Stulle

Stulle

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21 - 24 von 24
Stulle vor 8 Jahren 4 3
7
Sillage
7
Haltbarkeit
6.5
Duft
Impacto - der Einschlag
Der Name ist bei diesem spanischen EdT wohl Programm: die Kopfnote gleicht einem olfaktorischen Granat-Einschlag in die Nase dank Wacholder und brennender Koniferendämpfe. Dazu gesellt sich eine erbarmungslose Tabaknote, die überhaupt nicht gefällig sein möchte. Irgendetwas lässt mich an einen Schützengraben in der ausgetrockneten iberischen Steppe denken. Klare Sache von vornherein: das hier ist nur was für die ganz harten Parfumos!

Eine Bergamotte glaube ich im Vorübergehen wahrzunehmen, aber falls die da sein sollte, handelt es sich nur um kurze Anwesenheit. Das liegt auch unter anderem an der Garnierung mit Pfeffer, mit reichlich Pfeffer - also eigentlich unverschämt viel Pfeffer, der aus dem Anfang des Dufterlebnisses ein wirklich grenzwertiges Erlebnis macht.

Eine derbe Erfahrung, lieber Parfumfreund - ich brauche mindestens 10 Minuten, um diesen Beginn zu überstehen. In dieser Zeit bereue ich eigentlich auch jedesmal den Testversuch und hoffe, dass mich niemand anspricht. Obwohl zumindest professionelle Verkäuferinnen solch anstrengende Düfte gewohnt sein sollten.

Jedoch, sieh an, nach quälend langsam vergehenden Minuten taucht behutsam und geschmeidig eine würzige und angenehme Muskatnote aus dem Dunkel des dürren Dickichts auf, die den vorangegangenen Schrecken vergessen machen möchte und sich peu à peu mit etwas lavendelig-gewürznelkigem mischt, was IMPACTO eine vertrauenserweckende Behaglichkeit gibt. Sogar eine Idee von Zimt und Vanille glaube ich wahrzunehmen, aber das kann auch einfach das wunderbare Gefühl beim Nachlassen des Schmerzes sein.

Nun hat sich IMPACTO in einen dunklen und harzig-holzigen, aber recht anschmiegsamen Duft verwandelt. Wer hätte das gedacht! Das Sandelholz, das so mancher riecht, ist für mich nur schwer auszumachen, ganz klar dominieren für mich hier Tabak, Wacholder und Muskat - aber nun eben nicht mehr beissend oder brennend oder gar nach verlorenem Krieg riechend, sondern warm, würzig, harzig und männlich-stabil.

Mein begrenzter Horizont läßt lediglich den hinkenden Vergleich mit dem schönen alten MONTANA zu, das ich seinerzeit ja wirklich geliebt habe; von dessen Süße ist hier zwar nicht viel zu entdecken, trotzdem empfinde ich IMPACTO auf meiner Haut als sehr angenehm weich, würzig-warm und überhaupt nicht bitter.

Alles in allem eine schöne und unerwartete Begegnung im spanischen Supermarktregal. Männer, traut Euch!

Edit Mai 2018:

Reformuliert. Der Duft ist nun in der Kopfnote zitrischer und sehr viel weniger pfeffrig.
Ansonsten viel Muskat, Gewürznelke, Anklänge an Zimt; insgesamt differenzierter und schlanker als die alte Version. Hat an Tragbarkeit gewonnen.
3 Antworten
Stulle vor 8 Jahren 28 13
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Müggelsee statt Malle
Na, det riecht ja wie Somma! Een Sprüher und uff eenmal steh ick im Wald. Oda bessa: uff der Zitronenplangtaasche. In echt ey, ha' ick neulich jemacht; ick bin ma 'n paar Tage dahinjeflogen, wo's imma schön anjenehm temperiert is, mit Strand und allet. Fliejer ab Tegel, schicke kurze Anfahrt mit'n Autobus vom Alex, falls det ma eener von Euch machen will. Da also - uffem Dorfe natürlich, und nich da, wo sich alle eimaweise Sangría rinballern - riechtet nämlich jenau so!
N kräftija Zitronenschub, en jutet Mass an Neroli, ne jehäckselte Zeder oder sonstijet Kaminholz, irjendwat Grünet und fertich is die Laube! Det is keene weltgrößte fünfdimensionale Parfümörskunst - aba det is frisch, det is lecka und man möchte jarnich mehr uffhörn zu schwitzen, damit man sich damit wieder runtakühlen kann! So stell ick mir'n or'ntlichet Kolonje vor.

Duftvalauf hatta bei mir nich; da looft nüscht, sondern steht entspannt anner mallorquinischen Dorfstrassenecke rum und riecht imma zuverlässich gleich. Jottseidank, sach ick mal!
Erinnert mich ooch n bisschen an det jute alte 1916 von Myrurgia, nur n Zacken männlicher wejen det Holz, weeßte?! Halten tut er ooch janz juut für'n Kolonje. Kartong sieht schick aus, und der Flakong is ooch dufte. Hähä, Witz jemacht!
Meene Allerholdeste sacht übrijens, det is voll okayestens und kann notfalls ooch ma 'ne Madame von Welt als leichtet und frischet Sommer-Odörchen zwischendurch ufflejen, wenn sonst nüscht im Hause ist.
Also, ick froi ma uff jeden schomma uffen Hochsomma wie letztet Jahr, wenn Berlin zum Ballermann wird und eene Wolke is - nämlich ne Wolke von Grillanzünder, Holzkohle, verbrannten Würschtchen, anjekokelten Tofubuletten und Berliner Pilsner, vegan natürlich. Dann druff mit dem Zoich (für'n Fünfer im Abverkauf beim Rossi!), kurze Buxen an, in'n Friedrichshain oder gleich raus nach Köpenick jeradelt und Du fühlst Dir wie uff Urlaub; haste ooch gleich noch die Kohle für'n Flug jespart. Ick sach nur: MÜGGELSEE STATT MALLE!!
13 Antworten
Stulle vor 8 Jahren 10 4
6
Sillage
6
Haltbarkeit
7.5
Duft
Ein guter Kerl
BRUT, vor 30 Jahren mein allererstes After Shave. Plötzlich sind da die Erinnerungen:

Ein heißer Sommer in den späten 80ern, Abitur bestanden, Führerschein ebenfalls, das erste Lehrjahr, die erste Liebe, der erste VW Golf, Lagerfeuer-Partys irgendwo im Grün der hügeligen Provinz, die Reise an die Cote d’Azur mit Blick auf die Bucht von St. Tropez; ein Rausch von Lebensfreude, Entdeckungen und großen Plänen - alles eingerahmt von diesem ersten und mich überallhin begleitenden Duft.

Auch heute, nach so langer Zeit, macht mir BRUT wieder Vergnügen: warm, pudrig, verhalten süß und gleichzeitig moosig-männlich. Kein Alphatier und kein Macho, aber durchaus selbstsicher; nicht spektakulär, nicht laut, nicht nervig, sondern ein junggebliebener und in sich ruhender Begleiter, der nie den Humor verliert.
Einer, dem man vertraut und der sich zu gegebener Zeit diskret zurückzieht.
Die Eigenschaft der kurzen Haltbarkeit hat ja zweifellos den Vorteil, dass man später am Tag entweder nachsprühen oder gar einen anderen Duft auflegen kann - ist doch auch mal ne Idee und erklärt zudem den Verkauf im Ersatzkanister.

BRUT ist ein guter Kerl, ich sag’ ihm einfach mal danke für die schöne Zeit!
4 Antworten
Stulle vor 8 Jahren 13 9
7
Sillage
8
Haltbarkeit
6.5
Duft
Der Ron Jeremy unter den Herrendüften
Assoziation: 1977, die Tür geht auf, da steht ein kräftiger, braungebrannter und stechend nach Seife riechender Kerl mit Schnauzbart, Kottis, Goldkette, Schlaghosen, Hemd bis zum stark behaarten Bauchnabel geöffnet: „Hoppla Ladies, hier komm’ ich! Na, wo sind denn meine kleinen Schnuckelhäschen?“

Nach einer Stunde hat sich der Bursche ein bisschen entspannt, sitzt auf dem Ledersofa und legt seine becowboystiefelten Beine auf den Tisch - und dann ist sie da, die Schuhcreme. Zuckersüße Schuhcreme! Wie zum Teufel bekommt man diesen Geruch in ein Eau de Cologne?

Mich verstört’s ungemein, aber eventuell war das am Ende der 70er Jahre sehr sexy. Man muss ja alles im zeitlichen Kontext sehen. Na denne, etwas für den Retro-Fan.

Edit 02.05.2016:
Es ist wirklich diese Seifennote, die mich feddich macht. Wenn die sich mal so langsam, sehr langsam, abmildert, dann wird es für mich erträglich. Aber ich tendiere ganz klar zu Lagerfeld, wenn ich so einen Duft möchte. Was LAGERFELD CLASSIC mit Stil und im Anzug erledigt, schafft JOVAN MUSK mit Kraft und im Blaumann - wie ein etwas ungehobelter und hemdsärmeliger, aber trotzdem gutherziger Bruder.
9 Antworten
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