RapunzelR

RapunzelR

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6 - 10 von 20
RapunzelR vor 10 Jahren 27 10
5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Die 70iger
Die Zeit der RAF, des schrecklichen Ereignis der Olympischen Sommerspiele, der Watergate Affäre, des libanesischen Bürgerkrieges und die negativ Liste ist noch beliebig fortzuführen. Im Kontrast dazu stehen Flokatis, der Schulmädchen Report, Emma, Eis am Stil, Polyester, die ersten Videospiele, Schlaghosen, Hotpants, Block-und Plateauabsätze. Die Blumenkinder bereicherten unsere Welt mit Love, Peace und Harmony während politische und wirtschaftliche Entwicklungen große Schatten auf die Bewölkerung warfen.

Das ist Coriandre. Auf der einen Seite empfinde ich ihn herb, würzig und sehr seifig. Sehr gewöhnungsbedürftig für ein Parfum. Auf der anderen Seite mischt sich fast zeitgleich eine blumig, sanfte Note mit in die Menge. Es gibt Coriandre schon fast eine liebliche Richtung. Auch die Basis macht es mir sehr schwer hier eindeutig Stellung zu beziehen. Ich empfinde ihn durch Vetiver sehr erdig, fast modrig, was wiederum durch Sandelholz eine süßliche Note bekommt und durch Moschus den gewissen Spritzer Frische.

Coriandre ist sehr speziell und polarisiert so wie die 70iger in meinem Empfinden. Ich weiß nicht wer ich bin. Pink Floyd, Led Zeppelin oder Abba, Simon & Garfunkel oder gar Batar Illic. Ich glaube ich mag ihn, weiß ihn aber noch nicht zu nehmen.
10 Antworten
RapunzelR vor 10 Jahren 12 5
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Es war ein Tag im April...
...und ich erinnere mich noch sehr genau an jenen.

Es war ein typischer Apriltag. Sonne und Regen im Wechsel. Mal strahlte die Sonne und man hatte den Eindruck es könne ein wunderschöner, warmer Tag werden und hatte man den Gedanken zu Ende gebracht, fing es auch schon an zu tröpfeln. Wie sich erst später herausstellte, unterlag an diesem Tag auch mein Gemüt einem solchen Wechselbad der Gefühle.

Ich ging also routinemäßig an den Briefkasten und öffnete ihn. Gähn - Rechnungen und ein paar uninteressante Prospekte. Wieder rein, Post geöffnet, leere Kuverts und Prospekte in den Müll. Hoppla, was ist das? Fast hätte ich es übersehen. Da sollte Coco ihren Werbefachmann auch mal ins Gebet nehmen. Eine Einladung von ihr. Versteckt in einem langweiligen, weißen Flyer mit häßlichen goldenen Buchstaben von einer Parfümerie unseres Ortes. Nach anfänglicher Freude und Neugier, wich diese einer großen Unsicherheit. "La grande dame" hat mich eingeladen. Wie soll ich ihr gegenübertreten. Bin ich schon reif genug, um mich einer Begegnung mit ihr zu stellen? Kann ich ihr wirklich schon auf Augenhöhe begegnen. Während ich ehrfürchtig darüber nachdachte, wurde ich innerlich kleiner und kleiner. Was ist, wenn ich ihr nicht gefalle oder sie mir nicht. Eine Illusion würde wie eine Seifenblase zerplatzen, Träume gingen verloren. Möchte ich das? Käme ich damit zurecht?

Ich bin heute noch sehr froh, dass meine Neugier gesiegt hat. Sonst hätte ich nie diese wundervolle Begegnung mit ihr erleben können.

Kurze Zeit später, ein bisschen zurechtgemacht und dufttechnisch völlig unbefleckt, machte ich mich schon auf den Weg. Zu ihr, der Frau, die es verstand sich selbst zu inszenieren. Die ein Frauenbild skizzierte, welches Millionen Damen dieser Welt über Jahre hinweg glücklich gemacht hat. Sie liebt das Praktische und trotzdem schlicht Elegante und ging ihren Weg völlig unbeirrt. Schon einen Moment später stand ich vor ihr. Meine Knie waren weich und wackelig und ich konnte meinen eigenen Herzschlag hören. Sie lächelte und verbreitete eine Entspanntheit, die auch vor mir nach einigen wenigen Minuten nicht halt machte. Ich fasste all meinen Mut zusammen und fragt sie, ob sie ein wenig Zeit für mich hätte und mit mir einen Spaziergang machen würde. Zu meiner Überraschung bejahte sie dieses und die letzt Ehrfurcht wich nun einer großen Freude und Leichtigkeit. Sie wirkte auf einmal gar nicht mehr so kühl und unnahbar. Zugegeben, sie war schon in die Jahre gekommen, hatte aber von ihrer klassisch, eleganten Schönheit nichts verloren. Bei genauerem Hinsehen hatte sie sogar etwas Zerbrechliches, was aber in ihrer Gesamtheit kaum zu spüren war und ihrem majestätischem Erscheinungsbild Wärme einhauchte. Sie sah wirklich blendend aus. Zwar trug sie zu ihrer Chaneljacke aus dunklem Woll Tweed keinen passenden Rock mehr, sondern eine lässige Jeans, das machte sie aber sehr jungendlich und sexy. Ihr Jäckchen stand trotz des eingearbeiteten goldenen Kettchen am Saum der Jacke, durch das lange Sitzen, keck nach oben. Auch das erntete eher Punkte der Symphatie meinerseits, ging doch eine gewisse Steife verloren. Wir gingen eine Weile, unterhielten uns gut und als wir wieder vor dem Laden ankamen, waren wir uns wirklich sehr nah gekommen. Sie war zwar immer noch die "Grande Dame", aber sie hatte für mich menschlich, warm, ja sogar heiter anmutende Züge bekommen. Sie hatte jetzt wirklich ein Gesicht. So hatte ich sie vorher nicht gesehen. Sie war nicht mehr die, für die ich sie gehalten hatte und gefiel mir noch besser als zuvor. Sie bekam eine Weichheit, eine heimelige Wärme. Sie war unglaublich feminin, aber immer noch geheimnisvoll und mit viel Persönlichkeit und Charakter und einem unschlagbaren Charme. Aber leiser, subtiler und trotzdem noch elegant und luxeriös.

Heute treffen wir uns regelmäßig und am liebsten im April. Wir hegen eine große Zuneigung zueinander und sind eine tiefe Freundschaft eingegangen. Im April treffen wir uns regelmaßig an dem selben Ort wie damals.
5 Antworten
RapunzelR vor 10 Jahren 21 9
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Wie isser denn...
Essence ist nicht:

Süß, fruchtig, opulent, betörend, sinnlich, plump, dekadent, orientalisch, blumig, laut, erschlagend, syntetisch, animalisch, aphrodisierend, balsamisch, zitrisch, erdig, moosig, herb, holzig, rauchig, krautig, minzig, narkotisch, schwer, würzig oder fougère.

Essence ist wie:

Ein unschuldiges Kind, Clementine, der Speefuchs und der Persilmann in einem, leicht, luftig, wie die schneebedeckten Alpen, wie ein Eisbonbon, wie Liebe ohne Herzschmerz, wie eine durchzechte Nacht ohne Kater, wie die unbefleckte Empfängnis, wie ein One-Night-Stand ohne Nachwehen, strahlend weiß, sauber, klar, unkompliziert, wie die Schnuffeltücher meiner Kinder, wie ein frisch überzogenes Bett, wie das Gefühl nach einem Wellness Wochenende, wie eine kühle Brise vom Atlantik, wie ein weißer Schwan, wie Tristans Isolde

und entspricht nicht meinem Beuteschema.

Aber:Er hat mich locker um den Finger gewickelt.
9 Antworten
RapunzelR vor 10 Jahren 26 8
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Gardasee in der Flasche
In jungen Jahren hat es mich immer in die Ferne gezogen. Immer getrieben von dem Wunsch alles auf der Welt mal gesehen zu haben und je weiter weg, desto besser. Ich habe immer noch nicht alles gesehen und werde es auch nicht-zumindest nicht mehr in diesem Leben. Aber ich muss auch nicht mehr, oder sagen wir-ich möchte auch nicht mehr. Mit jedem Lebensjahr mehr, lernte ich die Einfachheit zu schätzen. "Unkompliziert" und "reduziert" erfüllt mich mit und mit mehr und so lernte ich auch die Nähe zur Natur schätzen und die Liebe zu Urlaubszielen in Europa und an den Grenzen Deutschlands. Vor allem Italien, dem Land der "Amore" und der Lebenslust.

Nie hätte ich geglaubt, ich würde mal zur Campingbraut werden. Hatte auch ich eine äußerst limitierte Vorstellung von Campingplätzen, Zelten, deren Jogginganzug tragenden Bewohnern und den sanitären Anlagen. Heute kann ich mir nichts anderes mehr vorstellen und wo spielt sich die ganze Szenerie ab-am Gardasee. Inmitten von blühenden Kapernsträuchern, zirpenden Grillen, ja-auch hier und da mal was Krabbeliges, und dem betörenden Duft von wilden Zitronen. Die wilden Zitronen sind kleiner als diese, die wir aus dem Laden kennen, dazu noch ungenießbar, aber mit einem Duft zum Niederknien.

Die frischfruchtige Zitronennote beginnt bei AV in der Kopfnote und zieht sich durch den gesamten Duftverlauf und steht für mich im Kontrast zu Zedernholz. Die exotisch mediterrane Flora des Gardasees steht für mich auch im Kontrast zu den schneebedeckten Gipfeln der Trentiner Alpen und bilden trotzallem eine wunderbare Einheit.

Ab März hält der Frühling am Gardasee Einzug. Es blühen Krokusse, Veilchen und zarte Mimosen und bald darauf gesellen sich Forsythien dazu. Kirschblüten lassen alles in einem klaren, frischen und reinen Weiß erscheinen. Wenn auch keine Veilchen noch Mimosen zu AV gehören, so mischt der Ginster in diesen Duft eine reine Frische die ich auch von Aria di Mare kenne, welche nach Sonne und Salzwasser duftet. Ich empfinde ihn aber nicht als Gute-Laune oder reinen Urlaubsduft. Er erweckt in mir ein Lebensgefühl. Das Lebensgefühl von Menschen, die selbst im größten Stress gelassen und freundlich bleiben, die genießen können. Das Leben, die Liebe und die Lust leben und auf diese Weise so unglaublich liebenswürdig und sympathisch sind. Sie haben für mich Stil und Klasse und gleichzeitig eine gewisse Leichtigkeit, von der ich mir manchmal etwas mehr abgucken möchte. Auch wenn AV keinen großartigen Duftverlauf hat, ist er doch überaus edel und stilvoll. Er besitzt ein Klarheit, die ich als unkompliziert aber nicht platt empfinde. Man nimmt ihn sehr deutlich wahr, ohne dass er sich aufdrängen würde und er ist von einer sehr guten Haltbarkeit.

Da fällt mir spontan noch eine spezielle Orchideensorte ein, die am Gardasee blüht, aber leider immer seltener wird-die Hummel-Ragwurz. Diese Blume lockt nicht etwa mit ihrem süßen Nektar, so wie es andere Blumen auch tun, sondern mit einem speziellen Sexuallockstoff. Man möge es mir verzeihen, wenn ich auch an dieser Stelle eine Verknüpfung zu AV herstelle. Für mich hat dieser Duft auch eine sehr ansprechende Erotik, die wohl eher an dem Gesamtwerk liegt als an den einzelnen Duftbausteinen. Egal ob Mann oder Frau, AV wäre ein Lockstoff für mich.

Nachtrag: Mein ältester Sohn schlawenzelte gerade schnuppernd um mich herum und sagt: "Mama-den Duft kenn ich doch, so haben Samstagabend alle Mädchen in der Disko gerochen." Danke-ganz klares Foul!!! Kann denn das sein?
8 Antworten
RapunzelR vor 10 Jahren 29 11
10
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Alle Jahre wieder...
begegne ich allen vier Jahreszeiten wieder, wen wundert`s. Wobei ich mich mit dem Winter am schwersten tue. Die dunkle Jahreszeit war und ist für mich immer eine Strafe und wurde von mir spätestens mit den letzten, warmen Herbsttagen gefürchtet. Irgendwann bin ich trotzallem so weit gekommen, mir das Leben im Winter etwas leichter zu machen, indem ich ihn als nützliches und notwendiges Übel angenommen habe und mir die kalten Tage mit traditionellen Gewohnheiten versüße, was nicht gerade heißen soll, dass ich abends ein Deckchen klöppel oder an einem Gobelin sticke. Aber der Griff ins Mehl und ein heißer Ofen gehören schon eher in das Winterrepertoire. Ab Februar ist die Sehnsucht nach Licht, Wärme und frischer Luft fast nicht mehr aushaltbar und ich leide meistens an einem Lagerkoller. Dieses Jahr kam mir die Wetterlage sehr entgegen, meistens muss ich mich jedoch noch sehr in Geduld üben. Um diese Durststrecke zu überwinden, ist mir fast jedes Mittel recht, aber Grain de Soleil ist an dieser Stelle Gold wert. Schon allein die Farbe dieses feinen Wässerchens erinnert an den Sommer und die Sonne in ihrer schönsten Farbe. Also-Käppchen runter und tief einatmen. Selten habe ich einen Duft gerochen, wo Amber schon in der Kopfnote den großen Auftritt hat. Warm, weich, sinnlich und golden. Heliotrop verleiht dem Duft einen Hauch Marzipan, der sich aber insgesamt sehr zurückhält. Iris nehme ich kaum wahr, obwohl sie sonst sehr opulent riecht und nicht gerade mein Fall ist. Hier rundet sie mit Rose und Jasmin GdS herrlich blumig ab, ohne dass sie miteinander konkurrieren oder rangeln. Eine winzige Orange mischt sich ganz schnell, fast unerkannt, mitten in die Menge und gibt diesem unglaublich warmen Duft eine gewisse Leichtigkeit. Himmel-ich bin jetzt schon über meine Winterdepression hinweg und könnte das Picknickkörbchen packen und mich an den nächsten Weiher setzen. Auch wenn ich noch Schal und Mütze tragen müsste.

Sandelholz, Weihrauch und Zimt schließen sich erst nach einiger Zeit mit an und geben diesem Duft eine Tiefe, die meine Seele berührt. Muss auch, sonst würde er nicht zu meinen Lieblingen gehören, was bei Amber schon mal grundsätzlich der Fall ist. Zimt rundet das Ganze ab und gibt GdS eine zusätzliche aber nicht erschlagende Süße.

So-das Körbchen ist gepackt, die Decke ausgebreitet, auf Schal und Mütze kann ich jetzt fast schon verzichten und die ersten beiden Knöpfe meines Wintermantels öffnen sich gerade wie von allein. Wenn sich jetzt noch die Sonne zeigen würde, wäre auch der Februar perfekt. Sollte sie noch nicht so recht wollen, ist er es auch. So lange ich den Sommer riechen kann und das Kopfkino unaufhörlich läuft, holt mich nichts mehr in das fade Grau in Grau zurück und die Sonne geht auch noch nicht um fünf unter.

Kleiner Nachtrag-wie ich finde, mit Fragonard, der schönste Duft aus dem Hause Fragonard und dazu noch erschwinglich.
11 Antworten
6 - 10 von 20