Naaase

Naaase

Rezensionen
Filtern & sortieren
11 - 15 von 109
Naaase vor 10 Jahren 6
7
Duft
Blumige Venus trifft würzigen Graf
Blumige Venus trifft würzigen Graf

1.
Die tyrrhenische Venus erhob sich aus den stürmischen Wellen des azurblauen Meeres. Doch da zerbrach plötzlich ihr wunderschöner und kostbarer Perlenschmuck in sieben glitzernde Splitter. Diese fielen ins Meer und aus ihnen wurden die sieben Hauptinseln des toskanischen Archipels, der "Arcipelago Toscano". So will es jedenfalls die Legende. Der "Arcipelago Toscano" wird zu den bedeutendsten Naturwundern der Welt gezählt und liegt im Mittelmeer vor der toskanischen Küste Italiens. Seine Inseln werden auch Tyrrhenische Inseln ("Isole Tirrene") genannt; die Gruppe besteht aus sieben Hauptinseln, nämlich Elba, Giglio, Giannutri, Montecristo, Capraia, Pianosa und Gorgona. Darüber hinaus gehören auch mehrere kleine Eilande und Felsen zu dieser Inselgruppe: Scoglio d’Affrica, die Formiche di Grosseto, Meloria, Palmaiola und Cerboli.

So kennen wir insbesondere die kleine Insel "Montecristo" aus der literarischen Schilderung des Schicksals des Seemanns Edmond Dantès in Alexandre Dumas’ Roman "Der Graf von Monte Christo", der in den Jahren 1844–1846 entstand.

2.
Wir haben es heute -so rein duftmäßig gesehen- also mit einer ganzen Inselgruppe zu tun.

Im Gegensatz zu seinem Bruder "Blu Uomo" beginnt "Arcipelago Uomo " von "Acqua dell' Elba" würzig. Und zwar zunächst nur würzig. Da ist kein Zitrönchen, kein Mandarinchen und erst recht ist uns keine Orange vergönnt. Also: Nur Gewürze. Und diese in Form von Salbei und Rosmarin. Sehr natürlich. Sehr schön. Mit einer leicht scharfen Note. Ein paar Pfefferkörner sind da wohl dazwischen gekugelt. Da ist nun wirklich nichts von den aquatischen Noten des blauen Mittelmeers zu spüren. Wir befinden uns definitiv an Land. Und dort -genauer gesagt- in einem Gewürzgarten. Doch, es ist uns nicht vergönnt, dort lange zu verweilen. Auf, auf, der Blumengarten ruft ! Und in diesem stehen Jasmin und Maiglöckchen. Floral duftend, jedoch keinesfalls lieblich, da immer noch sehr würzig unterlegt durch den "gepfefferten Salbei-Rosmarin-Auftakt".
Diese (sehr) würzigen Blumen begleiten uns dann durch die ganze Herznote. Durchaus erfrischend. Und zwar auf eine völlig andere Weise als sein Bruder "Blu Uomo": Jener erfreut uns -schon entsprechend seinem Namen- mit fruchtig (Mandarine und Orange)-maritimen Noten. So gesehen ist "Arcipelago Uomo" zu dem olfaktorischen (Mittel-) Meer-Bild des "Blu Uomo" das perfekte "Insel-Gegenstück". Denn hier fehlen sowohl aquatische als auch fruchtige Noten völlig. Interessant. Da hat sich wohl jemand etwas dabei gedacht. Bei "Acqua dell' Elba" wird also nicht eine bestimmte Duftrichtung über gefühlte 1000 Flanker durchgehechelt ("Cool Water" und "Boss Bottled" lassen Grüßen). Nein, hier wird auf ein abwechslungsreiches Sortiment geachtet. Sehr erfreulich.
Und was bringt die Basis ? Die üblichen mediterranen Verdächtigen: Eine würzige Zypresse in Begleitung einer leicht rauchigen Zeder. War zu erwarten. Und so klingt dieser Duft nach einigen Stunden würzig-holzig aus.

Mein Fazit:
Eine schöne Ergänzung zu "Blu Uomo", seinem (fruchtig-) aquatischen Bruder. Das selbst gesetzte Thema schön umgesetzt: Hier geht es nicht um das Meer, sondern um die Inseln. Daher vornehmlich würzig-florale Noten unter Verwendung von natürlich duftenden Zutaten. Mir persönlich hat "Blu Uomo" einen Tick besser gefallen: Die fruchtig-aquatischen Noten erfrischen einfach etwas mehr.
6 Antworten
Naaase vor 10 Jahren 4
7
Duft
Elba ist beileibe nicht Waterloo
Elba ist beileibe nicht Waterloo

1.
Neulich im Hause Buonaparte: Paoletta: "Jetzt hör' mal zu, Brüderchen: Wir leben ja jetzt schon ein paar Tage hier auf Elba. Und hier ist es auch wirklich schön; die Sonne scheint und die Vöglein singen. Aber, seitdem Dich diese Vollpfosten ins Exil geschickt haben sitzt Du nur noch griesgrämig herum. Zu nichts hast Du mehr Lust."
Napoleon: "Ja, ja, mein Lieblings-Schwesterchen, jetzt motz' nicht schon wieder rum ! Ich habe jetzt -wie mir aufgetragen- den Abwasch erledigt. Aber, verstehe doch, ich bin ein großer Herrscher. Und dieses blöde Herumsitzen macht mich irgendwie ganz kirre !"
Paoletta: "Ja, Brüderchen, ich verstehe Dich ja. Aber, wenn ich Dir mal was sagen darf: Du riechst auch irgendwie -na sagen wir mal- ein Wenig streng. Du solltest da mehr auf Deine Körperpflege achten. Jedes Mal, wenn ich an Dir schnuppere erlebe ich mein olfaktorisches Waterloo."

Das ließ Napoleon nicht auf sich sitzen. Schwer gekränkt packte er mit einer herrischen Bewegung -und ohne seine Schwester auch nur eines einzigen weiteren Blickes zu würdigen- seinen Säbel. Man kann ja nie wissen. "Denn selbst hier auf Elba treiben sich so manch' finst're Gestalten rum." schoss es ihm durch den Kopf. Demnach auf diese Weise gut zu seiner etwaigen Verteidigung ausgestattet schlug er die Türe hinter sich zu und trat hinaus. Hinaus in die Natur. Dort bot sich ihm fürwahr ein gar wundervolles Bild. Er liebte die Bucht von Marciano Marina, wo Schwesterchen pflegte zu schwimmen. Gerade zu dieser Tageszeit, in der dieses einzigartige Nass -trotz Ferienzeit- von nervigen Touristen noch nicht so überlaufen war. Diese lärmenden Kinder mit ihren blauen "Nivea-Schwimmreifen" waren einfach überall. Und von diesen gelben "Shell-Wasserbällen" hatte er fürwahr schon genug auf sein kaiserliches Haupt bekommen. Jedesmal befürchtete er ein infames Attentat. Überall diese Autos mit Münchener Kennzeichen. Einfach schrecklich ! Noch ein kurzer Geruchstest. "Nun ja, mit meinem 'Bois Du Portugal' war ich ja bis jetzt immer ganz zufrieden gewesen. Und außerdem hat sich ja dieser rührige Mister Creed so verdammte Mühe gegeben, diesen Duft extra für mich zu kreieren." überlegte er. "Doch, vielleicht ist es auch mal angezeigt, mich duftmäßig etwas zu verändern. Dann klappt's möglicherweise auch mit dem Kriegführen wieder besser." Tief atmete er durch. "Ja, diese wundervolle Insel im Mittelmeer hat wirklich einen einzigartigen, einen bezaubernden Duft.

Kurzentschlossen befahl darauf hin Napoleon seinen getreuen "General Zaphod" (der ihn stets eifrigst mit Duftproben versorgte) zu sich und ließ sich von diesem ein kleines Laboratorium einrichten. Paoletta zeigte sich hocherfreut und meinte: "Man könnte hier ja Parfüms erzeugen, welche diese von Paris weit übertreffen !"

Gesagt, getan. Und diese Begebenheit wird wohl der Grundstein für ein kleines Familienunternehmen in Marciano Marina auf der einzigartigen Mittelmeer-Insel Elba gewesen sein. Der Familienbetrieb "Acqua dell' Elba", der -laut eigener Auskunft- Wert auf Tradition legt und nur Rohstoffe verwendet, die auf Elba zu finden sind.

2.
So oder zumindest so ähnlich muss wohl "Blu Uomo" entstanden sein.
Der Duft startet fruchtig. Mandarine und auch etwas Orange. In der Tat: Dieser zarte Orangenhauch erinnert etwas an "Arancia di Capri" von Acqua di Parma. Schön mediterran. Nicht zitrisch-säuerlich, aber auch nicht überreif: Eine wunderschön erfrischend-natürliche Orange. Diese in Begleitung einer nicht minder natürlichen Mandarine. Einfach nur Frucht. Keine Gewürze.
Hinzu gesellt sich dann eine deutliche aquatische Note. Nicht das wilde Meeresrauschen aus "Cool Water" von Davidoff. Nein, vielmehr nur eine leichte -indes deutlich wahrnehmbare- Brise, die vom Festland herüber weht und unsere mediterranen Früchtchen sanft umschmeichelt. Erfrischend. Klar. Sommerlich. Sicherlich, die Parallele zu Cool Water ist nicht völlig von der Hand zu weisen. Aber hier ist das Meer nicht wild und aufgewühlt von einem morgendlichen heftigen Sturm. Nein, ruhig und sanft liegt es vor uns. Und gibt sich dem intensiven Genuss durch einen erfreuten Betrachter bereitwillig hin. Bildet mit den nach wie vor deutlich präsenten fruchtigen Tönen aus der Kopfnote einen sommerlich-beschwingten Tanz. Der Träger taucht (zumindest vor seinem geistigen Auge) tief hinein und spürt sogleich die erhabene Tiefe sowie die einzigartige Ruhe dieses sommerlichen Ozeans.
Jasmin kommt hinzu. Aber ebenfalls nur ein Hauch hiervon. Diese floralen Noten liegen nun locker leicht in der sommerlichen Luft des Mittelmeeres und geben diesem Duft einen beschwingten Anstrich.
In der Basis wird's dann eindeutig männlich: Würziges Eichenmoos kommt zum Vorschein. Jedoch nicht in dieser erdig-feuchten Variante, die man des Öfteren anzutreffen pflegt. Sicherlich: Männlich. Vielmehr in seiner waldig-trockenen Variante. Dafür sorgt schon das edle Sandelholz, das nun sein Begleiter ist. Umweht von einem leicht würzigen Hauch, der sich zu den aquatischen Tönen aus der Herznote gesellt: Myrte. Und so klingt dieser sommerlich-erfrischende Duft sanft nach einigen Stunden aus.

3.
Napoleon zeigte sich -ebenso wie ich- hocherfreut über dieses wunderschön erfrischende Duft-Bild von der traumhaft gelegenen Insel Elba inmitten des Mittelmeeres. Doch diese Geschichte hat leider kein Happy-End: Nicht nur, dass Napoleon bereits nach kurzer Zeit diese einzigartige Mittelmeer-Insel bereits wieder verließ. Nein, die Legende sagt, dass ein Vöglein die Rezeptur des ersten Duftes dieses Laboratoriums entwendet habe. Ob es just die Rezeptur für "Blu Uomo" war, das ist bedauerlicherweise nicht überliefert. Doch nach der Legende soll Paoletta (eigentlich "Pauline Borghese") Düfte dieser Insel nie vergessen haben. Auch ich bin von "Blu Uomo" very amused !
4 Antworten
Naaase vor 10 Jahren 7
7
Duft
Guy Robert's Status eines Mannes
Guy Robert's Status eines Mannes

1.
Wie wir in einem der vorzüglichen Kommentare des von mir so geschätzten Parfümfreundes Yatagan schon erfahren haben bezeichnet "Équipage" die Aufmachung eines Gespannes (Kutsche) als Ganzes. Neben der Art des Wagens ist damit auch dessen Ausstattung im weiteren Sinne gemeint. Aber, nicht nur diese. Denn nicht nur der Wagentyp soll Auskunft über den Status seines Besitzers geben, sondern auch dessen Pferde. Sozusagen die "PS-Ausstattung" im wörtlichen Sinne. Natürlich sind damit nicht nur deren Anzahl, sondern auch deren Rasse umfasst. Aber nicht nur, was die Gespanne von damals als Zugkraft -sozusagen "unter der Haube"- hatten. Nein, statusbildend war selbstredend auch, ob der Herr selbst die Peitsche führen musste oder ob er es sich (finanziell) leisten konnte, sich eines Fahrers zu bedienen. Natürlich auch die Anzahl und sogar die Bekleidung der mitfahrenden Diener.

Soweit ich mich erinnern kann gab es im Jahre 1970 Pferdekutschen nur noch in sehr eingeschränkter Anzahl. Diese hatten bereits seit geraumer Zeit anderen "Pferdestärken" als Fortbewegungsmittel Platz machen müssen. Möglicherweise wollte der große Parfumeur Guy Robert in diesem Jahr (s)einen Beitrag dazu leisten, den Herren dieser Zeit eine Möglichkeit zu geben, ihren Status auszudrücken. Und zwar nicht -wie bedauerlicherweise oftmals seit geraumer Zeit- durch das nur vordergründig lässige, jedoch tatsächlich lediglich beifallsheischende, Heraushängen des vorzugsweise linken Armes aus dem Fenster eines hochmotorisierten und damit lärmenden Gefährts unter Hintanstellung sämtlicher Verkehrsregeln.

Nein, diesen "Status" hatte der großartige Guy Robert fraglos nicht im Sinn. Jener Guy Robert, der -neben seiner Tätigkeit als (Fach-) Buchautor ("Les Sens du Parfum") und seiner Eigenschaft als Präsident der "La Societe du Parfumeurs"- zwischen 1949 und 2012 für sechs verschiedene Parfümeriehäuser (Hermès, Rochas, Dior, Gucci, Amouage und The Pink Room) arbeitete und in dieser Zeit so namhafte Meisterwerke wie "Madame Rochas" (Rochas; 1960), "Calèche" (Hermès; 1961), "Monsieur Rochas" (Rochas; 1969), "Gucci No. 1" (Gucci; 1974), "Gucci pour Homme" (Gucci; 1976), "Dioressence" (Christian Dior; 1979), "Amouage Gold" (Amouage; 1983), "Amouage Gold Man"(Amouage; 1983) und "Parfum No.1" (The Pink Room; 2000) kreierte, jedoch laut "Fragrantica" den Duft "Amouage Gold" eine "Symphonie und die Krönung meiner Karriere" nannte. Jener Guy Robert, der schon am 28.05.2012 verstorben ist.

2.
Wir können also nur darüber rätseln, welchen olfaktorischen Status Guy Robert uns "équipage-tragenden" Herren zubilligen wollte:

Der Duft beginnt klassisch. Mit einer Bergamotte. Keine säuerlich spitz erfrischende Zitrusfrucht. Sondern eher schon ein reifes Exemplar. Und auch etwas Orange. Jedoch nur ganz leicht und sanft. Fast schon in Richtung jener Orangeade, die Großmutter so gerne beim Backen verwendet. Doch schon sehr schnell stellen sich Gewürze ein. Diejenigen Gewürze, die dann im weiteren Verlauf eine so entscheidende Rolle spielen sollen. Doch dazu später mehr; zunächst zurück zu unserer reifen Bergamotte. Oder, besser gesagt, zu den sie begleitenden Gewürzen: Ich vernehme Muskat. Leicht trocken, fast schon etwas "staubig". Etwas Muskatellersalbei gesellt sich dazu und bietet einem würzigen Rosenduft eine Bühne. Laut Duftpyramide soll es sich hierbei um "Rosenholz" handeln. Ich persönlich wäre da eher in die Richtung "würzige Rose" gegangen.
Es wird also bereits in der Kopfnote klargestellt, dass es in diesem Duft um Gewürze geht.
In der Herznote folgen dann Nelke und Zimt. Wir erinnern uns: Kommt uns denn die Kombination "Nelke-Rose-Zimt" nicht bekannt vor ? Aber ja doch ! Das ist doch die allseits bekannte Herznote von Jaques Polge's "Égoïste" aus dem Jahr 1990 ! Nur, dass Équipage trotz (teilweise !) identischer Zutaten sehr viel strenger, ja fast schon etwas unnahbar wirkt: Der Zimt ist hier nicht süß. Es ist nicht der Zimt, den wir von dem Apfelkuchen besagter (und wohl auch betagter) Großmutter kennen. Selbst dieser Zimt -im Zusammenspiel mit der würzigen Nelke- bildet ein strenges Korsett für seinen Träger. Gibt ihm eine edle, jedoch -ich wiederhole mich- auch etwas unnahbare Aura. Daran vermögen auch die vereinzelten Blümchen (Jasmin und Maiglöckchen) nichts zu ändern. Denn: Nach wie vor bestimmen die Gewürze das Bild. Alles andere erscheint nur Beiwerk.
Und es bleibt würzig; bleibt streng: In der Basis erwartet uns erdiges Eichenmoos. Leicht feucht kommt es mir vor. Wie ein Waldboden nach einem heftigen Regenschauer, dessen Tropfen sich ihren mühsamen Weg durch die dichten Baumkronen hinab bis zum moosbedecktem Erdreich bahnen mussten. Um nun eifrigst in dieses einzudringen. Ihm die so ersehnte Feuchtigkeit zu spenden. Rauer Moschus und würziges Patchouli erschnuppere ich. Auch weiterhin gilt: Da ist nichts Liebliches , nichts Kuschliges. Selbst die finale leichte Vanille-Note entspringt nicht dem süßen Vanille-Pudding der hier schon oftmals herangezogenen Großmutter, sondern eher einer zuckerfreien Vanille-Schote natürlichster Herkunft. Leicht grasig-krautig abgerundet durch Vétiver.

3.
Somit nochmals zurück zu unserer Ausgangsfrage: Welche "Ausstattung" wollte wohl Guy Robert dem Herrn des Jahres 1970 in Ermangelung einer Kutsche mitgeben ? Welchen "Status" soll dieser "équipage-tragende" Herr ausstrahlen ? Wie soll er auf seine Mitmenschen wirken ?

Nun, ich meine Folgendes:
Er soll edel und aristokratisch wirken, ohne dabei steif zu sein.
Er soll gütig und großzügig wirken, ohne dabei verschwenderisch zu sein.
Er soll kosmopolit und gewandt wirken, ohne dabei ruhelos zu sein.
Er soll kommunikativ und freundlich wirken, ohne dabei geschwätzig zu sein.
Er soll witzig und schlagfertig wirken, ohne dabei lächerlich zu sein.

Denn: Der "Équipage-Mann" hat ja seine "Ausstattung", sein "Korsett". Ein Korsett, das ihm Halt gibt. Ein Korsett vornehmlich aus Gewürzen.
7 Antworten
Naaase vor 10 Jahren 6
8
Duft
Veronika, der Lenz ist da...
Veronika, der Lenz ist da ...

1.
Und jedes Jahr legt sich wieder
auf die Natur ein buntes Band
aus Veilchen, Nelken und auch Flieder
über all' das grüne Land.

Der Sonne lachendes Gesicht
blickt herab auf Feld und Wies'
und vergesset dabei nicht
wie sehr sich Grün vermissen ließ.

Bäume sprießen, Vöglein singen,
Bäche fließen, Blumen blühn',
um uns Freud' ins Herz zu bringen,
von Eis und Kälte Abschied nehm'.

Lasst uns genießen all' die Pracht,
die Frühling uns beschert.
Denn Winter ging - so über Nacht.
Die Zeit des Wartens war es wert.

... oder, um es mit anderen Worten zu formulieren: "Veronika, der Lenz ist da...". Denn: An diese Zeilen der unvergleichlichen "Comedian Harmonists" musste ich beim Test von Olivia Giacobetti's "En Passant" denken. An jene "Comedian Harmonists", die sich auf folgende Zeitungsanzeige fanden, mit der am 18. Dezember 1927 im Berliner Lokal-Anzeiger Harry Frommermann Sänger für eine neue Gruppe suchte:

„Achtung. Selten. Tenor, Bass (Berufssänger, nicht über 25), sehr musikalisch, schönklingende Stimmen, für einzig dastehendes Ensemble unter Angabe der täglich verfügbaren Zeit gesucht. Ej. 25 Scherlfiliale, Friedrichstr. 136.“

Jene "Comedian Harmonists", die sich -da teilweise "nicht-arischer" Abstammung- wie so viele in dieser Zeit der ebenso sinnlosen wie grausamen Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt sahen.

Bei uns ist "Lenz" zwar schon längst eingekehrt - sogar schon die heißen Sonnenstrahlen des Sommers. Aber auch in dieser Jahreszeit ist Raum für das im Jahre 2000 in Frédéric Malle's "Autoren-Reihe" erschienene "En Passant".

2.
Ebenso wie damals die von mir eben herangezogenen "Comedian Harmonists" bei ihrem ersten (größeren) Auftritt am 28. September 1928 in der Revue-Operette Casanova in Hallers „Großem Schauspielhaus“ ist "En Passant" für seinen Träger "einfach da". Ich meine damit nicht, dass es einfach gestrickt wäre. Beileibe nicht. Nur: Es weist keinen nennenswerten Duftverlauf auf. Es begrüßt uns vielmehr mit einem betörenden Flieder-Duft. Und verharrt mit dieser (Haupt-) Note bei seinem Träger. Wie gesagt: Es ist der Flieder, der bereits eingangs in unsere Nasen dringt. Locker, leicht beschwingt - halt frühlingshaft. Man muss diese Note mögen, um mit "En Passant" Freund zu werden. Doch, wer Flieder mag, der wird fürstlich entlohnt. Es ist nämlich der betörende Duft nach einem leicht-beschwingten Frühlingsspaziergang - umschmeichelt von den ersten, noch zaghaften, Sonnenstrahlen des neuen Jahres nach einem kalten und unbarmherzigen Winter.

Wie gesagt: Ein Fliederhauch umschmeichelt unsere Nase. Luftig, locker, leicht. Zärtlich schmiegt er sich an uns. Begleitet uns auf unserem Weg. Ein Weg, auf dem wir die unnachgiebige Kälte des zurückliegenden Winters hinter uns lassen und die angenehme Wärme des nahenden Sommers freudig begrüßen. Begleitet auf diesem Weg wird dieser betörende Flieder -und damit auch wir- von einer fruchtigen Note. In der Duftpyramide ist "Orangenblatt" angegeben. Ich für meinen Teil hätte da eher einen "Neroli-Hauch" dahinter vermutet. Ob nun von Blatt oder Blüte der Orange herrührend - dieser Ton gibt "En Passant" eine fruchtige Note. Doch: Die locker-leichte Grundausrichtung bleibt bestehen. Als Gegenpart vernehmen wir dezent grüne Noten: Eine würzig-frische Gurke ist zu vernehmen. Untermalt mit einer frühlingshaften Blumenwiese.

Körpernah verbleibt dieser Duft bei uns. Aus wenigen Inhaltsstoffen gefertigt. Ohne nennenswerten Duftverlauf. Aber beileibe nicht "einfach gestrickt". Ein treuer Freund an einem sonnigen Frühlingstag. Und nicht nur da.
6 Antworten
Naaase vor 10 Jahren 7
4
Duft
Nachtschwimmer oder Nichtschwimmer ?
Nachtschwimmer oder Nichtschwimmer ?

1.
Bei der Vorbereitung auf diesen Kommentar googelte ich mal den Begriff "Nachtschwimmer". Und irgendwie muss ich mich da vertippt und "Nacktschwimmer" eingegeben haben. Flugs und unversehens wurde ich auf eine stattliche Anzahl Internet-Seiten zweifelhafter Herkunft und noch zweifelhafteren Inhalts umgeleitet. Hab' dann doch den Verlauf schnell wieder gelöscht ...
Bei einem zweiten verzweifelten Besuch bei dieser oben genannten Internet-Suchmaschine gab es dann ebenfalls -na sagen wir mal- "Verständigungsprobleme". Aber immerhin weiß ich nun, wo sich in meiner näheren Umgebung Freibäder mit "Nichtschwimmer"-Becken befinden. Nicht, dass ich Derartiges nötig hätte. Aber, man ist ja für jede Information dankbar.
So bin ich auch jedesmal dankbar für die Information, dass ein neuer Duft die ebenso geheimnisvollen und daher geheiligten Hallen eines namhaften Produzenten verlassen hat, um neues Glück unter uns Parfüm-Begeisterte zu bringen. Auch wenn ich in letzter Zeit schmerzlich erfahren musste, dass dieses versprochene Glück bei gewissen Produkten an sich namhafter Häuser durch mangelnde Qualität doch eher getrübt wurde. "Boss Bottled Intense" war und ist da so ein Kandidat. Und Du, mein Sohn Brutus ? Oder, um in diesem geschichtlichen Kontext zu bleiben: Quo Vadis, Davidoff ? Vorausschicken möchte ich, dass ich in meiner "Sturm und Drang-Zeit" durchaus ein glühender Verehrer des cool-water'schen "Mutterschiffes" war und es auch heute noch gerne rieche. Doch, was diesem Elternteil dann in den folgenden Jahren -sozusagen- als "Kuckucksei ins Nest" gelegt wurde, da würde sich zweifelsohne der von mir sehr verehrte Pierre Bourdon zwar nicht im Grabe, aber doch immerhin im Bette umdrehen. Dementsprechend skeptisch ging ich also an den Test heran:

2.
Die Duftpyramide verspricht ja so Einiges: Minze, Früchte, Holz, Leder - a new star is born.
Zum Auftakt kann ich dann in der Tat etwas Minze vernehmen und die Vorfreude auf die weiteren versprochenen Rohstoffe steigt ins Unermessliche. Auch ist die "Cool Water-Grund-DNA" mit diesem olfaktorischen Meeres-Rauschen nicht ganz von der Hand zu weisen. Doch ist es nicht -im hemingway'schen Sinne- "Der alte Mann und das Meer", sondern eher das vorhin angesprochene Nichtschwimmer-Becken. Auch nicht sexy. Also, vom "Nacktschwimmen" ganz zu schweigen. Vielmehr hat offensichtlich ein kleines Kind in diesem besagten "Nichtschwimmer-Becken" seinen aus PVC hergestellten Schwimmreifen vergessen. Riecht mal daran, dann wisst Ihr, was ich meine. Dementsprechend scheint es sich bei dem in der Duftpyramide versprochenen "Mastixharz" auch um einen Schreibfehler zu handeln. Richtigerweise muss es lauten "Plastikharz". Das würde so Manches erklären. An anderer Stelle würde ich vielleicht jetzt sagen, dass bereits in der Kopfnote die Inhaltsstoffe "fein ineinander verwoben" seien. Hier sind sie schon "ineinander verwoben", nur halt im Sinne eines "Kopfnoten-Breis". Gut, etwas Fruchtiges kann ich da schon noch erkennen, aber fragt mich bitte nicht, was. Da muss ich erst den Obstverkäufer meines Vertrauens inquisitorisch befragen.
Nun gut, dann los zur Herznote. Laut Duftpyramide verspricht diese immerhin "Cashmeran". Cool, wir gehen also mit einem ebenso edlen wie wärmenden Pulli im Schwimmbecken Tauchen. Mal was Neues. Doch schon nach kurzer Zeit musste ich leider feststellen, dass ich erneut einem begrifflichen Irrtum aufgesessen war. Scheint heute sprachlich nicht mein Tag zu sein: Das Wort "Cashmeran" leitet sich offensichtlich von dem englischen Begriff "Cash" her. Man will also "Geld machen". So nachvollziehbar dieser Vorsatz in betriebswirtschaftlicher Hinsicht ist, so bedauerlich ist er hingegen in olfaktorischer Hinsicht: Etwas Würziges kann ich erkennen. Nun gut, lass es mal Salbei und Pfeffer sein. Ich denke da an "Antaeus'" Aufsehen erregenden Muskateller-Salbei und muss enttäuscht feststellen, dass wohl "Salbei" und "Salbei" nicht immer das Selbe zu sein scheinen. Jedenfalls zieht sich nun eine fruchtig-würzige Kunstnote durch das Herz dieses Duftes.
In der Basis wird's dann tatsächlich dunkler: Der Bademeister unseres Schwimmbades hat offensichtlich das Licht abgedreht und bläst zum Aufbruch. Die Badegäste sollten nun schleunigst den Badebereich verlassen. Dieser Abschied wird ihnen auch nicht so unendlich schwer gemacht. Denn: Sicherlich, mit viel Anstrengung ist etwas dunkler Amber zu vernehmen. Aber auch sehr künstlich. Dementsprechend muss das versprochene Wildleder wohl auch mehr ein Kunstleder sein. Nur bei einem ebenso kurzen wie vergleichenden Gedanken an das neu erschienene "Leather" von Acqua di Parma kullern mir hier Tränchen der Enttäuschung über meine Wangen; so groß wie die des kleinen Mädchens am Kiosk unseres Schwimmbades, als ihr ihre Eltern mitteilen, heute gebe es kein Eis.

Mein Fazit:
... kann daher kurz ausfallen: "Cool Water Night Dive, wärst Du doch mit Deiner Mutter Cool Water im Nichtschwimmer-Becken geblieben "
7 Antworten
11 - 15 von 109