Bellatrix
Top Rezension
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Gebt der Schlampe Fliederseife!
England, in den späten Vierzigern oder frühen Fünfzigern.
Die Burlesque-Tänzerin kommt von der Arbeit. Sie riecht nach Zigaretten- und Zigarrenrauch - nach teuren Zigarren, denn das Etablissement, in dem sie auftritt, ist gehoben. Ihre Zuschauer sind Herren aus den obersten Schichten der Gesellschaft: bekannte Schauspieler, Adelige, gestern hat sie sogar einen Minister im Publikum gesehen. Der Geruch der Bar, der noch an ihr klebt, mischt sich mit einem Hauch ihres Parfums. Es ist ein verruchtes, aber edles Parfum. Schließlich ist sie keine Hure, sondern eine Künstlerin und noch dazu eine gut bezahlte! Man munkelt, sogar ein Mitglied der königlichen Familie hätte einmal viel Geld ausgegeben, um sie auftreten zu sehen. Ob das wahr ist? Das weiß nur sie.
Sie lässt sich ein Bad ein, teures Badesalz, und schrubbt sich mit ihrer Fliederseife den Geruch der Bar von der Haut. Es ist eine teure Seife, die ihr ein Liebhaber aus Paris mitgebracht hat. Sie wäscht sich durch das Gesicht und ein Hauch ihres Puders mischt sich mit dem Duft des Badeschaums und der teuren Seife. Sie steigt aus dem Bad, trocknet sich mit einem dicken, weichen Badetuch ab und wickelt sich in ihren Morgenmantel aus kostbarer Seide.
So riecht dieser Duft für mich: frisch gewaschen, nach teurer Fliederseife, nostalgisch. Nicht aus dieser Zeit, wie ein Parfum aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts oder sogar aus dem 19. Jahrhundert. Würde man mir das Parfum zum Riechen geben und sagen, es wäre ein gut erhaltener Vintage-Duft aus dem Jahr 1950, ich würde es sofort glauben!
Es ist ein damenhafter, eleganter, sauberer Duft, wenn auch nicht ganz unschuldig. Ich finde, die verruchte Femme fatale-Note aus den anderen Dita-Parfums ist auch hier dabei, wenn sie sich auch hinter einem dicken Stück Edelseife versteckt. Der Duft ist sehr weiblich und riecht viel teurer als er tatsächlich war. Würde man ihn in den Flakon einer gewissen Nischenmarke stecken und ihm einen entsprechenden Namen verpassen, bin ich sicher, dass er hier in den Himmel gepriesen würde. Mich hat er jedenfalls auf ganzer Linie überzeugt - und das, obwohl man mich mit Flieder-Parfum sonst jagen könnte! Flieder-Parfum, das war für mich bislang etwas für Großmütter und alte Jungfern längst vergangener Zeiten.
Ich verwende diesen Duft immer, wenn ich eigentlich kein Parfum benutzen, sondern nur frisch und eben nach kostbarer Seife riechen will. Er macht sofort den Kopf frei, hebt die Stimmung - und er kann sogar etwas magisches: Er katapultiert einen direkt zurück in die Fünfzigerjahre, die Zwanziger oder auch das Viktorianische Zeitalter – etwas Fantasie vorausgesetzt.