BFellmeden

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BFellmeden vor 1 Jahr 100 17
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Duft
Ich bin die Nummer 47 von 200
Seit Beginn meiner Reise durch die Welt der schönen Düfte, verfolge ich den Kanal von Kai Porten auf YouTube. Ich lernte ihn als Freund der orientalischen Düfte kennen, der Kracher, der Bad Boys, der dunklen Gesellen, natürlich zunächst nicht persönlich, sondern nur über seine Videos.

Er auf der Seite der Männer und Leni auf der Seite der Frauen, avancierten für mich schnell zu denjenigen, die tatsächlich viel von Parfüms wissen und die darüber hinaus ein wirkliches Talent aufweisen, dieses Wissen in einer Form an ihre Followers weiterzugeben, die zumindest mich derart fesselte, dass ich fest davon überzeugt war: Das sind die Beiden auf YouTube, die wirklich Ahnung haben.

Ich durfte miterleben, wie Kai Porten einen ersten Anlauf nahm, „seinen eigenen Duft“ zu gestalten und an den Mann zu bringen. Ich und 199 andere Kollegen hatten die Gelegenheit vor – ich weiß es gar nicht mehr so genau – einem Jahr an einem ersten Vorverkauf teilzunehmen, der an irgendeinem Tag um 18.00 Uhr begann. Diesen Termin hatte ich im Kalender meines Handys abgespeichert, denn ich wollte unbedingt einer von diesen ersten 200 Privilegierten sein, die den Duft des Parfumgurus auf YouTube erwerben durften.

Ich weiß das deshalb noch so genau, weil ich an diesem Tag auf der Internorga in Hamburg war. Ein Freund von mir ist „Direktor“ eines Hotels im Großraum Bonn. Er besucht die Internorga jedes Jahr und verbindet diesen Messetermin immer mit einem Essen bei Tim Mälzer, dem ich mich seit einigen Jahren gerne angeschlossen habe. Auch wenn das hier nicht hingehört. Ein Essen bei Tim Mälzer in der Bullerei gehört auf jeden Fall zu den Highlights meiner Freizeitgestaltung.

Langer Rede kurzer Sinn, ich gab meine Bestellung genau um 18.03 Uhr dieses Tages auf und freute mich wie ein Schneekönig, als ich eine entsprechende Bestellbestätigung erhielt.

Was dann passierte, wissen die meisten von Euch sicherlich auch. Es kam zu einem Zerwürfnis mit seinem ursprünglichen Parfümeur und die Angelegenheit zog sich in ungeahnte Längen.

Aber Kai Porten wäre nicht Kai Porten, wenn er an dieser Stelle hingeschmissen hätte, den Vorbestellern sein Geld wieder ausgezahlt und die ganze Sache als extrem schlechte Erfahrung zu den Akten gelegt hätte. Nein, ohne dass ich jetzt auf Details eingehen könnte, er schaffte es, einen neuen Parfümeur zu finden, seine Dinge neu zu ordnen und auch seine Kunden bei der Stange zu halten.

Eine wirklich gute Idee war Meet&Greet‘s zu veranstalten, um seine Vorbesteller kennen zu lernen und explizit diesen die Gelegenheit zu geben, „seinen“ Duft testen zu können. Eines dieser Treffen fand in Köln in der Parfümerie Möltgen statt, und an diesem habe ich selbst auch teilgenommen. Dort lernte ich Kai dann auch einmal persönlich kennen und empfand ihn wirklich als ausgesprochen sympathischen und auch zielorientierten jungen Mann (ich dürfte etwa doppelt so alt sein wie er, auf jeden Fall war ich dort der Senior).

Und, und jetzt komme ich so ganz langsam zum Thema, ich durfte erstmals an einem Duftstreifen mit Oud 31 schnüffeln. Ich erinnere mich gut daran, dass mir das Opening nicht gefiel. Man sprach von einem animalischen Opening, ich aber habe damals gedacht, eigentlich ist es mehr käsig als animalisch, und ganz ehrlich, das hat mir nicht gefallen.

Allerdings machte der Duft an diesem schönen Tag in Köln einen ganz erheblichen Verlauf durch und ich erinnere mich daran, dass der „Käse“ verschwand und einem – und jetzt bin ich mir doch etwas unsicher – holzigen trockenen Duft Platz machte. Ich war und bin nicht gut, im Aufschlüsseln von Duftstoffen, wenn ich an einem Parfüm rieche. Ich weiß aber was mir gefällt und was mir nicht gefällt. Nicht gefallen hat mir die Eröffnung, aber der weitere Verlauf bewirkte, dass ich immer und immer wieder an dem Duftstreifen gerochen habe. Ich weiß, dass Oud 31 mir, nachdem die Animalik die Flucht angetreten hatte, ausgesprochen gut gefallen hat.

Wichtig zu erwähnen an dieser Stelle ist, dass der Duft, den ich in Köln gerochen habe, eine Duftölkonzentration von 25% (auch an dieser Stelle bin ich mir leicht unsicher) hatte. Im weiteren Verlauf der Angelegenheit wurde dann bekannt gegeben, dass „man“ die Duftölkonzentration noch einmal erhöht und diese Maßnahme den Duft dergestalt verändert hätte, dass das „Käsige“ nun verschwunden sei.

Also, gestern ist die Nummer 47 von 200 bei mir eingetroffen, und ich muss sagen, ich bin durchaus enttäuscht. Die Eröffnung ist nach wie vor käsig, nix ist verschwunden, und das Schlimme daran ist, dass es eine ganze Weile braucht, bis dieser für mich ausgesprochen unangenehme Duftakkord sich verabschiedet. Da muss ich – und ich rede wirklich nur von mir – schon viel Überwindung aufbringen, um diese Eröffnung in Kauf zu nehmen, um den vermeintlich schönen Verlauf im Anschluss erleben zu dürfen.

Natürlich habe ich es ausprobiert und der Verlauf kommt, wie sollte es auch anders sein, aber das, was ich später rieche, hat nichts mit dem Duft zu tun, den ich in Köln gerochen habe. Er macht eine komplette 180-Gradwende durch und wird wirklich „schön“. Er wird prickelnd süß, irgendwie lieblich und erinnert mich ganz stark an Midsummer Dream von Roja Parfums. Ein zweifelsohne toller Duft, aber mir eigentlich zu feminin. Ich habe mal an einem Sharing vom Midsummer Dream teilgenommen und mir eine 10 ML-Abfüllung schicken lassen. Die ist so gut wie voll, denn auch der Duft ist leider nicht Meins.

Und damit fällt nun leider auch der Oud 31 für mich durch. Und ganz ehrlich, damit habe ich überhaupt nicht gerechnet und irgendwie fühle ich mich jetzt schuldig, weil ich Kai Porten, den ich sehr schätze, lieber hätte wissen lassen, dass er mit seinem Duft den Nerv der Zeit – zumindest aber meinen – getroffen und etwas geschaffen hat, dass es bisher nicht gab.

Ich verstehe nicht, was da passiert ist. Theoretisch spielt mein Duftgedächtnis mir einen Streich, aber das glaube ich nicht. Ich weiß, dass mir Oud 31 – mal abgesehen vom Opening – in Köln sehr gut gefallen hat. Ich habe mich wie Bolle auf den Flakon gefreut, aber jetzt, ja jetzt weiß ich auch nicht so genau, was ich mit ihm machen werde. Ich werde ihn sicher noch ein paar Mal probieren, aber ich denke, dass mein jetziger Eindruck sich nicht mehr verändern wird.

Eine Sache muss ich abschließend aber auf jeden Fall noch erwähnen. Ich habe einer Freundin den Duft gezeigt. Sie hat ihn ebenfalls aufgetragen und aus einer Entfernung von ungefähr zwei Metern, fand ich ihn an ihr fantastisch, kein Scherz. Das roch wirklich ganz, ganz toll. Ich verstehe an dieser Stelle die Welt nicht mehr und schließe daraus, dass der Duft extrem komplex ist und sich in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich darstellt.

Ich aber trage Parfüm in allererster Linie für mich selbst und nicht für mein Umfeld. Insofern bleibt abzuwarten, ob er und ich noch gute Freunde werden können.
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BFellmeden vor 1 Jahr 16
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Duft
Schön, dass es ihn gibt!
Meine Reise durch die Memo Paris Düfte begann bereits vor langer Zeit mit dem Ocean Leather, und weil das so war, hat es vergleichsweise lange gedauert, bis ich den nächsten Duft von Memo Paris orderte. Nicht, dass der Ocean Leather ein schlechter Duft wäre, ganz im Gegenteil, ich schätze den Duft selbst sehr, aber Haltbarkeit und Sillage lassen bei diesem tatsächlich sehr zu wünschen übrig.

Der nächste Duft, für den ich mich ernsthaft interessierte, war der African Leather, der hier und anderswo (fast) immer für extrem gut befunden wird. Warum ich so viel Zeit vergehen ließ, um mir schlussendlich von diesem Duft eine Abfüllung zu besorgen, weiß ich selbst nicht. Vor einiger Zeit aber war es dann so weit und ich lernte, dass Memo Paris Haltbarkeit und Sillage kann, und wie!

Der Bann war gebrochen. Von nun an begann ich meine Recherchen zu intensivieren. Eine oft angewendete Vorgehensweise von mir ist, auf Parfumo die Marke aufzurufen, Damendüfte auszublenden und die Düfte nach Beliebtheit zu sortieren. In dieser Reihenfolge lese ich Rezensionen und Statements, suche auf den einschlägigen YouTube Kanälen nach Beschreibungen und stöbere parallel wie blöd nach irgendwelchen Rabattaktionen oder günstigen Soukangeboten.

Welcher Duft also sollte der Nächste werden? Vom African Leather hatte ich nun eine 10-ML-Abfüllung, so konnte ich ihn gelassen zurückstellen. Auf Position 2 befand sich seinerzeit der Winter Palace, dessen Duftpyramide ich allerdings nicht so interessant fand, wie die des Duftes auf Position 3. Dabei handelte es sich um den Tiger’s Nest und dessen Duftpyramide enthält Weihrauch, der darüber hinaus auch vergrößert angezeigt wird, was bedeutet, dass der Weihrauch zweifellos eine nicht unerhebliche Rolle spielen würde.

Tatsächlich war mir das Glück hinsichtlich einer zweifelsohne lohnenden Rabattaktion hold und ich erwarb einen Flakon Tiger’s Nest und gleich noch einen Irish Leather dazu.

Und jetzt bin ich wieder an der Stelle, an der ich beim Verfassen von Rezensionen regelmäßig ins Stocken gerate. Wie riecht dieser Duft und warum ist das so schön?

Wer schon das ein oder andere von mir gelesen hat, der weiß, dass ich Weihrauch sehr mag, und der ist nach dem Aufsprühen des Tiger’s Nest sofort präsent. Aber Weihrauch ist eben nicht nur einfach Weihrauch. Weihrauch kann stechen und einfach to much sein. Weihrauch kann aber auch sehr dezent zum Einsatz kommen und dadurch zumindest bei mir seine Wirkung komplett verfehlen.

Hier beim Tiger’s Nest, ist der Weihrauch nicht nur wirklich wohldosiert, genau auf den Punkt, sondern er verträgt sich auch wunderbar mit den anderen Duftnoten. Ich bilde mir ein, den würzigen Alkoholnebel des Absinthes ganz, ganz zart wahrzunehmen. Gleiches gilt für die zitrischen Komponenten und schlussendlich auch für die blumigen Anteile, insbesondere für die Rose. Und von irgendwo, aus weiter Ferne und auf leisen Sohlen, gesellt sich eine ebenfalls sehr behutsame Süße dazu. Alles zusammen bildet eine cremige, doch durchaus kräftige Wolke eines wunderbaren Duftkonglomerats, dass deutlich sakrale Züge aufweist.

Für mich hat der Duft etwas Gottergebenes, ungeachtet dessen, welcher Gott sich dahinter verbirgt. Er erzeugt in mir eine heimelige Stimmung und eine unbestimmte Hoffnung auf Stille, Entspannung, ja vielleicht sogar nach Meditation. Keine Verpflichtungen, keine Zwänge, keine äußeren Einflüsse. Nur im Hier und Jetzt.

Naja, was will ich damit sagen? Das ist kein Duft für eine Party oder das Oktoberfest. Dieser Duft gehört für mich eher zum ersten Date, dass nicht in der Öffentlichkeit stattfindet, ja ok vielleicht auch zu einem intimen Essen beim Italiener um die Ecke, aber durchaus auch zu einem einsamen Abend allein zu Haus mit einem wunderbaren Getränk in tiefer Entspannung.

Tiger’s Nest ist ein Parfüm, bei dem es nicht nur um den Duft geht, jedenfalls mir nicht, sondern um dass, was er mit mir macht. Der Hinweis mit dem wunderbaren Getränk entspringt tatsächlich eigener Erfahrung. Er gehört zu den wenigen Düften, die ich auftrage, um ihn zum einen zu genießen, aber zum anderen auch, um mich mit ihm zu entspannen. Und das gelingt mit Tiger’s Nest ganz hervorragend.

Schön, dass es ihn gibt!

Das muss ich noch nachschieben:

Tatsächlich ist die Assoziation mit der Höhle eines Tigers (leben Tiger in Höhlen?) für mich nachvollziehbar. Der Duft hat etwas, dass mich an Raubtiernummern im Zirkus erinnert, allerdings ohne die Animalik, die derlei Tiere in der Realität verbreiten. Trotzdem empfinde ich den Namen des Duftes als ausgesprochen zutreffend. Warum? Der Geruch echter Raubtiere aus kindheitlichen Erinnerungen bildet eine Schnittmenge mit Tiger's Nest, wie ich ihn empfinde. Nur so kann ich es erklären und wahrscheinlich ist es auch so.

Die Haltbarkeit ist bemerkenswert, denn sie geht deutlich über die anderer "Nischendüfte" hinaus. Ich habe mir für diese Rezension einen einzigen Sprüher auf den linken Handrücken aufgetragen. Das war heute um 16.00 Uhr. Jetzt ist es fast Mitternacht und der Tiger's Nest ist "riechbar" präsent. Ich bin mir sicher, dass ich ihn auch morgen früh noch riechen werde.


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BFellmeden vor 1 Jahr 6
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Duft
Paranoid(es) Kunstwerk
Seit einiger Zeit gelten meine Jagdausflüge in die Onlineparfümerien dieser Welt speziell Düften in deren Duftpyramide Weihrauch eine Rolle spielt. Zwar habe ich solche Düfte schon immer in meiner Sammlung mitgeführt, Weihrauch aber war oft so zurückhaltend enthalten, dass ich ihn entweder gar nicht wahrgenommen habe oder eben nur so zart, dass er seine Wirkung auf mich nicht entfalten konnte.

Neben dem Weihrauch mag ich Harze, die in diese oder in eine ähnliche Richtung gehen.

Als ich die ersten Rezensionen von Tony Iommi Monkey Special las, machte mich das zwar neugierig, aber weil ich vergleichsweise viele Xerjoff’s mein Eigen nenne und keiner dieser Düfte (bis jetzt) diese Richtung einschlug, ist es bisher nicht dazu gekommen.

Vor einigen Tagen nun habe ich mir eine Abfüllung bestellt, heute Morgen zum ersten Mal aufgetragen und ebenfalls heute am Nachmittag noch einmal nachgesprüht. Für mich steht nun unverrückbar fest, dass dieser Duft bei mir einziehen wird.

Wir haben es hier mit einem – sagen wir – ziemlich kräftigen Duft zu tun. Die Eröffnung macht klar, hier kommt jemand, der gesehen (gerochen) werden will. Ich empfinde sie allerdings zu keiner Zeit als unangenehm oder „to much“. Tony lässt es ordentlich krachen, aber der Duft ist am Anfang und bleibt im gesamten Verlauf eigentlich sehr geschmeidig.

Es beginnt leicht, aber wirklich nur sehr leicht zitrisch. Ich rieche den Rum, weil der einfach nicht zu „überriechen“ ist. Für mich an dieser Stelle besonders interessant, dass mir das Rumaroma wirklich gut gefällt, ich ansonsten alkoholische Noten in Parfums aber eigentlich nicht mag.

Die Passionsfrucht ist da, ich würde sie allerdings, wenn sie in der Duftpyramide nicht aufgeführt wäre, auf keinen Fall erkennen. Ich erfasse lediglich „irgendeine“ fruchtige Note. Den Balkan-Storchenschnabel kenne ich nicht. Ich weiß also nicht, wonach ich schnüffeln müsste.

Bei den Herznoten habe ich es etwas leichter. Hier findet sich Zimt, den ich rieche, Patchouli rieche ich ebenfalls und auch das Leder ist für mich erkennbar. Irgendjemand hier hat geschrieben, dass ihn dieser Duft an African Leather von Memo Paris erinnert. In dieser Phase des Duftverlaufes stimmt das zweifellos.

Was dann passiert, vermag ich nicht zu erklären. Der Duft wird ziemlich dunkel, rauchig und balsamisch. Das Ganze vermischt sich mit einer sehr angenehmen Süße. Es ist nicht sakral, wie es bei vielen Weihrauchdüften der Fall ist. Aber ganz weit weg davon ist es auch nicht. Der Duft umhüllt seinen Träger nun bis zum Ende mit einer Wolke aus süßem Zimt, dem Rumaroma, dass ganz fein mit der Süße korrespondiert, fast wie eine edle Nachspeise für Erwachsene.

Mutmaßlich hat man diese Süßspeise mit Raucharomen aromatisiert. Vielleicht habt ihr schon einmal in irgendwelchen Kochsendungen gesehen, dass eine Speise unter einer Glaskuppel serviert wird, in die man Raucharomen von edlen Hölzern eingefüllt hat, um ihr ein rauchiges und holziges Bukett zu verleihen. Genau das ist hier auch passiert. Und das funktioniert supergut.

Aber auch das ist noch nicht alles. In dieser Wolke wabert weich und balsamisch der Wohlgeruch des Labdanum’s mit und vollendet das Werk zu einem (für mich jedenfalls) wirklichen Kunstwerk. Tony Iommi Monkey Special ist ab sofort einer meiner 10er-Kanditaten. Ich hätte einen solchen Duft weder hinter dem Namen des Parfüms vermutet noch hinter der rockigen Werbekampagne, die Xerjoff dafür aufgelegt hat.

Für mich passt das überhaupt nicht zusammen. Dieser Duft wirkt auf mich beruhigend und wohltuend, leise und leicht sedierend, also ganz weit weg von kreischenden Gitarrenriffs.
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BFellmeden vor 1 Jahr 19 4
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Duft
Der macht was mit mir!
Gleichwohl ich mich in meinem ersten Jahr in dieser Community (ich feiere heute meinen ersten Geburtstag hier) praktisch ausschließlich mit Nischendüften beschäftigt habe, muss ich einmal eine Lanze für einen Designerduft brechen.

Die Rede soll heute sein vom Prada L'Homme. Gekauft habe ich ihn – so glaube ich mich zu erinnern – in erster Linie aufgrund der Lobeshymnen des Fragrance Dawg, der ihn als unübertroffen cleanen und seifigen Duft beschrieb.

Also habe ich ihn irgendwann „ersoukt“ und festgestellt, dass es sich tatsächlich genauso verhält. Mir fällt es - wie immer - schwer den Duft aufzubröseln. Natürlich schaue ich mir die Duftpyramiden an, aber hilft mir das?

Hier auf Parfumo heißt es: Iris, Amber, Patchouli, Neroli, Rosengeranie, Pfeffer, Veilchen und Zeder.

Nichts davon rieche ich. Wahrscheinlich sind das die Duftstoffe, die wirklich drin sind, aber sie sind derart verwoben, dass ich sie nicht erkennen kann. Der Duft flasht mich nicht weil er gut riecht, sondern weil er etwas mit mir macht. Ich „fühle“ Puder und eine außerordentlich angenehme Seife, die mir das Gefühl unglaublicher Reinlichkeit suggeriert.

Vor einiger Zeit habe ich Felice (Duftbunker) kennengerlernt. Wir diskutierten u.a. über Rezensionen hier auf Parfumo. Ich erklärte ihm seinerzeit, dass ich oftmals (meistens) nicht in der Lage wäre, Duftstoffe herauszuriechen oder den Verlauf eines Duftes zu beschreiben. Düfte, so erläuterte ich, die mir gefallen, riechen natürlich (für mich) gut, aber viel wichtiger ist, sie machen etwas mit mir. Und genau das würde ich – und das ist nachprüfbar nicht gelogen – versuchen in meinen Rezensionen zu beschreiben.

Und so ist es mit dem Prada L'Homme natürlich auch.

Ich komme an einem kalten, schmuddeligen und regnerischen Tag vom Hundespaziergang zurück. Trotz der Kälte habe ich in der regendichten Jacke geschwitzt und fühle mich unwohl. Ab unter die heiße Dusche, einseifen und abspülen. Raus, abtrocknen. Der Spiegel ist so beschlagen, dass ich mich nicht sehen kann, also öffne ich ein Fenster, lasse für eine Minute die kalte Luft hinein. Der Wasserdampf tritt die Flucht an.

Nachdem der Körper getrocknet und das Haar geföhnt ist, schnell noch Deo auftragen und ab zum Parfümregal.

Prada L'Homme!

Immer wieder stelle ich fest, dass viele Designer gegenüber den wesentlich teureren Nischendüften, deutlich bessere Sprüher haben, aber das nur am Rande.

Ich sprühe auf. An dieser Stelle fehlen mir die Worte. Dieses Parfüm ist ein Quäntchen Glück, sorgt für unsagbares Wohlbefinden und vermittelt mir fast ein Gefühl von Sterilität. Noch mehr sauber geht einfach nicht.

Prada L'Homme gehört für mich zu den angenehmsten Düften, die mir bisher begegnet sind. Zudem zeichnet der Duft sich durch eine vergleichsweise gute Haltbarkeit aus. Er umschmeichelt mich auch nach 7 bis 8 Stunden noch, und daraus schließe ich, dass die Sillage ähnlich zuverlässig ist, denn ich muss die Nase dafür nicht zum Arm führen.

Ich bekomme hier für ein sehr überschaubares Geld eine Leistung, die mancher Nischenduft nicht erfüllen kann. Insofern – zumindest von mir – 9 von 10 Daumen hoch.
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BFellmeden vor 2 Jahren 5
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Duft
Orion versus „Ananasschwäche“
Der Orion ist ein markantes Sternbild, das am Himmelsäquator liegt. Es ist weltweit Mitte Dezember gut zu sehen, weil sich die Sonne dann auf der Gegenseite des Sternenhimmels befindet. Wegen seiner Auffälligkeit wurden dem Sternbild von Völkern des Altertums diverse Bedeutungen zugeschrieben:

Die Sumerer sahen darin ein Schaf. Bei ihnen war Beteigeuze, der aus dem Arabischen mitunter mit „Achsel“ übersetzt wird, die „Achsel des Schafs“.

Bei den Ägyptern sah man darin eine Widerspiegelung ihres Gottes Osiris.

Die antiken Griechen identifizierten das Sternenbild mit dem großen Jäger Orion. Orion wird in Horaz’ Oden, Homers Odyssee und Ilias sowie in Vergils Aeneis erwähnt.

Das alles ist nicht Teil meiner persönlichen Allgemeinbildung, stattdessen habe ich diese Informationen Wikipedia entnommen. Die meisten Deutschen – und so auch ich – kennen Orion eher als großes Erotikversandhaus mit Shops in vielen deutschen Großstädten, das seinen Ursprung in den Aktivitäten einer gewissen Frau Beate Uhse hat.

Seit einigen Tagen hat der „Begriff“ Orion für mich eine völlig neue Bedeutung erhalten. Ungeplant, blind und aus dem Bauch heraus, erwarb ich den Duft Orion von Tiziana Terenzi. Meine Kaufentscheidung basiert dieses Mal ausschließlich auf Bewertungen hier auf Parfumo und einem Video eines gewissen Richard Horn, der einen YouTube Kanal sein Eigen nennt und auf diesem Düfte erklärt, und das macht er – so finde ich – einfach überragend. Seine Videos sind qualitativ hochwertig, inhaltlich sehr nachvollziehbar und auch durchaus witzig gemacht.

Aber jetzt, Orion! Als ich ihn zum ersten Mal auftrug, war ich auf der Stelle schockverliebt, was wirklich nicht sehr oft vorkommt. Bei mir ist es eher regelmäßig die Liebe auf den zweiten oder dritten Blick. Der Duft startet sehr fruchtig. Die Kopfnoten umfassen Ananas, Apfel, Bergamotte und rote Johannesbeere. Am Anfang kann ich das alles nicht trennen, erst wenn die Zitrik der Bergamotte sich ein Stückweit zurückzieht, werden Ananas und Apfel für mich erkennbar. Die rote Johannesbeere kann ich nur erahnen und wenn überhaupt ist sie für mich nur als Mantel um die süßen Fruchtnoten erkennbar, der die Süße des Duftes von Anfang an im Zaum hält.

Dass ich die Ananas erkennen kann, ist durchaus etwas Besonderes, denn ich habe eine „Ananasschwäche“. Düfte mit Ananas in der Kopfnote kommen in meiner Nase so gut wie nicht an. Deshalb habe ich nie einen Creed Aventus besessen und weiß bis heute nicht wirklich, wie der Accento von Xerjoff riecht.

Hier beim Orion rieche ich die Ananas und auch den Apfel kann ich einwandfrei identifizieren.
Und dann macht der Duft etwas, wofür ich ihn anhimmele. Die Fruchtigkeit tritt einen winzigen Schritt zur Seite und macht den Gewürzen, der Birke und dem Patchouli Platz, ohne dabei wesentlich von der eigenen Präsenz aufzugeben. Orion wird für mich grüner, verabschiedet sich schnell von dem zitrischen Einerlei, mit dem die meisten Düfte eröffnen und mutiert zu einer würzig-fruchtigen Mischung, die dafür sorgt, dass meine Nase an meinem Arm klebt und ich mich kaum noch trennen mag.

Die Basisnoten komplettieren die Duftnoten und verfeinern sie durch Amber und Moschus. Der Duft wird immer cremiger. Das Oud kann ich nicht identifizieren. Aber auch das ist für mich nichts Neues. In anderen Rezensionen habe ich bereits erklärt, dass ich nicht weiß, wie Oud riecht, was daran liegen mag, dass Oud das Chamäleon unter den Duftstoffen ist, und es je nach Anteil und Zusammensetzung immer ein wenig anders riecht. Trotzdem glaube ich zu wissen, dass es da ist, denn Oud macht etwas mit mir. Meine Nase ist da nur der Weg zum Ziel. Sie dient quasi nur als Aufstieg zu der Region in meinem Hirn, die für Glücksemotionen zuständig ist, die durch Gerüche hervorgerufen werden.

Während die Zeder sich viel Zeit lässt und Orion erst sehr viel später etwas holziger werden lässt, gibt es da einen anderen Duftstoff, der es überaus eilig hat, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren, und das ist der Weihrauch, der für mein Empfinden bis auf die Eröffnung den gesamten Verlauf begleitet. Und das katapultiert den Duft für mich auf die 10.

Weihrauch hatte ich lange nicht auf dem Schirm und habe ihn beim Sancti - Eau Delà von Liquides Imaginaires erstmals so richtig bewusst wahrgenommen. Seitdem suche ich nach weiteren Düften, die mich mit ihrer wunderschönen Weihrauchnote umgarnen und bin mit dem Orion völlig zweifelsfrei fündig geworden.

Zur Frage der Ähnlichkeit zwischen Orion und Creed Aventus kann ich nichts beitragen, denn wie bereits erwähnt, besaß ich nie einen Creed Aventus, und selbst wenn ich ihn besessen hätte, könnte ich keinen Vergleich anstellen. Allerdings habe ich ein paar Dupes und hier komme ich nicht umhin, festzustellen, dass eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden ist.
Da ich beim Orion erstmals eine Ananasnote herausrieche, ist er für mich ein Duft wie ich ihn niemals zuvor roch, was ihn für mich ziemlich einmalig macht. Insgesamt halte ich den Orion für eine fantastische Komposition und neben dem Privileg ihn tragen zu dürfen, hat er mir auch vor Augen geführt, dass es, allen Zweifeln zum Trotz, doch noch Düfte gibt, die mich völlig überraschen und wie in diesem Fall völlig verzaubern.
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