Ridicule

Ach ja, diese ewigen Laien und LaiInnen, die Duftkommentare verfassen und dabei wenig objektive Ahnung haben...Und damit meine ich mich...
Nichtsdestotrotz muss ich meine Eindrücke hier loswerden, weil sie sich etwas von denen anderer unterscheiden.
Die Kopfnote hat mir für einen Moment dieses Gefühl geschenkt, eigentlich kein Gefühl, eher eine Ahnung von, eine Erinnerung an etwas unglaublich Fernes und in demselben Maße Ersehntes und Vergebliches, wie ich es noch in keinem Parfum bisher wahrgenommen habe.
Aber das vergeht sehr rasch und dann kommt sie, diese Rose, die ich als sehr gourmandig empfinde. So eine Butter-Rose,die ein bisschen keksig riecht und mich an diesen Tortenboden von z.B. amerikanischem Käsekuchen erinnert, der mit zermahlenen Butterkeksen und Butter gemacht wird. Viel zu mädchenhaft in seiner Backpudrigkeit.
Und das verleidet mir den Duft so ziemlich.
Das ist so eine Mischung aus Aldehyde, Rose, Strohblume und Labdanum. Und zwar eine Menge Aldehyde, denn Chanel No. 5 ist hier nicht weit, nur dass die Aldehyde hier die Herznote in ihren kräftigen Armen halten.
Das ist mir zu dicht, zu buttrig, zu schleckig, zu kuchig, zu...Ich mag einen Duft nicht auf dieser Hamhamleckilecki-Ebene. Ein Duft muss mir etwas eröffnen und nicht etwa mich zu einer reduzieren, die gerade aus der Edel-Bäckerei kommt und eine Sillage von exotischen Rosengebäck hinter sich her zieht.
Da finde ich mich absolut nicht wieder.
Und mit der Werbung, die für ihn lanciert wird, hat dieser Duft nicht viel zu tun.
Er ist mitnichten verrucht oder kriminell oder aufregend oder verwegen.

Aber hey, wer mal eine andere Art von Rose sucht, eine Rose mal schmecken will, ist hier sicher gut bedient.

Sorry, aber das will ich niemandem vorenthalten:
Es wird mit der Zeit immer schlimmer. Nachdem der Duft mal etwas dekantiert hat, riecht er nach gutem teuren Haarspray, das raffiniert parfümiert ist...Puuh...

Doch, ich möchte hier einmal eine Lanze brechen für das oft stiefmütterlich behandelte „Billigparfüm“ namens Maroussia. Denn ich denke, es wird maßlos unterbewertet.

Ich habe es gestern wiederentdeckt.
Ich stand im M-Markt, Duft Sets allenthalben, das Weihnachtsgeschäft läuft auf Hochtouren, und ich hatte zum ersten Mal seit langem mal ein bisschen Zeit, dufttechnisch zu schmökern.
Über die Uniformität der heutigen mainstream-Parfüms habe ich ja viel reden hören und das nie so ganz glauben können. Mir erschien es eher unwahrscheinlich, dass sich olfaktorische Monotonie wirklich gut verkauft auf Dauer.
Aber da wurde ich dann doch eines Besseren belehrt...
Der Flakon fiel mir sofort auf, obwohl er nur auf Fußhöhe war, stand er da, schwer, blutrot, exotisch zwischen all diesen nichtssagenden Flakons verschiedener Duftgenerationen.
Maroussia, dachte ich....Ja, da war mal was...War der nicht so eklig süß? Ich weiß es nicht mehr... Ich habe ihn mir auf einen Streifen gesprüht und während ich noch staunend auf „Gabriela Sabatini“ glotze (die gibt es immer noch?!), weht mir eine Süße vom Duftstreifen entgegen, die mich sofort fesselt. DAS ist Maroussia? SO hat der schon immer gerochen? DEN brauche ich!
Mit frohlockendem und Arien schmetterndem Geldbeutel ob des niedrigen Preises habe ich bezahlt und habe ihn mir zu Hause sofort wieder aufgesprüht.

Der erste Eindruck wird so etwas von dem Klosteinduft getrübt, der sich die ersten zehn bis fünfzehn Minuten breitmacht, aber dann kommt sie, diese Herznote, in doppeltem Sinn, denn auch mein Herz beginnt zu...summen.
Das ist wieder so etwas Raffiniertes, wie ich es liebe.
Eine Süße, die nie „schmeckig“ wird, weil nicht zuckersüß, sondern die Süße einer sehr reifen Orange, gepaart mit einem fein duftenden Pfirsich, der mir weich über die Arme streicht.
Eine Süße, die einerseits Tiefe und Kraft besitzt und gleichzeitig etwas Fernes an sich hat, etwas Kühles und da greift die Vorstellung eines fernen russischen Riesenreiches, das in den Wintermonaten zuweilen in bitterste Kälte verfällt, dem mit Pelzmänteln getrotzt wird, in dem die Babuschkas ihre Marmeladen einkochen, während im Ofen ein Feuer brennt, ein Land, in dem große Ströme fließen und in dem ein immer noch Obrigkeitstreues, auf herzerwärmende Weise einfaches und bäuerliches Volk lebt.
Ich glaube, es ist v.a. diese Naivität, die mich so anrührt in dieser Komposition.
Die hellen Blumen gepaart mit den dunklen Blumen strahlen eine Unschuld aus, die nie verloren geht. Auch wenn noch Sündiges wie Ylang-Ylang, Zibet und Moschus hinzukommt, bleibt so ein liebes, rotes, Herzblutfunkeln, das leise über allem lodert.

Ja, es ist vielleicht so ein günstiges Parfüm für das „einfache, naive“ Volk, das im Herbst und im Winter ein bisschen Wärme braucht, aber für mich stecken hier Geschichten drin, die von loderndem Feuer, langsamen Menschen und wortlosem Verständnis zwischen ihnen, inmitten einer mütterlichen, nährenden Natur erzählen.
Vielleicht ist es meine slawische Abstammung (meine Eltern sind beide Slawen), die mir den Zugang zu Maroussia so leicht macht, denn es sind alte Sehnsuchtsbilder von landschaftlicher Weite und seelenvoller Herzlichkeit, die mich hier heimsuchen...

Aber auch die Verächter dieses Duftes müssen ehrlich sein: Auch wenn ihr sein Wesen nicht mögt, müsst ihr zugeben, dass er zwischen all diesen monotonen Neuzeitparfüms doch ganz schön heraussticht und für diesen kleinen Preis doch großes leistet.

Der einzige Wermutstropfen bei diesem Duft ist die wirklich grottenschlechte Haltbarkeit. Aber den werde ich mir einpacken und immer wieder aufsprühen...

Da hab' ich mir, ganz unschuldig, eine Abfüllung bestellt und sie, ganz unschuldig, auch bekommen. Die Abfüllung war natürlich auch ganz unschuldig (weil Chanel No.5), aber die Probe, die dabei lag...Jaja, die Probe....Klang jedenfalls unschuldig...
"Jean-Louis Scherer" les' ich und seufze so ein bisschen ob des uninteressanten und eintönigen Duftes, der mich ja gleich, wenn ich ihn geöffnet und aufgetragen habe, ganz sicher und ganz bestimmt erwartet, iss' doch klar, nomen est omen und so.
Aber es heißt ja auch, man solle den Tag nicht vor dem Abend loben, Gottseidank heißt es auch so, denn sonst hätte ich hier nichts zu loben. Und dabei gibt es hier ALLES zu loben!
Was für ein toller Duft. Kopf und Herz reiss ich hier nicht auseinander. Darin bin ich ganz schlecht, aber ich sing ein kleines Liedchen auf seine Vielschichtigkeit.Oder besser:Vieldeutigkeit.Oder noch besser:Raffinesse.
Blumen gibt es dort, aber Blumen aus dem Wald und nicht im Duft sind sie, sie strömen auch nicht aus ihm heraus und mir entgegen (jedenfalls ziemlich bald nicht mehr), sie strömen unter und dazwischen, werden umgarnt von einer schönen Seifigkeit, die einen schönen tiefen Kuss von Holz und Grün empfängt, welches wiederum von einer leichten Süße umschlungen wird, die den Kreis zu den Blumen immer wieder schließt...
Und so wird alles gehalten wie in einem kleinen Reigen. Die Blumen, die Seife, das Holz, das Grün. Eine tolle, herb-süße Sinnlichkeit.

...nix gewesen.
Ich beurteile hier "Jewel" , den es bei alzd zu kaufen gibt und nicht etwa "M.Micallef", das den Nachfolger für diesen hier bildet. Wie jener duftet, weiß ich zwar nicht, aber ich hoffe, dass er mehr Substanz besitzt als dieser hier.
Auf meiner Haut jedenfalls besitzt Jewel weder Herz noch Bodenhaftung.
Nach dem Aufsprühen kommt die Kopfnote mit der süß-herben Orange sofort zum Tragen und bleibt und bleibt und bleibt...Ein wenig Jasmin scheint nach einiger Zeit durch und das Patchouli bringt noch etwas Erdiges hinein.
Aber das alles geschieht nur sehr leise, und so verblasst dieser Duft im Laufe der Stunden einfach nur noch, ohne irgendeine großartige Entwicklung zu nehmen oder sich in eine Basis zu betten.
Für meinen Geschmack viel zu eindimensional und linear.

...,der mir in der Nase sitzt...Leider kann ich die Meinungen der meisten hier überhaupt nicht teilen. Ich kenne Patchouli als einen Duft, der diesen Spannungsbogen zwischen Himmel und Erde auf raffinierte Art und Weise meistert.
Dieses Potential zur Transformation kenne ich sonst von keiner Pflanze, keinem Baum und keiner Blume.
Patchouli erlebe ich eigentlich als einen tiefen Erdentaucher, der sich durch die Materie wühlt, um an eine Lichtqualität zu gelangen (so, wie hier schon einmal jemand angedeutet hat).

Hier gibt es keine Duftpyramide, und das riecht man auch.
Kurz nach dem Auftragen erscheint kurz eine würzige Note, die angenehm medizinisch und reinigend riecht, um sich aber bald auf einer Note auszuruhen und sitzenzubleiben, die leider nach nicht mehr als einem modrig gewordenen Querbalken in einem Keller riecht, in dem jemand jede Menge Bienenwachskerzen aufbewahrt.Tatsächlich ist dieser Eindruck von Bienenwachs sehr stark und hält bei mir auch recht lange an.
Ich finde, Patchouli kann mehr.
(Sorry für meine hölzerne Schreibe. Ich stottere wahrscheinlich noch eine ganze Weile so herum...)