Pinkdawn
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Wie naturbelassen müssen grüne Mangos in Parfums sein?
Anfang Mai ist es noch nicht so heiß in Ägypten. Eine gute Reisezeit. Jean-Claude Ellena hat diesen Monat nicht zufällig für seinen Besuch der Kitchener Insel gewählt, wo sich einer der schönsten botanischen Gärten der Welt befindet. Das kleine Eiland wurde Lord Kitchener für seine Verdienste als Kommandant der ägyptischen Armee – insbesondere für seinen Sieg gegen die Mahdisten 1899 - geschenkt, und er begann, dort seltene exotische Pflanzen zu züchten.
In seinem 2012 veröffentlichten Tagebuch „Der geträumte Duft“ erinnert sich Ellena an eine Allee mit Mangobäumen, die gerade ihre grünen Früchte trugen. Er pflückt eine Mango und riecht an ihr. Dieser Moment wird zur Inspiration eines seiner erfolgreichsten Parfums: Un Jardin sur le Nil – der preisgekrönte und beliebteste Duft der Jardin-Serie von Hermès.
Um diesen Duft der grünen Mango baut er seine Komposition. Sie entspricht genau seiner Vorstellung eines Gartens am Nil. Bisher wusste er nur, was er nicht wollte: ein olfaktorisches Klischee der Düfte, die man in der europäischen Tradition Ägypten zuschreibt, zu bedienen. Soll heißen: orientalisch-würzig, mit viel Weihrauch usw., das es so nie wirklich gegeben hat.
Zum Glück hat Ellena die Gabe, den Duft eines Gartens am Nil nach seiner Vorstellung neu zu erfinden. Dass die grüne Mango, die jeder in diesem Parfum sofort herausriecht, tatsächlich nicht in diesem Duft vorkommt, ist typisch für Ellena. Ihm geht es nicht um naturbelassene Noten, sondern um jene Illusion, die einen Duft nicht nur plastischer, dramatischer und aussagekräftiger darstellt als jedes 100%ige Naturöl selbst gesammelter Pflanzen, sondern auch das beabsichtigte Gefühl überträgt. Genau das mag ich an Ellena und seinen Parfums. Denn auch für mich ist ein künstlerisch erhöhter, meinetwegen auch synthetischer Duft die interessantere und anspruchsvollere Variante, weil sie sozusagen die Natur interpretiert und nicht nur banal 1:1 abbildet.
Im Gegensatz zu den weniger intellektuellen 100% Bio Natur- und Ethnodüften liefert die Ellena-Kreation zusätzliche Ebenen und Anregungen. Regietheater sozusagen. Die Natur bleibt Inspiration, derer man sich (räuberisch) bedient, aber die deutlicher, verfeinerter dargestellt wird – ein Verfahren, das Kreativen aller Kunstbereiche bestens bekannt ist. Ellena beschreibt sich daher auch gern als Schriftsteller unter den Parfumeuren, dem es mehr um Kreativität als pure Komposition geht. Un Jardin sur le Nil gilt als Masterpiece des Chefparfumeurs von Hermès.
Duftnoten wie Gemüse – hier Tomatenblätter und Karottensamen – erscheinen auch heute noch ungewöhnlich. Sie waren einer der Gründe, warum ich mir diesen Duft im Sommer gekauft hab. Ich kenne bzw. besitze inzwischen einige Düfte von Ellena. Einer meiner liebsten ist Un Jardin sur le Toit, 2011 erschienen. Ich habe aber bewusst aufgehört, die beiden Gartendüfte zu vergleichen.
Un Jardin sur le Nil startet kühl und grün. Der eigenwillige Duft ist sofort präsent – mit einer leisen Schärfe, die wohl den Tomatenblättern geschuldet ist. Ich spüre Wasser in der Nähe. Der mächtige Fluss – bewachsen mit Grünpflanzen an seinen schlammigen Ufern, deren große, dunkle Blätter, grapefruitgesprenkelt vom Sonnenlicht, in der Hitze Afrikas Kühle spenden. Du könntest diesem meditativ-wechselvollen Spiel der Kontraste stundenlang zusehen.
Die Zitrusnoten am Beginn erscheinen ungewöhnlich durch den rasch einsetzenden Kontrast der Tomatenblätter und der Karottensamen. Fast fremdartig, aber anziehend.
Das behäbige Gewässer gleitet langsam dahin und versetzt dich in eine tranceartige, träumerische Stimmung. Du spürst die Stärke und Gelassenheit des Nils. Alles ist friedlich, ruhig, entspannt.
Die aquatisch angehauchte Lieblichkeit des Lotus mag etwas Wasserblumen-Dunkles einbringen, aber nichts Düsteres. Eher Geheimnisvolles, das sich nicht genau einordnen lässt. Und eine exquisite, grasiggrüne Süße.
Der Fluss, die Ufer - eine Trance, der man sich gerne hingibt. Gräser und unbekannte Pflanzen spenden Frische. Die elegante Süße hat nichts Blumiges. Eher etwas Abstraktes. Das ist wohl die grüne Mango.
Die Stärke und Gelassenheit des Nils ist in diesem Duft präsent. Die Wärme des Sommers und eine gewisse Gemächlichkeit sind ebenfalls spürbar. Gleichzeitig hat dieser Duft – vor allem anfangs – etwas Frisches, Knackiges, Grasiges.
Ich empfinde die Kühle großer Pflanzen mit schattenspendenden, dunkelgrünen Blättern.
In der Herznote gesellen sich weitere Elemente dazu, die Neues bringen, sich aber harmonisch ins Ganze einfügen: Kolbenschilf etwa, ein Hauch Orange, kaum wahrnehmbar, Hyazinthe und Pfingstrose.
Erst in der Basis treten Weihrauch, Moschus, Iris und Labdanum auf und lassen den Duft aromatisch-pudrig ausklingen wie ein langer, langer, rotgoldener Sonnenuntergang in Afrika, der einfach nur wortlos macht.
Vom angeblich enthaltenen Zimt merke ich nichts. Da zeigt sich die mächtige Platane schon deutlicher.
Der Duft ist komplex und spannt seinen Bogen vom sommerlichen Smoothie über fruchtige Noten und kühl wirkende Blumen bis hin zum sanften, entspannenden Ausklang, der immer noch würzig bleibt.
Für mich ist Un Jardin sur le Nil wie eine Reise – abwechslungsreich, in jeder Phase angenehm, einzigartig, leise und kostbar. Ein exquisiter Unisex-Daytimer für den Sommer.
Haltbarkeit und Sillage sind nicht allzu ausgeprägt. Das Parfum ist aber ein Eau de Toilette, das eben nur in diesen zarten Tönen funktioniert, sonst gäbe es sicher längst ein EdP dazu.
Ich hab diesen Duft im letzten Sommer oft getragen und führe ihn auch noch an hellen Frühherbsttagen aus, weil seine Milde mit deren Stimmung korrespondiert.
In seinem 2012 veröffentlichten Tagebuch „Der geträumte Duft“ erinnert sich Ellena an eine Allee mit Mangobäumen, die gerade ihre grünen Früchte trugen. Er pflückt eine Mango und riecht an ihr. Dieser Moment wird zur Inspiration eines seiner erfolgreichsten Parfums: Un Jardin sur le Nil – der preisgekrönte und beliebteste Duft der Jardin-Serie von Hermès.
Um diesen Duft der grünen Mango baut er seine Komposition. Sie entspricht genau seiner Vorstellung eines Gartens am Nil. Bisher wusste er nur, was er nicht wollte: ein olfaktorisches Klischee der Düfte, die man in der europäischen Tradition Ägypten zuschreibt, zu bedienen. Soll heißen: orientalisch-würzig, mit viel Weihrauch usw., das es so nie wirklich gegeben hat.
Zum Glück hat Ellena die Gabe, den Duft eines Gartens am Nil nach seiner Vorstellung neu zu erfinden. Dass die grüne Mango, die jeder in diesem Parfum sofort herausriecht, tatsächlich nicht in diesem Duft vorkommt, ist typisch für Ellena. Ihm geht es nicht um naturbelassene Noten, sondern um jene Illusion, die einen Duft nicht nur plastischer, dramatischer und aussagekräftiger darstellt als jedes 100%ige Naturöl selbst gesammelter Pflanzen, sondern auch das beabsichtigte Gefühl überträgt. Genau das mag ich an Ellena und seinen Parfums. Denn auch für mich ist ein künstlerisch erhöhter, meinetwegen auch synthetischer Duft die interessantere und anspruchsvollere Variante, weil sie sozusagen die Natur interpretiert und nicht nur banal 1:1 abbildet.
Im Gegensatz zu den weniger intellektuellen 100% Bio Natur- und Ethnodüften liefert die Ellena-Kreation zusätzliche Ebenen und Anregungen. Regietheater sozusagen. Die Natur bleibt Inspiration, derer man sich (räuberisch) bedient, aber die deutlicher, verfeinerter dargestellt wird – ein Verfahren, das Kreativen aller Kunstbereiche bestens bekannt ist. Ellena beschreibt sich daher auch gern als Schriftsteller unter den Parfumeuren, dem es mehr um Kreativität als pure Komposition geht. Un Jardin sur le Nil gilt als Masterpiece des Chefparfumeurs von Hermès.
Duftnoten wie Gemüse – hier Tomatenblätter und Karottensamen – erscheinen auch heute noch ungewöhnlich. Sie waren einer der Gründe, warum ich mir diesen Duft im Sommer gekauft hab. Ich kenne bzw. besitze inzwischen einige Düfte von Ellena. Einer meiner liebsten ist Un Jardin sur le Toit, 2011 erschienen. Ich habe aber bewusst aufgehört, die beiden Gartendüfte zu vergleichen.
Un Jardin sur le Nil startet kühl und grün. Der eigenwillige Duft ist sofort präsent – mit einer leisen Schärfe, die wohl den Tomatenblättern geschuldet ist. Ich spüre Wasser in der Nähe. Der mächtige Fluss – bewachsen mit Grünpflanzen an seinen schlammigen Ufern, deren große, dunkle Blätter, grapefruitgesprenkelt vom Sonnenlicht, in der Hitze Afrikas Kühle spenden. Du könntest diesem meditativ-wechselvollen Spiel der Kontraste stundenlang zusehen.
Die Zitrusnoten am Beginn erscheinen ungewöhnlich durch den rasch einsetzenden Kontrast der Tomatenblätter und der Karottensamen. Fast fremdartig, aber anziehend.
Das behäbige Gewässer gleitet langsam dahin und versetzt dich in eine tranceartige, träumerische Stimmung. Du spürst die Stärke und Gelassenheit des Nils. Alles ist friedlich, ruhig, entspannt.
Die aquatisch angehauchte Lieblichkeit des Lotus mag etwas Wasserblumen-Dunkles einbringen, aber nichts Düsteres. Eher Geheimnisvolles, das sich nicht genau einordnen lässt. Und eine exquisite, grasiggrüne Süße.
Der Fluss, die Ufer - eine Trance, der man sich gerne hingibt. Gräser und unbekannte Pflanzen spenden Frische. Die elegante Süße hat nichts Blumiges. Eher etwas Abstraktes. Das ist wohl die grüne Mango.
Die Stärke und Gelassenheit des Nils ist in diesem Duft präsent. Die Wärme des Sommers und eine gewisse Gemächlichkeit sind ebenfalls spürbar. Gleichzeitig hat dieser Duft – vor allem anfangs – etwas Frisches, Knackiges, Grasiges.
Ich empfinde die Kühle großer Pflanzen mit schattenspendenden, dunkelgrünen Blättern.
In der Herznote gesellen sich weitere Elemente dazu, die Neues bringen, sich aber harmonisch ins Ganze einfügen: Kolbenschilf etwa, ein Hauch Orange, kaum wahrnehmbar, Hyazinthe und Pfingstrose.
Erst in der Basis treten Weihrauch, Moschus, Iris und Labdanum auf und lassen den Duft aromatisch-pudrig ausklingen wie ein langer, langer, rotgoldener Sonnenuntergang in Afrika, der einfach nur wortlos macht.
Vom angeblich enthaltenen Zimt merke ich nichts. Da zeigt sich die mächtige Platane schon deutlicher.
Der Duft ist komplex und spannt seinen Bogen vom sommerlichen Smoothie über fruchtige Noten und kühl wirkende Blumen bis hin zum sanften, entspannenden Ausklang, der immer noch würzig bleibt.
Für mich ist Un Jardin sur le Nil wie eine Reise – abwechslungsreich, in jeder Phase angenehm, einzigartig, leise und kostbar. Ein exquisiter Unisex-Daytimer für den Sommer.
Haltbarkeit und Sillage sind nicht allzu ausgeprägt. Das Parfum ist aber ein Eau de Toilette, das eben nur in diesen zarten Tönen funktioniert, sonst gäbe es sicher längst ein EdP dazu.
Ich hab diesen Duft im letzten Sommer oft getragen und führe ihn auch noch an hellen Frühherbsttagen aus, weil seine Milde mit deren Stimmung korrespondiert.
23 Antworten
Die besten Düfte für Personenaufzüge / Teil 1
Irgendwann im letzten, viel zu kurzen Sommer. Endlich! Das Paket ist da. Ich hab mir das EdP Rosa Nobile von Acqua di Parma für meine Rosendüftesammlung bestellt. Ich kenne es nicht, aber wenn mindestens zwei Leute es als besten Rosenduft ever bezeichnen, will ich es haben.
Diese kindliche Freude, wenn man das Päckchen öffnet … Und dann? Ein unbestellter, unbekannter Karton starrt mir aus der Verpackung entgegen:
Chance Eau Tendre, ein EdT von Chanel.
Eine Fehllieferung. Ich hab keine Ahnung, was das für ein Duft ist. Natürlich bin ich enttäuscht. Das Paket hat eine weite Reise hinter sich, und ich hab lang darauf gewartet.
Und jetzt soll ich das Ganze - womöglich auf meine Kosten - nach Spanien oder sonstwohin zurückschicken?
Chanel ist immerhin eine große Marke. Und ich hab einen Flakon mit ganzen 100 ml bekommen, der im Handel normalerweise zwischen € 100,- und € 190,- kostet.
Unsicher blicke ich auf den betont schlichten, zartvioletten Karton.
Parfumo verrät mir, es handelt sich um einen blumig-frischen, frühlingshaften Duft, der seit 2010 als Offspring des Chanel Chance EdP aus dem Jahr 2002 produziert wird, das bereits ähnliche Duftnoten wie Hyazinthe, Jasmin, Zitrusfrüchte und Moschus enthält.
Als Duftnoten werden bei Chance Eau Tendre EdT Grapefruit und Quitte in der Kopfnote genannt, Hyazinthe und Jasmin in der Herznote und Amber, Iris, Moschus und Zedernholz in der Basisnote.
Ich lese mich in den Rezensionen fest. Da wird der Duft als frisch, blumig, zart, hell, sanft, leicht, edel und lieblich, allerdings auch langweilig und altbacken beschrieben. Angeblich handelt es sich um einen sehr weiblichen, unaufdringlichen „Sauberduft“. Unkompliziert und nett. Hm. Das alles sind nicht unbedingt die Kriterien, die für mich bei einem Parfum an erster Stelle stehen. Insgeheim denke ich: Aha, alles Euphemismen für belanglos, unauffällig, lieb, brav und sauber. Mit einem Wort: ein Duft, der absolut nicht zu mir passt.
Nach Düften dieser Art halte ich normalerweise sonst nicht Ausschau. Aber da er nun schon einmal da ist …
Sollte er mir nicht so gut gefallen, werde ich ihn halt als sommerlichen Alltagsduft tragen, wenn ich zur Post oder einkaufen usw. gehe, rede ich mir ein. Es ist ja ein gar nicht so billiger Markenduft aus gutem Haus.
Immerhin Quitte. Das klingt schon reizvoll. Früher haben Frauen reife Quitten in den Wäschekasten gelegt und alles hat dann so lieblich, süß und frisch nach dieser wunderbaren Frucht geduftet.
Kreiert hat den zarten Damenduft der heute 78-jährige Jacques Polge, der von 1978 bis 2015 als Head Perfumer für die Chanel Düfte verantwortlich war. Seit 2015 leitet sein Sohn Olivier Polge Les Parfums Chanel. Jacques Polge hat viele große Düfte für Chanel geschaffen. Coco etwa, sowie Egoiste, Allure und eben Chance.
Noch zögere ich, die versiegelte Zellophanhülle aufzureißen. Denn dann wäre es vorbei mit einer Rücksendung. Chanel und ich waren bisher noch nie kompatibel. Das vielgepriesene Chanel 5 gefällt mir überhaupt nicht. Ich hab in meinem Leben schon viele Düfte namhafter Marken verwendet – aber noch nie einen von Chanel. Chanel – das bedeutete für mich immer elegant, damenhaft, edel, dezent, aber nicht aufregend oder innovativ.
Vielleicht gerade deshalb - oder trotzdem - siegt meine Neugier.
Natürlich hab ich inzwischen die Zellophanhülle aufgerissen, halte den runden Glasflakon mit dem zartrosa Parfum in der Hand – und sprühe drauf los. Zum Glück hab ich an diesem Tag noch keinen anderen Duft aufgetragen, der den Eindruck von Chance Eau Tendre EdT verfälschen könnte.
Der Duft wirkt anfangs kühlend, frisch und grün. Überraschend unsüß und angenehm. Irgendwie grasig. In der nächsten Phase macht sich Fruchtiges bemerkbar: eine recht gezähmte, zivilisierte Grapefruit und etwas, das mich erst an eine Birne denken lässt, sich aber dann als - leider für meinen Geschmack viel zu wenig intensive - Quitte herausstellt. Hier wäre die Chance von Chance gelegen, ein bisschen frecher, trendiger und eigenwilliger zu sein als der Mainstream. Aber sie wird verpasst. Vielleicht brachte Senior Jacques Polge nicht mehr den Mut für solche Keckheiten auf oder sein Harmoniebedürfnis hat die Lust an Neuem besiegt.
Bis Chance Eau Tendre bald mehr und mehr ins Blumige gleitet, hat es den kurzen jugendlichen Elan vom Anfang schon verloren.
Die Hyazinthe, die ich als möglicherweise zu betörend gefürchtet hatte, erweist sich ganz angepasst und gesittet, ohne jegliches nächtlich-sinnliche Brimborium, das ich ohnehin nicht gemocht hätte.
Und der Jasmin hat ebenfalls nichts Erotisches, sondern ist so was von sauber, ein richtiger frische-Wäsche-Duft. Wer damit nicht gepflegt wirkt, dem ist nicht mehr zu helfen.
Wahrscheinlich ist das der Duft, den Eltern gern an ihren (natürlich höheren) Töchtern wahrnehmen wollen, denke ich. Denn mit Chance Eau Tendre wird niemand anecken. Er ist einfach nur angepasst, freundlich, nett, ruhig, sanft und elegant. Aber es ist eine Eleganz, die eher zu höheren Töchtern als anspruchsvollen, erwachsenen Frauen passt.
Die Basis verebbt in unspezifischem Wohlgeruch – reinste Harmonie.
Gegen Ende zu entwickelt Chance Eau Tendre eine gewisse Cremigkeit, die sich sozusagen versöhnlich über alles Negative auf der Welt breitet. Da schwingt dann auch eine zarte Pudrigkeit mit. Die ansonsten aparte Iris mit ihrer faszinierenden Trockenheit erscheint hier wie ein sanftes Babypuder.
Alles in allem ist der Duft rund, gut ausgewogen und strahlt eine zurückhaltende, fast unschuldige Weiblichkeit aus.
Altmodisch empfinde ich Chance Eau Tendre nicht, aber konservativ. Nichts für Rebellinnen oder Individualistinnen. Der Duft liefert keinerlei Exzesse oder tiefergehende Denkanstöße und Inspirationen. Er ist easy going. Harmlos. Nichts für Alphafrauen, Partyqueens oder Damen, die auffallen wollen. Ein guter Duft für den Alltag, der so was von unauffällig ist, dass sogar die Süße der Blüten nicht wirklich ausgelebt wird. Reinste Zurückhaltung und völlig unexzessive Harmonie.
Jaques Polge war an die siebzig, als er diesen Duft schuf. Möglich, dass man das dem Parfum anmerkt – diese zarte, versöhnliche Harmonie, das Saubere, Liebliche, Gepflegte, Sanfte.
Vielleicht wird man diese klassisch-elegante Ruhe auch erst in der Abgeklärtheit des Alters zu würdigen wissen, wenn sich das laute Leben mehr und mehr zurückzieht.
Vom Charakter her passt der Duft allerdings – und dabei bleibe ich – vor allem zu jungen Mädchen. Aus gutem Haus. Versteht sich.
Das Wochenende ist gekommen. Ich muss noch das eine oder andere im Supermarkt besorgen. Katzenfutter und was man sonst noch alles so zum Leben braucht. Der Supermarkt ist zum Glück nicht weit entfernt. Noch ein kurzes Nachsprühen von Chance Eau Tendre EdT. Ich schnappe mir Einkaufstasche und FFP2-Maske. Der Aufzug bringt mich hinunter.
Nach dem kleinen Einkauf geht es wieder zurück in meine Wohnung. Im Aufzug nehme ich die Maske ab – und plötzlich umgibt mich der lieblichste, himmlischste Blütenduft. Ich erkenne ihn sofort: Das ist Chance Eau Tendre EdT! Er hat in der Aufzugskabine auf mich gewartet, um mich jetzt mit seiner delikaten Zärtlichkeit zu überraschen, weich und luftig. Und ich bin wirklich überrascht, wie angenehm es hier duftet. Ich genieße die Fahrt in den 5. Stock. Meinetwegen hätte sie auch gern länger dauern können.
Ist Chance Eau Tendre EdT vielleicht doch nicht ganz so banal, lieb und brav, wie es den Anschein hat? Nicht, dass ich einen Nachkauf plane, aber Ich werde dran bleiben.
Diese kindliche Freude, wenn man das Päckchen öffnet … Und dann? Ein unbestellter, unbekannter Karton starrt mir aus der Verpackung entgegen:
Chance Eau Tendre, ein EdT von Chanel.
Eine Fehllieferung. Ich hab keine Ahnung, was das für ein Duft ist. Natürlich bin ich enttäuscht. Das Paket hat eine weite Reise hinter sich, und ich hab lang darauf gewartet.
Und jetzt soll ich das Ganze - womöglich auf meine Kosten - nach Spanien oder sonstwohin zurückschicken?
Chanel ist immerhin eine große Marke. Und ich hab einen Flakon mit ganzen 100 ml bekommen, der im Handel normalerweise zwischen € 100,- und € 190,- kostet.
Unsicher blicke ich auf den betont schlichten, zartvioletten Karton.
Parfumo verrät mir, es handelt sich um einen blumig-frischen, frühlingshaften Duft, der seit 2010 als Offspring des Chanel Chance EdP aus dem Jahr 2002 produziert wird, das bereits ähnliche Duftnoten wie Hyazinthe, Jasmin, Zitrusfrüchte und Moschus enthält.
Als Duftnoten werden bei Chance Eau Tendre EdT Grapefruit und Quitte in der Kopfnote genannt, Hyazinthe und Jasmin in der Herznote und Amber, Iris, Moschus und Zedernholz in der Basisnote.
Ich lese mich in den Rezensionen fest. Da wird der Duft als frisch, blumig, zart, hell, sanft, leicht, edel und lieblich, allerdings auch langweilig und altbacken beschrieben. Angeblich handelt es sich um einen sehr weiblichen, unaufdringlichen „Sauberduft“. Unkompliziert und nett. Hm. Das alles sind nicht unbedingt die Kriterien, die für mich bei einem Parfum an erster Stelle stehen. Insgeheim denke ich: Aha, alles Euphemismen für belanglos, unauffällig, lieb, brav und sauber. Mit einem Wort: ein Duft, der absolut nicht zu mir passt.
Nach Düften dieser Art halte ich normalerweise sonst nicht Ausschau. Aber da er nun schon einmal da ist …
Sollte er mir nicht so gut gefallen, werde ich ihn halt als sommerlichen Alltagsduft tragen, wenn ich zur Post oder einkaufen usw. gehe, rede ich mir ein. Es ist ja ein gar nicht so billiger Markenduft aus gutem Haus.
Immerhin Quitte. Das klingt schon reizvoll. Früher haben Frauen reife Quitten in den Wäschekasten gelegt und alles hat dann so lieblich, süß und frisch nach dieser wunderbaren Frucht geduftet.
Kreiert hat den zarten Damenduft der heute 78-jährige Jacques Polge, der von 1978 bis 2015 als Head Perfumer für die Chanel Düfte verantwortlich war. Seit 2015 leitet sein Sohn Olivier Polge Les Parfums Chanel. Jacques Polge hat viele große Düfte für Chanel geschaffen. Coco etwa, sowie Egoiste, Allure und eben Chance.
Noch zögere ich, die versiegelte Zellophanhülle aufzureißen. Denn dann wäre es vorbei mit einer Rücksendung. Chanel und ich waren bisher noch nie kompatibel. Das vielgepriesene Chanel 5 gefällt mir überhaupt nicht. Ich hab in meinem Leben schon viele Düfte namhafter Marken verwendet – aber noch nie einen von Chanel. Chanel – das bedeutete für mich immer elegant, damenhaft, edel, dezent, aber nicht aufregend oder innovativ.
Vielleicht gerade deshalb - oder trotzdem - siegt meine Neugier.
Natürlich hab ich inzwischen die Zellophanhülle aufgerissen, halte den runden Glasflakon mit dem zartrosa Parfum in der Hand – und sprühe drauf los. Zum Glück hab ich an diesem Tag noch keinen anderen Duft aufgetragen, der den Eindruck von Chance Eau Tendre EdT verfälschen könnte.
Der Duft wirkt anfangs kühlend, frisch und grün. Überraschend unsüß und angenehm. Irgendwie grasig. In der nächsten Phase macht sich Fruchtiges bemerkbar: eine recht gezähmte, zivilisierte Grapefruit und etwas, das mich erst an eine Birne denken lässt, sich aber dann als - leider für meinen Geschmack viel zu wenig intensive - Quitte herausstellt. Hier wäre die Chance von Chance gelegen, ein bisschen frecher, trendiger und eigenwilliger zu sein als der Mainstream. Aber sie wird verpasst. Vielleicht brachte Senior Jacques Polge nicht mehr den Mut für solche Keckheiten auf oder sein Harmoniebedürfnis hat die Lust an Neuem besiegt.
Bis Chance Eau Tendre bald mehr und mehr ins Blumige gleitet, hat es den kurzen jugendlichen Elan vom Anfang schon verloren.
Die Hyazinthe, die ich als möglicherweise zu betörend gefürchtet hatte, erweist sich ganz angepasst und gesittet, ohne jegliches nächtlich-sinnliche Brimborium, das ich ohnehin nicht gemocht hätte.
Und der Jasmin hat ebenfalls nichts Erotisches, sondern ist so was von sauber, ein richtiger frische-Wäsche-Duft. Wer damit nicht gepflegt wirkt, dem ist nicht mehr zu helfen.
Wahrscheinlich ist das der Duft, den Eltern gern an ihren (natürlich höheren) Töchtern wahrnehmen wollen, denke ich. Denn mit Chance Eau Tendre wird niemand anecken. Er ist einfach nur angepasst, freundlich, nett, ruhig, sanft und elegant. Aber es ist eine Eleganz, die eher zu höheren Töchtern als anspruchsvollen, erwachsenen Frauen passt.
Die Basis verebbt in unspezifischem Wohlgeruch – reinste Harmonie.
Gegen Ende zu entwickelt Chance Eau Tendre eine gewisse Cremigkeit, die sich sozusagen versöhnlich über alles Negative auf der Welt breitet. Da schwingt dann auch eine zarte Pudrigkeit mit. Die ansonsten aparte Iris mit ihrer faszinierenden Trockenheit erscheint hier wie ein sanftes Babypuder.
Alles in allem ist der Duft rund, gut ausgewogen und strahlt eine zurückhaltende, fast unschuldige Weiblichkeit aus.
Altmodisch empfinde ich Chance Eau Tendre nicht, aber konservativ. Nichts für Rebellinnen oder Individualistinnen. Der Duft liefert keinerlei Exzesse oder tiefergehende Denkanstöße und Inspirationen. Er ist easy going. Harmlos. Nichts für Alphafrauen, Partyqueens oder Damen, die auffallen wollen. Ein guter Duft für den Alltag, der so was von unauffällig ist, dass sogar die Süße der Blüten nicht wirklich ausgelebt wird. Reinste Zurückhaltung und völlig unexzessive Harmonie.
Jaques Polge war an die siebzig, als er diesen Duft schuf. Möglich, dass man das dem Parfum anmerkt – diese zarte, versöhnliche Harmonie, das Saubere, Liebliche, Gepflegte, Sanfte.
Vielleicht wird man diese klassisch-elegante Ruhe auch erst in der Abgeklärtheit des Alters zu würdigen wissen, wenn sich das laute Leben mehr und mehr zurückzieht.
Vom Charakter her passt der Duft allerdings – und dabei bleibe ich – vor allem zu jungen Mädchen. Aus gutem Haus. Versteht sich.
Das Wochenende ist gekommen. Ich muss noch das eine oder andere im Supermarkt besorgen. Katzenfutter und was man sonst noch alles so zum Leben braucht. Der Supermarkt ist zum Glück nicht weit entfernt. Noch ein kurzes Nachsprühen von Chance Eau Tendre EdT. Ich schnappe mir Einkaufstasche und FFP2-Maske. Der Aufzug bringt mich hinunter.
Nach dem kleinen Einkauf geht es wieder zurück in meine Wohnung. Im Aufzug nehme ich die Maske ab – und plötzlich umgibt mich der lieblichste, himmlischste Blütenduft. Ich erkenne ihn sofort: Das ist Chance Eau Tendre EdT! Er hat in der Aufzugskabine auf mich gewartet, um mich jetzt mit seiner delikaten Zärtlichkeit zu überraschen, weich und luftig. Und ich bin wirklich überrascht, wie angenehm es hier duftet. Ich genieße die Fahrt in den 5. Stock. Meinetwegen hätte sie auch gern länger dauern können.
Ist Chance Eau Tendre EdT vielleicht doch nicht ganz so banal, lieb und brav, wie es den Anschein hat? Nicht, dass ich einen Nachkauf plane, aber Ich werde dran bleiben.
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Die rätselhafte Suggestion des Duftes von Sommerhandschuhleder
Du trittst ein und fühlst dich in einer anderen Welt. Alles ist wie damals, zur Zeit des Fin de Siècle. Marmor, goldenes Messingdekor, schwarzes Bugholzmobiliar, hohe Säulen, reichlich Fenster, ein vornehmes Publikum, das an Kaffeetassen nippt und – die Seele des Cafés: eine blitzende Vitrine voll der köstlichsten Naschereien, Torten, Plundergebäck, Kuchen und Petit Fours, deren liebevoller Fertigung – natürlich aus eigener Patissèrie - man schon ansieht, wie wunderbar sie schmecken werden.
Ein Aufenthalt in einem der ältesten Cafés Wiens, dem Café Central in der City, das es schon seit 1876 gibt, beginnt für mich immer vor dieser Vitrine mit der sorgfältigen Auswahl der Süßigkeiten, auf die man gerade Lust hat, und die man zum französisch ausgesprochenen Kaffee, mit langem E, genießen möchte.
Hier gibt es kein Kännchen Kaffee. Man hält den vielen traditionellen Wiener Kaffeespezialitäten die Treue. Selbstverständlich allesamt mit einem Glas frischem Wiener Hochquellwasser serviert.
Es duftet nach feinster Vanille, edler Schokolade, Kakao und Kaffee.
Cuir de Nuit erinnert mich sofort an dieses alte, elegante Kaffeehaus im Palais Ferstel, das einstens ein luxuriöser Banktempel war.
Es ist sehr lange her, dass ich mir ein Parfum von Yves Rocher gekauft hab. Normalerweise treibe ich mich eher im Nischensegment herum. Warum ich hier eine Ausnahme gemacht hab?
Die trendigen Lederdüfte beginnen mich mehr und mehr zu interessieren. Ich meine jetzt nicht die gediegenen Lederdüfte der alten Herrenparfums und auch nicht die sexy Lederdüfte der Dominas. Nach verschwitzten Bikerjacken steht mir ebenfalls nicht der Sinn. Ich meine feines Rauleder, hauchzart, hell und dünn wie die feinen Damenhandschuhe, die früher das Outfit der Frau von Welt perfekt machten.
Dann kam eins zum anderen: Ein 5-Euro-Gutschein für Yves Rocher samt kostenlosem Versand flatterte mir zu. Die Chance wollte ich nicht ungenutzt lassen. Selbstredend fing ich bei den Düften zu suchen an – und stieß auf La Collection, eine Serie von Eau de Parfums, bestehend aus Garden Party, einem Rosen-Minze-Duft von Marie Salamagne, Matin Blanc, einem frischen Bergamotte-Orangenblüte-Duft von Fabrice Pellegrin, Autour de Minuit, einem sinnlichen Duft von Amadine Clerc-Marie, Sel d’Azur, einem Duft aus zitrischen Noten und Zeder von Marie Salamange, Voile d’Ocre, einem würziger Orientale von Ane Ayo und Fabrice Pellegrin, Plein Soleil, einem betörenden Tropenduft von Fabrice Pellegrin, Tropical Tentation, auch einem Tropenduft von Amandine Clerc-Marie, Sable Fauve, einem warmen Wüstenduft von Marie Salamange, Nouveau Genre, einem Patch von Marie Salamange und eben Cuir de Nuit von Amandine Clerc-Marie. Diese bekannte Parfümeurin hat für viele bedeutende Marken Düfte kreiert, darunter etwa Kenzo, Chloé, Lalique, Mugler, Marc Jacobs und Lancome.
Normalerweise halte ich mich von Düften, die Nacht – in allen Sprachen -, Geheimnis, Zauber, Liebe, Verführung, hypnotisch usw. in ihren Namen tragen, aus gutem Grund fern.
Hier hat mich das Leder fasziniert. Eine Ledernote ist zwar nicht enthalten, aber es ist von „dunklen Facetten“ die Rede, „die fast so animalisch sind wie Leder“. Nun ja.
In dem kurzen Werbetext auf der Website von Yves Rocher, der auf den Mainstream abzielt und dem Duft eigentlich nicht gerecht wird, muss man ehrlich sagen, wird zielgruppenadäquat, wie das im Fachjargon so schön heißt, zweimal erwähnt, dass der Duft süchtig macht bzw. machen soll. Beschrieben wird Cuir de Nuit noch dazu als „Ursprung einer Sehnsucht“ – was immer das bedeuten soll. Der Duftcharakter ist mit „sinnliche Vanille“ umschrieben. Nun ja.
Cuir de Nuit hätte nicht nur eine etwas weniger populistische Beschreibung verdient, sondern auch einen anderen Namen. Cuir de Nuit, "Nachtleder", ist nicht besonders glücklich gewählt. Der Duft enthält wie gesagt keine Ledernoten und sehr nächtlich - im Sinne von erotisch oder sinnlich - erscheint er mir auch nicht.
Trotzdem hab ich mich für ihn entschieden, weil ich mich infolge der kühler werdenden Tage plötzlich nach Vanille sehne, und mich diese Illusion von Leder interessiert.
Der Duft überrascht anfangs mit einer deutlichen Note rosa Pfeffer. Ich war auf Vanille eingestellt und nicht auf diesen fast etwas stechenden Pfeffer. Das war neu für mich bei einem Vanilleduft. Doch diese wilde Phase dauert nicht lang. Sehr bald gibt sich der Duft so, wie erwartet: sanft und wärmend.
Die Vanille erscheint hier dunkel, trocken und unsüß. Gefällt mir. Da ist nichts Klebriges, Picksüßes, Kitschiges. Es ist eine moderne Vanille. Trotzdem hat sie ihre tröstlichen, warmen, beruhigenden Attribute behalten. Auch das finde ich gut.
Gourmandig wirkt der Duft schon, aber in einer neuen, weniger süßen Art. Der Kakao verbreitet bittersüßen, feinherben Charme und passt perfekt zur Vanille, die allmählich in ihre pudrig-saubere Phase tritt. Gemeinsam mit den aromatischen Kakao- bzw. Schokonoten verbreitet sie Wohlgefühl, Geborgenheit und etwas tröstlich Einhüllendes.
Der cremige Duft hat etwas Einschmeichelndes, Wohliges, aber auch Geheimnisvolles, weil die Vanille eben sehr selbstbewusst und „anders“ als gewohnt auftritt. Dass sie trotzdem so weich und feminin ist, macht den Reiz aus.
Zu den Geheimnissen von Cuir de Nuit zählt für mich außerdem ein merkwürdiges Phänomen: Wenn ich mich bewege und mich ein Hauch des Duftes streift, hab ich sehr oft das Gefühl, Kokos zu erschnuppern. Ist so. Auch wenn ich es mir nicht erklären kann.
Die Haltbarkeit ist nicht endlos, aber akzeptabel. In seiner letzten Phase wirkt der Duft ein wenig synthetisch süß. Stört aber nicht.
Die Sillage empfinde ich nicht als intensiv. Stört mich ebenfalls nicht. Denn das macht den Duft unaufdringlich, alltagstauglich und vielseitig tragbar.
Als dezenter Herbst- und Winterduft – das ist Cuir de Nuit für mich – um wohlfeile, rabattierte € 25,- für 100 ml ist dieses EdP eine willkommene Ergänzung und Abwechslung zu meinen zahlreichen anderen Düften für die kühle Jahreszeit.
Natürlich kann das Parfüm in seinem schlichten, gefälligen Flacon nicht mit teuren Düften wie meinem derzeitigen Liebling Baccarat Rouge von MFK oder den Ouds dieses Hauses mithalten.
Das hab ich auch nicht erwartet.
Ob ich es mir nun einbilde oder tatsächlich wahrnehme: Die Suggestion von Leder nehme ich wirklich wahr. Freilich nicht als „animalisch“ wie in der fragwürdigen Beschreibung des Herstellers zu lesen, sondern verhalten, zart und hell wie bei Sommerhandschuhen aus dünnem Ziegenleder. Das hat mich überzeugt und immerhin neugierig auf andere „Lederdüfte“ der feinen Art gemacht.
Meinen nächsten Kandidaten hab ich bereits ersoukt – angesichts des Preises vorerst als Abfüllung. Es ist kein Geringerer als das berühmte Cuir Beluga von Guerlain, das in einer ganz anderen Kategorie spielt. Ich freue mich schon auf den Test.
Ein Aufenthalt in einem der ältesten Cafés Wiens, dem Café Central in der City, das es schon seit 1876 gibt, beginnt für mich immer vor dieser Vitrine mit der sorgfältigen Auswahl der Süßigkeiten, auf die man gerade Lust hat, und die man zum französisch ausgesprochenen Kaffee, mit langem E, genießen möchte.
Hier gibt es kein Kännchen Kaffee. Man hält den vielen traditionellen Wiener Kaffeespezialitäten die Treue. Selbstverständlich allesamt mit einem Glas frischem Wiener Hochquellwasser serviert.
Es duftet nach feinster Vanille, edler Schokolade, Kakao und Kaffee.
Cuir de Nuit erinnert mich sofort an dieses alte, elegante Kaffeehaus im Palais Ferstel, das einstens ein luxuriöser Banktempel war.
Es ist sehr lange her, dass ich mir ein Parfum von Yves Rocher gekauft hab. Normalerweise treibe ich mich eher im Nischensegment herum. Warum ich hier eine Ausnahme gemacht hab?
Die trendigen Lederdüfte beginnen mich mehr und mehr zu interessieren. Ich meine jetzt nicht die gediegenen Lederdüfte der alten Herrenparfums und auch nicht die sexy Lederdüfte der Dominas. Nach verschwitzten Bikerjacken steht mir ebenfalls nicht der Sinn. Ich meine feines Rauleder, hauchzart, hell und dünn wie die feinen Damenhandschuhe, die früher das Outfit der Frau von Welt perfekt machten.
Dann kam eins zum anderen: Ein 5-Euro-Gutschein für Yves Rocher samt kostenlosem Versand flatterte mir zu. Die Chance wollte ich nicht ungenutzt lassen. Selbstredend fing ich bei den Düften zu suchen an – und stieß auf La Collection, eine Serie von Eau de Parfums, bestehend aus Garden Party, einem Rosen-Minze-Duft von Marie Salamagne, Matin Blanc, einem frischen Bergamotte-Orangenblüte-Duft von Fabrice Pellegrin, Autour de Minuit, einem sinnlichen Duft von Amadine Clerc-Marie, Sel d’Azur, einem Duft aus zitrischen Noten und Zeder von Marie Salamange, Voile d’Ocre, einem würziger Orientale von Ane Ayo und Fabrice Pellegrin, Plein Soleil, einem betörenden Tropenduft von Fabrice Pellegrin, Tropical Tentation, auch einem Tropenduft von Amandine Clerc-Marie, Sable Fauve, einem warmen Wüstenduft von Marie Salamange, Nouveau Genre, einem Patch von Marie Salamange und eben Cuir de Nuit von Amandine Clerc-Marie. Diese bekannte Parfümeurin hat für viele bedeutende Marken Düfte kreiert, darunter etwa Kenzo, Chloé, Lalique, Mugler, Marc Jacobs und Lancome.
Normalerweise halte ich mich von Düften, die Nacht – in allen Sprachen -, Geheimnis, Zauber, Liebe, Verführung, hypnotisch usw. in ihren Namen tragen, aus gutem Grund fern.
Hier hat mich das Leder fasziniert. Eine Ledernote ist zwar nicht enthalten, aber es ist von „dunklen Facetten“ die Rede, „die fast so animalisch sind wie Leder“. Nun ja.
In dem kurzen Werbetext auf der Website von Yves Rocher, der auf den Mainstream abzielt und dem Duft eigentlich nicht gerecht wird, muss man ehrlich sagen, wird zielgruppenadäquat, wie das im Fachjargon so schön heißt, zweimal erwähnt, dass der Duft süchtig macht bzw. machen soll. Beschrieben wird Cuir de Nuit noch dazu als „Ursprung einer Sehnsucht“ – was immer das bedeuten soll. Der Duftcharakter ist mit „sinnliche Vanille“ umschrieben. Nun ja.
Cuir de Nuit hätte nicht nur eine etwas weniger populistische Beschreibung verdient, sondern auch einen anderen Namen. Cuir de Nuit, "Nachtleder", ist nicht besonders glücklich gewählt. Der Duft enthält wie gesagt keine Ledernoten und sehr nächtlich - im Sinne von erotisch oder sinnlich - erscheint er mir auch nicht.
Trotzdem hab ich mich für ihn entschieden, weil ich mich infolge der kühler werdenden Tage plötzlich nach Vanille sehne, und mich diese Illusion von Leder interessiert.
Der Duft überrascht anfangs mit einer deutlichen Note rosa Pfeffer. Ich war auf Vanille eingestellt und nicht auf diesen fast etwas stechenden Pfeffer. Das war neu für mich bei einem Vanilleduft. Doch diese wilde Phase dauert nicht lang. Sehr bald gibt sich der Duft so, wie erwartet: sanft und wärmend.
Die Vanille erscheint hier dunkel, trocken und unsüß. Gefällt mir. Da ist nichts Klebriges, Picksüßes, Kitschiges. Es ist eine moderne Vanille. Trotzdem hat sie ihre tröstlichen, warmen, beruhigenden Attribute behalten. Auch das finde ich gut.
Gourmandig wirkt der Duft schon, aber in einer neuen, weniger süßen Art. Der Kakao verbreitet bittersüßen, feinherben Charme und passt perfekt zur Vanille, die allmählich in ihre pudrig-saubere Phase tritt. Gemeinsam mit den aromatischen Kakao- bzw. Schokonoten verbreitet sie Wohlgefühl, Geborgenheit und etwas tröstlich Einhüllendes.
Der cremige Duft hat etwas Einschmeichelndes, Wohliges, aber auch Geheimnisvolles, weil die Vanille eben sehr selbstbewusst und „anders“ als gewohnt auftritt. Dass sie trotzdem so weich und feminin ist, macht den Reiz aus.
Zu den Geheimnissen von Cuir de Nuit zählt für mich außerdem ein merkwürdiges Phänomen: Wenn ich mich bewege und mich ein Hauch des Duftes streift, hab ich sehr oft das Gefühl, Kokos zu erschnuppern. Ist so. Auch wenn ich es mir nicht erklären kann.
Die Haltbarkeit ist nicht endlos, aber akzeptabel. In seiner letzten Phase wirkt der Duft ein wenig synthetisch süß. Stört aber nicht.
Die Sillage empfinde ich nicht als intensiv. Stört mich ebenfalls nicht. Denn das macht den Duft unaufdringlich, alltagstauglich und vielseitig tragbar.
Als dezenter Herbst- und Winterduft – das ist Cuir de Nuit für mich – um wohlfeile, rabattierte € 25,- für 100 ml ist dieses EdP eine willkommene Ergänzung und Abwechslung zu meinen zahlreichen anderen Düften für die kühle Jahreszeit.
Natürlich kann das Parfüm in seinem schlichten, gefälligen Flacon nicht mit teuren Düften wie meinem derzeitigen Liebling Baccarat Rouge von MFK oder den Ouds dieses Hauses mithalten.
Das hab ich auch nicht erwartet.
Ob ich es mir nun einbilde oder tatsächlich wahrnehme: Die Suggestion von Leder nehme ich wirklich wahr. Freilich nicht als „animalisch“ wie in der fragwürdigen Beschreibung des Herstellers zu lesen, sondern verhalten, zart und hell wie bei Sommerhandschuhen aus dünnem Ziegenleder. Das hat mich überzeugt und immerhin neugierig auf andere „Lederdüfte“ der feinen Art gemacht.
Meinen nächsten Kandidaten hab ich bereits ersoukt – angesichts des Preises vorerst als Abfüllung. Es ist kein Geringerer als das berühmte Cuir Beluga von Guerlain, das in einer ganz anderen Kategorie spielt. Ich freue mich schon auf den Test.
29 Antworten
Keine stolze Rose
Zu meinem Geburtstag Anfang Juni hab ich mir auch heuer ein Parfum gekauft. Letztes Jahr war es eine Geschenkpackung mit fünf 5-ml-Proben von Zarkoperfume – eine gute Wahl, wie sich herausgestellt hat. Diesmal entschied ich mich für Acqua di Parma Rosa Nobile EdP. Das EdT hat bereits vor einiger Zeit den Weg zu mir gefunden. Es ist ein sehr angenehmer Rosenduft, aber leider mit einer sehr begrenzten Haltbarkeit. Vom EdP versprach ich mir diesbezüglich mehr. Ist doch ein EdP naturgemäß höher dosiert als ein EdT.
Das ist allerdings nicht der einzige Unterschied zwischen den beiden. Das EdT hat Mandarine, Bergamotte und schwarze Johannisbeere in der Kopfnote, schwarzen Pfeffer, Alpenveilchen, Zentifolie, Rose und Freesie in der Herznote und Moschus sowie Ambra in der Basis.
Das 1 Jahr früher (2014) erschienene EdP besteht aus Tangerine, Bergamotte und Pfeffer in der Kopfnote, Zentifolie Absolue, Pfingstrose, Veilchen und Maiglöckchen in der Herznote sowie Moschus, Virginiazeder und Ambra in der Basis.
Warum ich mich zuerst für das Edt entschied, ist leicht erklärt: Ich hoffte, dort einem „reineren“ Rosenduft zu begegnen. Beim EdP fürchtete ich, dass Pfingstrose, Veilchen und Maiglöckchen – so sehr ich sie sonst mag – zu blumig auftreten und der Rose zu viel
Konkurrenz machen könnten.
Weshalb ich seit einiger Zeit ein Faible für moderne, frische Rosendüfte habe und nun schon einige ausgewählte Parfüms dieser Duftrichtung meine Sammlung zieren, weiß ich nicht.
Ich bin eigentlich nicht so der Blumendüfte-Fan. Auch nicht vom Typ her. Ich bin eher ein urbaner Mensch, der trendige Unisex-Duftrichtungen bevorzugt – trockene Hölzer wie Zeder oder so, Oud, Gräser, grüne Düfte, Vetiver, Iso, Moleküle … Da bin ich sehr innovativ und neugierig.
In diesem Sommer verwende ich gern Un Jardin sur le Toit, Eau de gentiane blanche und Eau de Lierre.
Ich höre gern Techno und Heavy Metal, mag Industrieanlagen – Metall, Glas, Stahl – und kann sogar der kraftvollen Ästhetik schwerer technischen Maschinen bis hin zu aktuellen Kriegsgeräten etwa abgewinnen.
Ich bin nicht allzu romantisch – dafür bin ich zu ungeduldig. Als verträumt würde ich mich auch nicht bezeichnen. Ich halte sozusagen Haus mit meiner Fantasie und versuche, sie nicht ziellos zu verschwenden.
Obwohl ich modernen Düften zugetan bin, mache ich freilich nicht jeden Trend mit. Woher aber kommt die Liebe zu Rosendüften? Vielleicht, weil ich Widersprüche, Kontraste und Gegensätzlichkeiten interessant finde, Antigonales und eine gewisse Dekadenz. Vor Exzentrik hab ich mich noch nie gefürchtet.
Doch nach diesem kleinen Exkurs zu meiner Rosenliebe zurück zum Rosa nobile EdP.
Es kommt in einem schlichten Flakon mit mattgoldenem Verschluss und schön dickwandigem Glas, was der Aufmachung einen Touch Stabilität – durchaus auch im übertragenen Sinn – verleiht. Das Parfüm ist wie beim EdT rosa, aber hier etwas dunkler, satter. Trotzdem bleibt die Eleganz und Zartheit erhalten.
Ich schnuppere zunächst am Sprühkopf. Rose plus, würde ich sagen. Die Rose ist zum Glück nicht „verwässert“ durch andere Duftnoten. Ich denke an eine stattliche, voll erblühte rote Rose. Im Hintergrund spielen aber verschiedene interessante Nuancen, die ich nicht alle genau definieren kann und das auch nicht will, mit der Rose – kontrastierend wie der Pfeffer, begleitend wie Früchte, Blumen, Holz, Moschus und Ambra.
Verglichen mit dem EdT – das ich zum Vergleich auf meine andere Hand aufgesprüht habe, ist der Duft „reifer“, süßer, eleganter und gehaltvoller. Während das EdT fruchtiger, spritziger und leichter daherkommt, wirkt das EdP weniger erfrischend, dafür ruhiger und subtiler. Die beiden Düfte sind wirklich sehr unterschiedlich, was ich nicht in diesem Ausmaß erwartet hätte. Daher kauft man sie nicht „doppelt“, wenn man sich für beide entscheidet. Wobei das „gesetztere“ EdP eher etwas für den Nachmittag und Abend ist, das EdT hingegen auch auf dem Sportplatz oder dem Schwimmbad gute Figur macht, weil es leichter und „moderner“ erscheint.
Dennoch würde ich das EdP nicht für ältere Damen und das EdT für jüngere empfehlen. Ich würde die beiden eher je nach Anlass tragen.
Alle zwei sind sie Sommerdüfte, wobei das EdT auch im Frühjahr durchaus schon angenehm zu tragen ist, das EdP dagegen bis in den Herbst hinein schön und passend duftet.
Das EdP, um das es ja hier geht, startet grün. Man spürt aber sofort die edle, samtige Rose, deren Kraft im gesamten Duftverlauf erhalten bleibt. Das ist auch gut so, und das habe ich erwartet.
In der Herznote wird der Duft blumiger, bleibt aber sanft, dezent und dennoch deutlich wahrnehmbar. Rosa nobile duftet in jeder Phase edel und fein, jedoch nie abgehoben oder übertrieben.
Der Duft hat – im Vergleich zu anderen Rosendüften, die ich kürzlich getestet habe – Stil, Noblesse, ohne das herauszuschreien. Vornehmes Understatement ist hier angesagt, Eleganz anstelle von plumper Aufdringlichkeit und Süße.
Die zarte Süße von Rosa Nobile EdP ist verhalten, kostbar und natürlich.
Das Parfüm ist wunderbar ausgewogen, mit Rose, Blumigem und zitrischen, pfefferigen Noten, die keine Langweile in der Harmonie aufkommen lassen.
Rosa nobile EdP ist jedenfalls alltagstauglich. Der Duft ist lieblich, aber nie kitschig, sondern unaufdringlich. Die Rose ist hier edel, doch nicht stolz – eher schmeichelnd, sanft und vor allem sehr feminin und liebenswürdig.
Für mich hat dieser leise und dennoch ausgesprochen anziehende Duft fast etwas Beruhigendes, Tröstliches. Vielleicht mag das ja der Grund für meine Neigung zu Rosendüften sein. Gilt doch Rosenöl in der Aromatherapie als stimmungsaufhellendes Antidepressivum, das entspannt, Stress, Ängste und Traurigkeit reduziert und gute Laune sowie Wohlbefinden schafft.
„Zudem wird es auf dem Sterbebett angewendet, um einen guten Übergang in die Anderswelt zu fördern.“ (Quelle: https://www.maitreya-natura.com/de/aetherisches-oel-rose.html)
Na dann … ?
Das ist allerdings nicht der einzige Unterschied zwischen den beiden. Das EdT hat Mandarine, Bergamotte und schwarze Johannisbeere in der Kopfnote, schwarzen Pfeffer, Alpenveilchen, Zentifolie, Rose und Freesie in der Herznote und Moschus sowie Ambra in der Basis.
Das 1 Jahr früher (2014) erschienene EdP besteht aus Tangerine, Bergamotte und Pfeffer in der Kopfnote, Zentifolie Absolue, Pfingstrose, Veilchen und Maiglöckchen in der Herznote sowie Moschus, Virginiazeder und Ambra in der Basis.
Warum ich mich zuerst für das Edt entschied, ist leicht erklärt: Ich hoffte, dort einem „reineren“ Rosenduft zu begegnen. Beim EdP fürchtete ich, dass Pfingstrose, Veilchen und Maiglöckchen – so sehr ich sie sonst mag – zu blumig auftreten und der Rose zu viel
Konkurrenz machen könnten.
Weshalb ich seit einiger Zeit ein Faible für moderne, frische Rosendüfte habe und nun schon einige ausgewählte Parfüms dieser Duftrichtung meine Sammlung zieren, weiß ich nicht.
Ich bin eigentlich nicht so der Blumendüfte-Fan. Auch nicht vom Typ her. Ich bin eher ein urbaner Mensch, der trendige Unisex-Duftrichtungen bevorzugt – trockene Hölzer wie Zeder oder so, Oud, Gräser, grüne Düfte, Vetiver, Iso, Moleküle … Da bin ich sehr innovativ und neugierig.
In diesem Sommer verwende ich gern Un Jardin sur le Toit, Eau de gentiane blanche und Eau de Lierre.
Ich höre gern Techno und Heavy Metal, mag Industrieanlagen – Metall, Glas, Stahl – und kann sogar der kraftvollen Ästhetik schwerer technischen Maschinen bis hin zu aktuellen Kriegsgeräten etwa abgewinnen.
Ich bin nicht allzu romantisch – dafür bin ich zu ungeduldig. Als verträumt würde ich mich auch nicht bezeichnen. Ich halte sozusagen Haus mit meiner Fantasie und versuche, sie nicht ziellos zu verschwenden.
Obwohl ich modernen Düften zugetan bin, mache ich freilich nicht jeden Trend mit. Woher aber kommt die Liebe zu Rosendüften? Vielleicht, weil ich Widersprüche, Kontraste und Gegensätzlichkeiten interessant finde, Antigonales und eine gewisse Dekadenz. Vor Exzentrik hab ich mich noch nie gefürchtet.
Doch nach diesem kleinen Exkurs zu meiner Rosenliebe zurück zum Rosa nobile EdP.
Es kommt in einem schlichten Flakon mit mattgoldenem Verschluss und schön dickwandigem Glas, was der Aufmachung einen Touch Stabilität – durchaus auch im übertragenen Sinn – verleiht. Das Parfüm ist wie beim EdT rosa, aber hier etwas dunkler, satter. Trotzdem bleibt die Eleganz und Zartheit erhalten.
Ich schnuppere zunächst am Sprühkopf. Rose plus, würde ich sagen. Die Rose ist zum Glück nicht „verwässert“ durch andere Duftnoten. Ich denke an eine stattliche, voll erblühte rote Rose. Im Hintergrund spielen aber verschiedene interessante Nuancen, die ich nicht alle genau definieren kann und das auch nicht will, mit der Rose – kontrastierend wie der Pfeffer, begleitend wie Früchte, Blumen, Holz, Moschus und Ambra.
Verglichen mit dem EdT – das ich zum Vergleich auf meine andere Hand aufgesprüht habe, ist der Duft „reifer“, süßer, eleganter und gehaltvoller. Während das EdT fruchtiger, spritziger und leichter daherkommt, wirkt das EdP weniger erfrischend, dafür ruhiger und subtiler. Die beiden Düfte sind wirklich sehr unterschiedlich, was ich nicht in diesem Ausmaß erwartet hätte. Daher kauft man sie nicht „doppelt“, wenn man sich für beide entscheidet. Wobei das „gesetztere“ EdP eher etwas für den Nachmittag und Abend ist, das EdT hingegen auch auf dem Sportplatz oder dem Schwimmbad gute Figur macht, weil es leichter und „moderner“ erscheint.
Dennoch würde ich das EdP nicht für ältere Damen und das EdT für jüngere empfehlen. Ich würde die beiden eher je nach Anlass tragen.
Alle zwei sind sie Sommerdüfte, wobei das EdT auch im Frühjahr durchaus schon angenehm zu tragen ist, das EdP dagegen bis in den Herbst hinein schön und passend duftet.
Das EdP, um das es ja hier geht, startet grün. Man spürt aber sofort die edle, samtige Rose, deren Kraft im gesamten Duftverlauf erhalten bleibt. Das ist auch gut so, und das habe ich erwartet.
In der Herznote wird der Duft blumiger, bleibt aber sanft, dezent und dennoch deutlich wahrnehmbar. Rosa nobile duftet in jeder Phase edel und fein, jedoch nie abgehoben oder übertrieben.
Der Duft hat – im Vergleich zu anderen Rosendüften, die ich kürzlich getestet habe – Stil, Noblesse, ohne das herauszuschreien. Vornehmes Understatement ist hier angesagt, Eleganz anstelle von plumper Aufdringlichkeit und Süße.
Die zarte Süße von Rosa Nobile EdP ist verhalten, kostbar und natürlich.
Das Parfüm ist wunderbar ausgewogen, mit Rose, Blumigem und zitrischen, pfefferigen Noten, die keine Langweile in der Harmonie aufkommen lassen.
Rosa nobile EdP ist jedenfalls alltagstauglich. Der Duft ist lieblich, aber nie kitschig, sondern unaufdringlich. Die Rose ist hier edel, doch nicht stolz – eher schmeichelnd, sanft und vor allem sehr feminin und liebenswürdig.
Für mich hat dieser leise und dennoch ausgesprochen anziehende Duft fast etwas Beruhigendes, Tröstliches. Vielleicht mag das ja der Grund für meine Neigung zu Rosendüften sein. Gilt doch Rosenöl in der Aromatherapie als stimmungsaufhellendes Antidepressivum, das entspannt, Stress, Ängste und Traurigkeit reduziert und gute Laune sowie Wohlbefinden schafft.
„Zudem wird es auf dem Sterbebett angewendet, um einen guten Übergang in die Anderswelt zu fördern.“ (Quelle: https://www.maitreya-natura.com/de/aetherisches-oel-rose.html)
Na dann … ?
11 Antworten
Der Abendduft einer großen Diva
Die Freude ist groß. Eine liebe Parfuma hat mir zu den Düften, die ich bei ihr bestellt habe, u.a. eine Probe von Roja Perfums Lily beigelegt. Es ist das erste Mal, dass ich einen Duft von Roja teste. Wann komme ich schon zu Harrods? Dort residiert nämlich The Roja Dove Haute Parfumerie. Natürlich im sechsten Stockwerk. Dem Himmel so nah … Den verspricht der britische Parfumeur Roja Dove auch für seine Düfte. Sie sollen den Himmel fühlen lassen – Seide und Satin, Kristall und schwarzer Lack (?!) sein. Und sie sollen wie ein exotisches Boudoir duften. Schluck, denke ich. Dann sind sie wohl nicht für mich gemacht.
Aber ich klammere mich an den Namen: Lily … Meine Lieblingsblume. Sie ist nicht nur wunderschön, sondern hat einen der besten Düfte, die ich kenne.
Ich sprühe also. Gleich wird mich dieser zauberhaft kühle Lilienduft umfangen. Die Vorfreude steigt. Doch was ist das? Keine Lilie weit und breit. Ich erschnuppere nur etwas sehr Exotisch-Süßes, das ich sofort als „betörend“ identifiziere – und damit als No-Go für mich. Tatsächlich. Es ist als fielen Frangipani, Ylang-Ylang, Geranie, Tuberose und Tiare gleichzeitig über mich her. Jasmin en masse nicht zu vergessen! Gut, dass ich heute zu Hause bleibe, denke ich angesichts dieser leidenschaftlichen Tropenblütenorgie, die so gar nicht zu mir passt.
Komischerweise kreuzen in letzter Zeit immer wieder derart betörende Düfte meinen Weg. Angefangen mit Mukhallat von Montale, der eigentlich nach Erdbeeren duften sollte. Nun wiederholt sich dieses Spiel mit der nicht vorhandenen Lilie. Wie kann man ein Parfum Lily nennen, das nicht ein bisschen nach Lilie riecht – und auch keine Lilie in der Duftpyramide hat? Aber vielleicht hat Roja Dove den Duft einer Dame dieses Namens gewidmet und nicht der sakralen Blume? Jedenfalls sollten alle Lilienfans gewarnt sein: Hier steht zwar Lily drauf, ist aber nicht drinnen.
Ich schaue zur Sicherheit noch einmal nach, ob ich wirklich den „richtigen Duft“ erwischt hab. Ja, hab ich. Trotzdem keine Lilie. Schade!
Neben der allgegenwärtigen Frangipani finden sich noch allerlei opulente Noten wie Ylang-Ylang, Nelke, Moschus und Vanille sowie die von mir im Allgemeinen wenig geschätzten Gewürznoten. Mit einem Wort: Bäääh. Nichts für mich.
Ich bin froh, diesen Duft nicht gekauft zu haben. Denn er ist teuer. Für 50 ml muss man bereits € 450,- berappen. Oder man erwirbt gleich 100 ml um € 900,-. Mengenrabatt gibt’s bei dieser Luxusmarke selbstverständlich nicht. Noblesse oblige.
Aber man muss das positiv sehen: Hier komme ich zum Glück nicht in die Bredouille, ob ich mir diesen Duft leisten soll oder nicht.
Am Anfang hätten Zitrone und Bergamotte ihren erfrischenden Auftritt haben sollen. Doch auch sie treten bei mir nicht in Erscheinung. Es geht von Anfang an los mit sinnlich, exotisch, blumig und picksüß. Üppige hypnotische Weißblüher, mir zu penetrant und intensiv. Ich versuche, etwas an diesem Duft zu finden, dass seinen hohen Preis rechtfertigt. Wirkt er etwa besonders elegant, besonders kostbar, edel, außergewöhnlich, innovativ, perfekt? Nichts dergleichen. Mir beschert er kein Aha-Erlebnis. Ich merke: Ich bin nicht die Richtige, um Lily zu beurteilen, weil ich diese vordergründige exotische Überladenheit nun einmal nicht mag – nicht einmal als Raumduft oder Weichspüler. Schüttel!
Sicher gibt es Damen, die Lily mögen. Auch ohne die Lilie. Leider nehme ich ebenfalls nichts von den von mir geliebten Maiglöckchen wahr. Doch die würden im Tropenrausch sowieso untergehen.
Es tut mir leid für alle, die diesen Duft mögen, aber für mich hat er etwas Billiges, so teuer er ist. Es ist dieser typische, aufdringliche, hypnotische, sinnlich sein sollende Tropenblütenduft, den ich mir eigentlich nicht an einer eleganten Dame mit Niveau vorstellen kann. Aber das ist wie so oft freilich Geschmacksache. Vielleicht fühlen sich manche Damen damit wie Königinnen. Who knows? Not me …
Abgesehen davon, ob man nun für betörende Tropenblüten schwärmt oder nicht – der Duft hat für mich etwas Glattes, Vordergründiges, wenig Lebendiges und verändert sich nicht viel. Intellektuelle Herausforderung ist er keine. Nicht einmal ein Denkanstoß oder eine Inspiration.
Die Haltbarkeit ist stark. Es dauert lange, bis der Drydown in Nasenweite kommt. Wird Lily im Vergehen jene Lieblichkeit entwickeln, die ich mir von Anfang an gewünscht hätte? Leider nein. Selbst in dieser Endphase bleibt Lily opulent bis zum Abwinken. Ich würde sagen, der Duft ist für Frauen gemacht, die gern auffallen und im Mittelpunkt stehen. Der Abendduft einer Diva für große Auftritte: Gala, festliche Bälle, Oscarverleihung, Festspiele, Opernbesuche … Opernbesuche?! Oups! Ich hoffe, ich muss meinen nächsten Opernbesuch (ich mag Wagner …) nicht neben einer Dame verbringen, die gerade Lily trägt.
Aber ich klammere mich an den Namen: Lily … Meine Lieblingsblume. Sie ist nicht nur wunderschön, sondern hat einen der besten Düfte, die ich kenne.
Ich sprühe also. Gleich wird mich dieser zauberhaft kühle Lilienduft umfangen. Die Vorfreude steigt. Doch was ist das? Keine Lilie weit und breit. Ich erschnuppere nur etwas sehr Exotisch-Süßes, das ich sofort als „betörend“ identifiziere – und damit als No-Go für mich. Tatsächlich. Es ist als fielen Frangipani, Ylang-Ylang, Geranie, Tuberose und Tiare gleichzeitig über mich her. Jasmin en masse nicht zu vergessen! Gut, dass ich heute zu Hause bleibe, denke ich angesichts dieser leidenschaftlichen Tropenblütenorgie, die so gar nicht zu mir passt.
Komischerweise kreuzen in letzter Zeit immer wieder derart betörende Düfte meinen Weg. Angefangen mit Mukhallat von Montale, der eigentlich nach Erdbeeren duften sollte. Nun wiederholt sich dieses Spiel mit der nicht vorhandenen Lilie. Wie kann man ein Parfum Lily nennen, das nicht ein bisschen nach Lilie riecht – und auch keine Lilie in der Duftpyramide hat? Aber vielleicht hat Roja Dove den Duft einer Dame dieses Namens gewidmet und nicht der sakralen Blume? Jedenfalls sollten alle Lilienfans gewarnt sein: Hier steht zwar Lily drauf, ist aber nicht drinnen.
Ich schaue zur Sicherheit noch einmal nach, ob ich wirklich den „richtigen Duft“ erwischt hab. Ja, hab ich. Trotzdem keine Lilie. Schade!
Neben der allgegenwärtigen Frangipani finden sich noch allerlei opulente Noten wie Ylang-Ylang, Nelke, Moschus und Vanille sowie die von mir im Allgemeinen wenig geschätzten Gewürznoten. Mit einem Wort: Bäääh. Nichts für mich.
Ich bin froh, diesen Duft nicht gekauft zu haben. Denn er ist teuer. Für 50 ml muss man bereits € 450,- berappen. Oder man erwirbt gleich 100 ml um € 900,-. Mengenrabatt gibt’s bei dieser Luxusmarke selbstverständlich nicht. Noblesse oblige.
Aber man muss das positiv sehen: Hier komme ich zum Glück nicht in die Bredouille, ob ich mir diesen Duft leisten soll oder nicht.
Am Anfang hätten Zitrone und Bergamotte ihren erfrischenden Auftritt haben sollen. Doch auch sie treten bei mir nicht in Erscheinung. Es geht von Anfang an los mit sinnlich, exotisch, blumig und picksüß. Üppige hypnotische Weißblüher, mir zu penetrant und intensiv. Ich versuche, etwas an diesem Duft zu finden, dass seinen hohen Preis rechtfertigt. Wirkt er etwa besonders elegant, besonders kostbar, edel, außergewöhnlich, innovativ, perfekt? Nichts dergleichen. Mir beschert er kein Aha-Erlebnis. Ich merke: Ich bin nicht die Richtige, um Lily zu beurteilen, weil ich diese vordergründige exotische Überladenheit nun einmal nicht mag – nicht einmal als Raumduft oder Weichspüler. Schüttel!
Sicher gibt es Damen, die Lily mögen. Auch ohne die Lilie. Leider nehme ich ebenfalls nichts von den von mir geliebten Maiglöckchen wahr. Doch die würden im Tropenrausch sowieso untergehen.
Es tut mir leid für alle, die diesen Duft mögen, aber für mich hat er etwas Billiges, so teuer er ist. Es ist dieser typische, aufdringliche, hypnotische, sinnlich sein sollende Tropenblütenduft, den ich mir eigentlich nicht an einer eleganten Dame mit Niveau vorstellen kann. Aber das ist wie so oft freilich Geschmacksache. Vielleicht fühlen sich manche Damen damit wie Königinnen. Who knows? Not me …
Abgesehen davon, ob man nun für betörende Tropenblüten schwärmt oder nicht – der Duft hat für mich etwas Glattes, Vordergründiges, wenig Lebendiges und verändert sich nicht viel. Intellektuelle Herausforderung ist er keine. Nicht einmal ein Denkanstoß oder eine Inspiration.
Die Haltbarkeit ist stark. Es dauert lange, bis der Drydown in Nasenweite kommt. Wird Lily im Vergehen jene Lieblichkeit entwickeln, die ich mir von Anfang an gewünscht hätte? Leider nein. Selbst in dieser Endphase bleibt Lily opulent bis zum Abwinken. Ich würde sagen, der Duft ist für Frauen gemacht, die gern auffallen und im Mittelpunkt stehen. Der Abendduft einer Diva für große Auftritte: Gala, festliche Bälle, Oscarverleihung, Festspiele, Opernbesuche … Opernbesuche?! Oups! Ich hoffe, ich muss meinen nächsten Opernbesuch (ich mag Wagner …) nicht neben einer Dame verbringen, die gerade Lily trägt.
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