12.09.2021 - 16:21 Uhr
FvSpee
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FvSpee
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58
Euphorie und Aftershave
Was die Akzidentia, a.k.a. das Drumherum zu Trumpers 'Eucris' betrifft, sind schon mehrfach seine James-Bond-Bezüge erwähnt worden: Angeblich taucht er in einem Film als Bond-Duft auf; in einem Roman wiederum findet Bond Eucris im Badezimmer eines Bösewichts. Auch das über 100-jährige Alter des Rezepts und der blickdichte schwarze Flakon mit dem ungewöhnlichen Ausguss - einer Art Stahl-Hohlnadel - waren schon Thema.
Ich möchte mich daher heute, bevor ich zum Duft selbst komme, ein wenig mit seinem mysteriösen Namen befassen. What, by jingo, soll 'Eucris' bedeuten?
Irgendwo in den Tiefen des Netzes findet sich die Theorie, dass es sich dabei um die Verballhornung des Wortes 'Eucharistie' handeln soll. 'Eucharistie' bedeutet altgriechisch wörtlich 'Danksagung', und noch heute kann man sich beim Griechen seines Vertrauens für die aufgetischte Poseidon-Platte mit einem selbstbewusst geschmetterten "Evcharisto!" bedanken. Wenn man 'Eucharistie' sagt, meint man aber eigentlich meistens, insbesondere bei den Katholiken, die Abendmahlfeier.
Ich halte diese Theorie für abwegig. Erstens sind die Engländer (und 'Eucris' ist sehr englisch) so unkatholisch, dass dort heute noch kraft Gesetz kein Premierminister Papist sein darf, zweitens riecht 'Eucris' nicht nach Weihrauch, und drittens muss man schon sehr viele Hostien im Mund oder Messwein intus haben, um 'Eucharistie' als 'Eucris' auszusprechen.
Was also dann? Die griechische Vorsilbe 'eu' bedeutet 'gut' oder 'schön'. Sie ist bekannt aus Fremdworten wie Eurhythmie ('schöne Bewegung'; das Jugendhobby von Annie Lennox), Euthanasie ('schönes Sterben', in Deutschland aus naheliegenden Gründen nicht mehr unverfänglich) und Eudämonie (etwa: 'gute Lebensführung'). Oder auch aus Namen wie 'Eugen' ('von guter Herkunft') oder 'Eulalia' ('die schön Redende', außerdem eine spanische Duftmarke). 'Schön' ist ja werbetechnisch auch ein passender Wortbestandteil für ein Kosmetikprodukt.
Wer aber ist Cris? Der aktuelle Spitzenkandidat der FDP ist zweifellos der Überzeugung, dass mit "schöner Chris" nur er selbst gemeint sein kann, aber sowohl er, als auch Chris Howland, Chris de Burgh, Kris Kristoffersen und die (im Übrigen eher starke als schöne) Cris Cyborg waren 1912 noch nicht topaktuell und können daher von Geo F. Trumper bei der Namenswahl nicht ins Auge gefasst worden sein.
Die spannende Frage bleibt also heute Abend offen. Vielleicht werden spätere Rezensenten auf diesen bescheidenen, tastenden Vorarbeiten aufbauen können.
Eucris ist ein sehr schöner und ein ebenso unverwechselbarer Duft. Er ist so trocken, dass es staubt und so herb, dass man sich ab und zu bei der unmännlichen Schwäche ertappt, einen Löffel Zucker reintun zu wollen. Dabei ist Eucris zwar schwarz wie die Nacht, aber nicht finster. Es ist ein freundliches Schwarz, fast schon eines voller: Euphorie ('gute Stimmung'). Eucris ist ein extrem vegetabiler, fast schon veganer Duft, so wenig animalisch wie ein Herbarium. Ich empfinde dominierend trockene Gewürznelken (stehen in der Pyramide) und ebenso trockene Wacholderbeeren (sind nicht verzeichnet). Natürlich sind schwarze Johannisbeeren drin. Ihre adstringierende Bitterkeit kann man spüren (sie ist aber durch die floralen Noten so gemildert, dass sie nicht wehtut), ihre fruchtige Saftigkeit nicht. Eucris ist Johannisbeerstaub: es verhält sich zu Johannisbeersaft wie Milchpulver zu Vollmilch.
Andere beschreiben 'Eucris' als haltbar, Frau von Spee und ich vertreten in seltener olfaktorischer Harmonie die Gegenpartei. Nach ein bis zwei Stunden ist der Duft bei mir perdu, trotz Splashens. Hatte ich Eucris daher zunächst weniger häufig benutzt als es der Schönheit seiner Aromen entsprach, kam ich dann auf das Ei des (Cris!) Kolumbus: Ich benutze Eucris jetzt als Rasierwasser. Es lässt sich durch den Stahlausguss perfekt in die Hand schütten, gibt dem Tag eine männlich-herbe und gleichzeitig optimistische Grundlage und allerspätestens nach dem Lunch ist Raum für den richtigen Tagesduft.
Ich möchte mich daher heute, bevor ich zum Duft selbst komme, ein wenig mit seinem mysteriösen Namen befassen. What, by jingo, soll 'Eucris' bedeuten?
Irgendwo in den Tiefen des Netzes findet sich die Theorie, dass es sich dabei um die Verballhornung des Wortes 'Eucharistie' handeln soll. 'Eucharistie' bedeutet altgriechisch wörtlich 'Danksagung', und noch heute kann man sich beim Griechen seines Vertrauens für die aufgetischte Poseidon-Platte mit einem selbstbewusst geschmetterten "Evcharisto!" bedanken. Wenn man 'Eucharistie' sagt, meint man aber eigentlich meistens, insbesondere bei den Katholiken, die Abendmahlfeier.
Ich halte diese Theorie für abwegig. Erstens sind die Engländer (und 'Eucris' ist sehr englisch) so unkatholisch, dass dort heute noch kraft Gesetz kein Premierminister Papist sein darf, zweitens riecht 'Eucris' nicht nach Weihrauch, und drittens muss man schon sehr viele Hostien im Mund oder Messwein intus haben, um 'Eucharistie' als 'Eucris' auszusprechen.
Was also dann? Die griechische Vorsilbe 'eu' bedeutet 'gut' oder 'schön'. Sie ist bekannt aus Fremdworten wie Eurhythmie ('schöne Bewegung'; das Jugendhobby von Annie Lennox), Euthanasie ('schönes Sterben', in Deutschland aus naheliegenden Gründen nicht mehr unverfänglich) und Eudämonie (etwa: 'gute Lebensführung'). Oder auch aus Namen wie 'Eugen' ('von guter Herkunft') oder 'Eulalia' ('die schön Redende', außerdem eine spanische Duftmarke). 'Schön' ist ja werbetechnisch auch ein passender Wortbestandteil für ein Kosmetikprodukt.
Wer aber ist Cris? Der aktuelle Spitzenkandidat der FDP ist zweifellos der Überzeugung, dass mit "schöner Chris" nur er selbst gemeint sein kann, aber sowohl er, als auch Chris Howland, Chris de Burgh, Kris Kristoffersen und die (im Übrigen eher starke als schöne) Cris Cyborg waren 1912 noch nicht topaktuell und können daher von Geo F. Trumper bei der Namenswahl nicht ins Auge gefasst worden sein.
Die spannende Frage bleibt also heute Abend offen. Vielleicht werden spätere Rezensenten auf diesen bescheidenen, tastenden Vorarbeiten aufbauen können.
Eucris ist ein sehr schöner und ein ebenso unverwechselbarer Duft. Er ist so trocken, dass es staubt und so herb, dass man sich ab und zu bei der unmännlichen Schwäche ertappt, einen Löffel Zucker reintun zu wollen. Dabei ist Eucris zwar schwarz wie die Nacht, aber nicht finster. Es ist ein freundliches Schwarz, fast schon eines voller: Euphorie ('gute Stimmung'). Eucris ist ein extrem vegetabiler, fast schon veganer Duft, so wenig animalisch wie ein Herbarium. Ich empfinde dominierend trockene Gewürznelken (stehen in der Pyramide) und ebenso trockene Wacholderbeeren (sind nicht verzeichnet). Natürlich sind schwarze Johannisbeeren drin. Ihre adstringierende Bitterkeit kann man spüren (sie ist aber durch die floralen Noten so gemildert, dass sie nicht wehtut), ihre fruchtige Saftigkeit nicht. Eucris ist Johannisbeerstaub: es verhält sich zu Johannisbeersaft wie Milchpulver zu Vollmilch.
Andere beschreiben 'Eucris' als haltbar, Frau von Spee und ich vertreten in seltener olfaktorischer Harmonie die Gegenpartei. Nach ein bis zwei Stunden ist der Duft bei mir perdu, trotz Splashens. Hatte ich Eucris daher zunächst weniger häufig benutzt als es der Schönheit seiner Aromen entsprach, kam ich dann auf das Ei des (Cris!) Kolumbus: Ich benutze Eucris jetzt als Rasierwasser. Es lässt sich durch den Stahlausguss perfekt in die Hand schütten, gibt dem Tag eine männlich-herbe und gleichzeitig optimistische Grundlage und allerspätestens nach dem Lunch ist Raum für den richtigen Tagesduft.
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