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vor 10 Jahren - 14.02.2014
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Tony Burfields Einlassnung zum Eichenmoos (als Übersetzung)

Zusammenfassung der Meinung von Cropwatch bezüglich der Bedeutung von Eichenmoos

Die SCCP Meinung SSCCP/1131/07 „Meinung über Eichenmoos“, vorgestellt und aufgenommen in das 15. Umfassende Treffen am 15. April 2008 beschränkt die potentiellen sensibilisierenden Substanzen Atranol und Chloratranol auf 2ppm in Eichenmoos/Baummoos Produkten“.

Der Vorschlag des SCCP dieser starken Begrenzung von Atranol/Chloratranol ist gegenwärtig von den Herstellern/der Industrie nicht erreichbar. Wie von anderer Seite inzwischen zugegeben, ist der oben genannte Grenzwert das Resultat einer Verwechslung der Angaben eines Herstellers.

Die Meinung des SCCP, steht im Gegensatz zur IFRA-Forderung von max. 100ppm für beide Verbindungen (Aufgenommen in die inzwischen bestehenden, 43. Änderung der IFRA Standards, Anmerkung des Übersetzers).

Der SCCP Vorschlag trifft in das Herz der Parfümerie. Das traditionelle Erbe der 120 Jahre alten Kunst und Kultur der Parfümerie steht auf dem Spiel.

Es bleibt abzuwarten, ob und wie die SCCP-Meinung letztendlich in ein EU-Gesetzt aufgenommen und umgesetzt wird. (Wir stehen sozusagen kurz vor dem Verbot, Anm. des Übersetzers).

Wieder einmal wird es durch eine Forderung des SCCP zu einem nicht zu unterschätzenden Nachteil im internationalen Wettbewerb für die europäische Riechstoffindustrie kommen, falls sich die Kommission nicht doch zu einer anderen Empfehlung überzeugen lässt.

Eichenmoos: Bedeutung für die Parfümerie

Eichenmoosextrakte haben einen festen Platz in der Parfümerie. Sie sind die Ecksteine und unentbehrlichen Bestandteile zweier anerkannter eigenständiger Duftfamilien: den Chypres und den Fougères. Sie sind integraler Bestandteil der europäischen Parfümgeschichte.

Im klassischen Chypre-Akkord ist Eichenmoos mit Patchouli, Labdanum und anderen holzig – animalischen, ambraartigen Noten kombiniert, meist in Verbindung mit einer massiven Bergamotte-Kopfnote. Dieser Akkord ist das Fundament einer ganzen Familie von Parfüm-Meisterwerken, die sich seit Jahrzehnten erfolgreichen auf dem Mark behaupten:

- Chypre (Coty, 1917),

- Mitsouko (Guerlain, 1919),

- Habanita (Molinard, 1921),

- Miss Dior (Christian Dior, 1949),

- Cabochard (Grès, 1958),

- Givenchy III (Givenchy 1970),

- Ysatis (Givenchy, 1984),

und bei den Herrendüften:

- Aramis (Aramis, 1965),

- Macassar (Rochas, 1980),

- Pour Monsieur (Chanel, 1955),

- Boss No. 1 (Hugo Boss, 1985),

- Antaeus (Chanel, 1981),

- Terre d'Hermès (Hermès, 2006),

- Kenzo Homme (Kenzo, 1991),

- 1881 Homme (Cerutti, 1990),

- One Man Show (Bogard, 1980),

nur um einige zu nennen.

Aber auch in ausgesprochen blumigen Meilensteinen der Parfümgeschichte ist Eichenmoos ein zwar untergeordneter, darum aber nicht weniger wichtiger Bestandteil:

- Chanel No 5 (Chanel, 1921),

- Chanel No. 19 (Chanel, 1971),

- Cristalle (Chanel, 1974),

- Crepe de Chine (Milot, 1925),

- Ma Griffe (Carven, 1946),

- Madame Rochas (Rochas, 1960),

- Coriandre (Courturier, 1973),

- Opium (Yves Saint Laurent, 1977),

- Coco (Chanel, 1984),

- Allure (Chanel, 1999),

um nur einige zu nennen.

Im Fougère-Akkord ist das Eichenmoos kombiniert mit Cumarin und Lavendel, oft unter Zusatz von Salicylaten, die würzige und süß-blumige Aspekte verleihen.

Für das Fougère können folgende Meisterwerke genannt werden:

- Fougère Royal (Houbigant, 1882),

- Yatagan (Caron, 1978),

- Drakkar Noir (Guy Laroche, 1982),

- Jazz (Yves Saint Laurent, 1988),

- Cool Water (Davidoff, 1988),

- Aventus (Creed, 2010).

Eichenmoos-Produkte finden ebenfalls Eingang in Eaux de Cologne und in orientalische Noten.

Die Bedeutung von Eichenmoos in der Geschichte unserer Parfümerie kann praktisch nicht überschätzt werden. Die Guerlain Mitsouko Reformulierungs-Katastrophe veranschaulicht deutlich, was übrigbleibt von einem Duft (ein schwacher Schatten des Duftes von einst), wenn echtes Eichenmoos (sowie als auch die Nitromoschusse und kaltgepresste Zitrusöle) der Palette der Parfümeure entzogen werden.

Klar, es stehen ein paar synthetisch hergestellte Eichenmoos-Bestandteile zur Verfügung, wie z. Bsp. Evernyl (Givaudan), so wie das früher wenig genutzte und populäre Orcinyl-3 (Givaudan, viel zu teuer, Anm. des Übersetzers). Gerade letzteres wird von den großen Konzernen gerade massiv in den Markt gedrückt. Es soll zusammen mit Evernyl angeblich den vollen Eichenmooscharakter repräsentieren. Aber wie jeder praktizierende und erfahrene Parfümeur bestätigen wird: es gibt für kein Naturprodukt auch nur annähernd ein synthetisches Äquivalent und sei es eine auf noch so „high end research results“ basierende Rekonstruktion. Nothing compares nature. Surrogat bleibt Surrogat. Es ist vollkommen unmöglich, den dramatischen und nachhaltigen, sich über den gesamten Duftablauf eines Parfüms ziehenden Einfluss' eines Naturprodukts, insbesondere den des Eichenmooses, durch eine Kombination von Chemikalien zu simulieren. Eichenmoos bringt eine fast unendliche Fülle an Nuancen in die Komposition ein: über algig-meerwasserartige, warm-waldige, holzig-animalische bis hin zu süß-tabakartigen und harzigen Elementen reicht das Spektrum. Einzig die echten Naturprodukte vermögen der Komposition Leben, Tiefe, Haftung und Fülle und Geschmeidigkeit zu verleihen.

Wenn Materialien von der Bedeutung des Eichenmoos verboten oder stark limitiert werden von einer existierenden Kultur eines toxikologischen Imperialismus und zwar nur auf Grund von dubiosem Sicherheitsbedenken und Ergebnissen aus wissenschaftlich fragwürdigen Versuchsanordnungen, ist das eine Katastrophe, die man durch keinen Euphemismus beschönigen kann (und das betrifft noch andere unentbehrliche Bestandteile wie Cumarin, Zimtalkohol, Zitrusöle, Nitromoschusse, u.v.a.m.).

Die „Kunst der Möglichkeit“ in der Parfümerie stirbt dadurch nach und nach mit dem Ergebnis, dass die Riechstoffhersteller, anstatt vehement gegen die Beschneidung vorzugehen (wir schreien ja noch „Hurra“, wenn uns der Teppich unter den Füßen weggezogen wird, Anm. des Übersetzers), mehr und mehr zu der Herstellung billiger, vollkommen uniformer, in der Qualität im Wesentlichen schlechter Parfümöle übergehen. Der Markt verlangt das ja angeblich so. (Anm. des Übersetzers) Diese Kreationen werden (hoffentlich, im Gegensatz zu traditionell aufgebauten Parfüms, Anm. des Übersetzers), wenig Resonanz beim Käufer erzielen und erreichen nicht die starke, durch den Duft eines Produktes beim Kunden ausgelöste, eigentlich sehr erwünschte Kundenbindung (Wieder-Kauf-Potential, siehe Nivea, Anm. des Übersetzers). Aber vermutlich wird das alles leider unbemerkt von den durch die Marketingmaschinerie der großen Konzerne verblendeten Konsumenten bleiben, da für einen zunehmend unkritischen, schnell-lebigen und immer anspruchsloseren Markt produziert wird.

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