SebastianM

SebastianM

Rezensionen
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6 - 10 von 46
SebastianM vor 1 Jahr 7 7
8
Sillage
9
Haltbarkeit
5
Duft
Ein Löffel für Mama, ein Löffel für Papa
Es gibt eine kleine Reisportion. Dann werden anderthalb Stunden lang nur noch trockene, stechende Holzspäne serviert. Nachdem man die aufgegessen hat, legt sich leichter Rauch über einen faden Wackelpudding mit Blüten drin. Dieser wird, wie zuvor der Reis, ebenfalls in einer schmucklosen, rohen Holzschüssel angerichtet, die danach einfach nicht abserviert wird. Zu trinken gibt's auch nichts. Eine sehr ereignisarme Mahlzeit. Karge Kost.
7 Antworten
SebastianM vor 1 Jahr 15 8
6
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Kupferkessel aus Grasse
Gleich zu Beginn möchte eine Behauptung in meinem Statement zu Arcadia zurücknehmen, nämlich die, es sei "goldleuchtend". Das finde ich nicht mehr, mittlerweile finde ich es eher rötlich. Oder vielleicht kupfern. Das ist sogar noch schöner, ein kupferner Amberduft. Bis Arcadia dahin gelangt, dauert es allerdings eine Weile, denn dieses Parfüm nimmt über viele Stunden eine unglaublich komplexe Entwicklung.

Es beginnt wie ein Fougère, mit einem Schwerpunkt auf etwas medizinisch bitterem Lavendel mit obligatorischer Bergamotte, dazu schwer zu fassende grüne Noten. Es gibt hier aber noch eine zweite Sorte Lavendel, frischer und komplexer und süßlicher. Dieser Lavendel verbindet sich schon innerhalb der ersten halben Stunde mit etwas Cremigem, wahrscheinlich der Tonka, zu einem unglaublich luxuriösen Duft, der mehrere Stunden anhält, mit wechselnder Untermalung. Die Qualität des Lavendels ist übrigens wirklich außergewöhnlich!

Zunächst werden wir zwar noch mit ein paar Anspielungen auf das Fougère-Genre auf eine falsche Fährte gelockt, mit Rosen und einer leichten Seifigkeit. Aber das sind alles nur Tricks, Arcadia biegt nicht in Richtung Azzaro ab, sondern in Richtung Orient. Das ist so gut gemacht, ich kann es nicht genug loben: ein orientalischer Lavendelduft! In kleinen Schritten geht es immer weiter: der medizinische Lavendel und die grünen Noten verlassen uns, dafür gesellen sich ein paar Gewürze (hier mit leichter Hand eingestreut, kein Zimt-Overkill wie in Shangri La) und helles Holz zur Reisegesellschaft. Nach so etwa 2 bis 3 Stunden wird der Duft harziger und noch dichter als zuvor. Es ist nicht aufgeführt, welche Harze in Arcadia enthalten sind, aber auf jeden Fall rieche ich ein wenig Rauch, der dem süßen Lavendel-Tonka-Gemisch und dem inzwischen deutlichen Jasmin Paroli bietet. Nach so etwa 4 Stunden verändert sich der harzige Eindruck. Der Duft wird leichter und beginnt wieder mehr zu schweben. Kurz darauf beginnt die kupferne Phase, bestehend aus dieser Ambernote plus holzigem Patchouli unter einer zunehmend cremiger aber schwächer werdenden Lavendelnote, die mehr oder weniger gleichzeitig mit dem Jasmin verschwindet. Arcadias Drydown beginnt bei mir nach so etwa 6 Stunden und besteht aus trockenem, süßem Coumarin-Patchouli-Amber.

Wie alle Produkte von Hiram Green besteht Arcadia aus natürlichen Inhaltsstoffen. Die Haltbarkeit ist sehr gut: 3 Spritzer aus meinem Proben-TZ reichten mir für 12 Stunden, in den letzten 4 davon konnte ich das Parfüm nur ganz dicht an der Haut wahrnehmen. Dann schien es verschwunden, aber noch zwei Tage später habe ich plötzlich und überraschend diese leichte, köstliche Süße auf meiner sonnenbeschienenen Haut wiedergefunden. (Ja, ich hatte mich nicht geduscht. Grüße von Josephine.)

Auf nach Arkadien!
8 Antworten
SebastianM vor 1 Jahr 6 5
6
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Orangenblütenlippen
(Vintage 60er) Ein berauschender, blumiger Duft, sowohl mit Indolik als auch mit von Anfang an wahrnehmbarem Zibet. Die Zitrik in der Kopfnote ist sehr gedeckt, unfrisch und schnell vergangen. Direkt ist auch Narzisse dabei. In der Herznote rieche ich zunächst kräftigen Jasmin, der die Narzisse vollständig überdeckt. Je länger es dauert, desto mehr tritt die Orangenblüte hervor und desto leichter wird der Duft, bis die Narzisse darunter wieder für mich wahrnehmbar ist, wenn auch leider nur sehr schwach. Die gelbe Lebendigkeit von Narzissen fehlt im gesamten Verlauf gänzlich. Währenddessen kommt eine angenehme, nicht übertriebene Pudrigkeit dazu. Die kostbare, weiche, ein wenig cremige Basis mit echtem Sandelholz ist spektakulär schön. Es liegt eine dezente Körperlichkeit darin, die hervortritt, wenn die Schönheit der Blüten vergeht, und die mich sehr anspricht.

Das Ganze empfinde ich als gewissermaßen mattiert, aber hell. "Noir"-Assoziationen habe ich nicht. Narcisse Noir verströmt für mich ruhige Kraft, laszive Sinnlichkeit und leise Melancholie. Auch Erhabenheit, jedoch keine Unnahbarkeit. (Wäre es süßer und dichter, als Extrait, würde es jedoch sicher in Richtung Unnahbarkeit tendieren.) Ein traumhaft schönes Parfüm!
5 Antworten
SebastianM vor 1 Jahr 14 11
7
Sillage
10
Haltbarkeit
6
Duft
Vom Teufel geholt
Berauschend und betörend beginnt dieser Duft, eine strahlende Frühlingsfreude. Sofort stellen sich Vintage-Assoziationen ein, sicher durch die hoch dosierten Aldehyde und die leichte Seifigkeit. Bald erblühen gelb-weiße Narzissen, Iris und weiches Leder umgarnen mich, es duftet sehr verführerisch nach einer liebevollen Umarmung. Animalische und grüne Töne halten sich die Waage, ein luftiger Ambergris-Akkord und noch mehr Moschus verstärken die Haut-Assoziation. Ich sehne mich nach meiner Liebsten und beschließe sofort, einen Flakon zu kaufen.

Doch ach, schon mit der Morgensonne verengt der Abschied mir das Herz: Der Duft wird grauer und mit der Wonne ist es bald vorbei. Eine stechende, trockene Note stellt sich ein. Sicherlich Teil des Ambergris-Akkords, den ich zuerst so gelungen fand. Sie wird nach 2 bis 3 Stunden so stark, dass ich einen Abwaschversuch unternehme. Vergeblich. Meine Liebste hat der Teufel geholt, in Gestalt des Norlimbanols (oder eines seiner Verwandten). Wie immer hat das Zeug eine grässlich lange Haltbarkeit (noch nach 15 Stunden ist es zu riechen).

Immerhin lohnt es sich, die Duftpyramide laut Hersteller hier aufzuschreiben, sie ist nämlich bedeutend detaillierter als das, was bei Parfumo steht.
Kopf: Aldehyde, Weißdorn, Salbei, Engelwurz
Herz: Narzisse, Ylang-Ylang, Jasmin, Rose, Iris
Basis: Ambergris, Leder, Eichenmoos, Patchouli, Vetiver, Balsam, Moschus, Sandelholz
(Das Eichenmoos ist echter Evernia Prunastri Extrakt.)

Die Phase mit den leicht animalischen Narzissen ist wirklich hinreißend. Bliebe es doch so schön!
11 Antworten
SebastianM vor 1 Jahr 14 9
4
Sillage
6
Haltbarkeit
9.5
Duft
Leuchtender Frühlingstag nach überstandenem Sturm
Die Zusammenfassung zuerst: Wir haben hier einen Galbanumkracher auf ernstem Vetiver mit lieblichen Blüten und goldwarmen Reflexen. Harz, ölige Narde und Moos betten weich.

Wie man sieht, finde ich Spring in Bome nicht so frisch und tosend wie es aufgrund vorheriger Rezensionen und Statements sowie meiner Vorstellung von einem Frühling im Hochgebirge zu erwarten gewesen wäre. Zum Glück gefällt es mir viel besser als meine Erwartung: Dies ist ein wunderschöner Duft! Angesiedelt irgendwo im Dreieck von dreien meiner Lieblingsgrüns, nämlich Fathom V, Vétiver Bourbon und Yerbamate, strahlt es eine ernsthafte aber leichtherzige Gelassenheit aus, nachdem der aufwühlende Galbanum-Estragon-Frühlingssturm sich gelegt hat. Dann findet sich überall Lieblichkeit und Süße, In-sich-Ruhen, aber keine Schwere. Weiches Grün mit bitteren Nuancen ist immer dabei. Das eigentliche Alleinstellungsmerkmal sind warmes Harz und besonders die köstliche Narde. Sie gleicht alles Raue des Vetivers aus, in der Basis rieche ich süßlich-balsamische und erdige Facetten. Spring of Bome wohnt ein Leuchten inne. Wie schön für einen Frühlingsduft!

Die Projektion ist nach dem anfänglichen Ausbruch schwach, und das Parfüm ist wenig haltbar: 3 Sprüher (aus 5 ml Glas-TZ) waren nach 5 Stunden verschwunden. Trotzdem ist es haltbarer als ich zunächst dachte: manchmal wollte ich schon nachsprühen, da bemerkte ich es doch wieder. Laut Markeninformation besteht Spring of Bome zu 96% aus natürlichen Bestandteilen, was einen negativen Einfluss auf die Haltbarkeit haben könnte, so wie es andererseits einen positiven Einfluss auf die Tiefe und Komplexität des Duftes haben mag.

Mir gefällt dieser Duft nicht nur an mir selbst, sondern ich empfinde ihn auch als ausgesprochen attraktiv: ich wäre gerne in der Gesellschaft einer Person, die ihn trägt. (In sehr enger Gesellschaft, in Anbetracht der Projektion, vielleicht nach Feierabend Tee trinkend im Garten inmitten von Frühlingsblumen.) Wenn meine Abfüllung sich zum Ende neigt, werde ich sie gewiss durch einen Flakon ersetzen. Der Duft von Spring in Bome ist ein Duft, der mir sofort fehlt, sobald er vergangen ist.
9 Antworten
6 - 10 von 46