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												 Top Rezension
					Vertraut anders
					Den einzigen Duft, den mein Vater jemals benutzt hat, war Brut von Fabergé, eine Art Herrenklassiker, seit 1973 auf dem Markt, in etlichen Variationen aufgelegt und eher im amerikanischen Raum erhältlich. Eigentlich mag er gar kein Parfüm, hat es aber wohl an irgendwem einmal gerochen und war ganz betört. Mittlerweile hat er aufgehört zu rauchen, rentnert rüstig durch die Gegend und lässt sein Fläschchen Brut im Schrank verstauben. 
Ich habe es heute mal wieder hervorgekramt (ich soll es mitnehmen, hat er gesagt), um einen kleinen Vergleichstest durchzuführen.
Und eins vorweg, ich irre mich bei Vergleichen regelmäßig und dieses Mal ist es nicht anders, wenn Erinnerung auf Momentanes trifft, zumal zwei Düfte unterschiedlicher Zeit und Produktion nunmal nicht gleich riechen können.
Sartorial von Penhaligon ähnelt Brut gerade in der ersten halben bis guten Stunde in bestimmten Punkten, ich war geradezu schockiert, wie bekannt mir der Geruch vorkam. Irgendwann nach dem dritten Test der kürzlich erworbenen Probe hatte es Klick gemacht und ich hatte meinen Vater vor dem geistigen Auge.
Es hat dieselbe schwere ozonische Rasierwasserdampfwolke wie der Brut, begräbt die süßen Akzente aber erstmal unter kratziger Trockenheit, wo anderer gleich alles in die Waagschale wirft und direkt aromatisch und zugänglicher daher kommt.
Einzelne Noten auszumachen, fällt mir schwer.
Krautiggrün der Brut, eher rauchiges Kristallblau beim Sartorial. Ich denke an Kümmel und Pfeffer. Drahtig anmutendes Gestrüpp. Der Brut hat leicht Zitrisches, was dem Sartorial komplett abgeht. Lavendel könnte ein gemeinsamer Nenner sein, im dichten Aldehyddunst weitgehend begraben. Moschus wäre sicherlich auch beidseitig zu erwähnen.
Die Düfte driften dann immer mehr auseinander. Da wo der Brut nach einer Stunde klein beigibt (er ist sowieso in einer anderen Gewichtsklasse zu Hause), sortiert sich der Penhaligon neu, kriegt die Honigaltersmilde, bleibt aber herb, eher streng in seiner sauberen Seifigkeit, unterlegt mit angenehmer Kräuterwürze. Die hat er wieder vom Brut. Milder Tabak und auch die ein oder andere liebliche Blüte gesellt sich dazu und täuscht etwas Leichtigkeit und Gemütlichkeit vor. Lavendelmetall wurde genannt.
Frisch ist das nur bedingt oder eben eine spezielle Definition davon. Man sollte schon ein Faible für klassische Rassierwässerchen haben, dann bekommt man Edles geboten. Ein bißchen altbacken für meinen Geschmack, was sicherlich meiner persönlichen Assoziation geschuldet ist. Sartorial und Brut sind verwandt und hinterlassen bei mir ähnliche Dufteindrücke bei unterschiedlicher Komplexität und Raffinesse.
Mein Vater würde nie viel Geld für ein Parfüm ausgegeben, auch wenn Sartorial für meine Begriffe recht moderat bepreist ist. Weit mehr als gut zu riechen, schätzt er nämlich seit jeher Preiswertes nach dem Motto: Gutes muss nicht teuer sein oder umgekehrt, was viel kostet, ist nicht gleich besser. Das heißt, so wenig wie möglich ausgeben, für die Dinge, die einem am Herzen liegen. Sparermentalität. Alles andere wäre Verschwendung.
Großzügig allerdings ist er gegenüber seiner Liebsten und seiner Familie.
Wer weiß, wo ich wäre, hätte mein Vater eine andere Beziehung zum Geld. Und hätte er nicht den preisgünstigen Herrenklassiker eine Zeit lang getragen und meine Neugier für Düfte geweckt, die Tür zur Duftwelt wäre mir womöglich verschlossen geblieben.
Eines weiß ich aber: So ist mir's lieber. Und der Brut, der steht jetzt erstmal bei mir rum. Ich schätze, auch hier wird die Staubschicht weiter anwachsen. Vielleicht stelle ich bei Gelegenheit die Probe Sartorial meinen Eltern ins Badezimmer. Ob mein Vater das auch so sieht mit der Verwandtschaft zu seinem Lieblingswässerchen?
				
				
			Ich habe es heute mal wieder hervorgekramt (ich soll es mitnehmen, hat er gesagt), um einen kleinen Vergleichstest durchzuführen.
Und eins vorweg, ich irre mich bei Vergleichen regelmäßig und dieses Mal ist es nicht anders, wenn Erinnerung auf Momentanes trifft, zumal zwei Düfte unterschiedlicher Zeit und Produktion nunmal nicht gleich riechen können.
Sartorial von Penhaligon ähnelt Brut gerade in der ersten halben bis guten Stunde in bestimmten Punkten, ich war geradezu schockiert, wie bekannt mir der Geruch vorkam. Irgendwann nach dem dritten Test der kürzlich erworbenen Probe hatte es Klick gemacht und ich hatte meinen Vater vor dem geistigen Auge.
Es hat dieselbe schwere ozonische Rasierwasserdampfwolke wie der Brut, begräbt die süßen Akzente aber erstmal unter kratziger Trockenheit, wo anderer gleich alles in die Waagschale wirft und direkt aromatisch und zugänglicher daher kommt.
Einzelne Noten auszumachen, fällt mir schwer.
Krautiggrün der Brut, eher rauchiges Kristallblau beim Sartorial. Ich denke an Kümmel und Pfeffer. Drahtig anmutendes Gestrüpp. Der Brut hat leicht Zitrisches, was dem Sartorial komplett abgeht. Lavendel könnte ein gemeinsamer Nenner sein, im dichten Aldehyddunst weitgehend begraben. Moschus wäre sicherlich auch beidseitig zu erwähnen.
Die Düfte driften dann immer mehr auseinander. Da wo der Brut nach einer Stunde klein beigibt (er ist sowieso in einer anderen Gewichtsklasse zu Hause), sortiert sich der Penhaligon neu, kriegt die Honigaltersmilde, bleibt aber herb, eher streng in seiner sauberen Seifigkeit, unterlegt mit angenehmer Kräuterwürze. Die hat er wieder vom Brut. Milder Tabak und auch die ein oder andere liebliche Blüte gesellt sich dazu und täuscht etwas Leichtigkeit und Gemütlichkeit vor. Lavendelmetall wurde genannt.
Frisch ist das nur bedingt oder eben eine spezielle Definition davon. Man sollte schon ein Faible für klassische Rassierwässerchen haben, dann bekommt man Edles geboten. Ein bißchen altbacken für meinen Geschmack, was sicherlich meiner persönlichen Assoziation geschuldet ist. Sartorial und Brut sind verwandt und hinterlassen bei mir ähnliche Dufteindrücke bei unterschiedlicher Komplexität und Raffinesse.
Mein Vater würde nie viel Geld für ein Parfüm ausgegeben, auch wenn Sartorial für meine Begriffe recht moderat bepreist ist. Weit mehr als gut zu riechen, schätzt er nämlich seit jeher Preiswertes nach dem Motto: Gutes muss nicht teuer sein oder umgekehrt, was viel kostet, ist nicht gleich besser. Das heißt, so wenig wie möglich ausgeben, für die Dinge, die einem am Herzen liegen. Sparermentalität. Alles andere wäre Verschwendung.
Großzügig allerdings ist er gegenüber seiner Liebsten und seiner Familie.
Wer weiß, wo ich wäre, hätte mein Vater eine andere Beziehung zum Geld. Und hätte er nicht den preisgünstigen Herrenklassiker eine Zeit lang getragen und meine Neugier für Düfte geweckt, die Tür zur Duftwelt wäre mir womöglich verschlossen geblieben.
Eines weiß ich aber: So ist mir's lieber. Und der Brut, der steht jetzt erstmal bei mir rum. Ich schätze, auch hier wird die Staubschicht weiter anwachsen. Vielleicht stelle ich bei Gelegenheit die Probe Sartorial meinen Eltern ins Badezimmer. Ob mein Vater das auch so sieht mit der Verwandtschaft zu seinem Lieblingswässerchen?
		9 Antworten 
	
	

 
					
find ich sehr edel. Leider hält der bie mir nicht lange.
Ps: Morgen geht die Post ab.