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Bin ich ein Banause?

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vor 2 Jahren 5

Ich frage mich, wer mit einem bestimmten Duft 'beeindruckt' werden soll.

Ich hab meine Düfte für mich und mir wurde erst klar, dass ich mit zwei Lutens-Düften sogar 'Nische' besessen hatte, als ich sie über den Souk verkauft hatte, weil sie einfach nicht mein Ding gewesen waren.

Und es ist auch eine sportliche Herausforderung, im günstigen Bereich nach schönen Düften zu suchen.

vor 2 Jahren 4

Ich bin erst seit ein paar Monaten in der Nischenwelt unterwegs und kann sagen, daß sich meine Duftvorlieben in der Zeit tatsächlich verändert/entwickelt haben. Ja, es gab den ein oder anderen Nischenduft, der mich gleich zu Beginn meiner Entdeckungsreise gepackt hat, aber das waren meist eher gefällige Kandidaten wie "Elixir (Essence de Parfum) | Roja Parfums", Latin Lover (Eau de Parfum)Latin Lover Eau de Parfum  oder "gentle Fluidity (Gold) | Maison Francis Kurkdjian" . Oud Jaune Intense (Parfum)Oud Jaune Intense Parfum  war der einzige etwas komplexere Duft, der mich damals wirklich sofort umgehauen hat.

Dann sind da die Lieben auf den zweiten Blick. Der erste Test endete entweder mit „nee, laß‘ mal“ oder einem Schulterzucken, weil ich den jeweiligen Duft zu dem Zeitpunkt einfach noch nicht so recht einzuordnen oder zu schätzen wußte. Das ist mir beispielsweise mit Tardes (Eau de Parfum)Tardes Eau de Parfum , Sunset HourSunset Hour  und Minuit et DemiMinuit et Demi  so gegangen – und sogar mit meinem „wenn ich nur noch einen Duft für den Rest meines Lebens behalten dürfte“, Yin Transformation (Parfum)Yin Transformation Parfum .

Und dann gibt es Düfte, bei denen ich ganz klar an meinem Geruchssinn zweifle, weil mich die Online-Begeisterungsstürme vor ein absolutes Rätsel stellen. Baccarat Rouge 540 (Eau de Parfum)Baccarat Rouge 540 Eau de Parfum  – Hansaplast in Reinform, pfui. "Malibù - Party In The Bay | Simone Andreoli"  – ich rieche nichts als Meister Proper, egal, wie lange ich warte. Lune Féline (Eau de Parfum)Lune Féline Eau de Parfum - Katzenpipi. Und das hat sich auch beim 5. Test nicht geändert.

In die etwas abenteuerlicheren Gefilde taste ich mich noch immer vor, aber ich merke, wie ich langsam offener und empfänglicher für Ausgefalleneres werde (bzw. das, was ich als ausgefallen empfinde – darüber können „Fortgeschrittene“ wahrscheinlich nur müde lächeln). Ich werde wohl nie zu den Menschen gehören, die sämtliche Komponenten eines Dufts erkennen und herauslesen können, was der Parfümeur zum Frühstück hatte, aber ich lerne meine Vorlieben und Abneigungen besser kennen und finde das spannend. Ich gebe zu, daß ich mich im Moment mehr mit der Nische beschäftige, weil es dort so vieles gibt, von dem ich noch nie gehört habe, aber wirklich einziehen werden bei mir nur noch Düfte, die mich zum Lächeln bringen - egal, ob Nische oder Designer. 😊

vor 2 Jahren 7
Eriele

Die Zeiten der Modediktaturen wo man nur In war, wenn man Kleidung / Zubehör und Duft von gewissen Marken tragen musste um anerkannt zu werden, sind vorbei.

Das seh ich komplett anders, schau Dir doch mal die Kids von heute an, die eifern irgendwelchen Rappern nach, da kann der Markenname nicht groß genug aufs T-Shirt gedruckt sein, Formate wie "Wieviel ist dein Outfit wert" gehen an die Decke, es werden Songs geschrieben die (fast) nur aus Markennamen bestehen und und und.
Ich bin auch so 'ne "alte Schachtel", und ganz klar war das früher anders bzw. lange nicht so extrem. Ich hatte durchaus auch mit der "High Society" zu tun, stamme aus einer Unternehmer-Familie, aber in unserer Altersklasse war noch wichtiger dass die Klamotten genauso sauber und gepflegt sind (natürlich auch man selbst), sehr gerne auch mit Anspruch und Stil, aber es war zum Beispiel total verpönt dass der Markenname plakativ groß aufgedruckt wurde. Aus meiner Sicht: Da wurde (bzw. wird, die Altersklasse ist ja noch lange nicht ausgestorben, im Gegenteil) Qualität und Stil noch deutlich höher gewertet als Marke.
Heute zahlen die Kids über 100€ für ein T-Shirt das qualitativ minderwertig ist, Hauptsache es steht groß ein Markenname drauf.
Gleichzeitig hat der Schwarzmarkt mit Fakes unfassbare Umsätze - wo man früher vielleicht mal im Urlaub 'ne Sonnenbrille "im Stile von Ray Ban" für 'n Fünfer gekauft hat (weil die echte für den Strand zu schade war oder so ähnlich) ist das heute ein gigantischer Markt.
Und natürlich gibt es dazu auch Plattformen, Communities, Gruppen usw.

Zuletzt bearbeitet von KJV am 18.08.2022, 15:00, insgesamt einmal bearbeitet
vor 2 Jahren 3
Sarroise

Mir ging es darum zu eruieren, ob es sich lohnt, nach all meinen Misserfolgen noch tiefer in die Nischenwelt einzusteigen. Einfach, um auch neue Erfahrungen zu sammeln. Deswegen war es mir sehr wichtig, hier viele verschiedene Meinungen zu hören. 😊

Auf jeden Fall lohnt sich das!
Ich hab z.B. auch noch ein paar Klassiker auf meiner Merkliste die ich unbedingt mal testen will, obwohl ich sicher bin dass sie nicht meinem Geschmack entsprechen. Einfach nur um sie mal gerochen zu haben, weil's sozusagen zur olfaktorischen Allgemeinbildung gehört.
Und weil's einfach Spaß macht. Also mir zumindest. Wahrscheinlich muß man dafür auch ein gewisses Nerd-Gen haben, aber ich find das spannend was es da alles jenseits der Standards noch gibt, auch ohne dass es mir gefallen muß. Und in meiner selbstgebastelten olfaktorischen Bibliothek im Hirn gibt's noch einige Lücken... Smile

vor 2 Jahren 5

Es wurde nunmehr mehrfach alles gesagt und meist auch sehr zutreffend.

Nischedestotrotz Wink möchte ich aber ein paar Anmerkungen machen.

Ich erlaube mir einen kleinen Exkurs und möchte Egon Friedell in Auszügen zitieren.

>>

Der griechische Begriff des Banausen ist nicht ganz leicht zu umschreiben. Sein Gegensatz ist weder der Kopfarbeiter (denn unsere Gelehrten mit ihren Laboratorien und Archiven hätten für Banausen gegolten) noch der sogenannte »freie Beruf« (denn auch die meisten Künstler galten dafür), sondern als banausisch ist alles verrufen, was Zweck hat, was für Geld geschieht, was man machen muß, was deformiert, was übermäßig anstrengt. Selbstverständlich gilt also zunächst jeder Lohnarbeiter, ob Bauer oder Handwerker, als Banause.

...

Daß Geldgeber und Unternehmer nicht für Banausen galten, ist wohl damit zu erklären, daß sie tatsächlich kaum arbeiteten.

...

Die Lyriker waren vom Stigma der Banausie nicht betroffen, obgleich sie ihre Siegeslieder für Geld machten, und zwar auf Bestellung irgendeines reichen Rennstallbesitzers, den sie dann mit Begeisterung andichteten (was wieder wir höchst banausisch finden würden); aber die Arrivierten unter ihnen verdienten so viel, daß, wie etwa heutzutage bei den Bankgrößen, das Odium in Respekt umschlug.

...

Dauernd geringgeschätzt blieben aber die Bildhauer, weil man sich ihre Arbeit als besonders anstrengend vorstellte. Wenn βάναυσος [ˈvanafsɔs] eigentlich wörtlich einen bezeichnet, der an der Esse sitzt, so war der Erzgießer und Steinmetz eben der typische Banause. Noch Plutarch sagt, daß man am Kunstwerk Vergnügen finden könne, ohne deshalb den Künstler für nachahmungswürdig zu halten: »Wir lieben Wohlgerüche und Purpur, halten aber Salbenköche und Färber für Banausen«; er fand also zwischen dem Erzeuger eines Gewandstoffs oder Parfums und dem Schöpfer eines Tempels oder Bildwerks keinerlei Wesensunterschied.

<<

Xerjoff und Co sind einerseits also auch Banausen, zumindest diejenigen, die, wie Salbenköche einst die Rezepturen bzw Formulierungen entwickeln, währenddessen die Vermarkter zwar profitieren aber nicht wirklich arbeiten und gleichwohl keine Banausen sind.

Grundsätzlich sind wir hier überwiegend Banausen, da unser Tun und Schaffen für Geld geschieht und Arbeit ist. Teils um dem Erwerb von Parfum, ungeachtet ob Nische/Designer/Discounter, frönen zu können.

Es gibt da natürlich Ausnahmen, so wie in meinem Bekanntenkreis. Ein junger Mann, der seineszeichens als Sohn gut betucht (ja er trägt nur Designerklamotten) ohne je arbeiten zu müssen, seine Düfte nach Namen und Preis auswählt. Einfach weil er es kann und nicht weil er jede einzelne Nuance im Verlauf olphaktorisch auflösen kann. Gleichwohl wählt er unter 400+€ Produkten jenes, welches ihm besser gefällt. Er kann also gar kein Banause sein!?

Wie schon häufig hier treffend erwähnt, verhält es sich bei Wein, Kaffee oder auch bei Lebensmittlen, die des einen Delikatesse sind, des anderen nur widerlich, doch recht ähnlich.

Und auch hierbei gibt es Menschen, die ganz nach Namen und Preis kaufen, weil sie es können.

Unsere Nasen und unsere Gaumen sind ein Wunderwerk der Natur. Unsere Augen auch, lassen aber leichter Eindrücke im Kopf entstehen, da sich visuell leichter ein Wiedererkennungswert erstellen läßt. Dessen bedienen sich alle Firmen mit Namen und Logos.

Das Auge lässt sich leicht beeinflussen und bedarf nur geringer Schulung.

Unsere Nase und unser Gaumen muss aber geschult werden.

Dann erfreut man sich an Sterneküche und ist bereit, dafür gehobene Preise zu entrichten. Bei Wein ist es kaum anders, obwohl es ab einer gewissen Preisklasse wegdriftet, dann zählt nur noch der Name.

Oft wird gefragt, woran erkenne man einen guten Wein? Zunächst einmal immer daran, wenn er dir schmeckt. Dass das Bessere des Guten Feind ist, ist bekannt. Aber für wen ist was das Bessere?

Das kann man lernen, Interesse und Zeit vorausgestzt. So kann sich daraus eine Passion entwickeln. Die meisten können nicht in allem dekadent sein, so bleibt es oft bei einer Passion der Genüsse.

@Sarroise Du bist kein Banause und machst alles richtig. Du interessierst dich für die Sache, wendest Zeit auf und befasst dich intensiv damit und möchtest lernen.

Ich selbst habe äusserst günstige Düfte und auch ein paar sogenannte Nischen.

Über Jahre begleitet mich Lalique Encre Noir, da es für 25€ einfach ein toller Duft ist, auch wenn ich der Meinung bin irgenwann hat sich die Formulierung etwas verwässert. Aber die ersten Flakons waren auch noch etwas teurer.

Ich verwende auch Dupes, teilweise weil ich darauf neugierig war und sie so günstig waren, dass es mir nicht viel ausgemacht hat, bei einem Blindkauf ein Fail zu begehen.

Manche Dupes können trotzdem gefallen.

Vielleicht nicht so wie manche meiner Nischen, die mir auf Anhieb ein Wohlgefühl herbeizaubern und mich zum permanenten Nachschnüffeln an meinem Handgelenk animieren.

Ich bin also auch ein Banause!

vor 2 Jahren 8
KJV

...

Das seh ich komplett anders, schau Dir doch mal die Kids von heute an, die eifern irgendwelchen Rappern nach, da kann der Markenname nicht groß genug aufs T-Shirt gedruckt sein, Formate wie "Wieviel ist dein Outfit wert" gehen an die Decke, es werden Songs geschrieben die (fast) nur aus Markennamen bestehen und und und.
Ich bin auch so 'ne "alte Schachtel", und ganz klar war das früher anders bzw. lange nicht so extrem. ...

Puh, selten so undifferenzierten Quark gelesen. Es gibt nicht die Kids von heute! Die Beobachtung mag für eine Gruppe vielleicht zutreffen, aber sicher nicht für alle. Wenn ich nur den Blick für solch eine Gruppe hätte, würde ich allerdings mein Umfeld überdenken.

Ich zitiere mal Sokrates: "Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer."

Alles wie immer.

Allein in meiner A-Jugend-Mannschaft, die ich fit für ihren Sport machen darf, gibt es stilmäßig allein locker vier komplett verschiedene Gruppen. Bei den meisten der Jungs und Mädels ist es übrigens verpönt, irgendwelche Marken offen zur Schau zu stellen. Aber ok, die machen in der Pause auch nen Planking-Contest. 🤷🏻‍♂️

Mich würde zudem sehr die Definition von alte Schachtel interessieren. Gruseliger Ausdruck.

Ist aber mittlerweile alles meilenweit weg vom Topic. 

vor 2 Jahren 2
InGENIEur
KJV

...

Das seh ich komplett anders, schau Dir doch mal die Kids von heute an, die eifern irgendwelchen Rappern nach, da kann der Markenname nicht groß genug aufs T-Shirt gedruckt sein, Formate wie "Wieviel ist dein Outfit wert" gehen an die Decke, es werden Songs geschrieben die (fast) nur aus Markennamen bestehen und und und.
Ich bin auch so 'ne "alte Schachtel", und ganz klar war das früher anders bzw. lange nicht so extrem. ...

Puh, selten so undifferenzierten Quark gelesen. Es gibt nicht die Kids von heute! Die Beobachtung mag für eine Gruppe vielleicht zutreffen, aber sicher nicht für alle. Wenn ich nur den Blick für solch eine Gruppe hätte, würde ich allerdings mein Umfeld überdenken.

Das ist natürlich völlig richtig, man kann da nicht so pauschalisieren.
Genauso wenig differenziert ist aber auch die Aussage auf die ich geantwortet hatte:
"Die Zeiten der Modediktaturen wo man nur In war, wenn man Kleidung / Zubehör und Duft von gewissen Marken tragen musste um anerkannt zu werden, sind vorbei."


vor 2 Jahren 6

Mein ganz großer Dank an Lamar für diesen äußerst lehrreichen, differenzierten und von Empathie getragenen Diskurs.

Hab es jetzt dreimal gelesen, entdecke immer noch Neues, worüber es sich nachzudenken lohnt 

Und: ich habe, wie bei einem herrlichen Duft, der mich in der Seele trifft, ein Lächeln in mir. Das noch vorhalten wird.

Merci beaucoup!!!

vor 2 Jahren 4
Sarroise

Mein ganz großer Dank an Lamar für diesen äußerst lehrreichen, differenzierten und von Empathie getragenen Diskurs.

Hab es jetzt dreimal gelesen, entdecke immer noch Neues, worüber es sich nachzudenken lohnt 

Und: ich habe, wie bei einem herrlichen Duft, der mich in der Seele trifft, ein Lächeln in mir. Das noch vorhalten wird.

Merci beaucoup!!!

Ich wollte keineswegs belehrend sein. Wenn mein Beitrag denn zum Nachdenken beiträgt, ist es nicht ganz ungewollt.

Sarroise, vielen Dank für deine lieben Worte.

Allen einen schönen, sonnigen Sonntag...am besten mit dem Duft, mit dem ihr Euch heute wohlfühlt

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