Taika

Jaaa! Innerliche Jubelschreie nach dem ersten Sprüher. Das ist Welch's Grape Soda. Was liebe ich diese amerikanische Limonade...

Wobei amerikanische Limo so billig und quietschig klingt, was hier kein bisschen der Fall ist. Parfum und Getränk haben eine besondere Note, die man sonst kaum irgendwo findet: eine dunkle, fruchtige Süße, wie bei eingelegten Rum-Rosinen oder Malaga-Eis. Sehr extra, sehr lecker.

Ein wenig erinnert es mich auch an eine Puppe, die ich als Kind hatte: Greta Grape von Cherry Merry Muffin. Und auch hier entschuldige ich mich bei diesem großartigen Nischenduft, dass ich ihn mit Neunziger-Jahre-Plastikpuppen vergleiche. Aber wer Greta Grape hatte, weiß, was ich meine. Ich bin mit dieser Puppe im Gesicht selig eingeschlafen.

Nach einem weingummisüß-fruchtigen Start wird Noir Toscane traubenzuckriger, das Fruchtige macht einer leichten Pudrigkeit Platz. Ein bisschen wie diese Traubenzucker-Rollen aus der Apotheke, die es in meiner Kindheit in allen möglichen Geschmacksrichtungen gab. Natürlich auch Traube, die Röllchen hatten dann einen lila Rand.

Insgesamt ist dieser Duft absolut angenehm, auch für die Umwelt, und im Alltag tragbar. Die Sillage ist wahrnehmbar, überwältigt aber nicht.

Die Haltbarkeit ist in Ordnung, würde ich mir aber ausgeprägter wünschen.

Puh... Ich fürchte, hier habe ich außerhalb meines Beuteschemas gewildert. Vielleicht ist ein Kommentar daher gar nicht fair. Aber ich muss mir das jetzt von der Seele schreiben, um den Fehlkauf besser verarbeiten zu können.

Gestern war ich bei Rossmann und da ich gerade mal wieder auf dem Parfumtrip bin, dachte ich, schnupperste mal ein bisschen. Drogeriedüften gegenüber bin ich durchaus aufgeschlossen, ich bin ein langjähriger Fan von Jovan Musk Oil und Cotton Musk von Ulric de Varens. Auch das italienische Milk Shake von Malizia Bonbons kann was.

Also die drei vorhandenen Michalskys vorgenommen, da mich die schöne Verpackung in Roségold angemacht hat. Mein erstes Testobjekt - puh, das ist ja Angel. Der nächste - zu lakritzig. Aber Michalsky II fand ich spontan gut und bei dem Preis, naja, ab in den Korb damit.

Zu Hause aufgesprüht. Was habe ich mir dabei nur gedacht? Das riecht für mich einfach nur nach Parfum. Ohne Charakter, ohne gut rausgearbeitete einzelne Duftnoten. Ein gepanschter 0815 Einheitsbrei.
Ein wenig kann ich die Duftzwillings-Einordnung zu Replica Funfair Evening von Maison Martin Margiela nachvollziehen: Birne, die sich auf Orangenblüte und Tuberose bettet und auf Vanille und Moschus endet. Wahrscheinlich war das die spontane Sympathie am Regal. Aber bei dem Replica Duft ist das viel präsenter und knackiger rausgearbeitet. Hier empfinde ich einfach nur einen parfümigen Wooosh. Das dafür recht wuchtig. Orientalisch-warm und für meinen Geschmack zu blumig. Ich kann gut nachvollziehen, wenn dieser Duft Kopfschmerzen bereitet.

Abends habe ich es nochmal versucht und den Duft vorm Schlafengehen erneut aufgesprüht. Aber nun mögen wir uns noch weniger. Ein kleiner Hauch war heute Morgen noch vorhanden, die Haltbarkeit würde ich als mittelmäßig bezeichnen.

Entwicklung: Die gourmandigen Basisnoten nach einiger Zeit finde ich ganz okay. Man muss abwarten, bis sie nicht mehr so floral erdrückt werden. Allerdings ist da immer noch garstiges Patchouli, das unermüdlich für den Oriental Headache sorgt.

Die Sillage ist mittelmäßig bis stark, dies aber eher durch ihre Nervigkeit. Der Duft verteilt sich nicht im ganzen Raum. Zum Glück. Aber wenn man in die Wolke reingerät, ist es kopfschmerzinduzierend.

Anlass: Zum Weggehen kann ich ihn mir richtig gut vorstellen. Er erinnert mich sogar an die Duftwolke in einer Disco. Für die Arbeit finde ich ihn nicht passend.

Das ist er. Der einzige Duft, dem ich momentan 10 Punkte gebe.

2011 muss es gewesen sein, da habe ich ihn bei den Beautyjunkies als Abfüllung bekommen. Passt, dachte ich. Genau das, was ich mag: Cremige Vanille-Mandel, ein paar süße Amarettini bis hin zu likörigem Amaretto, meine geliebte Waldmeister-Tonka-Note. Und packte ihn in meine Duftkiste. Da hatte ich ihn ja sicher.
Full Size kaufen? Hmm... Die Verpackung sah mir ein bisschen zu 0815 aus...

Ich suchte weiter, es könnte ja noch besser gehen, noch spannender, ich war in Probierlaune. Von den Gourmands kam ich auf Puderdüfte und Experimentelles und landete irgendwann bei Molecule 01. Sicher hoch gehyped und auf der Wunschliste vieler. Aber so richtig wohl fühlte ich mich damit im Alltag nicht. Das war nicht ich.

Irgendwann ging ich wieder an meine alte Duftkiste. Er war noch da, wir hatten uns lange nicht gesehen, aber er hatte sich seit damals nicht verändert. Für mich genau die richtige Balance aus Gourmand und einem sexy Mehr dahinter. Weich, cremig, appetitlich, aber nicht zu essbar. Er hat eine dunkle, feminine, ja leicht bittere Note. Aber immer harmonisch und marzipanig eingebettet.
Jetzt wollte ich ihn aber endlich haben. Ich hatte mich genug ausprobiert, ich kannte mich selbst inzwischen einen Tick besser und habe aufgehört, etwas darstellen zu wollen, das ich gar nicht bin. Dieser Duft, das war ich. Er brachte das in mir heraus, was ich gerne sein wollte und auch war. Best version of me. Mit ihm fühlte ich mich am wohlsten.

Tja. Die Produktion wurde offenbar eingestellt. Seitdem suche ich täglich bei eBay und Kleiderkreisel danach, habe hier eine Anfrage im Souk und hoffe... Mir bleibt eine halb leere, 20ml Braunglasflasche. So lange ich nicht mehr habe, trage ich ihn nicht oder nur zu ganz speziellen Anlässen.

Sillage: nicht aufdringlich. Eher für einen selbst wahrnehmbar. Man muss nicht extra schnuppern, er umweht einen schon hier und da auf angenehme Weise, bleibt aber in der Nähe.

Haltbarkeit: Könnte stundentechnisch gesehen besser sein, aber ein warmer Drydown bleibt lange auf der Haut. Haltbarkeit über die Jahre: Ausgezeichnet, kippt nicht, 2019 so wie 2011, scheint für immer jung zu bleiben.

Und um den kitschig angehauchten Kommentar komplett zu machen, möchte ich Léa von St. Barth den Song "I have always loved you" von Enrique Iglesias widmen. Aufschreiben wäre wohl eine Copyrightverletzung, aber der Text ist ja googlebar.

Vanille West Indies ist für mich der purste und reinste Vanilleduft. Er hat Ähnlichkeit zu Vanille Extrême von CSP, aber es fehlt die (dort sehr angenehme) Sonnenöl-auf-salziger-Haut-Moschus-Note. Vanille West Indies hat etwas weniger Präsenz, ist weicher, klassischer und noch essbarer. So ein richtig klassischer Vanillepudding, cremig und reichhaltig. Ein wenig schwingt das erste Schnuppern an der lila Schokolade mit. Die Orchidee könnte ich mir einbilden herauszuriechen, wenn ich an den Weichspüler Soft... Vanille-Orchidee denke. Doch, ja, da ist Ähnlichkeit. Die ölige Konsistenz gibt dem Duft eine samtige Tiefe.

Entwicklung: Nicht großartig vorhanden, das ist aber auch nicht schlimm und nicht nötig bei so einem Duft. Wenn ich eine Nacht damit schlafe, riecht er am nächsten Morgen etwas schokoladiger und karamelliger.

Haltbarkeit: Ausgezeichnet. Ich habe das Gefühl, dass das auch an der öligen Konsistenz liegen könnte.

Sillage: Mitmenschen scheinen diesen Duft gut wahrzunehmen, empfinden ihn aber als angenehm.

Tragesituation: Für die Außenwelt ist er mir fast zu genussvoll, zu privat. Ich trage ihn zu Hause, zum Wohlfühlen. Er vermittelt eine so familiäre Nahbarkeit, die ich draußen nicht ausstrahlen will. Es sei denn, man trifft sich mit guten Freunden.

"Arbeiten Sie beim Zahnarzt? Sie riechen so!" Das fragte mich die Apothekerin, als ich frisch mit Warm Cotton bedieselt hereinkam und Ibuprofen kaufen wollte. Ich war nicht beleidigt. Das ist nämlich genau der Charakter von Warm Cotton, den ich so schätze: absolute Sauberkeit. Mein Tag war gerettet nach diesem schönen Kompliment.

Für mich fehlt dem Duft zum Zahnarzt allerdings die Desinfektionsmittel-Komponente. Ich rieche da eher die Einspülkammer der Waschmaschine, wo dicke Klumpen von aufgeweichtem Waschpulver hängen geblieben sind. Und auch das ist ein Kompliment. So sollte meine Wäsche eigentlich riechen, aber egal mit welchem Waschmittel oder Weichspüler, sie tut es nie. Warm Cotton schafft hier zuverlässig das, was kein Waschmittel dieser Welt schafft. Reiner, klarer Waschmittelduft.

Anhand der deklarierten Duftnoten hätte ich das nie gedacht, dass dieser Duft so sauber und unorganisch daher kommt. Zitrisch, maritim, blumig? Puh, damit kann man mich normalerweise jagen. Aber das Zusammenspiel hier ist wunderbar synthetisch, sachlich, frisch. Wenn mir meine Gourmands zu verspielt sind und ich etwas Seriöses, aber nichts Madamiges tragen möchte, dann passt Warm Cotton immer.

Die Sillage scheint recht stark zu sein, da ich auf diesen Duft mit am meisten von anderen Personen angesprochen werde.