15.11.2021 - 17:32 Uhr

MonsieurTest
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Üppig blumig-erdiges, fein geschliffenes Frühwerk des Meisters Demachy
Vor einem Monat wurde publik, dass der 72 jährige François Demachy sein Amt als Chef-Nase von Dior Parfums niederlegt. Und dass ihm Francis Kurkdjian in diesem bedeutenden Amt nachfolgen wird. Man muss kein Fan des entsetzlich erfolgreichen Sauvage sein, welches Demachy leider auch verantwortete, um sich gleichwohl Sorgen zu machen um die Pflege der großartigen, subtilen Chypre-Schätze der Dior-Geschichte, wenn diese nun unter der Obhut des für laute Düfte bekannten Kurkdjian (von Le Mâle bis Baccarat Rouge…) gestellt werden.
Vor seiner Zeit bei Dior war der aus der Parfumkapitale Grasse stammende Demachy schon bei Chanel (dort auch für Tiffany und Ungaro verantwortlich) Chef der Duftentwicklungen gewesen.
Schaut man sich sein Schaffen einmal im Verlauf an (was die wunderbare Parfumo-Datenbank aufs Schönste ermöglicht), so fällt auf, welch heftige Beschleunigung den Duft-Output der Häuser und Kreateure im Laufe seines Lebenswerk erfasste. Unter den 176 Demachy hier zugeschriebenen Düften finden sich dutzende von bedeutenden oder jung-klassischen Parfums: Dior Homme, Remakes des alten 'Eau Sauvages' als EdP, sowie zahlreiche, meist ganz gut gelungene Modernisierungen von Dior-Klassikern, zudem Neuschöpfungen ganzer Linien.
Durch seine Überarbeitungen konnte Dior wohl auch die Rechte vieler Duftkompositionen von den Zulieferern und ihren Nasen (etwa Christine Nagel für Givaudan) ins Inhouse-Parfuming von Dior zurückholen - und so noch ein wenig mehr Geld für den Eigentümer LVMH (und seinen Hauptaktionär Bernard Arnault) verdienen.
Zum Abschied Demachys möchte ich freilich kurz an seine beeindruckenden Anfänge erinnern. Mit großem Abstand ertüftelte er 1981 Chanels kerniges Antaeus, Tiffany pour Femme 1987, Chanels Avant-Gourmand 'Egoiste' sodann 1990. Ein Jahr später braute er ‚Soir de Paris‘ für Bourjois (den Chanel Ursprungs- und Mutterkonzern) gemeinsam mit Jacques Polge und eben dieses hier nun zu würdigende, weniger bekannte, gleichwohl großartige Ungaro pour L‘Homme. 5 Düfte mithin in 10 Jahren. Danach wurden es mehr und ab 2007 explodierte sein Output (näherhin vermutlich: der seines Teams, das unter seinem Namen publizierte…), nachdem er 2006 zu Diors Chefparfumeur ernannt worden war.
Ungaro pour L’Homme wirkt, wie auch die 1992 und 93 folgenden Ungaro pour L’Homme II und III, wie ein klassisch tiefes, aus vielen Zutaten rundgeschliffenes Parfum, das man eher unter den feinsten Powerhouses der 80ies verorten würde als in den blasseren, frischeren, synthetischeren und fruchtigeren 1990ern. Sei’s drum.
Demachy braute hier ein herzhaft kraftvolles, erdig grundiertes Herren-Blumengebinde. Welches ich damals eher zufällig als Beinahe-Parfumnovize in einem Geschenkgebinde mit Ungaro II beim Studium in Frankreich erwarb, welches ich zum Glück nie aufbrauchte und welches mir heute noch, gelegentlich benutzt, schöne Duftfreuden und Erinnerungen schenkt. Und welches ich womöglich auch erst heute, nach ein paar Jährchen intensiverer Parfum-Erkundung, so richtig und vollumfänglich zu schätzen vermag.
Obwohl es offiziel gar kein Patchouli enthält – aber doch mittelstark danach oder jedenfalls nach etwas ähnlich Erdigem duftet –, erinnerte es mich in den 90ern, so vermute ich heute, womöglich ein wenig zu sehr an die langsam alt werdende 70er Hippie-Erdigkeit und Blütenseligkeit. Der man damals tendenziell ins Elegantere entkommen wollte. Weswegen ich Ungaro in jenen Jahren eher selten trug – was mir nunmehr, Halleluja, zu erquicklichen Resten im Altflakon verhilft.
Heute kann man es rühmen und würdigen als ein voluminöses, elegantes Herrenparfum. Ein Parfum-Organismus rund um ein üppiges Blütenherz aus Nelken und Rosen, aus Jasmin und Lavendel, welche über einer feingemischten Amber-Moos-Moschus Basis ausdauernd und ernst konzertieren, kraftvoll wiewohl keineswegs dröhnend.
Es erinnert mich ein wenig an Guerlains ‚Heritage‘, mit dem Jean-Paul Guerlain ein Jahr nach Demachy, freilich in wohl vergleichbarer Manier, eine Art Feinschliff-Powerhouse erschuf. Sie zogen eine elegant komponierte Summa der 80er Jahre, nachdem diese nun parfumologisch definitiv im Orkus verschwanden.
Heute macht man solche vollnasigen Kraftpakte wohl kaum mehr, jedenfalls nicht im Designerbereich zu fairem Tarif, sondern höchstens noch in dunklen Nischen. Ach!
Hoffen wir, dass solche Klassiker der neueren Parfumgeschichte vielleicht einmal ähnlich feinsinnige Bewahrer und Sanftmodernisierer finden werden, wie François Demachy einer war an den Dior-Klassikern; oder wie es Thomas Fontaine für die (leider beerdigte) Heritage Collection des Hauses Patou vollbrachte.
Und freuen wir uns an den zirkulierenden Resten von Ungaro I und II oder am noch erhältlichen, wieder aufgelegten Ungaro III, ebenfalls aus Demachys nun wohl langsam zuende gehendem Wirken.
Vor seiner Zeit bei Dior war der aus der Parfumkapitale Grasse stammende Demachy schon bei Chanel (dort auch für Tiffany und Ungaro verantwortlich) Chef der Duftentwicklungen gewesen.
Schaut man sich sein Schaffen einmal im Verlauf an (was die wunderbare Parfumo-Datenbank aufs Schönste ermöglicht), so fällt auf, welch heftige Beschleunigung den Duft-Output der Häuser und Kreateure im Laufe seines Lebenswerk erfasste. Unter den 176 Demachy hier zugeschriebenen Düften finden sich dutzende von bedeutenden oder jung-klassischen Parfums: Dior Homme, Remakes des alten 'Eau Sauvages' als EdP, sowie zahlreiche, meist ganz gut gelungene Modernisierungen von Dior-Klassikern, zudem Neuschöpfungen ganzer Linien.
Durch seine Überarbeitungen konnte Dior wohl auch die Rechte vieler Duftkompositionen von den Zulieferern und ihren Nasen (etwa Christine Nagel für Givaudan) ins Inhouse-Parfuming von Dior zurückholen - und so noch ein wenig mehr Geld für den Eigentümer LVMH (und seinen Hauptaktionär Bernard Arnault) verdienen.
Zum Abschied Demachys möchte ich freilich kurz an seine beeindruckenden Anfänge erinnern. Mit großem Abstand ertüftelte er 1981 Chanels kerniges Antaeus, Tiffany pour Femme 1987, Chanels Avant-Gourmand 'Egoiste' sodann 1990. Ein Jahr später braute er ‚Soir de Paris‘ für Bourjois (den Chanel Ursprungs- und Mutterkonzern) gemeinsam mit Jacques Polge und eben dieses hier nun zu würdigende, weniger bekannte, gleichwohl großartige Ungaro pour L‘Homme. 5 Düfte mithin in 10 Jahren. Danach wurden es mehr und ab 2007 explodierte sein Output (näherhin vermutlich: der seines Teams, das unter seinem Namen publizierte…), nachdem er 2006 zu Diors Chefparfumeur ernannt worden war.
Ungaro pour L’Homme wirkt, wie auch die 1992 und 93 folgenden Ungaro pour L’Homme II und III, wie ein klassisch tiefes, aus vielen Zutaten rundgeschliffenes Parfum, das man eher unter den feinsten Powerhouses der 80ies verorten würde als in den blasseren, frischeren, synthetischeren und fruchtigeren 1990ern. Sei’s drum.
Demachy braute hier ein herzhaft kraftvolles, erdig grundiertes Herren-Blumengebinde. Welches ich damals eher zufällig als Beinahe-Parfumnovize in einem Geschenkgebinde mit Ungaro II beim Studium in Frankreich erwarb, welches ich zum Glück nie aufbrauchte und welches mir heute noch, gelegentlich benutzt, schöne Duftfreuden und Erinnerungen schenkt. Und welches ich womöglich auch erst heute, nach ein paar Jährchen intensiverer Parfum-Erkundung, so richtig und vollumfänglich zu schätzen vermag.
Obwohl es offiziel gar kein Patchouli enthält – aber doch mittelstark danach oder jedenfalls nach etwas ähnlich Erdigem duftet –, erinnerte es mich in den 90ern, so vermute ich heute, womöglich ein wenig zu sehr an die langsam alt werdende 70er Hippie-Erdigkeit und Blütenseligkeit. Der man damals tendenziell ins Elegantere entkommen wollte. Weswegen ich Ungaro in jenen Jahren eher selten trug – was mir nunmehr, Halleluja, zu erquicklichen Resten im Altflakon verhilft.
Heute kann man es rühmen und würdigen als ein voluminöses, elegantes Herrenparfum. Ein Parfum-Organismus rund um ein üppiges Blütenherz aus Nelken und Rosen, aus Jasmin und Lavendel, welche über einer feingemischten Amber-Moos-Moschus Basis ausdauernd und ernst konzertieren, kraftvoll wiewohl keineswegs dröhnend.
Es erinnert mich ein wenig an Guerlains ‚Heritage‘, mit dem Jean-Paul Guerlain ein Jahr nach Demachy, freilich in wohl vergleichbarer Manier, eine Art Feinschliff-Powerhouse erschuf. Sie zogen eine elegant komponierte Summa der 80er Jahre, nachdem diese nun parfumologisch definitiv im Orkus verschwanden.
Heute macht man solche vollnasigen Kraftpakte wohl kaum mehr, jedenfalls nicht im Designerbereich zu fairem Tarif, sondern höchstens noch in dunklen Nischen. Ach!
Hoffen wir, dass solche Klassiker der neueren Parfumgeschichte vielleicht einmal ähnlich feinsinnige Bewahrer und Sanftmodernisierer finden werden, wie François Demachy einer war an den Dior-Klassikern; oder wie es Thomas Fontaine für die (leider beerdigte) Heritage Collection des Hauses Patou vollbrachte.
Und freuen wir uns an den zirkulierenden Resten von Ungaro I und II oder am noch erhältlichen, wieder aufgelegten Ungaro III, ebenfalls aus Demachys nun wohl langsam zuende gehendem Wirken.
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