Rivegauche

Rivegauche

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11 - 15 von 39
Rivegauche vor 9 Jahren 33 7
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Haltbarkeit
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Duft
Modern elegante Klarheit
Der Parfumeur Thomas Fontaine hat wohl alle ersten neuen Düfte der relaunchten Marke "Le Galion" auf Basis der Originalformeln überarbeitet. Vor allem die Soliflordüfte dieser Marke, "La Rose," "Tubéreuse," "Iris" und auch "Snob" zeigen eine für mich klar erkennbare Handschrift, was aber auch an Paul Vacher, dem ursprünglichen Parfumeur und Inhaber der Marke liegen mag, denn alle Düfte verbindet eine überraschend klare und weniger voluminöse Struktur mit klaren Proportionen, die den "Muff" vergangener Tage scheinbar abgelegt haben. Die alten Originaldüfte dieser Zeit kenne ich nicht.

Schon die Kopfnote dieser Iris überrascht mit frisch hellen und fast fruchtigen Tönen, was nicht nur an den sehr zurückhaltenden Zitrusnoten, sondern offenbar auch den Ambrettesamen liegen mag, die in Verbindung dem jetzt schon wahrnehmbaren sauberen Moschus eine luftige Verbindung eingehen. Iris ist sofort wahrnehmbar und verbindet sich mit einem leicht rosigen Hauch zu einem bekannten elegant pudrig floralen Bouquet, die "Iris" dauerhaft bestimmen. Eine Spur Galbanum scheint sich versteckt eine kleine bittergrüne Ecke zu sichern, ohne jemals der majestätischen Iris in den Weg zu kommen. Auch eine halbe Lilienblüte scheint es dem Galbanum nachzumachen, lässt jegliche üppige Wucht vermissen und verbreitet einen cremigen Weißblütenhauch. In der Basis verbindet sich der "saubere Wäsche" Moschus mit den cremig weich floralen Noten und etwas trockenem Zedernholz; alles bettet sich wunderbar unter den leicht staubig pudrigen Duft der Iris.

"Iris" ist durchgehend ein sauberer und klarer Irisduft, der die klassisch elegante Schönheit dieser Pflanze in den Mittelpunkt stellt und niemals schwer wirkt. Durch die Kombination des "saubere Wäsche" Moschus und dem cremigen Blütenakkord lässt Thomas Fontaine den Duft sehr zeitgemäss wirken und hat sicherlich die seinerzeit vorhandenen animalischen Aromen verbannt. Er ist ein schöner eher femininer Alltagsduft mit guter Haltbarkeit und leicht gedrosselter Silage, der gekonnt eine gewisse unbeschwerte Heiterkeit mit der eher gedämpft melancholischen Eleganz der Iris verbindet. Er kombiniert Moderne mit dem Glanz vergangener Zeiten. Was man ihm negativ vorhalten könnte ist seine unspektakuläre Gefälligkeit. Er eckt nicht an und möchte gefallen. Vielleicht fehlt ihm etwas Biss, Kraft oder Innovation, aber Irisdüfte wie dieser passen mit der häufig sehr "korrekt" wirkenden Aura für mich eher immer zu grauen Flanellkostümen oder weißen Baumwollblusen. Gleichzeitig scheint er aber auch lässig genug zu sein, um im normalen Arbeitsalltag gut tragbar zu sein...und genau das scheint sein Vorteil zu sein. Mir persönlich schlägt der Duft eine zu feminine Richtung ein, die ihn für mich untragbar werden lässt. Das macht hier aber gar nichts.

Einen Test ist dieser Duft und allen anderen wunderbaren Düfte der relaunchten Marke "Le Galion" in jedem Fall wert. Für dieses Jahr wurden noch sechs weitere neue Düfte angekündigt, darunter drei Extraits.
7 Antworten
Rivegauche vor 9 Jahren 23 9
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Ein schneidiger Typ
Laut Wikipedia ist der Korporal in vielen Streitkräften der unterste Rang der Unteroffiziere, in deutschen Heeren bezeichnet dieser den Stabsgefreiten. Im französischen Militär gehört der Mannschaftsdienstgrad des "Caporal," der wiederum in verschiedenen Dienstgraden eine weitere Unterteilung hat, zum berittenen Heer, seiner Mannschaft können wohl bis zu 30 Personen unterstellt sein.

Ich bin kein großer Freund des Militärs, aber dieser charmant schneidige und schnittig frische "Caporal" ist doch einen Test wert. Er ist einer von diesen hochgewachsenen blonden Männern mit Seitenscheitel, einem mitreißenden Lächeln, dem fast aristokratisch kantig scharf geschnittenem Gesicht und lachend frisch blauen Augen, dem sein langer und schwerer doppelreihiger Wollmantel mit den alten Messingknöpfen ganz hervorragend steht. Er ist nicht nur ein Mann in der Mannschaft, sondern auch der nächste Vorgesetzte und Freund, dem man gerne zuhört. Er liebt sein Pferd und die Natur, ist aber auch den städtischen Genüssen nächtlicher Bars, schneller Autos und guter Kleidung nicht abgeneigt.

Den Start des "Caporal" finde ich ausgesprochen humorvoll, denn die Kombination von saftig frischen Zitrusnoten und aromatisch belebender Minze bringt mich gedanklich in die Kindheit zurück und lässt das gute alte "ATA" Scheuerpulver wieder auferstehen...Sauberkeit soll man in der Armee ja wohl lernen. Dieser kräftige "Badreiniger" Start in seiner trocken und leicht pudrig ätherischen Frische bleibt nicht nur bis zum Schluß erhalten, sondern erinnert mich auch sehr an Maître Parfumeurs "Centaure", der jedoch im weiteren Duftverlauf facettenreicher und opulenter bleibt. Diptyque's "L'Eau des Hespérides" beschreitet zwar andere Wege, ist mit dieser Minznote aber auch nicht ganz so weit weg. Lavendel gibt mit seiner herb floralen und energetisch krautigen Note und hier auch recht seifigen Facette das eindeutige Erkennungszeichen für klassische Fougèredüfte im Herzen bei - das verleiht den Eindruck frisch gestärkter Baumwollhemden - und krautiges Geranium scheint den Charakter etwas zu verdichten, ohne dass dabei die florale Note als wirklich "blumig" oder feminin zu bezeichnen wäre. Die Basis stimmt sich sanft und gut ausbalanciert mit herb moosiger Wärme, grün holzig erdigem Vetiver (ohne rauchige Facetten) und trockenem Zedernholz luftig und elegant mit ein. Sie nimmt der zitrisch kühl krautigen Kopf - und Herznote die fast scharfe und saubere Strenge, wirkt sanft umhüllend und die Kombination von Zedernholz und Minze scheint in dieser trockenen und fast ätherischen Klarheit perfekt kombiniert zu sein. Auch Minze, Lavendel und Vetiver scheinen die positiv grüne, seifige und klassisch männliche retro und fast britisch anmutende "Barbershop" Aura des "Caporal" gut zu stützen, obwohl mir diese hier noch frischer, knackiger und weniger konservativ statisch erscheint, als es viele klassiche Fougèredüfte häufig sind. Das mag vielleicht auch an dem Relaunch liegen, denn 1985 hatte der Duft wahrscheinlich eine "tiefere Stimme," die alte Version kenne ich nicht.

Haltbarkeit und Silage sind anständig, aber nicht raumfüllend und passen sehr gut zu dem sehr klar strukturierten und ehrlich heiter eleganten Charakter des Duftes, der sich -wie der charamante "Caporal" selbst- nicht aufdrängen will, er weiß eher zwischen den Zeilen zu lesen.

Es scheint tatsächlich ein Trend zu sein, alte Düfte wieder beleben zu wollen. Wenn diese dann auch so aussehen, laufe ich als Verfechter gerne vorneweg. Innerhalb eines Jahres ist "L'Eau du Caporal" von 1985 nach Goutals "Eau de Monsieur" und Le Galions "Eau Noble" der dritte - eher Männer ansprechende - Duft, der mein Interesse geweckt hat. Es hat sich gelohnt, weiter so.
9 Antworten
Rivegauche vor 9 Jahren 45 14
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Herzblut
Die Geschichte Frédéric Malles ist in meinem persönlichen Duftuniversum etwas besonderes. Mit ihren unglaublich polierten, korrekt ausbalancierten und mit geistiger Raffinesse kreierten Schönheit gelingt es mir nicht, die Düfte - obwohl ich lange nicht alle tragen kann - unter 80 % zu bewerten. Als Neffe des Filmemachers Louis Malle (der bis zu seinem Tod mit der Schauspielerin Candice Bergen verheiratet war, der Frédéric Malle den Duft Carnal Flower als Hommage an seine Tante in dem Film "Caranal Knowledge" widmete) dem wir als wichtigen Vertreter der Nouvelle Vague u.a. den Film "Fahrstuhl zum Schafott" nicht nur mit der wunderbaren Jeanne Moreau, sondern auch mit einer meiner Lieblingsfilmmusiken von Miles Davis zu verdanken haben, gründete der Großvater Frédéric Malles, Serge Heftler-Louiche in 1947 mit dem Duft Miss Dior, geschaffen von Paul Vacher (dem Inhaber der Marke Le Galion) die Parfums Christian Dior.

In den folgenden Jahrzehnten gehörte aber der 1996 verstorbene Parfumeur Edmond Roudnitska, dessen Düfte mich seit meiner Jugend immer fest im Griff hatten, zum ständigen Bestandteil des Dior Universums. Edmond Roudnitska schuf hier im Zusammenarbeit mit Frédéric Malles Großvater u.a. Eau Fraîche und Diorissimo, sowie später nach dem Tod seines Großvaters in Zusammenarbeit mit der Mutter Frédéric Malles, die Legenden Eau Sauvage und Diorella. Frédéric Malle, sagt, dass damit diese Düfte für ihn auch einen emotionellen Wert haben. Mir geht es ähnlich, wenn diese jedoch anderer Herkunft sind. Mit diesen für diese Zeit sehr minimalistischen und reduzierten Düften festigte der 1905 in Nizza geborene...als hätte ich's geahnt...Roudnitska seinen Ruf als einer der besten Parfumeure des 20. Jahrhunderts und trug damit auch erheblich zum Renommee der Marke Dior bei. Mit seiner Ehefrau und Mitarbeiterin Thérèse Roudnitska gründete er bei Paris 1946 sein eigenes Labor "Art et Parfum" - welches er später an die Côte d'Azur nach Cabris verlegte - nachdem er sein Handwerk als Angestellter beim Duftstoffhersteller Roure u.a. für das Mischen von Basen (fertige Mischungen verschiedener Rohstoffe) erlernte. Heute lebt und arbeitet der Hausparfumeur von Hermès, Jean-Claude Ellena als einer der wenigen Schüler Roudnitskas ebenfalls in Cabris. Jean-Claude Ellenas Minimalismus ist als Folge der Ausbildung bei Roudnitska zu sehen, dessen "mozarteske" Parfuminterpretationen in ihrer subtil luftigen und aristokratischen Klarheit wegweisend für seine Zeit waren. Mit Diorissimo, dem Lieblingsparfum Romy Schneiders schuf Roudnitska die erste naturgetreue Nachbildung eines Maiglöckchenakkords, da der Duft des Maiglöckchens nicht haltbar extrahiert werden kann.

Mit "Le Parfum de Thérèse," welches in der Parfumbranche all die Jahre seit seiner Schöpfung unter dem Namen "La Prune," also "die Pflaume" wohl zur Legende wurde und nach Angabe von Frédéric Malle über einen Zeitraum von zehn Jahren immer wieder verfeinert wurde, war es mit der Überdosis an ozonartigen Fruchtnoten seiner Zeit um vierzig Jahre voraus. Paradoxerweise wirkt es heute mit seinem Chic vergangener Zeiten etwas altmodisch. Schon in der Kopfnote nehme ich die Überdosis der dunkel sinnlich fleischigen und starken Fruchtsäure der Pflaume wahr, unterstützt von der sommerlich und saftig frischen Säure der Melonen. Bereits hier verrät sich die Signatur Roudnitskas, die im 15 Jahre später geschaffenen 'Diorella' wiederzufinden ist. Diese Überdosis war damals so unglaublich modern und hätte angeblich die Kunden eher abgeschreckt, weshalb man sich entschied, "La Prune" nie offiziell zu vermarkten. Edmond Roudnitska entschied, dass ausschließlich seine Ehefrau diesen Duft tragen sollte und hielt die Formel geheim.

Die Kopfnote vervollständigt sich mit der belebend heiteren Frische verschiedener Zitrusnoten. Der weitere Verlauf wird ergänzt durch die opulent florale Wucht des sommerlich weißblütigen Jasmins einschließlich seiner indolischen (fäkalen) Facetten und etwas vom blumig seifig - aber auch holzig strunkig - eleganten Charakter der Rose. Veilchen in ihrer sanft heimeligen Zartheit helfen vielleicht, die mozarteske Romantik hier nicht komplett vergessen zu lassen. Markante Akzente werden durch Gewürze wie trocken holziges Muskat und etwas würzigem Pfeffer in der Herznote gesetzt und erden unsüß die florale Wucht. In der Basis geht der grün holzig erdige Vetiver mit der Rose eine gute Verbindung ein, etwas Moos - heute sicherlich durch Evernyl ersetzt - und trocken leichtes Zedernholz legen sich mit der bitter harten Kante von etwas Leder als Abrundung unter das ganze Gerüst. Ich bin begeistert. Die dominante Pflaumennote ist dauerhaft präsent und fügt sich perfekt ein, wie überhaupt der ganze Duft unglaublich ausbalanciert und fein erscheint. Er verhilft in Kombination mit Melone und den Blüten den sommerlich luftig und heiter leichten Charakter dauerhaft zu bewahren, obwohl man der Thérèse gerade im Verhältnis zur recht ähnlichen 'Diorella' eine gewisse barocke Pracht, die dunkel konzentrierter und leidenschaftlich sinnlicher wirkt, nicht absprechen kann. Der prägnanteste Unterscheid mag auch in der ungewöhnlichen Kombination von säuerlich fruchtiger Pflaume und bitterem Leder liegen, die man mögen muss und in dem gefälligeren und heiter eleganten Diorella nicht findet.

Als Mann kann man diesen Duft tragen, wenn man nichts gegen eindeutig florale Düfte mit "vintage" Charme hat, die wie Thérèse recht unsüß mit holzig "frischer" Kante sind. In der heutigen Zeit gelingt es einem als Mann auf der Suche nach Individualität mit so einem Duft aus dem Rahmen zu fallen, egal ob positiv oder negativ. Da ich den alten Dior Düften schon immer verfallen bin - und ich mich seit mehr als 25 Jahre mit Düften beschäftige - trage ich sie wahrscheinlich mit einer anderen Selbstverständlichkeit. Nachdem ich nun nach all den Jahren und einigen Proben meine erste volle Flasche besitze, fragte ich mich schon gleich nach dem Sprühstoß, weshalb ich solange gewartet habe. Haltbarkeit und Silage sind wunderbar. Obwohl der Duft recht üppig ist, passt er mit seinen doch klaren und kühlen Ausstrahlung nicht unbedingt zu den kältesten Wintertagen, brütend heiße Sommertage jedoch lassen den Duft explodieren.

Als sich Frédéric Malle in 1999 entschloss, sein Unternehmen zu gründen, wusste er weiterhin von der Existenz dieses Parfums. Die in 2004 verstorbene Thérèse Roudnitska war wohl so gerührt, dass jemand - der noch dazu aus der Familie stammte, mit der über zwei Generationen zusammengearbeitet wurde - dieses Parfum der Öffentlichkeit präsentieren wollte und sagte sofort, nach Erläuerung des Konzepts der Marke, zu. Als Hommage an die Frau, die Edmond Roudnitska als Inspiration diente, nannte Frédéric Malle den Duft "Le Parfum de Thérèse."
14 Antworten
Rivegauche vor 10 Jahren 23 11
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Der Mann von Saint-Tropez
Wahrscheinlich bin ich einfach nur der Mann von Saint-Tropez, der das Glück hatte "Eau de Monsieur" das erste Mal dort getestet zu haben. Denn wenn man im Urlaub wie ich diesen Monsieur begeisternder weise entdecken konnte, besteht die Chance, dass der Duft immer mit dem Ort verknüpft bleibt. Nun habe ich eh schon Goutals "Eau du Sud" erfolgreich mit Nizza verknüpfen können, da passt Saint-Tropez "très bien" ganz hervorragend. Der sommerlich luftig leichte Charakter dieses zeitlosen Duftes passt perfekt zu meinen Vorlieben und bietet "classic with a twist."

Der große Korb voll saftiger Zitrusfrüchte wie Bergamotte, Zitrone und Mandarine dominiert in seiner erfrischend intensiv kühlen Art die Kopfnote - wirkt ein wenig altmodisch und stechend - und wird durch belebende Minze im Zweifel noch verstärkt, kann aber dabei helfen, einem müden Morgen in der Woche etwas Schwung zu verleihen. Außerdem macht sich sehr schnell die krautig holzig und grüne Herznote mit etwas ätherisch würzigem Wacholder, dem strauchartig bitter unsüßen Gewächs der Artemisia - zu dem unter anderem auch Wermut zählt - und dem strunkig holzigen und fast floralen Duft von Geranium bemerkbar. Diese mediterran wirkende Mischung gefällt mir bis hierher schon ganz wunderbar, weil es dem Anspruch der Marke Annick Goutal nach sehr naturalistischen, zeitlosen und hochwertig wirkenden Düften gerecht wird. Als eine Art Signatur der Marke Annick Goutal habe ich hier wieder den Eindruck, dass wahrscheinlich Hedione mit ihrem wässrig seifigen und zurückhaltenden Charakter alle Inhaltsstoffe zum Fliegen bringen, das erhöht gekonnt Transparenz und Strahlkraft. Sandelholz oder dessen Ersatz bringt mit seiner sanft warmen und holzig eleganten Art dominierend in der Basisnote nicht nur die vielleicht ersehnte Bändigung der zitrisch krautigen Noten herbei, sondern schafft es offenbar auch, einen salzartig hautigen Aspekt zu integrieren, was den sommerlich mediterranen Charakter des Duftes verstärkt, das Meer näher rücken lässt und mich in Begeisterung versetzt. Das salzartige gibt der sanft warmen Sandelholzbasis so eine knisternd knackige und moderne Raffinesse bei, sensationell. Sicherlich wird etwas Evernyl als Eichenmoosersatz für den leicht moosigen Eindruck verantwortlich sein. In Verbindung mit der erdigen Kante des hier leisen Patchouli verschmilzt der Monsieur mit der Haut und bleibt für viele Stunden gentlemanlike leise wahrnehmbar.

Camille Goutal sagte, dass sie diesen Duft selbst als junge Frau getragen hat, als "Eau de Monsieur" in 1980 als einer der ersten Düfte Annick Goutals lanciert wurde und auch heute noch sollten sich Frauen nicht scheuen, diese Version für sich zu entdecken. In meiner Erinnerung ist der Unterschied zur schon vor einigen Jahren eingestellten ersten Version wahrscheinlich nicht nur aufgrund der IFRA Vorgaben nicht unerheblich. Der Charakter blieb unverändert, aber die kräftig "alte" Moosnote in Verbindung mit einer dunkleren Gesamttönung des Duftes, im Zweifel durch einen schnell ausreichenden Tropfen Immortelle und tierischen Inhaltsstoffen wurde zugunsten einer moderneren Interpretation gestrichen.

Das neue "Eau de Monsieur" bleibt durchgehend bei einer heiter klaren Frische mit charmant positiver Lebenseinstellung, die mit zitrisch krautigen und holzig grünen Facetten spielt und von der umarmend sonnenwarmen Sandelholzbasis lebt.

Er erinnert mich an die großen klassisch zurückhaltenden Herrendüfte der Fünfziger bis Siebziger Jahre und verbindet gekonnt eine bestimmte Lässigkeit mit schlichter Eleganz. Er lässt aber eben im Gegensatz zu den Düften dieser Zeit nicht nur den oft vorhandenen animalischen Aspekt komplett außen vor, sondern lässt auch die oft von jungen Menschen heute als bitter muffig wahrgenommene Eichenmoosnote komplett weg. Das verleiht dem Monsieur im Vergleich die modernere Ausstrahlung und holt ihn mit dem Wort "retro" ins heute, eben "classic with a twist." Mit braun getönter Sonnenbrille, hochgekrempelten Chinos und Loafern, dem Hemd über der Hose und ungefüttertem Sakko - aber mit Einstecktuch aus Leinen - schlendert man an einem sommerlichen Nachmittag irgendwo im Süden Frankreichs durch die Stadt auf der Suche nach einem lauschigen Platz für ein Glas Wein...klingt irgendwie nach mir.
11 Antworten
Rivegauche vor 10 Jahren 52 15
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Der Sommer kann kommen
Es hat wohl mehr als 400 Versuche in neun Monaten Arbeit gebraucht, bis Carlos Benaim in Zusammenarbeit mit Frédéric Malle zu einem perfekten Ergebnis für "Eau de Magnolia" kam. Basierend auf einer Magnolienblütenstudie im Headspaceverfahren (Verdampfungsprozeßverfahren) des Inders Dr. Braja Mookherjee - der als Vizepräsident und Leiter der weltweiten Naturstoffforschung für das Riechstoffunternehmen IFF arbeitete - wollte man die Frische der Magnolienblüte zu einem cologne-artigen Charakter überdosieren.

Das erscheint gelungen, denn die schon in der Kopfnote wahrnehmbare Magnolienblüte erhält passenderweise Unterstützung von zitrischen Bergamotten. Das erinnert erst sehr stark an klassische Nerolicolognes und lässt sich hervorragend mit frisch, belebend, sauber, etwas seifig, heiter und klar beschreiben. Aber die Magnolie kann ihre noble Herkunft als häufig weiße Blüte im weiteren Duftverlauf glücklicherweise nicht weiter verbergen und lässt ihre sanft weich, leicht cremig seifig und klassisch florale Art dauerhaft erblühen. Der feminine Charakter der Magnolienblüte mit seinem großem Blütenblatt - und auch der des ganzen Duftes selbst - erscheint mir im Vergleich zur kleinen und kühl weißen Neroliblüte sanfter und weicher, luxuriös cremiger und kuscheliger, auch irgendwie wunderbar seifig wachs-artig, verliert aber trotzdem nie eine gewisse heiter leichte Klarheit. Der zitrisch colognige Charakter hingegen verschwindet nahezu komplett. Die Basis dimmt sich in dieses subtil florale Fluidum nur sparsam und zurückhaltend mit etwas warmem Moos, ein wenig grün holzigem Vetiver und etwas trockenem Zedernholz mit ein und hilft, eine mir moschusartig wirkende Note - die mich leider an Haarspray erinnert - möglichst im Hintergrund zu halten. Amber und Patchouli mögen die Basis als verbindendes Element stützen, sind aber kaum wahrnehmbar.

"Eau de Magnolia" ist - durch die kurze und gut ausbalanciert wirkende Duftformel - ein moderner und schlichter Duft. Seine alltagstauglich subtile Zurückhaltung und strahlend sommerliche Ausstrahlung gefällt mir sehr gut. Die Silage erscheint moderat und hautnah verschmelzend, die Haltbarkeit ist sehr gut. Auch viele Stunden später nehme ich den sanft weich cremig floralen und leicht kühl grün holzigen Duft auf meiner Haut wahr. Auch wenn der Begriff unisex möglich ist, würde ich den Duft aber trotzdem nur Männern mit einer Vorliebe für eindeutig florale Düfte empfehlen, männliche Kanten gibt es trotz Vetiver und Zedernholz hier nicht. Man könnte "Eau de Magnolia" als moderne Interpretation von Chanel's 'Cristalle' sehen, denn die Idee weißer Blüten mit leichter Frische ist nicht neu, erscheint vertraut und bekannt, wirkt aber zeitgemäßer. Mit etwas Mut käme mir auch eine zurückgenommene Interpretation von Malle's wunderbarem 'Lys Méditeranée' in den Sinn, dessen oft als kopfschmerzig empfundene Lilienüberdosis sich etwas mehr aus dem Fenster lehnt. Aus dem Fenster lehnen sollte man sich bei dem schönen "Eau de Magnolia" hingegen schon, denn es ist ja Sommer.
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