Reveilleuse

Ein Segelboot mit Wacholderzweigen und frischem Koriander beladen fährt vorbei, ein paar Rosenblüten fallen von Bord. Die Gischt weht mir ins Gesicht und ich schmecke vor allem am Anfang Salz auf meinen Lippen. Ich fühle mich erfrischt und von diesem kühlen Nass, das mich wie frisch geduscht fühlen lässt. Ich bin definitiv draußen unter freiem Himmel - die Sonne knallt nicht, ich schaue eher in ein tiefes, ruhiges Meer, vielleicht nicht vor Paros, aber vor Sylt. Die SeglerInnen auf dem Boot tragen weiße Leinen-Kleidung und dezenten Silberschmuck, sie wirken luxuriös auf mich, aber dennoch unprätentiös.

Sailing Day ist der erste Flakon der Replica Reihe, der es in meine Sammlung geschafft hat, da der Duft unfassbar schön und (nicht nur!) sommerlich-frisch ist. Erst einmal ist es richtig, dass die Sillage nicht umwerfend ist und man deshalb einige Sprüher braucht, dass man selbst überhaupt länger etwas von dem Duft hat. Dann aber bleibt er durchaus einige Stunden da, besonders wenn er sich in der Kleidung verfangen hat. Frau/Mann bekommt eine aquatische Frische, die sehr weich und zum wohlfühlen ist. Nicht zu herb, nicht zu süß, die Salzigkeit überzeugt vor allem im Auftakt. Danach wird er ein immer tragbarer, nicht allzu meeriger Duft, der mich von der großen, weiten See träumen lässt. Die leichte Seifigkeit des Korianders (in Verbindung mit der Alge, die aber gar nicht so leicht auszumachen ist) muss man mögen, ich persönlich liebe sie! Möchte man reines Meerwasser riechen, empfehle ich Entre Ciel et Mer von Pierre Guillaume. Es ist halt dann doch der Sailing Day mit allem drum und dran!

Erst einmal: Der 30ml Flakon ist für mich einer der niedlichsten, elegantesten, gewitztesten und gleichzeitig schlichtesten Flakons, die ich in meiner kleinen, aber feinen Sammlung habe. Der ist wirklich so passend zu Twilly Eau Ginger! Diese gelungene Symbiose beeinflusst den Dufteindruck mit Sicherheit bei mir... so muss ein feiner Duft aussehen.

Bei Twilly Eau Ginger sehe ich eine elegante, adrette, junge Frau mit Humor, die das Leben nicht zu schwer nimmt und trotzdem eine intelligente Ernsthaftigkeit an den Tag legt. Mary Poppins eben, die mit ihrem Hut, Trenchcoat und seidenem Halstuch in einem kleinen, süßen Londoner Seifenladen gerade bei der fruchtig-würzigen Ecke mit dem Zedernholzregal angekommen ist. Sie schnuppert soeben an den Seifen, die nicht wirklich sommerlich-leicht sind, sondern eher in die Übergangsphasen im Jahr passen - die Zeiten, in denen der Himmel leicht bewölkt ist. Der Ingwer ist süß-würzig und cremig, die leicht sprudelnde Schärfe bekommt Mary Poppins nur im Opening. Leicht rümpft sie ihre Nase und nimmt aus dem Laden diese edle Ingwer-Seife mit, mit der sie sich, sobald wieder zu Hause angekommen, ordentlich einseift, sie möchte ja sauber sein. Durch das offene Fenster im Bad weht ein Hauch Pfingstrose herein, aber sehr natürlich und nicht überbordend. Der Duft bleibt aufgrund seiner holzigen Basis frisch und schmiegt sich im Verlauf sehr an die Haut an - Mary Poppins begrüßt das, es würde ja auch nicht zu so einer schicken Dame wie ihr passen, würde man sie meilenweit riechen.

Fiore d'Ulivo schickt mich barfuß auf eine grüne Frühlingswiese in der Toskana, auf der der Magnolienbaum in voller Pracht blüht. Die Zitrone erscheint erst ein wenig herb, bevor sie einer sanfteren, blumigeren, dennoch grünen, zitrischen Cremigkeit Platz macht. Dieser Duft schmiegt sich an, er schreit nicht nach Aufmerksamkeit und gibt vielleicht gerade deshalb das wohlige Urlaubsgefühl, wo einem der perfekte Look auf einmal egal ist. Für mich ist der Duft unglaublich natürlich und dennoch raffiniert; er schafft es definitiv meine Stimmung zu heben und mich an (halb-)warme Tage in der Natur zu erinnern. Der Lotus und die Olivenblüte entspannen, die Zitrik und der Jasmin wecken auf, die Amber-Moschus Basis gibt Geborgenheit.

Den Eindruck des belebenden Gute-Laune-Dufts kann ich absolut bestätigen. Bal d'Afrique bringt einen Hauch Sonnenschein in faule, trübe oder noch zu kalte Tage. Die zitrischen Kopfnoten zaubern einem direkt ein Lächeln aufs Gesicht, man fühlt sich beschwingt und energiegeladen. Die floralen Noten haben nicht die typisch "weibliche" Süße an sich, was total erfrischend ist; ich fühle mich eher wie auf einem gut abgestimmten, würzig-aromatischen Spaziergang durch eine natürliche Blumenwiese, auf der ein paar Laubbäume ab und zu ihren holzig-warmen Duft versprühen. Die Sonne brennt nicht vom Himmel, sondern fällt ab und zu durch die Baumwipfel. Dieses Gefühl entsteht, wenn der Duft, der sich an die Haut eher anschmiegt als sie übertönt, im Laufe des Vormittags ab und zu in die Nase zieht.
Am Nachmittag braucht man dann noch einmal einen Sprüher, um die energetisierende Wirkung des Duftes noch einmal neu zu entfalten. Alles andere wäre allerdings auch unpassend zum leichten und doch bestimmten Duftcharakter. Die afrikanischen Assoziationen entstehen in meinem Kopf vor allem über die Farben, die der Duft für mich verkörpert: Ein Ockergelb, das sich mit einem rostrot und einem Grasgrün vor einem braunen Hintergrund abwechselt.