein großer Gott belohnen.

Holle kann man nicht vergelten,
Schön ists, ihren Stoff zu sprühen.
Gram und Kleinmut soll sich melden,
Mit den Frohen sich erfreun.
Groll und Rache sei vergessen,
Unserm Hausherrn sei verziehn,
Keine Träne soll ihn pressen,
Keine Reue nage ihn.

Chor
Dieses Eau sei hier empfohlen,
Wie auch ihr sanftes Vacciné!
Brüder – überm Nasenrüssel
Jauchzet's Riechhirn, wie kaum je.

Eau de Waschsalon verzaubert,
In des Parfums holden Flirren
Schnüffeln Sanftmut Kannibalen,
Wird Verzweiflung Heldenmut – –
Brüder, fliegt von euren Sitzen,
Wenn der volle Flakon kreist,
Laßt den Spray zum Himmel sprützen:
Dieses Eau dem guten Geist.

Chor
Das der Sterne Wirbel loben,
Das des Seraphs Hymne preist,
Dieses Eau dem guten Geist
Überm Wolkenzelt dort oben!

Festen Mut in schwerem Leiden,
Hülfe, wo die Unschuld weint,
Ewigkeit geschwornen Eiden,
Wohlduft gegen Freund und Feind,
Dichterstolz vor Königsthronen –
Freunde, gält es Gut und Geist, –
Dem Verdienste seine Kronen,
Untergang wer Witz verweist!

Chor
Schließt den heilgen Zirkel dichter,
Schwört bei diesem güldnen Duft:
Dem Esprit stets treu zu sein,
Schwört es bei dem Sternenrichter!

Rettung von Tyrannenketten,
Großmut auch dem Bösewicht,
Hoffnung auf den Sterbebetten,
Gnade auf dem Hochgericht!
Auch die Toten sollen leben!
Schwestern sprüht und nebelt ein,
Allen Sündern soll vergeben,
Und die T/Holle ewig sein.

Chor
Eine duftge Abendstunde!
Sanfter Hauch im Leinentuch!
Brüder – einen feinen Spray
Aus Künstlerinnen Waschsalon!

Mit Dank an Fritze Schiller fürn Gerüstbau.
Wers musikalisch mag, kann Louis van Beethovens Musike mit Jebrüll dazu hören...
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Eau de Waschsalon ist reinstes und feinstes Iso E Super. Es duftet dezent, flirrend, oszillierend an- und abschwellend mit der bekannten, dieser modernen Aromachemikalie eigenen silbrigen Holzigkeit.
Der Flakon bezaubert im coolen Stile des Bauhaus': modern und sachlich.
Saubere Form follows sauberem Inhalt wie es von einem sauberen Konzeptkunst Waschsalon zu erwarten ist. Performanz und Sillage folgen dem goldenen Schnitt.

Inmitten der allgemeinen Duftinflation, Flankeritis und lieblosen Serienproduktion glänzt Holles Waschsalon, beheimatet im Herzen der deutschen Duftmetropole Holzminden, mit seiner streng limitierten und wohlbedachten Release Politik. Nur zu besonderen Anlässen schöpft Frau Holle (aus dem Vollen, aus dem Vollen!) einen ihrer seltenen Düfte, die ALLE Beachtung verdienen.
Ihren Kunstwassern, die aus modernsten Aromachemikalien sowie feinst abgestimmten humorigen Zutaten gebraut sind, huldigen die Connaisseurs.

Ihre beiden Düfte sind reinste Nischenwässerchen, minimalistisch mit leichter Hand komponiert, kongenial verpackt und korrekt benamst.
Holles Texte, gleichsam eine Art humoristisch kurvenreiche Backbone im hiesigen Textsalat oder ein hellwacher, roter Faden durch den Parfumo-Jungle sind
eine Augen- und Ohrenweide,
ein Nasenschmaus für Duftliebhaber,
mithin: eine Art Summa für Synästhetiker*innen (und außen?).
Sie bereiten windungsreichen Stark- und Feinhirnen das allergrößte Vergnügen.
43 Antworten
MonsieurTest vor 2 Jahren 51 28
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Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Ein feiner, freundlicher, weicher Wohlfühlduft so alt wie Parfumo
Ein sanfter, frischer, smart gepfefferter Duft für alle Tage. Ein milder, erfrischender Wohlfühlduft. Ein wohlkomponiertes Kunstwerkchen, das auch Parfum-Meidern nicht weh tut (meinte eine einst geliebte Parfumfeindin..).

Lalique White kommt im modernen Flacon daher, dem man die große Geschichte und wohl unübertroffene Glasmacherkunst der Firma Lalique gerade in seiner Reduktion durchaus anmerkt. Ich mag diesen Duft, den ich via Parfumo kennenlernte, seit vielen Jahren, sehr. Und ich trage ihn gern im Sommer für unterwegs oder ganzjährig zuhause zum Chillen. Christine Nagel ist damit ein stilles, ausgewogenes Casual-Meisterwerk gelungen.

White ist der Duft, den ich auftrug, als ich zufällig feststellte, dass unsere wunderbare Parfumo-Plattform und Community heute ihren 13. Geburstag feiert. Happy Birthday – und auf viele weitere Jahre!

2008 ging es los; offenbar an so einem Spätnovembertag wie heute.
Denn heute hat Don 13. Community Geburtstag.

Also habe ich mich, was bei den genialen Datenbanken und Researchwerkzeugen hier ja ein Kinderspiel ist, gleich mal umgeguckt: Was erblickte 2008 so an neuen Düften parallel zur Parfumo-Site das Licht und die Nasen der Welt? Laut Datenbank waren es sage und schreibe 1899 Düfte! Die in jenem Jahr, in dessen September die Finanzkrise mit dem Kollaps der Lehman-Brothers Bank ihren Kulminationspunkt hatte, das Licht und die Nasengänge der Welt zu durchstreifen begannen.

Neben dem milden, freundlichen Lalique White trat One Million von Rabanne seinen klebrigen, gewaltigen Siegeszug durch die Parfumerien an. Chanel braute mit Sycomore und Beige weitaus Raffinierteres, Laliques White tendenziell Verwandtes. Für Guerlain schöpfte Thierry Wasser das spritzige Guerlain Homme, dessen caipi-haftes EdT leider schon wieder die Welt verließ. Daneben brachte Guerlain Insolence, eine Reihe von (ebenfalls von Christine Nagel verantwortete!) Elixirs Charnels, ein Eau de Shalimar, eine Cruel Gardenia, zwei Aqua Allegorias und – vermutlich als Widmungsduft an den Parfumo-Gründer: L’Âme d’un héro… :-)). Zum 180. Guerlain Geburtstag schuf der letzte der Familien-Parfumeure, Jean-Pierre Guerlain zudem einen blumig-orientalischen Duft: 180 Ans de Créations.

Die Mehrzahl der (unter 1900 Neuerscheinungen wenigen) mir bekannten 2008er Gewächse schien hingegen eher zurückhaltend, weich, heimelig-kokonisierend – wie etwa auch das schlaff-umgarnende, überaus beliebte Dolce Gabbana The One for Men. Kein lauter Auftritt mittels Starkdüften kennzeichnet diese Jahr sondern eher schützende, beruhigende Umhüllungen, wie sie zu den Krisen passten, die seit Sommer 2007 die Weltwirtschaft in mehreren heftigen Wellen erfassten.

Unter diesen leisen Düfte scheint mir Laliques White in seiner schlichten Komposition, die nicht nur an Jil Sanders Modestil vielmehr auch an einige ihrer sympathisch weichgezeichneten Düfte (Softly!...) erinnert, einer der gelungensten.

Milde Frische durch Bergamotte und Zitronenblatt wird dezent gestützt mittels kleinster Prisen von Kardamom und Muskat. Das Veilchen im Herzen bleibt zurückhaltend. Pfiff bringt hingegen der weiße Pfeffer. Welcher das weiße Gewand, das auf einer weichen Amber-, Zedern- sowie selbstredend (!) Moschus-Basis schwebt, gleichsam als lauteste Stimme dieser ‚Symphonie in Weiß‘ ein wenig pointiert.

2008 war mithin aufgrund einiger der genannten, ausgewählten, schönen Düfte ein gutes Jahr der Parfumgeschichte. Laliques White ist mir der wohl liebste, gewiss jedoch der am häufigsten getragene Duft aus jenem Jahr.

Noch weit wichtiger freilich für die Geschichte der Reflexion, des Beobachtens, Lesens, Denkens und Schreibens über Parfums scheint mir die Entstehung von Parfumo.de als Forum des Austauschs über Parfumerfahrungen.
Woher wüsste man sonst, zum Beispiel, was 2008 neben Laliques White so alles an Parfums ertüftelt und in Verkauf gebracht wurde? Und was so viele feinnasige, duftbegeisterte Menschen über diesen Duft empfinden, denken und assoziieren?

Vermutlich heute vor 13 Jahren war es soweit: die erste, seither zweifellos unzählige Male überarbeitete, erweiterte und verbesserte Version von Parfumo.de ging an den Start. Sie war wohl anfangs kaum mehr als ein – technisch gekonnt programmiertes – weißes Blatt. Unbeschrieben, wartend auf die Beiträge all der schreibfreudigen Parfumo-Mitglieder. Die bald herbeiströmten und seither mehr und mehr wurden – auch wenn es bedauerliche Rückzüge und Rauswürfe geschätzter Autor*inn*en zu beklagen und zu verdauen galt.

Hoffentlich können wir uns noch lange an Laliques White erfreuen.
Und natürlich: öfter, intensiver, leidenschaftlicher und heißer
– an den Diskussionen auf Parfumo !
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MonsieurTest vor 2 Jahren 37 28
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Duft
Üppig blumig-erdiges, fein geschliffenes Frühwerk des Meisters Demachy
Vor einem Monat wurde publik, dass der 72 jährige François Demachy sein Amt als Chef-Nase von Dior Parfums niederlegt. Und dass ihm Francis Kurkdjian in diesem bedeutenden Amt nachfolgen wird. Man muss kein Fan des entsetzlich erfolgreichen Sauvage sein, welches Demachy leider auch verantwortete, um sich gleichwohl Sorgen zu machen um die Pflege der großartigen, subtilen Chypre-Schätze der Dior-Geschichte, wenn diese nun unter der Obhut des für laute Düfte bekannten Kurkdjian (von Le Mâle bis Baccarat Rouge…) gestellt werden.

Vor seiner Zeit bei Dior war der aus der Parfumkapitale Grasse stammende Demachy schon bei Chanel (dort auch für Tiffany und Ungaro verantwortlich) Chef der Duftentwicklungen gewesen.

Schaut man sich sein Schaffen einmal im Verlauf an (was die wunderbare Parfumo-Datenbank aufs Schönste ermöglicht), so fällt auf, welch heftige Beschleunigung den Duft-Output der Häuser und Kreateure im Laufe seines Lebenswerk erfasste. Unter den 176 Demachy hier zugeschriebenen Düften finden sich dutzende von bedeutenden oder jung-klassischen Parfums: Dior Homme, Remakes des alten 'Eau Sauvages' als EdP, sowie zahlreiche, meist ganz gut gelungene Modernisierungen von Dior-Klassikern, zudem Neuschöpfungen ganzer Linien.

Durch seine Überarbeitungen konnte Dior wohl auch die Rechte vieler Duftkompositionen von den Zulieferern und ihren Nasen (etwa Christine Nagel für Givaudan) ins Inhouse-Parfuming von Dior zurückholen - und so noch ein wenig mehr Geld für den Eigentümer LVMH (und seinen Hauptaktionär Bernard Arnault) verdienen.

Zum Abschied Demachys möchte ich freilich kurz an seine beeindruckenden Anfänge erinnern. Mit großem Abstand ertüftelte er 1981 Chanels kerniges Antaeus, Tiffany pour Femme 1987, Chanels Avant-Gourmand 'Egoiste' sodann 1990. Ein Jahr später braute er ‚Soir de Paris‘ für Bourjois (den Chanel Ursprungs- und Mutterkonzern) gemeinsam mit Jacques Polge und eben dieses hier nun zu würdigende, weniger bekannte, gleichwohl großartige Ungaro pour L‘Homme. 5 Düfte mithin in 10 Jahren. Danach wurden es mehr und ab 2007 explodierte sein Output (näherhin vermutlich: der seines Teams, das unter seinem Namen publizierte…), nachdem er 2006 zu Diors Chefparfumeur ernannt worden war.

Ungaro pour L’Homme wirkt, wie auch die 1992 und 93 folgenden Ungaro pour L’Homme II und III, wie ein klassisch tiefes, aus vielen Zutaten rundgeschliffenes Parfum, das man eher unter den feinsten Powerhouses der 80ies verorten würde als in den blasseren, frischeren, synthetischeren und fruchtigeren 1990ern. Sei’s drum.
Demachy braute hier ein herzhaft kraftvolles, erdig grundiertes Herren-Blumengebinde. Welches ich damals eher zufällig als Beinahe-Parfumnovize in einem Geschenkgebinde mit Ungaro II beim Studium in Frankreich erwarb, welches ich zum Glück nie aufbrauchte und welches mir heute noch, gelegentlich benutzt, schöne Duftfreuden und Erinnerungen schenkt. Und welches ich womöglich auch erst heute, nach ein paar Jährchen intensiverer Parfum-Erkundung, so richtig und vollumfänglich zu schätzen vermag.

Obwohl es offiziel gar kein Patchouli enthält – aber doch mittelstark danach oder jedenfalls nach etwas ähnlich Erdigem duftet –, erinnerte es mich in den 90ern, so vermute ich heute, womöglich ein wenig zu sehr an die langsam alt werdende 70er Hippie-Erdigkeit und Blütenseligkeit. Der man damals tendenziell ins Elegantere entkommen wollte. Weswegen ich Ungaro in jenen Jahren eher selten trug – was mir nunmehr, Halleluja, zu erquicklichen Resten im Altflakon verhilft.
Heute kann man es rühmen und würdigen als ein voluminöses, elegantes Herrenparfum. Ein Parfum-Organismus rund um ein üppiges Blütenherz aus Nelken und Rosen, aus Jasmin und Lavendel, welche über einer feingemischten Amber-Moos-Moschus Basis ausdauernd und ernst konzertieren, kraftvoll wiewohl keineswegs dröhnend.

Es erinnert mich ein wenig an Guerlains ‚Heritage‘, mit dem Jean-Paul Guerlain ein Jahr nach Demachy, freilich in wohl vergleichbarer Manier, eine Art Feinschliff-Powerhouse erschuf. Sie zogen eine elegant komponierte Summa der 80er Jahre, nachdem diese nun parfumologisch definitiv im Orkus verschwanden.

Heute macht man solche vollnasigen Kraftpakte wohl kaum mehr, jedenfalls nicht im Designerbereich zu fairem Tarif, sondern höchstens noch in dunklen Nischen. Ach!

Hoffen wir, dass solche Klassiker der neueren Parfumgeschichte vielleicht einmal ähnlich feinsinnige Bewahrer und Sanftmodernisierer finden werden, wie François Demachy einer war an den Dior-Klassikern; oder wie es Thomas Fontaine für die (leider beerdigte) Heritage Collection des Hauses Patou vollbrachte.

Und freuen wir uns an den zirkulierenden Resten von Ungaro I und II oder am noch erhältlichen, wieder aufgelegten Ungaro III, ebenfalls aus Demachys nun wohl langsam zuende gehendem Wirken.
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