Es wurde nunmehr mehrfach alles gesagt und meist auch sehr zutreffend.
Nischedestotrotz möchte ich aber ein paar Anmerkungen machen.
Ich erlaube mir einen kleinen Exkurs und möchte Egon Friedell in Auszügen zitieren.
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Der griechische Begriff des Banausen ist nicht ganz leicht zu umschreiben. Sein Gegensatz ist weder der Kopfarbeiter (denn unsere Gelehrten mit ihren Laboratorien und Archiven hätten für Banausen gegolten) noch der sogenannte »freie Beruf« (denn auch die meisten Künstler galten dafür), sondern als banausisch ist alles verrufen, was Zweck hat, was für Geld geschieht, was man machen muß, was deformiert, was übermäßig anstrengt. Selbstverständlich gilt also zunächst jeder Lohnarbeiter, ob Bauer oder Handwerker, als Banause.
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Daß Geldgeber und Unternehmer nicht für Banausen galten, ist wohl damit zu erklären, daß sie tatsächlich kaum arbeiteten.
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Die Lyriker waren vom Stigma der Banausie nicht betroffen, obgleich sie ihre Siegeslieder für Geld machten, und zwar auf Bestellung irgendeines reichen Rennstallbesitzers, den sie dann mit Begeisterung andichteten (was wieder wir höchst banausisch finden würden); aber die Arrivierten unter ihnen verdienten so viel, daß, wie etwa heutzutage bei den Bankgrößen, das Odium in Respekt umschlug.
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Dauernd geringgeschätzt blieben aber die Bildhauer, weil man sich ihre Arbeit als besonders anstrengend vorstellte. Wenn βάναυσος [ˈvanafsɔs] eigentlich wörtlich einen bezeichnet, der an der Esse sitzt, so war der Erzgießer und Steinmetz eben der typische Banause. Noch Plutarch sagt, daß man am Kunstwerk Vergnügen finden könne, ohne deshalb den Künstler für nachahmungswürdig zu halten: »Wir lieben Wohlgerüche und Purpur, halten aber Salbenköche und Färber für Banausen«; er fand also zwischen dem Erzeuger eines Gewandstoffs oder Parfums und dem Schöpfer eines Tempels oder Bildwerks keinerlei Wesensunterschied.
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Xerjoff und Co sind einerseits also auch Banausen, zumindest diejenigen, die, wie Salbenköche einst die Rezepturen bzw Formulierungen entwickeln, währenddessen die Vermarkter zwar profitieren aber nicht wirklich arbeiten und gleichwohl keine Banausen sind.
Grundsätzlich sind wir hier überwiegend Banausen, da unser Tun und Schaffen für Geld geschieht und Arbeit ist. Teils um dem Erwerb von Parfum, ungeachtet ob Nische/Designer/Discounter, frönen zu können.
Es gibt da natürlich Ausnahmen, so wie in meinem Bekanntenkreis. Ein junger Mann, der seineszeichens als Sohn gut betucht (ja er trägt nur Designerklamotten) ohne je arbeiten zu müssen, seine Düfte nach Namen und Preis auswählt. Einfach weil er es kann und nicht weil er jede einzelne Nuance im Verlauf olphaktorisch auflösen kann. Gleichwohl wählt er unter 400+€ Produkten jenes, welches ihm besser gefällt. Er kann also gar kein Banause sein!?
Wie schon häufig hier treffend erwähnt, verhält es sich bei Wein, Kaffee oder auch bei Lebensmittlen, die des einen Delikatesse sind, des anderen nur widerlich, doch recht ähnlich.
Und auch hierbei gibt es Menschen, die ganz nach Namen und Preis kaufen, weil sie es können.
Unsere Nasen und unsere Gaumen sind ein Wunderwerk der Natur. Unsere Augen auch, lassen aber leichter Eindrücke im Kopf entstehen, da sich visuell leichter ein Wiedererkennungswert erstellen läßt. Dessen bedienen sich alle Firmen mit Namen und Logos.
Das Auge lässt sich leicht beeinflussen und bedarf nur geringer Schulung.
Unsere Nase und unser Gaumen muss aber geschult werden.
Dann erfreut man sich an Sterneküche und ist bereit, dafür gehobene Preise zu entrichten. Bei Wein ist es kaum anders, obwohl es ab einer gewissen Preisklasse wegdriftet, dann zählt nur noch der Name.
Oft wird gefragt, woran erkenne man einen guten Wein? Zunächst einmal immer daran, wenn er dir schmeckt. Dass das Bessere des Guten Feind ist, ist bekannt. Aber für wen ist was das Bessere?
Das kann man lernen, Interesse und Zeit vorausgestzt. So kann sich daraus eine Passion entwickeln. Die meisten können nicht in allem dekadent sein, so bleibt es oft bei einer Passion der Genüsse.
@Sarroise Du bist kein Banause und machst alles richtig. Du interessierst dich für die Sache, wendest Zeit auf und befasst dich intensiv damit und möchtest lernen.
Ich selbst habe äusserst günstige Düfte und auch ein paar sogenannte Nischen.
Über Jahre begleitet mich Lalique Encre Noir, da es für 25€ einfach ein toller Duft ist, auch wenn ich der Meinung bin irgenwann hat sich die Formulierung etwas verwässert. Aber die ersten Flakons waren auch noch etwas teurer.
Ich verwende auch Dupes, teilweise weil ich darauf neugierig war und sie so günstig waren, dass es mir nicht viel ausgemacht hat, bei einem Blindkauf ein Fail zu begehen.
Manche Dupes können trotzdem gefallen.
Vielleicht nicht so wie manche meiner Nischen, die mir auf Anhieb ein Wohlgefühl herbeizaubern und mich zum permanenten Nachschnüffeln an meinem Handgelenk animieren.
Ich bin also auch ein Banause!