Warilol

Endlich Urlaub! Voller Vorfreude füttere ich das Navigationssystem mit meinem bevorstehenden Reiseziel, los geht's! Doch dann der Schock, unterwegs eine Reifenpanne... Enttäuscht befehle ich meinem Navigationssystem, es soll die Routenführung beenden, der wohlverdiente Urlaub muss dann erst einmal warten.

So oder zumindest so ähnlich kann ich sinnbildlich meine Erfahrung mit Sur la Route beschreiben. Anfangs absolut begeistert und voller Vorfreude, entpuppte er sich für mich persönlich im späteren Verlauf als prüder und in der Praxis etwas langweiliger Zitrusduft.

Wenn ich mir den Flakon und die Farbe des Parfums anschaue, so spiegeln diese sehr gut das Szenario wider, welches Sur la Route in mir bildlich kreiert. Ein klassisch aber dennoch sehr modern gekleideter Mann bei einem Spaziergang durch eine mediterrane Landschaft. Luftspiegelungen, hervorgerufen durch die sengende Hitze flackern über die Straße, während die Gräser am Rand das Konzert mit ihren hektischen Tanzbewegungen abrunden. Die Landschaft gefärbt in Pastellfarben, die Hitze hat jener fast gänzlich ihre Fruchtbarkeit geraubt. Doch der Schein trügt, hoch oben in den Baumspitzen finden sich noch letzte Überbleibsel des Spätsommers, überreife aber dennoch saftige Zitrusfrüchte, welche den staubtrockenen Spaziergang mit einer kurzen Erfrischung abrunden.

Ich vergleiche diesen Duft sehr gerne mit Bond No9s Bleecker Street, denn meiner Meinung nach findet sich hier eine gleiche DNA wieder, auch wenn die Düfte an sich völlig verschieden wahrzunehmen sind.
Wo Bleecker Street für mich ein Picknick mit Früchten auf einem quietschgrünen Wiese ist, stellt Sur la Route für mich die oben beschriebene Szenarie dar. Beide Düfte haben aber eines gemeinsam: Ein zitrischer Start, dem eine Grasige Basis folgt.

Sur la Route startet angenehm mit einer sehr authentischen aber zugleich zurückhaltenden Zitrusnote, welche rasch von einem in meinen Augen leicht muffigen Grasgeruch untermauert wird, welchen ich mit durch Hitze ausgetrocknetem Gras assoziiere. Achtung, hier ist nicht die Rede von Vetiver! Auf mich wirkt all dies sehr klassisch, aber dennoch zeitlos-modern und keinesfalls Mainstream, obwohl es sich hier im Prinzip um einen normalen Designerduft handelt.

Doch wo ist jetzt mein Problem mit diesem Duft? Nun ja, auf meiner Haut wirkt dieser Duft sehr simpel und schnelllebig. Von der schönen Zitrusnote bekomme ich, vor allem auf der Haut, fast gar nichts mit, resultierend in einer wie schon beschrieben, leicht muffigen Grasnote. Vermutlich kommen hier auch die Assoziationen mit Leder zustande! Hinzu kommt, dass ich den Duft selbst bereits nach gut einer Stunde gar nicht mehr wahrnehme, die Projektion, so zumindest für mich als Träger, ist einfach fast nicht vorhanden. Mein Umfeld hat diesen Duft auch eher neutral bis gar nicht wahrgenommen. Für mich ist das eher unbefriedigend, wozu dann also 230€ für einen Designerduft ausgeben, der so richtig überzeugend nur auf dem Papier (Teststreifen) für mich war?

Trotz allem ist Sur la Route ein sehr schöner Designer Duft, der m.E. am Ende aber keine 230€ wert ist. Wenn ich solche Summen ausgebe, dann möchte ich den Duft wahrnehmen und genießen, und das nicht nur ein paar Minuten.

Wie ich in meinem letzten Kommentar bereits beschrieben habe, will ich in nächster Zeit vermehrt Zara-Düfte unter die Lupe nehmen. Neben der aktuellen Summer Kollektion, soll nun der schon etwas länger erhältliche "Vetiver Pamplemousse" dran sein.

Ich will hier gar nicht groß um den heißen Brei reden, denn gemäß der simplen Duftpyramide muss man hier nicht wirklich abdriften. Man bekommt eine unglaublich authentisch in Szene gesetze Crapefruit aufgetischt, in die man am liebsten reinbeißen würde. Diese wird von einer sanften Vetiver-Note begleitet, welche sich nach ein paar Stunden immer mehr in den Vordergrund schiebt. Weich und sanft, weniger dreckig und männlich, wie man sie aus klassischen Düften kennt, welche mit der Grasnote spielen.

Was soll ich sagen, ich bin begeistert von diesem Duft. Man bekommt hier für 25 € einen recht simplen, aber von der Qualität her erstklassigen Duft, der mich sehr stark an das Haus "Atelier Cologne" oder etwa die "blu mediterranio" Kollektion von Acqua di Parma erinnert. Hier ist nichts synthetisch oder billig, der Duft wirkt im gesamten einfach sehr authentisch, für mich eine Offenbarung.

Logischerweise reden wir hier nicht von einem H/S-Monster, vor allem nicht in dieser Preisklasse. Ich konnte den Duft gut 4 Stunden auf meinem Handrücken wahrnehmen, wobei er gerade auf Textilien in der ersten Stunde recht gut projiziert hat.

Liebhaber zitrischer Düfte, welche sich eher an der Nische orientieren, bzw. den Fokus auf eine authentische Darstellung legen, sollten diesen wirklich mal probieren. Ich lege mich hier gerne aus dem Fenster, den kann man getrost blind bestellen.

Im Zuge der aktuellen Isolation will ich meine Freizeit sinnvoll nutzen, kreatives tun oder einfach meine Lieben beschenken. So kam ich auf die Idee, mir aktuell alle gängigen ZARA Düfte aus der Sommerkollektion zu bestellen, sie Tag für Tag zu reviewen und am Ende für Geburtstage oder andere Festivitäten zu verschenken. So mache ich anderen eine Freude, kann jedoch selbst auch meinem Hobby nachgehen.

Generell finde ich Zara-Düfte recht spannend. Sie sind modern, manchmal sogar relativ hochwertig und man bekommt sie für kleines Geld in den örtlichen Stores regelrecht nachgeschmissen. Da das Modehaus ihre Parfüms nahezu im Wochentakt auf den Markt schmeißt, fehlt es oftmals an Erfahrungsberichten in diesem Dschungel.

Anfangen möchte ich mit dem vermutlich jüngsten Duft aus der Reihe, dem 8.0 Summer. 100 ml konnte man auf der Website letzte Woche für unschlagbare 9,99€ kaufen. Kann da noch viel schief gehen?

Nachdem ich mich jetzt gut 5 Tage mit dem Duft beschäftig habe, kann ich bestätigen, dass ich so ziemlich alle Bestandteile aus der Duftpyramide wahrnehmen kann. Gleich nach dem Aufsprühen empfängt mich ein Mix aus Mandarine und Apfel, was von einer frischen Gurke untermauert wird. Auf mich wirkt das ganze weniger zitrisch, eher fruchtig-cremig mit einer merklichen Note an Gurke. Diese Szenerie ist dabei weniger authentisch umgesetzt, vielmehr würde ich es als eine moderne Synthetik beschreiben, ohne dies negativ zu behaften. Die cremigen Nuancen führe ich auf das Amberwood in Kombination mit der Mandarine zurück, was ich so auch schon im Cool Water Intense kennengelernt habe. Je länger der Duftverlauf, desto mehr erinnert mich dieser hier an Davidoffs Flanker.

Klingt bisher ja eigentlich recht solide, allerdings konnte dieser Duft auf meiner Haut nahezu gar keinen Drydown entfalten, so schwach war er insgesamt auf der Brust. Ich musste ihn sehr großzügig auf meiner Kleidung bzw. einem Teststreifen auftragen, um ihn nach 5-7 Stunden überhaupt noch auf dem Textil wahrzunehmen. Wie gesagt, konnte ich dort einen cremigen Amberwood-Mix wahrnehmen. Auf meiner Haut verkam der Duft in einer leider Zara-typischen Belanglosigkeit, die ich nicht so recht definieren konnte.

Dieser Duft lebt also komplett von seiner Kopfnote, die mir im Umkehrschluss aber recht gut gefällt. Eigentlich müsste man ihn wegen der mangelnden Haltbarkeit und des schwachen Drydowns abstrafen, aber hey, bei diesem Preis kann man fast nicht meckern. Und ich bin ehrlich, mir gefällt der Duft besser als der oben erwähnte Cool Water Intense.

Wer sich im Sommer gerne mal mit einer spritzigen Kopfnote erfrischt und kein Problem mit einer modernen Synthetik bzw. einer schwachen Haltbarkeit hat, der macht hier bei diesem Niedrigpreis vermutlich keinen schlechten Deal.

Laut Roja Dove schaffen es ja nur wenige, den Traum von diesem angeblich immergrünen und saftig-blühenden Paradies zu realisieren. 2020 habe ich mir fest vorgenommen: Ich will auch in dieses Paradies!

Wer regelmäßig auf YouTube und den einschlägigen Communities rund um das Thema Parfüm aktiv ist, dem muss zwangsläufig dieser Elysium, vor allem in der sogenannten Parfum-Cologne Version, ein Begriff sein. Während der Trubel um Aventus über die Jahre etwas abzuklingen vermag, taucht dieser aus dem Hype-Meer gerade erst so richtig auf und ist in aller Munde, denn es gibt kaum eine "Top 10 Niche List" eines bekannten Influencers, ohne diesen wunderschönen Flakon. Da mir die Duftpyramide sehr zusagte und ich generell auf zitrisch-frische Düfte stehe, dachte ich mir, kann man sich doch mal ein 270 € teures Parfüm blind bestellen. Klingt doof, ist es auch, aber immerhin bekam ich zum Flakon noch eine Probe, sodass ich ihn ggf. wieder zurücksenden kann.

Schaut man sich die äußerst üppige Duftpyramide an, so erwartet man ein zitrischen Duft, gepaart mit leicht ätherisch-grünen Nuancen, welche auf ein Moschus- und Holzfundament gebettet sind. Nun, dem kann ich zustimmen, jedoch kommt das Vergnügen meiner Nase nach aber wesentlich trivialer daher. Im Prinzip lässt sich der Duftverlauf auf drei Stufen herunterbrechen: Zitrus, Wacholder- bzw. Johannisbeeren und gegen Ende Vetiver, alle anderen der drölfhundert Bestandteile will ich hier nicht wirklich wahrnehmen, wobei die Wacholderbeeren für mich mit Abstand am dominantesten sind. Später übernimmt diese Rolle der Vetiver, Hölzer vermisse ich leider gänzlich.

Was die Haltbarkeit angeht, so würde ich diese lediglich als moderat einstufen, nach 5-6 Stunden erlischt die Sonne im hochgelobten Paradies, viel mehr habe ich aber auch gar nicht erwartet in Anbetracht der "frischen" Duft-DNA.

Anhand dieser Dynamik kann der aufmerksame Leser erkennen, dass ich von diesem Duft tatsächlich ein wenig enttäuscht bin, ich habe einfach etwas anderes erwartet. Die zitrischen Noten hätte ich mir saftiger, prominenter und etwas langanhaltender gewünscht. Dieser Duft ist vor allem eine Beeren-Bombe, die Wacholder- und Johannesbeere nehme ich im gesamten Duftverlauf sehr markant wahr. Das ist neu für mich und mi t so einem Verlauf habe ich ehrlich gesagt auch nicht im Vorfeld gerechnet. Grund für diese falsche Erwartungshaltung war wohl der ständige Vergleich mit Aventus. Dieser hier definitiv NICHTS mit Aventus gemeinsam!

Trotz allem merkt man diesem Duft die Qualität und das Handwerk deutlich an. Er erzählt eine Geschichte, entführt den Träger an verschiedene Orte, ist irgendwie komplex, aber dennoch simpel in seiner Natur. Viele werden ihn mögen, die wenigsten aber wirklich zu schätzen wissen. Ich gestehe, ich habe eine sehr simple Freshie-Nase, ich mags einfach einfach.

Der Kauf dieses Duftes war für mich auch symbolisch das Ende meiner Sammelleidenschaft für Düfte gewesen, das Ende einer Reise, im Paradies vermeintlich angekommen. Der teuerste Flakon in meiner Sammlung, der Höhepunkt wurde erreicht. Insgesamt fast 70 Düfte, ein Gesamtwert von einem Kleinwagen. Irgendwann muss Schluss sein.

Ich hätte diesen Meilenstein gerne mit jenem Duft gefeiert, aber der Funkte wollte bisher noch nicht so richtig zünden. Ich werde die Probe weiterhin tragen, vielleicht lerne ich ihn zu lieben. Aber nur mögen und okay finden, das reicht mir bei einem derart teuren Duft definitiv nicht aus. Bis dahin bleibt der Flakon original verpackt, vielleicht bekommt er ja den letzten freien Platz in meiner Sammlung, wer weiß.

Update 27.03.2020: Mittlerweile ist der Duft zu meinem absoluten Liebling mutiert. Da sieht man mal, wie ein Duft an einem reifen kann und anfängliche Eindrücke nicht zu einem finalen Urteil führen. Ich bin froh, dass ich den Flakon behalten habe.

Mal ehrlich liebe Parfumo-Gemeinde, wo ist euer Problem? Hätte Dior die alte DNA beibehalten und einfach nur modifiziert, würde man sich vermutlich über mangelnde Innovation aufregen. Jetzt hat der Parfümeur das alte Konzept über Bord geworfen und was gänzlich neues kreiert, trotzdem ist das Geschrei und die Enttäuschung scheinbar groß, zumindest in der eingefleischten Community. Eigentlich kein Grund zur Sorge, schließlich wird eure alte Dior Homme Linie ja nach wie vor geführt.

Hier wurde, ähnlich wie damals bei Sauvage, ein ganzjährig tragbarer Duft geschaffen, der eine klassische Duft-DNA neu und modern interpretiert, sodass ihn jung und alt tragen kann. Für mich hat dieser Duft definitiv einen old Gentleman Touch, aber ich liebe es, wenn in die Jahre gekommene Düfte modern interpretiert und somit wieder tragbarer werden. Das ist Dior definitiv gelungen und diesen Aspekt sollte man hervorheben und etwas würdigen. Ich kann mir diesen Duft an einem 40 Jährigen im Anzug vorstellen, aber genauso an einem 25 Jährigen Großstadttypen, der sein Geld als Blogger verdient und ständig die angesagtesten Klamotten trägt.

Was die Duft-DNA angeht, so verstehe ich diese Kritik nicht ganz. Der Duft ist zurückhaltend, etwas frisch im Opening durch die Bergamotte und holzig in seinem gesamten Verlauf, viel mehr kann ich da gar nicht erkennen bzw. beschreiben. Dass ihn einige langweilig finden, kann ich noch nachvollziehen, aber er hebt sich definitiv vom süßen Designermainstream ab. Parallelen zu Molecule 01 sind hier definitiv vorhanden, nur dass Dior Homme fast schon die Daseinsberechtigung des alten Geheimtipps aushebelt. Mir war der nämlich zu langweilig!

Ich bin mir sicher, dass die aktuellen Bewertungen eher aus Trotz und Enttäuschung über die geliebte Dior Homme Linie resultieren, weniger, weil der Duft so schlecht ist. Gebt dem Teil noch paar Jahre, dann wird er vermutlich ähnlich gehpyed wie Sauvage sein. Dior Düfte sind ihrer Zeit meist etwas voraus und erschaffen, genau wie Chanel, nicht all zu selten Trends, an denen sich die Industrie dann lange orientiert.

Und bitte immer vor Augen halten, wir reden hier von einem Designer-Release, welcher sich an den Mainstream richtet. Nix Nische!

Für mich ein solider Release aus dem Hause Dior, werde ihn im Frühjahr definitiv oft tragen!