Duftsucht

Duftsucht

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11 - 15 von 137
Duftsucht vor 4 Jahren 23 11
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Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
In den Gärten des Serails
Eigentlich dürftest du ja gar nicht bei mir wohnen! Eigentlich hatte ich mir ja selbst geschworen, dass nur noch Düfte meiner wirklich klein gehaltenen Wunschliste in meine Parfümschubladen einziehen dürfen. Aber was schert mich mein Gewäsch von gestern!
Bei einem wunderbar entspannenden Besuch in meiner Heimatstadt Wien, der traditionell immer von ein wenig Parfum schnuppern gekrönt wird – ich berichtete an anderer Stelle schon ausufernd – testete ich eigentlich eher zufällig „Azemour Les Orangers“.
Zuerst vorsichtig auf ein Duftstreifchen gesprüht, entzückte mich sofort die strahlende Orangen- und Zitrusfrische. Es ist der ölige Duft, der entsteht, wenn man Orangen schält oder noch viel mehr beim Ziehen von Orangen- und Zitronenzesten. Nicht der süßere Geruch des Saftes, sondern eine frische Explosion an bitter-zitrisch-herb, die mich tief Luft holen lässt.
Momentan besteht mein Mittagessen aus Joghurt mit frischen Früchten. Eine Orange ist fast immer dabei und jedesmal, wenn ich die Orange schäle, schnuppere ich auch an meinem Handgelenk: Jupp, genau so ist sie, diese Kopfnote von „Azemour“, exakt wie die schönste, saftige, frische Orangenschale! Ich bilde mir ein, deutlich die Zitronatzitrone zu riechen, die ich auch in anderen Düften sehr schätze durch ihre weniger gleißende Zitrik, die irgendwie immer etwas weniger spitz als Zitrone und wie abgedunkelt und dadurch eleganter wirkt.
Hier ein kleiner Exkurs zu allen, die Reinigungsmittel mit Orangenduft riechen: Ich kann das zwar absolut nachvollziehen, aber meine Nase jubelt bei „Azemour“ und konstatiert, dass es sich hier um „the real thing“ handelt – wie gesagt: ich kann es nicht lassen, immer mal wieder den Duft der frischen Schale mit dem Parfum zu vergleichen, so fasziniert bin ich von diesem Beginn.
Doch der fulminante Orangenton ist nur der Auftakt. Fasziniert atme ich weiter tief ein, während sich ein wunderbarer Reigen weißer Blüten dazugesellt. Orangenblüte ohne Zweifel, ich würde auch Jasmin und etwas später Rose zusätzlich glauben. Der Duft bleibt ohne (künstliche) Süße, sondern gewinnt eher an leicht pfeffrig-fruchtig-holziger Würze. Etwas Grün kommt wie gedankenverloren und ganz selbstverständlich dazu und ergänzt das helle Bild aufs Schönste. Ganz im Hintergrund nehme ich eine leise saubere Salznote wahr. Sie scheint ausschließlich dafür geschaffen zu sein, bei mir akutes Fernweh auszulösen.

Fernweh nach nie gesehenen Orangenhainen, nach Gärten inmitten klarer Wüstenluft, eifersüchtig geschützt durch hohe Mauern. Doch ab und an hebt ein leichter Wind vom Meer her an, bewegt leise die Kronen der alten Bäume, die sich über die Mauer erheben und bringt mir sachte ein Geschenk: den Duft von Blüten, Gewürzen und Früchten, den Duft von Azemour Les Orangers…
11 Antworten
Duftsucht vor 4 Jahren 9 6
9
Flakon
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Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Keine Angst vor Edel-Seife!

Seifigkeit hat mich in Düften lange abgeschreckt – bis mich zwei vollkommen unterschiedliche Düfte zweier großer Dufthäuser bezauberten. No 22 von Chanel mit seinem für meine Nase unüberriechbaren Anklang an die gute alte Kernseife – und Jicky (Extrait) von Guerlain, bei dem auch meine Schwiegermutter immer anerkennend schnuppert, um dann charmant zu fragen: „Hast du eine neue Lavendelseife gekauft?“. „Edwardian Bouquet“ startet mit einem fast nüchternen, seifigen Statement. Nix lieblich, nix blumig-leicht, sondern ein fundamental-sauberer Start mit klassischer Hyazinthen-Seife und viel Grün.
Fast höre ich eine Gouvernante sagen: „No nonsense, ladies!“, während sie ihre jungen Schützlinge, die beim Anblick zweier junger Männer ins kicherndes Getuschel verfallen, ermahnt. Die Gouvernante ist aber keineswegs eine alte Schreckschaube à la Fräulein Rottenmeyer, sondern eine intelligente, vielseitig interessierte, kultivierte, elegante Frau mit einem Faible für feines Porzellan, gepflegt intellektuelle Gespräche und ausgestattet mit einer guten Portion sarkastischen Humors.
Und „Edwardian Bouquet“ ist genau ihr Duft. Denn der nüchterne Start weicht nun einer etwas weicheren Blumigkeit, in Schach gehalten von reichlich Grün, das perfekt verhindert, dass die manchmal fast penetrante Würzigkeit der Hyazinthe den Duft zu einem monothematischen Wässerchen macht. Sehr früh mischt auch die ernste, ein wenig dunkle Basis des Duftes mit. Ein wenig Eichenmoos, vor allem aber Patchouli, das an die dunkle Erde eines frisch umgegrabenen Blumenbeets erinnert, und Sandelholz, das am Ende des Duftgenusses noch eine dichte Puderkomponente beisteuert.
Im Vergleich zum schönen „Bouquet de la Reine“ des gleichen britischen Traditions-Dufthauses ist „Edwardian Bouquet“ weniger fruchtig-leicht, eher herber, nüchterner und gleichzeitig würziger. Sie gefallen mir beide wirklich sehr, diese Floris-Blumensträuße – und wer weiß, vielleicht wird ja in der Zukunft auch dieser hier bei mir ein Plätzchen finden, an dem er blühen kann!
6 Antworten
Duftsucht vor 4 Jahren 18 8
Hüte&Scones, Strawberries&Cream

Also britischer kann ein Duft wohl kaum mehr sein als „Bouquet de la Reine“! Eines nehme ich gleich vorweg: Die Duftpyramide zu studieren – was bei einem Blindkauf wie diesem ja unumgänglich ist, führte mich völlig in die Irre. Die klang für mich so, dass ich mich innerlich fast auf etwas Mitsouko-artiges eingestellt hatte. Aber tatsächlich ist „Bouquet de la Reine“ very british, indeed! Kühl, zurückhaltend, diszipliniert, elegant, schlank.
Es ist schon eine echte Kunst, Tuberose und Ylang-Ylang so zu bändigen, dass sie fast durchscheinend wirken, als wäre ihr strahlender Glanz in einem Glashaus gefangen, durch dessen schon lange nicht mehr gereinigten Scheiben grünlich gedämpftes Licht fällt. Und so mutet das Bouquet auch ein wenig viktorianisch an – wie einige anderer Floris-Düfte auch, die ich getestet habe.

Der Blumenstrauß startet für meine Nase fast völlig ohne Blumen, sondern mit viel Grün und viel Frucht – und zwar dezidiert roten, säuerlichen Beeren. Fruchtig ist ja nicht so meine liebste Duftrichtung in Parfums, aber hier ruft es bei mir ein Bild aus lange vergangenen Sommertagen hervor: inmitten des großen alten Buschs stehend Ribisel (rote Johannisbeeren) pflückend. Beim Abrebeln der kleinen vollreifen Früchte platzt die eine oder andere auf und verbreitet ihr charakteristisch süß-sauer-herbes Aroma in der vom Sonnenschein aufgeheizten Luft. Ab und an zerreibt man auch ein Johannisbeerblatt und ein frisch-grüner Ton gesellt sich harmonisch dazu.

Erst allmählich klingen die spitz-fruchtig-grünen Töne ab, werden sanfter und nun kommt auch das Blumenbouquet, das darunter im Verborgenen zart eingebettet liegt, zum Vorschein. Ich kann, wenn ich meine Nase darauf konzentriere, Tuberose und Ylang-Ylang riechen – und tatsächlich, ein Pfirsichhauch schwebt auch darüber. Und trotzdem, wie ich bereits zu Beginn beschrieb, es bleibt ein englischer Garten, in dem auch Maiglöckchen und Blausternchen blühen, nicht zu ordentlich, sondern so wie die phantastischen englischen Gärten eine unglaubliche Mischung aus gebändigter Überfülle, formalen Elementen und scheinbar absichtsloser Unordnung.

Genau so langsam und bewusst genießerisch wie der Wechsel von der Kopf- zur Herznote geht es ganz allmählich über in die Basis. Das zarteste helle Holz, eine Ahnung von herbeigewehter Vanille runden das Bouquet gegen Ende hin perfekt ab.

Ich bin begeistert von diesem Duft – und freue mich, dass ich bei der Bestellung gleich reichlich Proben mitorderte – denn ich bin mir fast sicher, dass es da noch einige andere Schönheiten zu entdecken gibt.

PS: Und wieder mal ein (inzwischen schon etwas vorsichtiger, du weißt, denke ich, warum) Dank an Susan, deren Statement mich dazu brachte, beim lange geplanten Kauf des wundervollen „Lavender“ des gleichen Dufthauses spontan auch noch dieses königliche Sträußchen hinzuzufügen!

8 Antworten
Duftsucht vor 4 Jahren 12 6
9
Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
9
Duft
Die Träumereien vergangener Tage

Mein erster Weg auf meiner letzten London-Parfumpirsch führte mich direkt in die 89 Jermyn Street zum Stammhaus von Floris. Eigentlich nur als Abstecher geplant, um „Lavender“ kurz aufzusprühen und gleich mitzunehmen. Mit klassischen Lavendeldüften kann man bei mir nicht nur fast nichts falsch machen – nein, man kann mich damit auch wahrhaftig in Verzückung versetzen!
Umso größer war meine Enttäuschung als der nette Verkäufer auf meine Frage nach Lavendel-Düften mir alle möglichen Schätzchen präsentierte, nicht aber diesen schlichten „Lavender“. Auf Nachfrage meinte er, der Duft sei nicht mehr im Programm, dass aber Floris aus ihm unerfindlichen Gründen in irgendeinem Lagerhaus noch etwas horten würde - und dass sie immer beim Abverkauf nach Weihnachten online zu bestellen seien.
Nur halb getröstet begab ich mich stante pede zu Fortnum &Mason, das ganz in der Nähe ist, um mich dort über meinen Kummer mit einem Flakon „Sylvan Song“ von Grossmith hinweg zu trösten. Seitdem lauerte ich und tatsächlich, nach Weihnachten tauchte „Lavender“ zum Spottpreis im Onlineshop von Floris auf und wurde prompt bestellt.
Und nun sitze ich gemütlich in dem Lehnsessel, der noch vom Urgroßvater meines Mannes stammt, so ein richtig wundervoll altmodisches Barockmöbel mit geschwungenen gepolsterten Mahagoni-Armstützen, die Rückenlehne eingefasst von einem aufwändig geschnitzten, verschnörkeltem Holzrahmen. Selbstverständlich mit dazu passendem Fußschemel und wunderbar bequem, wie ich euch versichere.
Vermutlich fragt ihr euch nun, was so ein Uralt-Möbel mit Floris Lavender zu tun haben soll. Sehr viel sogar!
Denn der Duft passt wunderbar stimmig zu diesem Möbelstück: Alt-modisch im besten Sinn des Wortes, gediegen, perfekt gearbeitet, liebevoll gestaltet und dabei absolut zeitlos. So wie der Urgroßvatersessel einen Blickfang in dem sonst ganz modern eingerichteten Zimmer bildet, dabei aber nicht als Fremdkörper oder antiquiert wirkt, sondern mit der ganzen Würde seines Alters einfach IST, so ist auch Lavender ganz selbstverständlich da, als ob er schon immer in diesem Raum geschwebt hätte.
Bisher hätte ich ja behauptet, dass Island Lavender von Caldey der schönste Lavendelduft ist, den ich kenne, nun gerate ich aber ins Grübeln. Zu Beginn finde ich die beiden gar nicht unähnlich, ein glasklarer, transparenter heller Lavendel nimmt mich sofort gefangen. Nicht krautig-drahtig oder scharf, sondern mild, frisch und überhaupt nicht seifig. Doch bei Floris verbirgt sich hinter der wundervollen Kopfnote noch weit mehr. Vielleicht ein Veilchen mitsamt Blatt – oder eine andere bescheidene Blüte. Es ist ein sehr natürlicher, seelenvoller Genuss, bar jeder Synthetik. In der Tiefe vermag ich ein wenig edles Holz zu riechen, das Lavender eine gewisse Substanz verleiht.

Der Duft versucht überhaupt nicht, vorzugeben, etwas anderes zu sein, als das, was er ist. Ein einfacher, eleganter, zurückgenommener Hauch, vielleicht eine vage Erinnerung an frühere Zeiten, als das Schlichte noch großen Genuss bedeutete und die Saturiertheit noch nicht überhand genommen hatte. Eine leise melancholische Träumerei längst vergangener Tage.
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Duftsucht vor 4 Jahren 26 13
6
Flakon
7
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Eigenwilliges Meisterwerk zum sich darin Verlieren..
Um manche Düfte schleiche ich lange herum, bevor ich einen Kommentar in Angriff nehme. Oft sind das aber genau solche, die mich besonders berühren und bei denen ich vor Begeisterung und Mitteilungsbedürfnis fast platze.
So geht es mir auch mit Private Collection. Ein Blindkauf, wie ich gestehen muss, mein inzwischen fast wunder Bestellfinger über die Hemmschwelle geschubst durch das Forumsthema „Wer ist euer wahrer ‚Lebensgefährte‘“, das Susan aufgebracht hatte.

Ein erstes Aufsprühen löste bei mir jede Menge Assoziationen aus – insbesondere auch an mehrere andere Düfte. Und so habe ich die letzten beiden Tage damit verbracht, immer mit Private Collection auf einem Arm und mit Chanel N 19, Fragonard von Fragonard und Diors Diorella (natürlich einer nach dem anderen…) Probe zu schnuppern. Erst, als mir ein Kollege in einer gefühlt unendlich lange dauernden Sitzung eigenartige Blicke zuwarf, weil mein Kopf irgendwie schlangenartig permanent von einer Seite zur anderen pendelte und mich daraufhin die Angst befiel, jemand könnte eventuell beginnenden Rinderwahn bei mir diagnostizieren, bekam ich mich wieder in den Griff und beschloss: Es ist Zeit für einen Kommentar!

Tatsächlich: mit all den genannten Düften hat Private Collection irgendetwas gemeinsam. Doch das Geißblatt ist bei Fragonard lieblicher und eine Spur süßer, bei Diorella ist es von zitrischer Schärfe überlagert – insbesondere zu Beginn. An Chanel N 19 hat mich die grüne Komponente der Kopfnote erinnert – dort ist sie aber dunkler und geht ins moosig-waldige. Private Collection ist ein Duft, der all diese Vergleiche wahrlich nicht zu scheuen braucht. Mich erfüllt er fast mit ein wenig Ehrfurcht, denn er ist kein einfaches wohlriechendes Wässerchen, das man in der Früh gedankenverloren aufsprüht und das man irgendwann im Lauf des Tages einfach vergisst. Nein, er ruft sich immer wieder ins Gedächtnis und scheint mich herauszufordern, das Geheimnis seiner Vielschichtigkeit und Wandlungsfähigkeit zu ergründen.

Der Beginn ist ein Paukenschlag in Grün. Und zwar nicht zartes, süßliches Lindgrün, nicht moosstreichelzartes Dunkelgrün, nicht Tannengrün, und auch kein exotisches Dschungelgrün, sondern das Grün frisch geschnittener Stängel – Annarosas Vergleich mit Löwenzahn finde ich hier tatsächlich sehr treffend. Sofort entsteht vor mir die Erinnerung, als wir als Kinder Blumenkränze aus Löwenzahn zusammensteckten. Der Stängel musste dabei mit dem Fingernagel eingeschlitzt werden, um den nächsten Halm durchzustecken. Für mich nagelkauendes, ungeduldiges und nicht mit besonderer Geschicklichkeit gesegnetes Kind eine echte Herausforderung, die nicht nur einmal in Wutanfällen und schmählich hinterlassenen Blüten endete – der herbe Duft der Löwenzahnmilch und der angeritzten Stängel ist aber tief in meinem Duftgedächtnis verankert…

Das Grün, mit dem mich der Duft begrüßt, hat eine leichte Bitterkeit – und macht sofort ein klares Statement. Das ist ein erwachsener Duft und von lieblich-niedlich meilenweit entfernt. Doch schon bald erstrahlt inmitten des herben Grüns ein wundervolles weißes Geißblatt, dessen Naturduft ich geradezu verfallen bin. Bisher war Fragonard von Fragonard (neben dem alten Chevrefeuille von Yves Rocher, dem sicher nicht nur ich hinterhertrauere!) mein liebster Geißblatt-Duft. Nun habe ich zwei – den leichter zugänglichen, etwas lieblicheren, romantischeren Fragonard und dieses strahlende und doch irgendwie auch kühler-distanzierte erwachsene Geißblatt, das Blume, Blatt und später Erde und Holz perfekt miteinander verbindet. Das Tüpfelchen auf dem i ist für mich aber ein Hauch geheimnisvoller Würze, ganz zart ins Bittere gehend, der immer wieder meine Aufmerksamkeit auf sich zieht und dem Duft eine charmante Eigenwilligkeit verleiht – und fast vermeine ich, ein verführerisches Raunen zu vernehmen: „Erforsche mich, folge mir, lass dich verführen, verliere dich selbst, vielleicht wirst du ja dann das Geheimnis meiner Schönheit ergründen…“

Meinen herzlichen Dank an Susan! Du sorgst dafür, dass meine Sammlung nicht kleiner und mein Konto nicht voller – aber meine Duftschublade vielfältiger und mutiger wird!
13 Antworten
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