Chanelle

aber Guerlain's Gardenie macht ihn schöner, den Sommer 2023. Grausam ist sie überhaupt nicht. (Wenn ich einen Gardenienduft grausam nennen würde, wäre es Jungle Gardenia von Coty)
Aber wie das bei Guerlain oft so ist, nicht mal "Gardenia" ist wirklich treffend für diesen zwar blumig zu nennenden, aber nicht schwülstigen, sommertauglichen L'Art-et-Matiere-Klassiker.
Da ich diesen Sommer selten zuhause bin, habe ich mir ein random Probenpäck für "Chanelli-on-the-road" geschnappt, zusammengestellt aus Düften, von denen ich dachte, sie noch nie kommentiert zu haben. Bei ein paar lag ich falsch, zB Creed Santal Royal, aber die sogenannte "grausame Gardenie" fristete bisher unverdienterweise ein unrezensiertes Schattendasein. Dabei sollten ihre Vorzüge unbedingt an's Licht:
Die Kopfnote ist erfrischend grün und zitrisch, Neroli und Rose geben ihr bald schon Ausdruck und Volumen. Schön samtig wird der Duft dann nach einiger Zeit auch. Nun erinnert er mich nicht mehr so stark an Neroli Outrenoir, wie zu Beginn, sondern man kann mit Fug und Recht behaupten, daß eine etwas opulentere, cremige Gardeniennote durchkommt. Sommernächte in der Südsee, Hula-Hula, Bora Bora, Ukulele, TÜV-fällige Vintage Ami-Schlitten in Bonbonfarben, kurze Rüschenkleidchen und Hawaii-Hemden tauchen kurz vor meinem geistigen Auge auf, aber verschwinden gottseidank auch schnell wieder und ich kann mich stundenlang ohne Elvis am Summernights-under-twinkling-Stars-Feeling ergötzen.
Trotz dieser Assoziationen ist dieser Duft zu keiner Zeit süß oder schwer zu nennen, höchstens vollblumig-samtig mit leichtem Frischekick. Erstaunlich lange wahrzunehmen und mit sehr schönem, sandelcremigem Drydown.

Seitdem ich von Prada obsessed war, überlegte ich, was ich mir von diesem Label gönnen könnte. Im Laufe der Jahre kamen da nur ein paar Düfte in Frage, die ich meiner Sammlung einverleibte, weil sie einfach gut waren - und immer noch sind - und ich sie auch gekauft hätte, wenn sie von La Rive gewesen wären (ok, nicht vom Wendler, irgendwo ist Schluß). Natürlich war ich damals skeptisch, ob Candy nicht ein totaler Flop werden würde, denn der Duft hat sich sehr weit aus dem Prada-Fenster gelehnt, aber mittlerweiler ist er ein anerkannter Hit. Die Olfactories sind fast durchweg genial, und die Infusions mehr als ihr Geld wert. Wie verhält es sich nun mit diesem niedlichen Flacon?
Ich habe ihn mehrmals getestet, um ihm alle Chancen zu geben, denn ich wollte ihn ja wollen. Aber bis auf die Flaconform hat mich nichts bezaubert, auch wenn Hermine, die süßeste Hexe der Potter-Saga, dafür wirbt...
Birnen (vor allem die eßbaren Sorten, inkl. Nashi) sind mir sympathisch. Ich habe auch ein paar birnenlastige Düfte, dabei ist auch einer aus der Aqua-Allegoria-Serie, die ja bekanntlich nicht übermäßig gourmand oder aufdringlich sind (hint, hint).
Ich hätte auch gerne den "alten" Paradoxe von Pierre Cardin mal kreuz-verglichen und quergetestet, wenn ich derzeit die Möglichkeit gehabt hätte, in meinen Katakomben danach zu fahnden, aber das geht gerade aus Gründen nicht.
Hermine's Paradoxe startet sehr süßbirnig, supergourmand, die erwarteten "zähmenden", frischeren Noten kommen nicht merklich durch.
Schnell schon assoziiere ich Mugler's Alien während der weiteren Duftentwicklung dieses Wässerchens. Sehr präsent, sehr ambroxanlastig, vanillig, nicht unbedingt zaghaft, keinesfalls office-tauglich. Die Orangenblüten-Assoziation ist recht hübsch, wenn man sie zwischen den anderen, weniger natürlich anmutenden Faktoren erriechen kann.
Wie auch bei Alien ist die Haltbarkeit fabelhaft. Leider, möchte ich fast sagen.
Alien reicht mir, Alien Pear Orangeblossom brauche ich nicht unbedingt.
Nun bleibt es bei den beiden Prada-Sonnenbrillen (eine ist leider wohl nicht mehr auffindbar, und zwar die, die mir stand) und meinen teilweise seit 20 Jahren gehorteten Prada-Düften, Paradoxe kann nicht bleiben, ich spare jetzt für ein Paar Prada-Schuhe.

...oder auch "Die 90er haben angerufen, sie wollen ihre Powerhouses zurück".
SUN fiel mir vor einiger Zeit als vintage Version wieder in die Hände und weckte natürlich zahlreiche Erinnerungen an die Glanzzeit der "deutschen" Parfumerie (und die der schlechten Musik). Jil-Sander-Düfte aus jener Zeit waren fast durchgängig so gut, daß man jetzt noch irre Summen dafür zahlt, um nochmal ein Fläschchen Man Pure oder Woman Two besitzen zu können, daß dann hoffentlich noch nicht allzu sehr gelitten hat. Mein neues, altes Sun riecht wie damals, oh Glückes Geschick!
Tatsächlich riecht es aber auch wie Vahina von Sylvaine Delacourte. Wieso ist mir das vorher nicht aufgefallen? Vahina ist imho der beste, aber auch teuerste Sun-Dupe, wohl unbeabsichtigt von Madame Delacourte, aber ohne Zweifel.
Der Schöpfer des "deutschen" Sun ist übrigens ein ganz großer, der auch andere Legenden erschaffen hat: Pierre Bourdon. Kouros ist auf seinem Mist gewachsen. Nuff said.
Sun trifft auf meine heute schon leicht sonnenverwöhnte Haut und entfaltet sofort die volle Sonnencreme-Vanille mit dem Saft reifer Orangen. So intensiv spielerisch-sommerlich riecht kein anderer Duft. Noch immer befindet er sich im unteren Preissegment und ist seinen Preis mehr als wert.
Die Orangen werden im Duftablauf zunehmend würziger und fast schon rauchig, die Cremigkeit kommt langsam ein wenig abhanden. Tonkabohnen winken aus der Ferne, der Duft wird süßer.
Er verliert langsam den Anspruch, ein Sommerduft zu sein, denn leicht ist er jetzt wirklich nicht mehr zu nennen. Wenn man frische Orangen riechen will, greife man lieber zu Orange Sanguine oder zum guten Hohes C mit Fruchtfleisch.
Der Duft hat eine ziemliche Sillage, daher roch und riecht man ihn immer noch, auch wenn die Kollegin das Büro schon vor 10 Minuten verlassen hat (Erfahrungswert) und krasses Durchhaltevermögen hat er auch, nur ohne Orangen, denn die bleiben irgendwo auf der Strecke und Vanille/Tonka siegt, erwartungsgemäß.
Trotzdem sollte er in keinem Haushalt fehlen. Bei mir ist er auch wieder eingezogen und ich merke jetzt erst, wie gut das tut.

Mein Beitrag zu meinem 12. Parfumo-Geburtstag!

Wie beim neuen Habit Rouge Rouge Privé bin ich positiv überrascht, vielleicht noch positiver, und fange an mich zu fragen, was mit mir los ist. Der ideale Platin-Privatmann ist wieder mal besser als die letzten schwarzen Kleidchen von Guerlain. Ist es die Menopause? Oder kommen meine maskulinen Anteile einfach hoch, jetzt, im besten Frauenalter? Haben Sam Smith und Kim Petras etwas damit zu tun?
Ich glaube nicht.
In der Vergangenheit habe ich mich schon oft mit angeblichen Herrendüften eingedieselt, zum ersten Mal mit dem Ur-Fahrenheit, Ende der 80er. Frau, war der genial. Ich konnte nicht genug kriegen.
Und da ich heute, absolut trendgerecht, keine Geschlechtertrennung mehr akzeptieren möchte, sollte man auch das lästige "L'Homme" weglassen. Marc Almond wäre ein guter Name. Ich schweife ab...
Tatsächlich ist LHIPP ein unbestrittener Verwandter des Cologne, aber in der Version für Fortgeschrittene. Auf Anhieb rieche ich allerhand Noten heraus, die im Cologne nicht oder nicht merklich zu finden waren. Ich habe auch die ganze Zeit eine ingwerartige, süßlich-würzig Frische in der Nase, aber das wird nur ein ausgeklügeltes Zusammenspiel der Mandel mit den zitrischen und pfeffrigen Noten sein, denke ich mal.
Der Ablauf insgesamt ist klassisch.
In der Kopfnote saftige, recht natürlich-zitrische Grapefruit, nach ca. 15 min zunehmend grüner, leicht holzig und erst nach einer Stunde oder so kommt seine Herkunft wieder durch, die cremige Mandel, diesmal in Vetiver mariniert.
Die Haltbarkeit und Sillage ist beim HRRP besser, beim gestrigen 1. Test habe ich nach 3 Stunden nur noch schwache Vetivermandel gerochen, die dann lange skinnig noch zu riechen war.
Insgesamt aber superschöne Variante für nicht allzu heiße Tage, ansonsten evtl. zu gourmandig.

...dann können wir über HR L'Instinct getrost das rote Mäntelchen des Schweigens ausbreiten.
Ich war super gespannt auf den neuen, noch röteren Habit Rouge, nachdem die ersten Stimmen dazu schon überwiegend in's Schwärmen geraten waren. Mit dem gottgleichen, aber extinkten Extrait wurde er verglichen, mit dem ebenso schmerzlich vermissten UR-Habit brachte man ihn schon in Verbindung, die auf eine Rückkehr des perfekten, aber gourmandigen HR Dress Code hoffenden jedoch waren nicht so zufrieden.
Ich sehe ihn als ziemlichen Volltreffer an. So wie die Millesime-Shalimars der letzten 2 Jahre ist auch der männliche Gegenpart dazu bestens geeignet, eine Fangemeinde um sich zu scharen. Hörte ich limitierter Flanker? Dann aber bunkern, wer ihn kennen und lieben gelernt hat.
Der erste Aufschlag, der Eindruck der ersten Minute ist schon einmal sehr ansprechend. Natürlich bin ich als Weib nicht der potentiell wichtige Käuferkreis für den Duft, es sei denn, ich möchte ihn an einem Herren meiner Wahl oft und gerne wahrnehmen, denn der letzte Herrenduft, den ich selbst benutzt habe, und zwar eine ganze Flasche davon, war Fahrenheit in den späten 80ern.
HRRP verführt mit einer würzigen, aber pudrig-sauberen Kopfnote, die mir sehr gefällt. Es blitzen zitrische Einflüsse auf, zum Glück aber nasenschmeichlerisch weich und nicht pieksig. Der Duft gewinnt an Fahrt und an Leder. Butterweiches, warmes, edles Würzleder mit einer leicht süßlichen Irisbutter (?). Jedenfalls schön -und eher das Gegenteil der Brachialleder,die ich in letzter Zeit gerochen habe. Edel, aber nicht zahm.
Patchouli gibt dem ganzen ein langes Leben und ein wenig Erdnähe.
Die Haltbarkeit ist sehr gut, Preis/Leistung auch absolut im Rahmen.
Toller Flacon, wertig und edel.
What's not to love?