ThePunisher

Schon seit Beginn meiner Mitgliedschaft vor vier Jahren begegnete ich regelmäßig dem Thema Aventus. Die vielen begeisterten Kommentare und Empfehlungen machten Lust. Die leidige Batch-Diskussion, das ewige Pantydropper-Gerede sorgte hingegen immer wieder für Belustigung. Dass Aventus mal bei mir einziehen könnte, konnte ich mir gerade deshalb nicht vorstellen.
Nachdem meine Frau nun immer vehementer darauf pocht, dass ich meine Parfumsammlung massiv abbaue und nur noch ihr geliebtes Boss Bottled (*gähn*) trage, war ich angestachelt es ihr mal so richtig zu zeigen dass es noch was geileres als Boss Bottled gibt. Sämtliche hochklassige und bestbewertete Parfums hatten bei ihr keine Chance gegen Boss Bottled, nicht mal Amouage *seufz*.
Nun also den Pantydropper schlechthin heimlich besorgt und zu Hause nach dem morgendlichen Duschen unauffällig aufgesprüht, in Erwartung wie sich meine Frau gleich auszieht oder zumindest mich stöhnend umarmt und nicht mehr losläßt. Stattdessen jedoch im Vorbeigehen nur "Iiiiihhhh wasn das fürn Zeug?" … paar Minuten später „Puuuh wäääh“ (mit bösem Blick). Seltsam, welch ein Reinfall. Na gut, vielleicht gibts ja in der Arbeit Komplimente? Pustekuchen. 4 Kolleginnen umarmt, keine Regung, keinerlei Reaktion, alle blieben angezogen und haben nicht mal mit der Wimper gezuckt :-(
Fazit:
Aventus hat komplett versagt. Alle Versprechungen die ich in den Jahren hier zum Aventus gelesen habe, wurden nicht erfüllt. Jedenfalls bisher. Ich probiere es demnächst nochmal aus, vielleicht hatten ja alle Frauen ihre Tage. Mir persönlich gefällt Aventus allerdings gut, ich rieche ihn sehr gern an mir. Schön klassisch, fruchtig-maskulin. Weder die fruchtigen noch die rauchigen Noten dominieren übermäßig. Zumindest mein Batch scheint wunderbar ausgewogen in den Duftnoten. Dass aber so ein Hype um den Duft gemacht wird, ist für mich nicht so ganz nachvollziehbar. Die Preisgestaltung wird meiner Ansicht nach auch zu Recht oft kritisiert. Er könnte auch von Bvlgari oder so sein für 40 Euro, würde ich sofort glauben. Sillage und Haltbarkeit sind aber wirklich überdurchschnittlich und leicht zu unterschätzen.

Journey ist der sechste (und fürs Erste wohl letzte) Amouage, den ich kennen lernte. Laut der Kommentare hier rechnete ich mit einem eher unspektakulären Amouage ohne Extreme. Doch der erste Test belehrte mich eines Besseren: Ich zuckte beim ersten Schnüffeln verschreckt zurück. Igitt, in der Kopfnote dominiert etwas, was ich überhaupt nicht leiden kann. Aber was ist das bloß? Ich kam zuerst nicht drauf, erst einige Tage später beim zweiten Test hat es Klick gemacht. LAKRITZE! Ich hasse Lakritze wie die Pest. Und die Kopfnote erinnert mich an den widerlichen Gestank, den man in die Nase bekommt wenn man sie in eine frisch geöffnete Packung Lakritzeschnecken steckt. So bilde ich es mir zumindest ein, ich habe schon seit vielen jahren keine Lakritze mehr gerochen. Kann hier jemand bestätigen dass es nach Lakritze stinkt?
Wie auch immer, ich habe mir einen der unteren Kommentare zu Herzen genommen, diese Aussage von Parfumonator hat mir gut gefallen: "Wenn ich einen gewöhnlichen Duft mit europäischer Standard-Kopfnote haben möchte, dann habe ich bei diesem Nischenhaus nichts zu suchen. Hier wird einem das Original präsentiert und das mit einer bis dato völlig unübertroffenen Authentizität. Ja dieser Duft hat Ecken und Kanten. Er kratzt beim ersten Aufsprühen leicht in der Nase. Doch das macht dieses Parfum für mich aus. Er ist ein Charaktertyp mit Ecken und Kanten".
Nun, dadurch habe ich dem Journey eine Chance gegeben. Vielleicht werde ich von meiner Lakritze-Aversion ja geheilt? Ab der Herz und Basisnote kommen für mich erst die schönen beerigen und würzigen Noten zum Vorschein, die mir gut gefallen. Weihrauch und Leder nehme ich beim Journey kaum wahr. Er ist relativ fruchtig und vergleichsweise jugendlich geraten. Für mich hat er unter den fünf anderen mir bekannten Amouages durchaus seine Existenzberechtigung. Und der Flakon ist wirklich wunderschön! Ich geb ihm vorläufig 80 % .

Derzeit wage ich mich an einige Amouages heran, die mir alle von ziemlich gut bis sehr gut gefallen bisher. Den spektakulärsten Eindruck hat bisher Interlude hinterlassen, auf den ich angesichts der Kommentare hier (heftig, hart, krass....) aufmerksam und neugierig wurde. Beim ersten Test auf dem Unterarm war ich zunächst überrascht von der Milde des Duftes unmittelbar nach dem Aufsprühen. Etwas fruchtiges/obstiges dominiert zunächst, so dass ich fast schon dachte dass mit der Ware was nicht stimmt. Was dann aber nach etwa einer Minute passiert, habe ich so noch nie erlebt. Eigentlich kenne ich es nur so, dass der Beginn heftig sein kann und es dann milder und schöner wird. Beim Interlude ist es umgekehrt. Nach dem harmlosen fruchtigen Auftakt (irgendwie nach Obstlikör duftend) entwickelt sich auf der Haut ein Vulkanausbruch, ein Inferno! Ein riesiges Lagerfeuer mit feuchtem Holz und beigemischten (fabrikneuen) Autoreifen? Klingt wahrscheinlich zu negativ. Wie wäre es mit einem gerade abbrennenden voll gefülltem Lagerhaus eines Räucherstäbchenherstellers? Trifft es wohl eher. Ja, ich dufte viele viele Stunden lang gnadenlos nach einem überdimensionalen Räucherstäbchen. Und das bei nur je einem halben Sprüher rechts und links auf den Hals. Das ist wohl immer noch zuviel dosiert. Wie auch immer, Interlude ist von der Harmonie eines Jubilation so weit entfernt wie die Erde vom Mars. Allerdings extrem eigenständig, antimainstreamig und brutal charakterstark. Daher bekommt er von mir 90% und darf bei mir bleiben, da er wunderbar aus der Masse meiner doch recht braven Parfumsammlung heraussticht. Aber gut, dass ich mich bei Interlude als einzigem Amouage für den 50ml statt 100ml Flakon entscheiden habe. Das reicht für Generationen.

Nach längerer Zeit habe ich heute mal wieder L'Homme von Yves Saint Laurent getragen. Die oftmals beschriebenen fruchtigen Noten (Apfel) habe ich auch heute zum wiederholten Male vergeblich gesucht. Vielleicht liegt es an meiner Haut? Während der hier in den Kommentaren oft zum Vergleich herangezogene BOSS Bottled auch bei mir sehr fruchtig und unüberriechbar nach Apfel duftet, kann ich bei L'Homme keinen Apfel herausriechen und auch sonst nichts fruchtiges entdecken außer das dezent zitrische. Habe heute den ganzen Tag an meinem Handgelenk geschnüffelt, für mich duftet L'Homme fast genauso wie wenn ich einen edlen trockenen Weißwein auf meinem Arm verschüttet habe. Hoffe das klingt nicht abwertend, es ist durchaus als Kompliment gemeint. Schließlich kenne ich kein anderes Parfüm, das nach edlem Weißwein duftet. Da es sich um einen trockenen und spritzigen Weißwein handelt, eignet sich L'Homme durchaus auch für den Sommer und zu edlen Anlässen wie Ausgehen und High Society Feiern.

Ich kann meinen Vorrednern im Großen uns ganzen zustimmen. Wer was starkes und auffälliges sucht, ist bei BME falsch. Er ist frisch, leicht würzig-medizinisch und erinnert in den ersten Stunden ein wenig an den Mercedes-Benz Herrenduft. Und im Verlauf tritt m.E. eine metallische Note hervor, die ganz leicht an Chanels Platinum Egoiste erinnert. Irgendwie kommt bei mir auch das Bild eines luxuriösen Swimmingspools auf, an dem ich in der Sonne liege. Dies dürfte wohl der von Leimbacher beschriebene "nasse Marmor" sein. Haltbarkeit ist meiner Meinung nach noch ok, ich rieche ihn auch noch nach 8 Stunden auf dem Handrücken, wie eine edle Body Lotion.
Insgesamt bin ich zufrieden und trage ihn zu Anlässen wo ich edel riechen aber nicht auffallen möchte. Zum vornehmen Ausgehen, an wärmeren Herbsttagen und gemütliche Kuschelabende