Alberich

Was wäre doch die Duftwelt ohne diese zarten weißen Jasminblüten. Gerade für das Frühjahr und den Sommer stiften diese lieblich und frisch duftenden Blüten eine erquickende Aura.
Erst kürzlich habe ich wieder einmal den Film „das Parfüm“ angeschaut und mir ist beim Aufsprühen des „Thé pour un été“ fast so, als würde ich Jean-Baptiste Grenouille bei der Enfleurage à froid über die Schulter schauen können, bei der er die Jasminblüte zart und behutsam in den Talk drückt, wo sie sich dann zu Tode schläft und dabei ihren Duft aushaucht.

Der Jasmin hier riecht so frisch, so intensiv, ja sogar exotisch. Und dann ist da diese herrlich erfrischende Grünteenote – das kann nicht nur grüner Tee sein. Sie ist irgendwie ein wenig bitterer, aber trotzdem ganz vertraut. Ich fühle mich versetzt in eine Teezeremonie in der einzigen japanischen Konditorei Frankfurts: und da macht man mit Grüntee wirklich großartige Sachen. Das Wundermittel heißt Mancha: dieser grüne Puder, den man zur Zubereitung von Tee, Eis, Desserts, Kuchen und Drinks verwendet. Grüner kann Grüntee nicht riechen.

Beim Thema Sommertees bin ich eigentlich überfragt. Ich trinke ja Tee zu jeder Jahreszeit – und bei den Sorten mache ich jahreszeitbedingt gar nicht viel Federlesen. Doch dieser Tee aus dem Hause Artisan ist sicherlich einer für warme Tage. Ich werde mir diesen Jasmintee jedenfalls noch häufiger aufbrühen...äähh... -sprühen!

Die Haltbarkeit des Duftes ist wider Erwarten äußerst bemerkenswert. Ich kenne mich mit Jasmindüften noch nicht so gut aus, aber dieser hier ist an meinem Handgelenk und Pulli nach nunmehr neun Stunden noch immer deutlich wahrnehmbar. Zugegeben, ich konnte den Duftverlauf noch nicht bei wirklich sommerlichen Temperaturen testen, aber bei durchschnittlicher Zimmertemperatur hält er durch. Und dabei wollte ich Ergoproxy doch beipflichten: leichte Sommerdüfte kann man auch gern mal untertags nachlegen, zweimal, dreimal... warten wir's ab.

Jasminliebhabern und allen, die die dezenten Parfums aus dem Hause Artisan Parfumeur zu schätzen wissen, sei dieser Duft ans Herz gelegt.

Ein besonderes Unterfangen besteht darin, bekannte und oft schon von vielen begabten Profumo-Näschen begutachtete Düfte neu zu beschreiben.
So verhält es sich zum Beispiel mit Jean-Louis Scherrers Duft Nummer 1. Heute will ich endlich mal einen Duft beschreiben, den ich tatsächlich in meiner Sammlung habe und der mich schon eine ganze Zeit lang begleitet. So wie heute: bei strahlendem Sonnenschein – ein vorfrühlingshafter Märztag. Welches Parfum könnte das Gefühl nun vortrefflicher beschreiben als dieser Scherrer 1?
Mir erscheint Scherrer fast so, als wäre es reines Eichenmoos. Und dann plötzlich vernehme ich wieder das hellgrüne Galbanum, dem sich das florale Herz zuneigt. Scherrer 1 ist ein wirklich lautes Baby, aber schön gemischt. Bitter und fruchtig (Bergamotte und grüne Mandarine vielleicht?) und gewürzt wurde es mit Blüten.
Einige Düfte haben die Eigenschaft, so stark zu sein, dass sich beim Auftragen Zurückhaltung empfiehlt, wenn nicht sogar Vorsichtig geboten ist. Nicht so bei Scherrer. Dies ist die Art von schwerem, grünem Chypre, den man(n) getrost verschwenderisch auftragen kann. Ein paar Tropfen an Hals, Handgelenk und ein bisschen auf die Kleidung. Die Sonne kann nicht frischer scheinen!

Wer wie ich ein Kind vom Lande ist und früher viel Zeit an der frischen Luft, im Garten und auf der Wiese verbracht hat, vielleicht auch mal das Grünfutter für seine knuddeligen Hoppelhasen selber geschnitten hat, kommt am Duft von maiengrünen Gräsern und Butterblumen – auch Löwenzahn genannt – nicht vorbei. Und dabei bin ich mir gar nicht sicher, ob wirklich nur Löwenzahn nach Löwenzahn riecht. Wie dem auch sei, meine kleine Reise in die Kindheit hatte ich vergangenes Wochenende in meiner Lieblingsparfümerie, wo ich diesen Duft ausgiebig testen konnte.
Tokyo Bloom vereint gleich drei grüne Elemente – nämlich Galbanharz, Basilikum und Löwenzahn – und entwickelt zügig eine fast pastoral tröstliche Reinheit – es muss Ostern sein: die süße Frische von Engeln und weiches Licht. Ich sitze im Freien unter frisch ausgetriebenen Obstbäumen. Ich spüre den kühlen Schatten, wenn sich die moosig, warme Basis auf der Haut entfacht. Vielleicht spielen in der Ferne ein paar Osterlämmer.
Der Duft hält, was das Haus verspricht, denn „different“ ist er auf jeden Fall. So schön und klar die Erinnerung an Kindertage auch ist, so eilig verabschiedete sie sich dann allerdings auch und ich befand mich wieder in der Großstadt. Das muss das japanische Element sein – ein wirklich subtiles Erlebnis. Und Ich möchte rufen: Verweile, verweile, verweile!
Gekauft habe ich mir den Duft dennoch nicht. Der Preis war mir einfach zu Tokyotisch. So wunderschön grün und floral-frisch und anders er auch sein mag, als Parfüm ist er mir leider zu flüchtig. Aber aufsuchen werde ich ihn sicher wieder.

Wie es der Zufall wollte, führte mich heute ein Spaziergang in Frankfurt am Lalique-Store vorbei. Meine neugierige Nase dort mal durchzuführen, konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen. Und zumindest weiß ich nun, dass ich gern einen Lalique-Tisch hätte. Und wo wir schon bei Tischen sind, da ist das Holz nicht fern. Wie lange bin ich schon herumgeschlichen um diesen kantigen und mysteriös dunklen Flakon... und schön ist er: ein massiver Kubus aus schwarzem Kristallglas – und für die Glasherstellung ist Lalique hoch prämiert, der Deckel ist aus edlem, schwarzem Wengeholz.

Getestet habe ich diesen Duft erst abends daheim und hier sitze ich nun, es ist dunkel und der Duft ist finster, schwer, gregorianisch. Sobald die würzige Zypresse durchschritten ist, wird der Duft samtiger und gewinnt an Wärme. Viel tut sich bei dem Duft auf meiner Haut nicht. Encre Noire ist ein ehrlicher Duft: linear, kräftig und sehr ausdauernd.

Für Männer mit Ecken und Kanten oder solche, die sich gern welche zulegen wollen, ausdrücklich empfohlen.