Pollita
Hühnergegacker
vor 3 Jahren - 15.12.2020
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Echte Duftzwillinge? Gibt es das überhaupt?

Ihr kennt das alle. Ihr seid traurig über die Reformulierung eures Lieblingsdufts oder stellt fest, dass einer (oder wie bei mir mehrere) eurer Allerliebsten aus der Sammlung eingestellt sind. Die Augen wandern auf Parfumo dann fast automatisiert nach rechts. Zu den Duftzwillingen. Man will die Hoffnung nicht aufgeben, dass es einen Duft gibt, der den eigenen vollwertig ersetzen kann. So sehnsüchtig der Blick und die Hoffnung auf eine 1:1 Kopie der großen Liebe. Ich kann euch eines aus Erfahrung ganz sicher sagen. Das wird nichts. Denn es gibt keine 100-Prozent-Duftzwillinge. Sie sind sich oft ähnlich und an bestimmten Tagen hat man sogar das Gefühl, den unfassbar Geliebten zu tragen, doch das hängt immerzu von der Tagesform ab. Am nächsten Tag kann dieser Effekt schon wieder verpufft sein.

Wozu brauchen wir diese Zwillinge dann überhaupt, wenn es sie doch gar nicht gibt? Nun, sie schaffen doch einen wunderbaren Anreiz, welcher Duft einem außerdem noch gut gefallen könnte. Klar, testen ist obligatorisch, denn unsere Nasen arbeiten sehr unterschiedlich und unsere Geschmäcker sind auch grundverschieden. Schaut man dann noch in die Liste der Parfumos, die den angeblichen Zwilling besitzen, bekommt man relativ schnell ein Gefühl, ob er auch in die eigene Sammlung passen könnte.

Zwei kleine Anekdoten zu mir bekannten Zwillingen und meine persönlichen Meinung dazu:

Beispiel 1. "Casmir (Eau de Parfum)", "Meringa" und "Ylang in Gold (Eau de Parfum)": Meine Nase kann lediglich zwischen Cašmir und Meringa eine Verwandtschaft ausmachen. Und mehr als Verwandtschaft ist das auch nicht. Würde die beiden nicht mal als Schwestern, sondern eher als Cousinen kategorisieren. Ihre Vanillenote ist ähnlich, doch diese Orangen- (angeblich O-Blüten)-Note von Meringa suchen wir bei Cašmir so vergeblich, wie wir bei Meringa Pfirsich suchen. Für mich eine der schönsten Noten von Cašmir. Ich liebe beide, und Meringa kommt sehr nah an meinen Lebensduft Cašmir ran. Aber: Er ist dennoch vollkommen eigenständig und ich behaupte, dass Leute, die Cašmir nicht mögen, an Meringa durchaus Gefallen finden könnten und vice versa. Kommen wir nun zu Ylang in Gold, der mir überhaupt nicht gefiel: Sehr viele Parfumos sind jedoch der Meinung, dieser käme der Vintage-Version meines Cašmir am nächsten. Ich allerdings kann bei diesen beiden keinerlei Verwandtschaft ausmachen, denn Ylang in Gold ballert mir erstmal tonnenweise Blüten in die Nase und dann kommt der auch noch mit Kokos um die Ecke. Ich habe den nicht mal gut bewertet. Und nu? Ist meine Nase kaputt? Oder sind sie eben doch keine Duftzwillinge?

Beispiel 2. "Collection Extraordinaire - Bois d'Iris", "Lye@Gabriella Chieffo" und "Baiser de Florence". Auch diese werden als Zwillinge gehandelt und ich habe auch alle 3. Diese haben für meine Nase mehr Ähnlichkeit als die Düfte in Beispiel 1, aber auch hier gibt es Nuancen, die sie unterscheiden. Zumindest für eine geübte (und leider oft viel zu verwöhnte *seufz* Nase). Der holzigste und trockenste Duft von den Dreien ist der Van Cleef & Arpels. Der Rauchigste ist der Rosarote von Ella K. und der Schillerndste ist Chieffos Lye mit seiner Myrrhe-Süße und einem klitzekleinen Hauch Leder, den ich lediglich erahne. Der einzige Duft mit Leder übrigens, den ich in meiner Sammlung toleriere. Auch hier behaupte ich, kann es durchaus sein, dass man den einen Duft mag, den anderen jedoch nicht. Fehlt der Zugang zu Weihrauch bislang komplett, kann Bois d’Iris funktionieren, Baiser de Florence aber schon wieder zu viel des Guten sein.

Melisse2 hat mich mit ihrem Caron-Kommentar zu "Parfum Sacré (2013) (Eau de Parfum)" dazu angeregt, mal selber ein bisschen über das Thema Duftzwillinge zu hirnen. Und auch die von mir sehr geschätzte Parfuma schreibt, dass Duftzwillinge einander nie zu 100 Prozent gleich sind. Genau zu diesem Schluss komme auch ich und sage Dankeschön fürs Lesen. Dennoch halte ich die Funktion hier auf Parfumo für sehr hilfreich.

Eure Pollita

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