CJS

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CJS vor 5 Jahren 14 8
9
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
1
Duft
Meilenstein, Stein des Anstoßes, uringetränkter Klostein
Um es vorneweg klar zu sagen: Verrisse schreibe ich ungerne. Und auch die folgenden Zeilen sollen nicht als ein solcher aufgefasst werden. Ich habe großen Respekt vor der Leistung, die Bourdon mit diesem Duft abgeliefert hat.

Kouros als einen Meilenstein der Parfumgeschichte zu beschreiben stimmt, es gibt mE kaum etwas Vergleichbares (wenn doch, bitte Kommentar).

Auch die Komposition ist meisterhaft, das meine ich ganz im Ernst und nicht zynisch. Man muss es erst einmal hinbekommen, eine Autobahntoilette samt Urinal, Zitrussteinen und den darin befindlichen Flüssigkeiten zu kopieren. Und auch wenn das ekelhaft klingen mag: im Grunde ist das ein Kompliment, denn ein großer Duft soll Assoziationen an Bekanntes schaffen. Und das gelingt Kouros vortrefflich. Es ist in der Tat ein großer Duft, eine Meisterleistung. Nur: will man beim Tragen den ganzen Tag daran erinnert werden, dass man mangels Alternative (bspw. auf einer langen Autobahnfahrt) keine andere Chance hat, als so einen Ort aufsuchen zu müssen?

Nun ist Pierre Bourdon sicherlich einer der Meister und Wegbereiter der frischen Düfte (u. a. Creeds GIT, Davidoffs Cool Water, etc.). Das sind ebenfalls Meilensteine, die das aquatische Genre maßgeblich begründet haben.

Mir ist es unbegreiflich, wie Bourdon Anfang der 80er so derart - im wahrsten Wortsinn - "ins Klo gegriffen" hat. Einige der besten "Sport"- und Powerhouse-Düfte, die uns an Männer à la Tom Selleck (Magnum) erinnern, stammen doch ebenfalls aus den 80ern und zeigen breitschultrig: Pass auf! Hier komm ich! Brust (inkl. Haarmatte) raus und Nase hoch! Wunderbare Vertreter sind Chanels Antaeus, Lacoste Original, Armanis Eau Pour Homme, YSL Pour Homme. Mein Vater hat bis heute seinen original Antaeus Flakon von damals (ebenfalls 1981!), was mir die Gelegenheit gab, die heutige Version und die damalige zu vergleichen. Wow. Heute noch außergewöhnlich, ist die 80er Version flüssiges, überbordendes Selbstbewusstsein und große Parfumkunst aus Bibergeil, Leder und anderen Noten, aber noch im Ansatz tragbar! Das war dufttechnisch eine extrem laute Zeit, was aber absolut nichts Schlechtes ist.

Und Kouros? Ein göttergleicher Duft? Gott bewahre, dass ich jemals eine Vintage-Version zu riechen bekomme. Die aktuelle strotzt ja schon vor tierischem Zibet, viel Schweiß und seit Tagen ungelüfteter Umkleide! Jeder, der Sport oder Rast an der Autobahn macht, wird das süßlich-schwitzig-stechende Gemisch aus der Sportstätte oder Toilette kennen, dass wir als unangenehm empfinden. Aber Bitteschön! Genau soetwas will man doch durch eine frische, kühle Dusche nach dem Tennis, Fußball oder Fitnessstudio-Besuch wegbekommen und abwaschen! Oder man flüchtet schnell aus dem Örtchen an der Raststelle, um olfaktorisch zu entkommen! Diesen Duft will man doch nicht ernsthaft nach der Badroutine als Duftmarke aufsprühen? Und wenn doch: warum? Wobei auch viele dieser ganzen aktuellen "Sport"-Düfte heutzutage auch teils eher austauschbare Scheibenputzmittel sind...

Dieses Parfum ist aber doch für Menschen gemacht, die ein so übernatürlich und unerträglich großes Selbstbewusstsein und Ego besitzen, dass es ihnen nichts ausmacht, ordentlich Kritik dafür einzustecken, weil es sie schlicht nicht kümmert. Solche Leute fahren auch alleine im 12-Personen-Aufzug, weil neben ihrem Ego kein Platz für andere Fahrgäste ist und bei vielen der Geruch in einem engen, geschlossenen Raum Fluchtreflexe auslöst. Das sind keine schönen Eigenschaften. Weder für einen Duft, noch charakterlich.

Kouros ist allerdings eines: sehr klar in seiner Aussage. Es ist ein Kind seiner Zeit in der großen Familie der 80er-Jahre Düfte, aber sicherlich nicht mehr als das schwarze Schaf. Sicher, auch dieses Kind gehört zur Familie, bleibt aber der Außenseiter, das Problemkind. Aber es strahlt eine gewisse Faszination aus, der man sich nicht entziehen kann. Das Kind Kouros ist über die Jahre sicher weicher, vielleicht auch zugänglicher geworden, aber man kann sich noch so sehr bemühen: im Grunde will man sich nicht gerne mit ihm abgeben und hält sich von ihm fern.

Der Duftverlauf ist ein Gesamtkunstwerk, "alljahrestauglich", wenn man so will. Mit Hitze wird das sicher noch schlimmer und die Sillage noch stärker als sie eh schon ist. Haltbarkeit? Wie Komponentenkleber.

Der Flakon indes... ist ein perverser Witz! Er ist strahlend weiß, hat klare Linien, erinnert an alte griechische Säulen und vermittelt Größe. Ein großer Duft muss sich folglich darin befinden, die Werbekampagne unterstreicht genau dieses Bild noch! Das stimmt, aber entgegen aller Erwartungen ist das kein jungfräulich-unschuldig heller, luftiger Duft, wie frisch aus den Wolken am Himmel über dem Olymp (Creeds Silver Mountain Water wäre für mich so einer). Kouros ist ein vergiftetes, dreckiges Geschenk, das von der ersten Sekunde an keine Gefangenen macht. Aber ohne Zweifel große Kunst.
8 Antworten
CJS vor 5 Jahren 17 7
8
Flakon
4
Sillage
6
Haltbarkeit
9
Duft
Kurz gesagt: Ein Schnäppchen für ein so schönes, natürliches Eau de Cologne ohne Oma-Note!
Ich war gerade in der Stadt und habe mich bei Müller mit allerlei Putzmitteln und Badsachen ausstatten wollen, als mir, bedingt durch Klostein- und Chlorgerüche der Haushaltsabteilung in den Sinn kam, dass FabianO das Remix Cologne von 4711 so gut bewertet hatte und eben nicht als besseren Scheibenreiniger. Das normale 4711 kennt man und ist für mich heutzutage kein Maßstab für ein zeitgemäßges EdC mehr, wenngleich es definitiv besser ist, als sein Ruf! Nur bei uns in Deutschland hat 4711 dieses Oma-Image.

Erwartungen hatte ich keine, diese Limited Edition von 2017 noch zu finden, da ja die 2018er (riecht wie Orange Sanguine) schon raus ist und scheinbar bald die 2019er Version folgen soll.

Aber siehe da: Nicht nur, dass noch ganze drei 100 ml Fläschchen im Regal standen, sie waren zudem reduziert. Von 19,95 auf 7,95! Ich hab natürlich gleich alle genommen... Der Sommer kommt ja hoffentlich bald.

Der Duft ist zwar unverkennbar 4711, aber viel zeitgemäßer! Eine sehr positive Überraschung!
Die Oma-Neroli-Note ist sehr reduziert, der Start zitritsch frisch (natürliche Aromen von Limette, Zitrone und Bergamotte). Ab dem Mittelteil folgt ein wenig Orange und Rosmarin. Das Petitgrain, ein bisschen Lavendel/die blumigen Noten bleiben nach dem frischen Start dann gut vier Stunden erhalten und sorgen für ein Wohlfühl-Frühlingsgefühl.
Die Haltbarkeit ist für ein Eau de Cologne mehr als anständig! Hier ist den Parfümeuren aus der Glockengasse ein echter Hit gelungen! Schade, dass dieses elegante "kölsche" Wasser nicht standardmäßig aufgelegt wurde!

Aber gut, meine 300 ml werden wohl ein bisschen vorhalten... Solltet ihr dieses EdC noch irgendwo ergatten: schlagt blind zu! Das kann ich mit gutem Gewissen empfehlen und ich kaufe generell keinen Duft ohne ihn getestet zu haben.

Was Tom Ford so alles an Amalfi/Portofino/Küsten- oder Whatever-Düften in unterschiedlich blauen Flakons lanciert ist ein Witz, stellt man dieses EdC daneben! Es ist natürlich, klassisch, frisch, dezent und macht der Kategorie Eau de Cologne alle Ehre. Da kommt auch Acqua die Parmas Ur-Colonia und die ganzen Fords nicht mit. Preisleistungstechnisch ist dieses 4711 ein echtes "Aqua mirabilis", ein Wunderwasser! Unbedingte Kaufempfehlung!

Vielleicht ergattert ihr das ja noch irgendwo im Ausverkauf! Für mich war es eines der Schnäppchen des Jahres...
7 Antworten
CJS vor 6 Jahren 10 4
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Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Solitär? Wie Chanels Mut zur Unverwechselbarkeit schwindet.
Auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für mich (hihi), schlenderte über den Weihnachtsmarkt in Richtung Douglas. Versprochen habe ich mir nichts davon, denn gut bestückt sind sind solche Filialen in mittelgroßen Städten eher wenig.

Eigentlich wollte ich mein geliebtes Platinum Égoïste nochmal testen: a) weil mein Flakon leer ist b) weil ich meine, dass die aromatische Komponente (Lavendel, etc.) im Vgl. zu meiner letzten Flasche nicht so toll war. Wie schön, dass den sonst wohl niemand testet, denn es war noch ein Uralt-Spray im Regal, mit diesem Monoblock-Design. Ich habe mich nicht getäuscht. Obwohl der Flakon sicher 5 Jahre plus hinter sich hat und ständig bei 28 Grad Celsius im Kunstlicht stand: diese Version war aromatischer und irgendwie luftiger... Geht's wem sonst noch so?

So testete ich daneben auch das normale Égoïste, was ich immer als Stinker abgetan habe. Siehe da, kaum ist es kälter geworden: gar nicht mal untragbar. Eher im Gegenteil. Zimt, Rose, dunkle Hölzer: sehr gut kreiert ist er ja, der Egoist. Ich finde man riecht allerdings, dass er wohl abgespeckt wurde. Denn diese Kombination muss früher einfach stärker gewesen sein, das lassen alleine schon die Zutaten vermuten. Egal, noch ist diese Version ausreichend. Schon mal kein schlechter Anfang, ich war überrascht und positiv gestimmt, so dass ich mich auch an Antaeus wagte. Und siehe da: heftig. Wenn der früher noch stärker war... Puh, Tom Selleck mit viel Brusthaar lässt grüßen. In der Vintage-Konzentration wäre er für mich untragbar gewesen. So geht es mir auch mit vielen Serge Lutens Düften, die ich allesamt für wahre Meisterwerke halte, aber als Kunstwerke an sich verstehe, weniger als tragbare Düfte.

Antaeus jedenfalls ist in der aktuellen Variante noch dermaßen heftig und laut, dass ich ihn wohl sehr dezent dosieren muss, sollte ich ihn mir kaufen. Ich überlege noch. Aber dieser Duft ist so unvergleichlich, ja einzigartig (auch Platinum Égoïste, wie ich finde), dass ich wohl nicht drum rumkomme. Mir ist durchaus klar, dass er polarisieren wird, v. a. wenn ich ihn als 28 Jähriger trage. Meine Schwester kann ich jedenfalls so auf Abstand halten an den Feiertagen, haha. Ich finde aber, man fühlt sich mit diesem Duft auf der Haut auch nicht wie man selbst. Der Duft ist so kompromisslos und entwickelt sich eigentlich fast nicht, Hautchemie hin oder her. Der sagt einem schlicht: So bin ich. Komm damit klar, oder lass es. Daher will ich auch nicht noch die x-te Duftbeschreibung liefern. Allerdings stört mich bei Antaeus erstmal der Einstieg, so wie ein Rüpel, der beim Einsteigen in der Ubahn rumbrüllt ("Scheisse ist das voll hier!") und sich dann als zugänglicher und netter erweist, wenn man mit ihm ins Gespräch kommt. Égoïste und Égoïste P. sind da gar nicht mal so egoistisch, die passen sich viel mehr der Haut an.

Und so will ich eine Parallele ziehen, was die Chanel-Düfte mE generell in den letzten Jahren ausmacht. Pour Monsieur: zurückhaltend, schön (beide Varianten). Antaeus (solitär, alleine stehend, unvergleichlich). Égoïste (sehr gut) und PE (wunderbar, ich mag PE viel mehr). Dann Allure Homme, Bleu samt Flanker (teils iO, teils nicht. AHS war mein erster echter Duft überhaupt, habe ich geliebt).

Ich denke in dieser Reihe zu erkennen, dass Chanel weg von unverwechselbaren Düften, die Mut beim Tragen erforderten, hin zu benutzerfreundlicheren massenkompatibleren Varianten gegangen ist (allesamt chanel-elegant, aber auch mE teils austauschbar). Dass es auch anderes geht und man auch leise Düfte (Pour Monsieur, null Sillage) und die obigen lauten kreieren kann, haben sie ja bewiesen.

Was Chanel seit Ende der 1990 fehlt, ist der Mut einen echten Kracher à la Égoïste oder v. a. Antaeus zu lancieren, auch der wird sich verkaufen. So wie alles es tut, wo nur Chanel draufsteht. Wohl aber weniger Marge bzw. Gewinn bringt, als noch ein Flanker von Allure Homme etc.

Es bleibt zu hoffen, dass Chanel niemals einen seiner Kern-Parfums im Herrenduftsegment einstellt. Wobei das vielleicht dann Sinn macht, wenn sie die ursprünglichen Varianten zu Tode reformulieren (vgl. Cool Water, Zino, etc.), was gottlob noch nicht (ganz) der Fall ist. So ist Antaeus für mich, wenn auch heftig, wenigstens aktuell tragbar, was nicht so schlecht ist.
4 Antworten
CJS vor 8 Jahren 9 2
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Ambre Sultan rück das Oud heraus!
Mh. Aha, na gut. Schicke Aufmachung, preislich im Rahmen, schöne Präsentation. Hätte ich diesen Duft blind gerochen, ich hätte ohne zu zögern gesagt "Ambre Sultan light". Die Myrrhe dominiert von Anfang an gegenüber dieser saftigen Mandarine, ich meine auch etwas süße Vanille zu riechen. Und Schluss. Wo ist hier bitte das schon fast sagenumwobene Oud mit seiner Rauchigkeit, dem düsteren, holzigen Charme? Oder als helle, strahlende, leichte Variante? Keine Ahnung! Ich hab es nicht errochen. Die Mandarine der Kopfnote ist schön, süßlich und bewusst leicht, die Myrrhe präsent und gibt dem Duft das Rückgrat. Vom Oud in der Basis aber keine Spur, dazu überlagert die Harzigkeit alle anderen Noten zu stark. Ambre Sultan ist ein wirklich hervorragender, für mich fast untragbarer lutens'scher Duft. Aber der hier: Als würdiger Ersatz kann ich den jedem empfehlen. Ich muss leider sagen, dass man hier auf den allzu "Kaufanreiz-steuernden" Impuls des Ouds setzt und auch den ganzen Duft danach benennt. Sehr schade, authentischer wäre es gewesen, man hätte das ganze nur "Al Sahraa" genannt, denn die Myrrhe ist wirklich traumhaft umgesetzt. 70% sind großzügig. Wäre das Oud auch nur IRGENDWIE präsenter, wären es 90. So kann ich nur sagen: Bravo Monsieur Lut... äh Berdoues, Sie haben Ambre Sultan eine tragbarere Light-Variante gegeben! Chapeau, aber namenstechnisch eine Mogelpackung.
2 Antworten
CJS vor 9 Jahren 1
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
6
Duft
Juicy-Fruit mit Menthol
Der erste Kommentar zu diesem Duft soll ja kein Verriss werden, oder? Nein, eigentlich nicht. Aber so richtig warm werd ich mit dem Neuling von Toni Gard auch nicht.

Synthetisch ist er auf jeden Fall. Eine Mischung, die riecht wie ein "Tropical Melon"-Mix, mit Ananas, Melone, Mandarine und viel von dem, wonach die o.g. Kaugummis riechen. Alles überlagert vom kühlen, gar eisigen Lavendel- fast könnte man sagen, eine starke Menthol-Note. Die Kaugummi-Komponente ist gottlob nur in der Kopfnote spürbar, danach bleibt es bei der etwas banalen, kühlen Frische- leider ist die Synthetik doch recht ausgeprägt. Das hätte wirklich was werden können, weil vor allem die Lavendel/Menthol-Frische doch ganz schön ist. Den Namen "Sea Side" finde ich sehr unpassend. Weder kommt bei diesem Duft ein maritimer Einschlag durch, noch riechen Strand und Meer nach Kaugummi. Aber sei's drum, soll wohl nur im Sinne des Marketing jeder mit der Nase draufgestoßen werden, dass es sich um einen kühlen, frischen Duft handelt. Sandelholz und Tee nehme ich nur in Spuren war, ob das nur mir so geht? Das Menthol reißt es für mich dann doch knapp über 08/15, also etwas mehr als durchschnittlich. Eigenwilligere Duftumsetzungen der aktuellen Sommerdüfte sind z.B. L'Homme Ideal Cologne von Guerlain oder Diors Eau Sauvage Cologne. Als eisiger Vertreter auch das L'Eau Froide von Serge Lutens aus 2012.

Alles in allem kein Duft den man haben muss, bei dem man aber auch wirklich nicht viel falsch machen kann.
Mal sehen wann uns endlich die heißen Sommertage blühen, ich freue mich schon- es stehen so viele Sommerdüfte im Regal die getragen werden wollen!
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