GothicHeart

GothicHeart

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11 - 15 von 48
GothicHeart vor 9 Jahren 17 9
10
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
Bei 3 ist Schluss!...
Mein bester Freund aus meiner Zeit als Oberschüler am Gymnasium ist unabsichtlich der Grund sowohl für einen der besten als auch für einen der miesesten Momente meinen Parfümlebens gewesen. Und zwar deswegen, weil:
Während der 80er Jahre ging er nach London um eine Ausbildung zum Augenoptiker zu machen. Als er einige Monate später nach Hause kam, und wir uns trafen, wurde ich von dem Duft, den er trug total überwältigt, ich war hin und weg.
"Mannomann, das ist ja atemberaubend! Was um Himmelswillen trägst Du da?"
Er sagte: "Das waren genau die Worte, die ich seinerzeit ausrief, als ich den Duft zuerst roch." Es ist "Halston 1-12."
Denn ihm war es ebenfalls wie mir ergangen. Er war mit einen Kollegen zusammen, der das auch trug und mein Freund war ebenfalls von "Halston 1-12" total überwältigt gewesen.
Als er mir den prachtvollen Flakon zeigte, war ich mir 95 % sicher, dass dies von nun an für immer mein Lieblingsparfüm sein würde.
Weil nun "Halston 1-12" alles an Duft war, was ich mir wünschte.
Grün, erdig, warm, absolut markant und überaus maskulin. Alles in allem ein überwältigendes Parfüm in einem wunderschönen Flakon, so dass ich nicht aufhören mochte ihn mit meinen Händen zu betasten.
Ach ja, und die Mädchen liebten es auch.
Was konnte man sich mit zwanzig plus mehr wünschen?
Und so bekam "Halston 1-12" für mehrere Jahre einen hervorgehobenen Platz in meinem Parfümschrank. Bis wir das Parfüm aus unerfindlichen Gründen nirgendwo mehr finden konnten, und so es war verschwunden aber nicht vergessen.
...
Vor einigen Monaten kam mein Freund zu mir nach Hause auf einen Kaffee, wie er es regelmäßig macht. Aber dieses Mal hatte er etwas Besonderes mitgebracht. Nämlich zwei nagelneue 125ml Flakons von "Halston 1-12", die ihm gerade geliefert worden waren. Einer davon als Geschenk für mich. Mir fehlten die Worte, so überwältigt war ich. Wir machten Kaffee, setzten uns voller Vorfreude auf die Couch, bereit mit den beiden Flakons als Zeitmaschine in die Erinnerungen einzutauchen. Wir sprühten auf den Duft auf unsere Handgelenke und warteten auf das Wunder. Aber da kam überhaupt nichts! Wir blieben ganz still und starrten uns gegenseitig lange an. Was wir rochen war ein Geist, eine fahler Widerschein einer einst mächtigen Präsenz. Als wenn von dem einstigen Duft "Halston 1-12" 25 ml mit 100 ml Wasser im Flakon verpanscht worden wären.
Aber sogar die Qualität des Duftes schien sich dramatisch zum Schlechteren verändert zu haben. Wenn 1–12 als Wertscala betrachtet würde, dann erreichte das, was wir rochen kaum noch eine "3" und das auch nur noch keuchend aus dem letzten Loch pfeifend. Unsere Enttäuschung verwandelte sich in Ärger. Es war so eine harte Landung, so dass mein Freund uns für einige Minuten zu überzeugen versuchte, das es "Halston Z-14" wäre an das wir uns noch erinnerten, und nicht "Halston 1-12". Aber dann erinnerten wir uns daran, wie wir seinerzeit darüber diskutierten, ob es sich bei der Bezeichnung um "1-12" oder "I-12" handelte. Deshalb hörte er auf nutzlose Spekulationen über ein totes Pferd breit zu walzen, dem man längst den Gnadenschuss verpasst hatte.
Zu verleugnen, dass wir fast so trauerten, als ob jemand den Nachmittag gestorben wäre, wäre nicht mal übertrieben. Denn tatsächlich war wirklich etwas gestorben. Wow, Originalität, Forschheit und Kühnheit gemeinsam mit einem Stück unserer Vergangenheit. Und diese Art Verlust ist immer ein großer, ganz gleich, wie oft man das durchmacht. So kann ich nach diesem Fiasko nur bei meiner Parfümguerillataktik bleiben und anderen dieselbe Frustration ersparen, indem ich von allen Dächern Rufe: "Liebe Leute aus den 80er Jahren, lasst Euch nicht von diesen Gaunern betrügen! Haltet euch an die Vintageversionen!"
...
Ich denke mal, dass ich den Koryphäen, die "Elizabeth Arden Inc." führen einen enormen Dank schulde für ihre ungeheure Inspiration und Liebe zu Parfüms. Großartige Leistung, meine Herren, weiter so! Oh, und wenn Sie mit aller Macht das Verlangen überkommt, doch mal in dem einem oder anderen Kessel unserer Erinnerung zu versinken, dann mal los, versinken Sie. Aber was letztlich zählen Erinnerungen, wenn man Geld scheffeln kann, nicht wahr?
9 Antworten
GothicHeart vor 9 Jahren 27 7
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Taking me away...
Manchmal habe ich einen Traum...

Wandere ich in einer frostigen Winternacht eine dunkle Allee hinunter.
Es scheint so ungefähr einige Tage nach Neujahr zu sein.
Ich bin ein wenig beschwipst und ich fühle mich einsam.
Plötzlich beginnt von irgendwo in der Ferne das silbrige Läuten eines Windspiels zu erklingen und allmählich werde ich von einem unwirklichen Gefühl verzaubert, dass sich etwas Außergewöhnliches zu ereignen beginnt.
Zuerst finde ich mich von einem Duft umgeben, den ich als den wunderbarsten Duft wahrnehme, den ich jemals gerochen habe.
Dieser Duft ist so rauchig, dass er einen den Alarm eines Rauchmelders auslösen könnte. Er ist so pudrig wie ein Dutzend Maitressen aus Versailles und so dicht, dass man ihn mit dem Messer schneiden könnte.
Er ist so atemberaubend, dass ich zu Boden gehe.
Er ist einfach hypnotisierend, ja geradezu narkotisierend.
"Dies kann nicht in dieser Welt sein", so denke ich.
Und dann sehe ich es.
Ganz langsam schwebt ein sechseckiges türkisfarbenes Gefährt mit einer gleißend purpurroten und spitzen aufgesetzten Kanzel zu Boden.
Wenn das ein Raumschiff ist, denke ich noch, dann ist es das mädchenhafteste Girlyraumschiff, das man sich vorstellen kann.
Mit dieser Vorstellung liege ich allerdings völlig falsch.
Die Purpurkanzel wird geöffent.
Der Duft wird sogar noch stärker, er scheint zu pulsieren und zu atmen als hätte er ein eigenes Leben.
Zwei Mädchen steigen aus, gleiten anmutig an der Seite herunter und schreiten langsam auf mich zu.
Beide haben schwarze Bobfrisuren, braune Augen, die von schwarzem Lidstrich umrandet sind. Ihr Teint ist wie Porzellan und ihre Lippen sind rubinrot.
Beide tragen kurze flatternde türkisfarbene Kleider, geschmückt mit Perlenschnüren, glitzernden Pailletten sowie glänzende purpurrote Stirnbänder.
Beide rauchen in lange schwarze Bakelitzigarettenspitzen gesteckte, nach Zimt duftende Zigaretten.
Beide erscheinen äußerst dramatisch und sind von atemberaubender Schönheit.
"Das ist eine Aufmachung für eine Weltraumreise" denke ich noch.
-"Oh, hier bist du!"
-"Wir suchen dich schon überall. Wir waren schon sehr in Sorge!"
Ihre tiefen und heiseren Stimmen lösen bei mir Wellen wohliger Wonneschauer aus.
-"Oh Entschuldigung, ich wusste nicht, dass ihr mich sucht."
Beide scheinen ein wenig enttäuscht zu sein.
-"Wir dachten, dass du uns erwarten würdest."
Ich würde ihnen gerne erzählen, dass ich schon mein ganzes Leben auf sie gewartet habe, aber ich versuche beherrscht zu erscheinen und bin dennoch nonchalant genug sie zu beeindrucken.
-"Warum sollte ich zwei Damen aus dem Weltall erwarten?"
-"Oh, aber wir kommen gar nicht aus dem All, wir kommen aus deinen Träumen."
...
-"Kommen…?"
...
-"Ich bin Loucille und sie ist Louella."

Bitte weckt mich nicht auf...!
7 Antworten
GothicHeart vor 9 Jahren 15 7
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Scheinheiliger...
Man nehme 100 ml von 16 Jahre altem Lagavulin. In Ermangelung dieser Zutat greife man zu einer anderen alten rauchigen schottischen Singlemaltbombe.
Sodann füge man 25 Gramm Craven, extra dunklen aromatischen Virginiatabak hinzu.
Diesen Aufguß lagere man 2 Monate an einer versteckten dunklen Stelle in einem Altar einer Ostorthodoxen Kirche.
Man achte darauf, dass es sich unbedingt um einen Holzaltar handelt.
Man schüttele diese Mischung jeden Sonntag nach der Messe kräftig durch.
In der Zwischenzeit lasse man sich einen stattlichen Bart wachsen.
Mit diesem Bart, dabei den Aufguß tragend, täusche man den Gläubigen der Gemeinde der Pfarrei vor, man sei ihr neu ernannter Priester.
Sobald die Gläubigen beginnen, die göttlich duftende Hand von einem zu küssen, hat die Mischung die volle Reife erlangt und ist von erlesener Qualität.
Nun genieße man jene 200+ Moneten, die man gespart hat, um davon 4 bis 5 erstklassige Parfüms zu erwerben, die sich nicht durch astronomische Preise zu heiligen Gralen der Nischendüfte erheben.
Diese Prozedur wiederhole man regelmäßig, beziehungsweise nach Bedarf.
7 Antworten
GothicHeart vor 9 Jahren 14 2
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Die Geister in der Flasche...
Wer seine Fähigkeit in bestimmten Situationen "mit keiner Wimper zu zucken" zu absoluter Vollkommenheit trainieren möchte, so hätte ich hier ein probates Mittel. Umso besser wenn dieses, durch nichts zu beeindruckende Mienenspiel von einem Mann beherrscht wird. Denn "Eucris" brüllt mit voller Lautstärke: "Nur für Männer!" dass es nur so dröhnt. Dies behaupte ich nicht mit männlichen Chauvinismus, denn ich mag weibliche Wesen, die maskuline Parfüms benutzen, sehr sogar! Jedoch ist "Eucris" einer der wenigen Düfte, die ich mir von keiner Frau getragen, vorstellen kann. Und das ist umso ironischer, als der Name "Eucris" leitet sich aus dem griechischen Wort "Eucharis" ab, was bedeutet wie "elegant" und "graziös". Überdies ist er in Griechenland als...weiblicher Vorname gebräuchlich.
"Eucris",mal abgesehen davon, dass es nicht im Mindesten ein femininer Duft ist, ist weder elegant noch graziös. Es ist tatsächlich so stahlhart und undurchdringlich, dass man es wie eine eiserne Ritterrüstung tragen kann. Eine Ritterrüstung, die jahrelang auf einem muffigen, verstaubten Dachboden in einer Sandelholzkiste aufbewahrt verstaut war, in der ursprünglich Gewürze aufbewahrt wurden. Auf so einem Dachspeicher bewahrt ein feiner englischer Gentleman aus Kolonialzeiten alles auf, was er auf seinen Weltreisen als Trophäen gesammelt hat, die aber nicht beeindruckend genug scheinen, um sie in seinem Hauptsalon zur Dekoration auszustellen. Jedoch sind genau diese scheinbar ungeliebten und verächtlich verschmähten Relikte genau jene, die er am meisten Ehren hält.
Gleichsam als unbeugsame, entschlossene Verteidigung zieht „Eucris“ eine unsichtbare Grenze um einen, hüllt einen in die abweisende Aura ein: „Ich habe keine Zeit für so etwas!“ Besonders, wenn dieses „so etwas“ etwas Schikanöses ist. Beispielsweise wenn einem befohlen würde, man müsse das Deck eines Schiffes ein zweites Mal schrubben, und nicht wie noch in der vorigen Woche, einmal.
Und das, während der Schiff auf dem man sich befindet, von Torpedos zerstört wird in Gewässern, die von Haien nur so wimmeln und an einer Stelle an der überdies kein Land in Sicht ist.
Genau in diesem Fall würde "Eucris" vom einem Kapitän getragen werden, der fähig ist, jede Situation zu meistern, die sich ihm in den Weg stellt, ohne jemals seine Gelassenheit einen Bruchteil einer Sekunde dabei zu verlieren, und ohne eine einzige Seele zu verlieren.
Gewiß würde er dafür mit dem "Victoria Kreuz" dekoriert werden, kurz nach der Landung. Wahrscheinlich postmortem.
Ich zeigte "Eucris" einem alten Freund von mir, der Parfüms liebt, aber nichts über die Geschichte der Düfte kennt. Ich erzählte ihm, dass dieser Flakon wirklich und tatsächlich von 1912 stammt. Nach seinem Blick auf den Flakon, der jenseits von ästhetisch traumhaft und schön ist, glaubte er mir sogar teilweise. Aber der Zweifel an meiner Behauptung wurde ihm zur Gewißheit, als er an "Eucris" roch und er meinte, dass ein solcher Duft nicht zu den Düften nach dem 2. Weltkrieg gehören könnte. Und damit hatte er Recht.
"Eucris" gehört zu den Kuriositäten unserer Zeit. Die meisten Parfümflakons sind mit Parfüms gefüllt. Aber dieser ist voller Gespenster. Nun sind Gespenster sind ja eine Art Nationalsport in Groß Britannien, aber jene die im "Eucris-Flakon" schlafen gehören zu einer Art, und sind jenseits von Lachen und Lächeln. Dieses Lächeln ist sehr schwach und bitter, das Lachen war nur kurz und sarkastisch. Wenn man "Easy Virtue" gesehen hat ist "Eucris" der Duft den ich mir von James Whittaker (exzellent dargestellt von Colin Firth) getragen dazu vorstelle, wenn er denn überhaupt irgendeinen Duft tragen würde. Abgezehrt, verbittert und weise und ernsthaft bis zum Ende. Wie die Seele von England in einer Flasche….
2 Antworten
GothicHeart vor 9 Jahren 16 6
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
5
Duft
Ein Freund, den ich niemals vermisste...
Im Jahr 1988 war ich ein armer Student (während das Substantiv schon lange nicht mehr gilt, so hat das Adjektiv noch stets seine Richtigkeit). Aber als ich es damals schaffte, genug Geld zu sparen um eine außergewöhnliche wollene Jacke zu kaufen, war ich mehr als glücklich, damit gekleidet den langen Weg in die Stadt zu machen, und dabei deren Bequemlichkeit, Wärme und Qualität zu genießen. Es war einige Tage vor Weihnachten und gemeinsam mit einem mir elfenhaft überirdisch erscheinendem weiblichen Wesen, das vorgab meine menschliche Freundin zu sein, dachten wir, dass dies eine gute Gelegenheit sei, um einige Düfte zu testen. Auch um vielleicht einige Probeminiaturen abzustauben. Dazu muss ich an jüngere User gerichtet erwähnen, dass damals die meisten Parfümproben Miniaturflakons waren. Und nicht diese schlichten Probenphiolen wie sie heute üblich sind.
Um ehrlich zu sein, ich hatte eigentlich die Absicht, nach Hause zurück zu kehren um meine neue Jacke mit einer reichlichen Dosis "Davidoff" von Davidoff zu einzunebeln. Damit wollte ich meine Signaturjacke mit meinem Signaturduft durchtränken. Aber was konnte da vorher eine kleiner Schaufensterbummel schon schaden? So, bewaffnet mit meiner brandneuen 80er Jahre Jacke (welche man sich heutzutage als Kuriosität vorstellen darf) und die Elfe an meiner Seite, mit der damals obligatorischen 80er Jahre Dauerwelle, steuerten wir auf die Kosmetikläden zu.
Was für ein folgenschwerer Fehler...
Eine Verkäuferin, die an der Tür lauerte und sicher schneller schießen konnte als Billy the Kid, schaffte es blitzschnell mich mit drei gewaltigen Sprühstößen einzudieseln mit etwas, was mich beinahe aus den Socken und aus meiner Jacke haute. Es war so, als würde sie anstelle eines riesigen Flakons mit dem stärksten und frischesten "Fahrenheit" eine Knarre in ihren Händen halten, so dass ich tot gewesen wäre, bevor ich auf dem Boden aufgeschlagen wäre. Kein Zweifel; falls ich versucht hätte davor wegzuducken, hätte sie nicht gezögert mir die volle Ladung ins Gesicht zu donnern, wenn ich ihr damit vor die Flinte, äh, den Sprayer gekommen wäre.
In den nächsten zwanzig Sekunden unterdrückte ich den Impuls die Harpye auf der Stelle zu erwürgen, und stattdessen eine chemische Reinigung zu finden, um dann unser Parfümtesten fortsetzen zu können.
Aber dann fing der Horror erst an...
Für die nächsten vier Monate ungefähr, wann immer ich meine Jacke anzog, roch ich wie jemand, der in einer Autoreparaturwerkstatt arbeiten würde, oder wie eine Tankstelle. Obwohl, falls ich in einer Autowerkstatt oder an einer Tankstelle gearbeitet hätte, wäre ich der piekfeinste Angestellte gewesen, den man sich seinerzeit hätte vorstellen können.
Und um das Maß noch voll zu machen, stelle man sich vor welcher wohl der einzige Probemini war, den wir schlussendlich erhielten? Genau, ich bekam DEN nämlichen...
...
"Fahrenheit" ist ein schwerer Duft. Ein sehr schwerer Duft. Und natürlich rede ich von der Stärke nicht allein in Duftstoffausdrücken. Obwohl "Fahrenheit" eine außerordentliche Haltbarkeit und Sillage hat (jedenfalls das Vintage davon), ist es hauptsächlich ein ernsthafter Spieler auf dem Feld der Legendenbildung.
Ich muss zugeben, dass Fahrenheit ein unbegreiflicher Duft für mich ist.
Pfeffernoten, aber dennoch kein Pfeffer! Vielleicht ist das ein schmutziger Trick, gespielt von einigen komischen Reaktionen zwischen Leder und Muskatnuss. Weil ich keine anderen Noten als Schuldigen für diesen schwer erfassbaren Akkord halte, diese beiden müssen die zwei Verantwortlichen sein.
Noch dazu ist da dieser komische, einzigartige und unvergleichliche (aber nicht notgedrungen nette) Akkord, den zu entziffern ich total unfähig bin und den ich deshalb nicht beschreiben kann. Jedenfalls nicht in einem zufriedenstellenden Maße.
Aber vielleicht ist genau dieser Akkord einen Deutungsversuch wert.
Da meine Nase Düfte nicht so einzeln identifizieren kann, beschreibe ich sie selten in meinen Kommentaren.
Jedenfalls, was "Fahrenheit" betrifft, beschäftigt mich seit 1988 die Frage: "Christian, was zum Teufel rieche ich hier in dem Zeug?"
Dieser Duft hat drei Hesperidennoten gelistet. Also ich rieche sie nicht!
Er hat fünf süße Blumennoten notiert. Ich kann sie auch nicht riechen.
Gemäß ihrer bemerkenswert nicht wahrzunehmenden Anwesenheit ist keine dieser Noten direkt verantwortlich für diesen ausgeprägt seltsamen Drydown. Aber was ist es dann?
Ich behaupte, es riecht wie mit Benzin durchtränkter Sandel welches jemand Verrücktes in Brand gesetzt hat, um dann die Asche in die Taschen einer alten Lederjacke geschüttet zu haben, die er daraufhin nach dem Besuch einer Muckibude wieder angezogen hat ohne sich vorher zu duschen.
Bevor meine Fantasie ins Bodenlose abdriftet...Ich habe das so gemacht..
Aber das hat die ganze Sache nur noch verkompliziert, weil das auch noch eine leichte Kuminnote hinzufügte. Aber Kumin ist nicht in der Duftpyramide gelistet. Also was ich schließlich mit meiner "Analyse" erreichte, ist nur der Hinweis auf etwas, was überhaupt nicht da sein sollte? Wie hilfreich...
Ich könnte auch sagen, dass "Fahrenheit" so riecht, wie manche alten Taxis damals in den 70er Jahren rochen. Aber vielleicht sind das nur Streiche, die mir mein Geruchssinn spielt um mir Leder-, Diesel-, Benzin-, Motorölgerüche vorzuspiegeln, die zu einem solchen alten Vehikel gehören. Egal, ich kann einige Verbindungen hier wahrnehmen. Denn ich glaube, wenn man zehn Leute nach den Gerüchen in brandneuen und alten Autos fragt, werden fünf sagen, dass sie Leder gerochen hätten und die anderen fünf sagen, dass sie Kraftstoffe gerochen haben, und alle werden behaupten, dass es nach "Fahrenheit" riechen würde.
Vielleicht ist es diese gleiche Merkwürdigkeit, für mich zählt "Fahrenheit" zu einem der wenigen Düfte, die ich sofort erkennen kann.
Ich habe keine Ahnung wie die aktuelle neuformulierte Version riecht. Aber mal ehrlich, es kümmert mich auch nicht. Weder liebe noch hasse ich "Fahrenheit". Es ist für mich ein perfektes Beispiel sowie der Typus einer unvergleichlichen Einzigartigkeit von beeindruckender Parfumkunst. Aber ich bin immer noch außerstande zu entscheiden, ob dieses ein Musterbeispiel oder ein Nebenschauplatz ist. Ob "Fahrenheit" ein Universum ist und ich mich sowieso in einem Paralleluniversum befinde.
Denn meine persönlichen Vorlieben in Bezug auf Parfüms haben nichts mit dem objektiven Format dieses besonderen Duft zu tun. "Fahrenheit" ist über die Jahre ein Meilenstein und eine Legende geworden, die sich keinen Deut darum schert, ob ich es mag oder nicht. Es ist einfach da und zu beschäftigt es selbst zu sein.
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