28.05.2018 - 05:42 Uhr
Duftsucht
137 Rezensionen
Duftsucht
Top Rezension
42
Das kleinste Übel….
…. das war die Basis, auf der Chance Eau Tendre zu mir kam. Ich wollte nach langer Duftabstinenz endlich wieder ein Parfüm haben, mit dem ich mich rundherum wohlfühle. Nicht zu süß, nicht zu schwer, nicht zu Mädchen, sondern frisch, blumig, aber trotzdem nicht verwechselbar. Mitunter kann ich etwas einspurig werden, wenn ich mir etwas in den Kopf setze, und so probierte ich in den kommenden Wochen (!) buchstäblich dutzende Düfte. Auf dem Streifen, auf der Haut, manchmal beides, manchmal drei auf einem Arm… Also genau so, wie man es nicht machen soll. Aber ihr wisst ja, wenn einen die Verzweiflung packt, wird man mitunter schon etwas neurotisch – ich zumindest. Irgendwann hatte ich dann buchstäblich die Nase gestrichen voll und ich beschloss, jetzt einfach einen Duft zu kaufen, um dem Trauerspiel ein Ende zu setzen. Eau Tendre hatte ich davor schon drei Mal auf der Haut – und ich marschierte schnurstracks in eine meiner Lieblingsparfümerien, um das kleinste Fläschchen zu erwerben. So 100prozentig sicher war ich mir ja doch nicht und 30 ml sind nicht allzu viel. In meiner Parfümerie traf ich nicht wie sonst die unfassbar nette, fachkundige und geduldige junge Dame, sondern zwei junge Männer, Marke Hipster. Mein Wunsch nach „Chance Eau Tendre“ wurde kommentiert mit „Na ja, wenn Sie mal wirklich etwas Hochwertiges haben wollen, dann sollten Sie schon in Richtung natürliche Duftstoffe gehen. Bei Chanel zahlt man den Namen, aber die Parfüms werden halt einfach in riesigen Edelstahltanks zusammengerührt….“ Zack, Ohrfeige kassiert. Höflich ließ ich mir noch einen (angeblich natürlichen – und natürlich noch erheblich teureren) Duft auf meine Hand sprühen, der mich aber nicht spontan in Lobeshymnen ausbrechen ließ: Und zog mit Chance Eau Tendre von dannen. In den nächsten Wochen verwendete ich es immer wieder einmal, befand es für gut, aber nicht besonders aufregend. Bis die Temperaturen stiegen – und mich jedesmal, wenn ich das Haus verließ, eine wunderbar frische, harmonische, zarte aber deutlich wahrnehmbare kleine Wolke begleitete. Offenbar braucht Chance Eau Tendre auf meiner Haut etwas höhere Temperaturen, um perfekt zur Geltung zur kommen. Es startet mit einer frischen-Zitrus-Kopfnote. Es riecht für mich nicht eindeutig nach Grapefruit (hier ist mein Vergleichsmaßstab immer von Hermes: Eau de Pamplemousse Rose), sondern zarter, weniger bitter. Quitte bilde ich mir ein, zu riechen, aber wiederum frischer und etwas herber, als ich Quittensaft als Geruch abgespeichert habe. Darunter breiten sich Blumen aus: Jasmin und Iris kann ich riechen, die Hyazinthe eigentlich nicht (Hyazinthen in geschlossenen Räumen gehören für mich leider zum Allerschlimmsten, genau wie Maiglöckchen oder riesige Fliedersträuße). Der Blumenduft ist aber sehr lieblich (nicht süß!) – vielleicht ist das ja der Hyazinthe zu verdanken. Der Duft wandelt sich über die nächsten Stunden in eine cremig-frische-blumige Duftschicht, die hautnah zu riechen und wunderbar ist. Ich selbst nehme den Duft nach einiger Zeit fast nicht mehr wahr (außer, ich habe ihn in der Früh in die Haare gesprüht und fächere mir damit selbst Duft-Luft zu). Aber: Es ist der Duft, auf den ich immer wieder von Kolleginnen und Freundinnen angesprochen werde! Inzwischen sind die 30 ml fast verbraucht und Chance Eau Tendre steht als aller-erster Duft auf der „Unbedingt wieder Nachkaufen“-Liste.
Noch ein Wort zum Thema „natürlich“ und „Stahltank“ versus das romantische Bild von Duftnasen, die in Hinterzimmern liebevoll Extrakte von kostbaren Duftstoffen individuell abschmecken.
Es tut mir leid, dass ich (als verhinderte Chemikerin) das nicht so richtig glauben kann. Ich bin davon überzeugt, dass auch die Creeds, Etros und Atkinsons dieser Welt – die mir von meinen Hipstern als ungleich hochwertiger und „natürlich“ angepriesen wurden – immer eine Mischung sind. Und: Ich finde das auch überhaupt nicht schlimm. Was ich allerdings schlimm finde, ist, wenn mir suggeriert wird, mit mir, meinem Geschmack und meiner Nase stimmt etwas nicht, weil ich Chance Eau Tendre aus dem Edelstahltank wunderbar finde, „Love in White“ von Creed für mich aber leider nach dem Inhalt von nassen Windeln duftet.
Tja, liebe Leute, das musste mal gesagt werden!
Noch ein Wort zum Thema „natürlich“ und „Stahltank“ versus das romantische Bild von Duftnasen, die in Hinterzimmern liebevoll Extrakte von kostbaren Duftstoffen individuell abschmecken.
Es tut mir leid, dass ich (als verhinderte Chemikerin) das nicht so richtig glauben kann. Ich bin davon überzeugt, dass auch die Creeds, Etros und Atkinsons dieser Welt – die mir von meinen Hipstern als ungleich hochwertiger und „natürlich“ angepriesen wurden – immer eine Mischung sind. Und: Ich finde das auch überhaupt nicht schlimm. Was ich allerdings schlimm finde, ist, wenn mir suggeriert wird, mit mir, meinem Geschmack und meiner Nase stimmt etwas nicht, weil ich Chance Eau Tendre aus dem Edelstahltank wunderbar finde, „Love in White“ von Creed für mich aber leider nach dem Inhalt von nassen Windeln duftet.
Tja, liebe Leute, das musste mal gesagt werden!
9 Antworten