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11 - 15 von 66
3lbows vor 2 Jahren 19 8
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Haltbarkeit
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Duft
Nirgendwo in Afrika
… ist ein Film, in dem ein jüdischer Anwalt in den späten 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts mit seiner Familie aus Nazi-Deutschland nach Kenia flieht. Er und seine Frau kämpfen dabei mit dem plötzlichen Herausgerissen Sein aus der vertrauten, bürgerlichen Umgebung und der Anpassung an diese wilde, neue Welt. Wer diesen bildgewaltigen Streifen gesehen hat, konnte die flirrende Hitze in dem kenianischen Dorf förmich spüren, den westlichen Ekel vor unbekannter Nahrung, und die Verwunderung vor all dem Getier und Gebräuchen, die die Familie aus ihrer Heimat nicht kannte. Der einfühlsame Soundtrack unterstreicht diese emotionale Reise, die einen trotz der ernsten Thematik sehnsüchtig in die Ferne schweifen lässt.

Wer zum ersten mal den Duftschweif von "№ 02 - L'Air du Désert Marocain (Eau de Toilette Intense) | Tauer Perfumes" wahrnimmt, der benötigt keine Bilder, um sich den Anwalt in seinem hellblauen Seidensticker Hemd - nun ohne Krawatte - provisorisch in die dunkle, lumpige Leinenhose gestopft, stehend auf der Holzterasse des Kolonialhofes, dessen Verwalter er nun ist, vorstellen zu können, und damit den reißenden Kontrast zwischen dem Festklammern an den alten, Sicherheit gebenden Gewohnheiten, und dem Hineinleben diese neue, wunderschöne und erstaunliche, aber unnachgiebige Welt nachzuerleben.
Warum ich mit einer derart klischeehaften Szene starte? Ich kann diesen Duft einfach nicht konkret beschreiben. Ich habe den Eindruck, ihn gerade erst noch kennen zu lernen, denn ich kann ihn immer noch nicht ganz begreifen, bestenfalls einzelne Facetten, obwohl ich ihn in seiner Summe als wahnsinnig angenehm und eigentlich simpel empfinde. Allein dieser Prozess des Entdeckens, des nach und nach Erschließens und der damit verbundenen Neugierde und Freude ob stetig sich auftuender neuer Seiten macht "№ 02 - L'Air du Désert Marocain (Eau de Toilette Intense) | Tauer Perfumes" für mich zu einem ganz Großen. Die meisten Mainstreamer, die mir gefallen, sind doch allzuschnell durchschaut.

Momentan kann ich mich bestenfalls mit Bildern um ihn herum tasten, oder sagen, was "№ 02 - L'Air du Désert Marocain (Eau de Toilette Intense) | Tauer Perfumes" nicht ist. So muss, wer die Kommentare auf Fragrantica durchgeht, zu dem Schluss kommen, dass er es hier mit einem opulenten Orientalen zu tun hat, den man bestenfalls zu Hochzeit und Weihnachtsfeier ausführt. Dem muss ich wiedersprechen, denn ich halte Tauer's Meisterwerk für einen der vielseitigsten Düfte, die ich kenne. Ungewöhnlich? Ja, aber durch seine zarte Unaufringlichkeit wie so viele andere Düfte, die ich schätze eher begleitende Aura als Revier markierendes Odeur.
Der Duft ist absolut nicht süß oder klebrig, wie man bei der Erwähnung des Wortes »Amber« ob dessen infaltionärer Verwendung bei den aktuellen Winter-Designern vielleicht vermuten könnte. Ich finde ihn, insbesondere im späteren Drydown sogar eher luftig und leicht, obwohl per se nicht wirklich frisch. "№ 02 - L'Air du Désert Marocain (Eau de Toilette Intense) | Tauer Perfumes" ist daher ganzjährig tragbar, zu praktisch jeder Gelegenheit wie eine Hamilton Khaki Field Titanium Auto. Aber eine Uhr ist er ja auch nicht.

Die Gewürzassoziationen der Community – zerstoßener Koriander, getrockneter Kümmel, insbesondere in der Kopfnote – kann ich nachvollziehen. Insbesondere an der Einschusstelle erschlägt einen in den ersten 5 Minuten so ziemlich alles, was der Esoterikladen zu bieten hat. Das erinnert dann schon sehr stark an Düfte wie "Potion (Eau de Parfum) | Dsquared²" und "Lillipur | Tiziana Terenzi" . Nimmt man den Riecher aber weiter weg, ergibt sich in der Gesamtschau etwas völlig anderes. Der Gewürzbazar tritt in den Hintergrund, eine trocken-holzige Melange gepaart mit etwas Weihrauch bildet bestenfalls noch die Bühne für ein luftiges, helles, sauberes, frisch gebügeltes und darum noch heisses – ich traue mir meine Assoziation kaum in Worte zu fassen - Hemd. Sic.

Aber wie gesagt, im Drydown is, where the magic happens: Wie bei vielen hochwertigen Nischendüften ergibt sich dieser erstaunliche Wohlgeruch erst durch die Mischung in der Luft. Das beste Erlebnis haben wohl die Mitmenschen. Ich kann gut verstehen, dass manche Duftliebhaber, insbesondere bei vier oder mehr Sprühstössen, nach 8 Stunden nirgendwo in Afrika ermüden und den Duft von der Haut zu kratzen versucht sind. Obwohl – bei der Haltbarkeit muss man sich den wohl eher operativ entfernen lassen.

Als kleinstem gemeinsamen Nenner meiner Eindrücke kann ich für´s erste nur sagen: Wow. Und ja, trocken luftig. Mehr dazu, wenn ich Gelegenheit habe, auch noch "Au Coeur du Désert | Tauer Perfumes" zu testen, was ganz oben auf meiner To-do-Liste steht. Obwohl "№ 02 - L'Air du Désert Marocain (Eau de Toilette Intense) | Tauer Perfumes" schwierig ist, muss niemand Angst haben, überfordert zu werden. Ich lege jedem zumindest eine Abfüllung nahe, denn auch bei Missfallen würde ich eine derart erhellende Dufterfahrung nicht missen wollen.
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3lbows vor 2 Jahren 8 7
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Flakon
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Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Luxus-Seife als Winterduft geht nicht? Think again!
Die von Prada, die können schon was. Duftnoten allerlei Provenienz in Seife zu kleiden zum Beispiel. So auch bei Prada Luna Rossa Black.
Wer sich als Liebhaber edel bedufteter Waschsubstanzen im Winter fragt, was er denn nun tragen soll – look no further.
Prada versteht dieses Handwerk wie kein anderes Designerhaus, und so findet man hier neben "L'Homme Intense | Prada" mit "Luna Rossa Black | Prada" einen Genrevertreter, der es schafft, schwerere, auch leicht süße Noten hauchzart in eine seifig-saubere Aura zu verpacken. Dabei ist dieser Geselle, anders als sein Name vermuten lässt, kein finster-mystischer Verführer, wie die vielen anderen Würz-Orientalen. Er spielt zwar in derselben Zweckgemeinschaft wie zum Beispiel "Armani Code / Black Code (Eau de Toilette) | Giorgio Armani" , verrichtet seinen Job aber professioneller, distanzierter und kühler, dennoch keinesfalls emotionslos. Wo ersterer in bester George Clooney Manier als routinierter Casanova nach der Ü50 Cardiogruppe seine bessere Hälfte zum Dinner ausführt, verdreht "Luna Rossa Black | Prada" mit seiner souveränen, distinguierten Art reihenweise der Köpfe der Kolleginnen im Großraumbüro. Aber nicht, weil er sie mit Allerwelts-Süßkram überlädt, sondern weil die Mädels ob seiner fein gewobenen unaufdringlichen aber präsenten Duftspur einfach neugierig werden: Etwas Lakritzartiges, von vielen als Gumminote wahrgenommen, fein ambriert, und pudrig-vanillig ausklingend, stets von der bereits erwähnten Seifennote umspielt ist das Hauptthema in einer Komposition, von der keine der Kolleginnen behaupten könnte, sie schon tausendmal gerochen zu haben. Als Duftverwandter fällt mir zunächst nur "Bvlgari Black | Bvlgari" ein. Testet man die beiden parallel, so bildet die oben erwähnte synthetische, aber nicht ungefällige Gumminote die Schnittmenge. Der Bvlgari kommt allerdings wesentlich würziger und grimmiger daher, und lässt einen auf der Weihnachtsfeier schnell wie den Grinch - nämlich alleine - dastehen. Überraschende Parallelen sehe ich auch zu "1000 Miglia Chrono | Chopard" , welcher dieser verführerischen Gummisynthetik eine pudrige (und süßere) Kirschnote zur Seite stellt, der man den geringeren Preis allerdings anmerkt. Auch die Trademark-Seifigkeit sucht man hier vergeblich. Dennoch ist der Chopard eine erstaunlich kompatible Alternative, will man die Mitarbeiterinnen nach dem Meeting noch in geselliger, ungezwungener Runde treffen.
Warum dieser sehr eigenständige Prada als Luna Rossa Flanker angelegt ist, entzieht sich meinem Verständnis, denn der Lavendel, der sich in der ein oder anderen Form durch die Serie zieht fehlt hier komplett. Vielleicht befürchtete man, den Duft ohne entsprechendes Branding nicht an den Mann zu bringen. Unbegründet, meiner Meinung nach.
Meine Kaufempfehlung geht daher an alle, die Prada´s Seifenlineup mögen, und etwas für die kältere Jahreszeit, oder den Abend suchen, oder einfach nur einen etwas anderen, hochwertigen Duft vom äußersten Rand des Mainstreams kennenlernen möchten.
Irgendetwas sagt mir, dass dieser hier nicht mehr lange erhältlich sein wird.
7 Antworten
3lbows vor 2 Jahren 75 19
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Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft
Tragbarkeit ist unterbewertet! Von der Kunst, angenehm aufzufallen ohne aufzufallen...
Zu den Anfangszeiten meiner Parfumleidenschaft war ich noch vollauf begeistert von für Fragrance-game Neulinge geradezu exotisch wirkenden Düften wie "Dior Homme Intense (2011) | Dior" und "Valentino Uomo Intense (2016) | Valentino" . Pudrig als Männerparfum – das geht? Und wie!
Doch der Reiz des Neuen machte in den letzten zwei Jahren der Einsicht Platz, dass nicht alles, was ansprechend duftet auch tragbar ist.
So paradox das klingt, aber je länger ich mich nun in der Duftwelt bewege, und je interessanter und facettenreicher, oder salopp - abgefahrener meine Dufterfahrungen werden, desto mehr zieht es mich hin zum Gewöhnlichen, zum Tragbaren – zumindest was Düfte angeht, die ich auch als Flakon besitzen, und in meiner täglichen Rotation verwenden möchte. Olfaktorisch herausfordernde Kompositionen, von Oud-geschwängerten Stallorgien bis hin zu filigranen Leisetretern, die sich auch auf den dritten Schnüffler noch nicht erschließen sind wichtige Meilensteine einer jeden Duftreise, erweitern meinen Horizont und machen – schlicht – Spass.
Aber bei allen Apellen, man möge doch tragen, was einem gefällt, so sind wir doch hier in der Mehrzahl keine bunten Gockel, die von "The Muse | Zarkoperfume" über "Fahrenheit (Eau de Toilette) | Dior" bis hin zu "Black Afgano (Extrait de Parfum) | Nasomatto" alles rotieren, was ein geruchliches Statement zu setzen im Stande ist. Soweit wage ich mich aus dem Fenster zu lehnen. Ich gehe gerne einen Schritt weiter und behaupte, dass auch und gerade viele der Wässerchen aus den Parfumo Toplisten was die eigentliche Funktion als angenehm wahrnehmbare Körperbeduftung angeht schnell an ihre Grenzen stoßen. Wer schon einmal 5 Tage in Folge mit "Herod | Parfums de Marly" eingedieselt in´s Büro marschiert ist weiß, was ich meine. Die Linie zwischen begehrtem Alpha-Männchen und schrulligem Fragrance Guy ist eine sehr dünne.
Vielen Nischendüften fehlt es einfach an Gelegenheiten und Anlässen – und nicht zuletzt, der Passung. Damit meine ich die Kongruenz zum Träger, zu dessen Stimmung und Auftreten und letztlich auch dem Umfeld, in dem er sich bewegt. Dabei sind Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gefragt – des Duftes wohlgemerkt, nicht des Trägers. Ein Parfum, das es schafft, seinen Träger in eine interessante Aura zu kleiden, sein Auftreten zu unterstreichen und nicht mit Assoziationen an Rinder, Gebäck, Duschgel, Shisha Pfeiffen, Cognac oder sonstigen Kram zu überfahren – also Parfum im eigentlichen Sinne zu bleiben – ist in meinen Augen schon eine Kunst für sich. Wohlgemerkt: Solche Elemente können und sollen gerne eingewoben werden, aber das bitte mit Raffinesse! Sobald ein Spieler in der Pyramide dominant heraussticht und/oder nicht mit dem Rest der Noten harmoniert, stellt sich für mich schnell ein Ermüdungseffekt ein: Der Duft verliert, was ich vorher Passung nannte und ich möchte ihn, zumindest zeitweise, nicht mehr riechen, und auch nicht nach ihm riechen. Das mag dann vielleicht künstlerisch ansprechend sein, ist mir persönlich aber zu weit weg vom Kerngedanken eines Duftwassers.

Warum ich soweit aushole?

Die Alltagstauglichkeit, meiner Meinung weitgehend unterbewertet, ist die Paradedisziplin von "Gentleman Givenchy (Eau de Parfum) | Givenchy" . Ein würziges Grundgerüst (zunächst Pfeffer – in der Basis dann Patchouli) umrahmt eine milde, vanillige Süße. Zeitgleich spielt Lavendel auf, allerdings sparsam eingesetzt, nicht wie in Lavendel dominierten klassischen Aftershaves. Wer diese aber kennt, kann diese charakteristische Note zumindest in den ersten 4h als Gegenspieler zu den süß-würzigen Noten, die dem Duft diese parfümige, saubere Facette verleiht klar wahrnehen. Gleichermaßen präsent ist die Schwertlilie (Iris), die die würzigen Noten blumig kontrastiert und gleichzeitig süß ergänzt, was gerne als Lippenstift Akkord bezeichnet wird, insbesondere im Zusammenhang mit "Dior Homme Intense (2011) | Dior" . Hier nehme ich das allerdings eher als cremigen, fast buttrigen, sanften Grundton wahr, der wiederum die Kratzigkeit des Patchouli hervorragend abfängt. Parallel dazu erzeugen Vanille und Tolubalsam eine warme, leicht harzige Süße, die wenn man den Duft auf zwei Komponenten reduzieren wollte, zusammen mit der oben genannten pfeffrigen Würze den Ton angibt.
Weil die einzelnen Komponenten derart raffiniert und harmonisch verwoben sind, trägt "Gentleman Givenchy (Eau de Parfum) | Givenchy" niemals zu dick auf und bleibt stets im Rahmen eines dezent begleitenden Pflegeprodukts, im Gegensatz zu den vielen, laut schreienden Auto-Lufterfrischern, die um die Gunst der übwerwiegend jüngeren Käuferschaft buhlen. Das bedeutet nicht, dass man auf den Duft nicht angesprochen wird, oder er von Jüngeren nicht getragen werden kann – im Gegenteil: Für einen Träger ab, sagen wir 25 Jahren passt er in so gut wie jeder Situation, und da er sehr gut projiziert, wird man mit ihm auch wahrgenommen, jedoch nicht mit einer Duftwolke, die einem stets vorauseilt, sondern eher mit einer subtilen Aura, wie frisch eingecremt. Pfeffer und Lavendel drücken ihn dabei eindeutig in eine männliche, etwas reifere Ecke, auch wenn es sich im Grunde um einen süßen Duft handelt.
Für mich ist "Gentleman Givenchy (Eau de Parfum) | Givenchy" der perfekte Begleiter für den Alltag in der kalten Jahreszeit, aus den oben genannten Gründen insbesondere für´s Büro. Damit ist er für mich die erste Wahl unter den gängigen Iris-Süßlingen wie "Dior Homme Intense (2011) | Dior" und "Valentino Uomo Intense (2016) | Valentino" , nicht zuletzt auch wegen seines Preises und seiner Performance, die den zuvor Genannten in nichts nachsteht.
19 Antworten
3lbows vor 2 Jahren 8 4
6
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Schatz, mir ist die Seife in deine Tabakdose gefallen! - Macht nix, riecht toll!
Oder: Warum die Generation Twitch auf Kubaner steht…

Wenn man die vorweihnachtlichen Toplists der Fragrance Influencer auf Youtube durchklickt, bleibt man unweigerlich an "A*Men Pure Havane | Mugler" hängen, und das fast ausschließlich im oberen Wertungssegment. Ash's (Gents Scents) und Max Forti´s Affinität zu Mugler´s eingestelltem Tabakkracher kann ich noch nachvollziehen, aber was bitte können Curly Fragrance und der gute Jeremias damit anfangen?

Zur Weihnachtszeit liegen Tabakgourmands in unser aller Parfumwelt so scheints voll im Trend, und das nicht erst seit "Spicebomb | Viktor & Rolf" . Irgendwie scheint die Formel Essbares + Süss/Würzig + Tabakrauchig beim Publikum gut anzukommen, man werfe nur einen Blick auf die Parfumo Bestenlisten und voila: Mit "XJ 1861 Naxos | XerJoff" (Platz 1 in unisex) und "Herod | Parfums de Marly" (Platz 3 Herren) geben sich zwei Vertreter mit ähnlicher Duftintention die Klinke in die Hand.

"A*Men Pure Havane | Mugler" macht aber meinem Duftempfinden nach etwas Entscheidendes anders: die A*Men typische Patchouligrundierung verleiht ihm eine derbe Seifigkeit. Damit meine nicht die generisch-synthetische Sommerfrische, wie wir sie aus zig Seifenspendern kennen, auch keine hochwertige italienische Spaseife, und schon gar nicht, was Prada in seinen Düften verwebt. Nein – diese Seife ist schwer, pfeffrig-würzig, vielleicht auch etwas harzig. Die WoodWick Patchouli Duftkerzen kommen an Muglers Intepretation des Duftstoffes schon recht nahe ran.

Dieser, nennen wir es in Ermangelung eines besseren Wortes Seifenakkord in Verbindung mit der durch Honig angesüßten Tabaknote ergibt einen urig männlichen, von Brusthaaren strotzenden Duft der Michella Curly an sich ganz schnell schreiend in die Arme von Dustin Bieber (oder Ms Fresh) verjagen sollte.
Tut er aber nicht, was mich umsomehr verwundert, da "A*Men Pure Havane | Mugler" abgesehen davon eher unaufgeregt und weitaus weniger aufdringlich seinen täglichen Dienst sowohl auf dem Weihnachtsmarkt als auch im Büro verrichtet als so manche Online Reviews vermuten lassen wollen. Gegenüber Emporkömmlingen wie "L'Homme Idéal Extrême | Guerlain" wirkt Mugler´s Schöpfung fast schon kauzig klassisch, um nicht zu sagen »dated«. Aber vielleicht ist es gerade das, was nicht zuletzt auch die jüngere Generation in diesen turbulenten Zeiten sucht. Auch TF stellt ja mit "Tobacco Vanille (Eau de Parfum) | Tom Ford" aktuellen "Pantydroppern" wie "Spicebomb Extreme | Viktor & Rolf" oder "Emporio Armani - Stronger With You Intensely | Giorgio Armani" eine erstaunlich bodenständige Gemütlichkeit entgegen, die offenbar nicht weniger gut ankommt.
4 Antworten
3lbows vor 2 Jahren 9 2
8
Flakon
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Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Von Gummi, Asphalt, Kirschen und alten Bekannten
Wie wird man auf einen Duft wie "1000 Miglia Chrono | Chopard" aufmerksam? Dieses Kleinod taucht auf keiner TOP10 Fall-scents-to-get-the-ladies-reactions Youtubeliste auf, in öffentlich wirksamen Werbekampagnen schon gar nicht, und ganze 32 Parfumo-Mitglieder besitzen ihn. Nur Lichtblicke wie "DJ Love | Michael Wendler" finden noch weniger Besitzer, aber auch nur, weil´s keiner zugeben will.
So war es der Instagram-Post eines in der Community wegen seiner homorvollen Rezensionen, äußerst beliebten ehemaligen Parfumos, der mich zu dieser Perle führte. Würde ich seinen Namen im Titel anführen, wären mir schon alleine deshalb 20 Pokale sicher. An dieser Stelle Ehre, wem Ehre gebührt – falls Du noch still mitliest.
Eine Abfüllung war nicht zu bekommen, also ließ ich mich zum Blindkauf hinreißen, den ich mit 20 EUR gegenüber meiner besseren Hälfte gut zu rechtfertigen wusste.
Und diesen habe ich definitiv nicht bereut. Schon der Flakon, handlich und schwer, mit satt klickender Kunstoff-Gummikappe in Autoreifenoptik treibt so manch minimalisiertem Guerlain die Schamesröte auf den Zerstäuber. Letzterer verrichtet bei "1000 Miglia Chrono | Chopard" seinen Dienst übrigens relativ zaghaft, etwas mehr Mut zum Sprüh hätte hier nicht geschadet.
Der Duft selbst startet verhalten süß und pudrig. Kirschen assoziiere ich auch, wenngleich wesentlich zurückhaltender, abstrakter und synthetischer als in "L'Homme Idéal (Eau de Parfum) | Guerlain" , "Red Tobacco | Mancera" oder "Lost Cherry (Eau de Parfum) | Tom Ford". Den Asphalt nehme ich eher als eine Gumminote wahr, ähnlich wie in "Luna Rossa Black | Prada". Das mag jetzt nicht wirklich verheissend klingen, aber die Mischung bei Chopard stimmt: Keine der Noten drängt sich in den Vordergrund oder lässt sich wirklich isoliert wahrnehmen. Ein süßer, synthetisch-fruchtiger Hauch begleitet den Träger bis zu 6 Stunden, und er kann sich sicher sein, dass niemand im Umfeld etwas Ähnliches trägt, noch muss er befürchten, bei jemandem anzuecken. Das Duftwässerchen projiziert bis maximal zum Ende des Schreibtisches und ist im Vorbeigehen gerade so wahrnehmbar. Genau richtig für´s Büro, wenn auch nicht für den Wolf of the Wallstreet. Wer den Alpha raushängen lassen will, muss etwas weniger sympathisches auflegen. "1000 Miglia Chrono | Chopard" verläuft sehr linear, eine prominent würzige oder holzige Basis fehlt und darum geht er durchaus für beide Geschlechter durch.
Wer einen modernen, urbanen Wohlfühlduft für alles ab Spätsommer sucht, dabei nicht zu dick auftragen aber sich dennoch nicht mit der tausendsten Iteration der momentan allgegenwärtigen Zimt- und Tabakgourmands eindieseln möchte, der ist mit dem hier Bestens bedient. In meinen Augen unbedingt blindkaufwürdig, solange noch zu haben.
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