23.01.2020 - 05:00 Uhr
Duftsucht
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Duftsucht
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Hüte&Scones, Strawberries&Cream
Also britischer kann ein Duft wohl kaum mehr sein als „Bouquet de la Reine“! Eines nehme ich gleich vorweg: Die Duftpyramide zu studieren – was bei einem Blindkauf wie diesem ja unumgänglich ist, führte mich völlig in die Irre. Die klang für mich so, dass ich mich innerlich fast auf etwas Mitsouko-artiges eingestellt hatte. Aber tatsächlich ist „Bouquet de la Reine“ very british, indeed! Kühl, zurückhaltend, diszipliniert, elegant, schlank.
Es ist schon eine echte Kunst, Tuberose und Ylang-Ylang so zu bändigen, dass sie fast durchscheinend wirken, als wäre ihr strahlender Glanz in einem Glashaus gefangen, durch dessen schon lange nicht mehr gereinigten Scheiben grünlich gedämpftes Licht fällt. Und so mutet das Bouquet auch ein wenig viktorianisch an – wie einige anderer Floris-Düfte auch, die ich getestet habe.
Der Blumenstrauß startet für meine Nase fast völlig ohne Blumen, sondern mit viel Grün und viel Frucht – und zwar dezidiert roten, säuerlichen Beeren. Fruchtig ist ja nicht so meine liebste Duftrichtung in Parfums, aber hier ruft es bei mir ein Bild aus lange vergangenen Sommertagen hervor: inmitten des großen alten Buschs stehend Ribisel (rote Johannisbeeren) pflückend. Beim Abrebeln der kleinen vollreifen Früchte platzt die eine oder andere auf und verbreitet ihr charakteristisch süß-sauer-herbes Aroma in der vom Sonnenschein aufgeheizten Luft. Ab und an zerreibt man auch ein Johannisbeerblatt und ein frisch-grüner Ton gesellt sich harmonisch dazu.
Erst allmählich klingen die spitz-fruchtig-grünen Töne ab, werden sanfter und nun kommt auch das Blumenbouquet, das darunter im Verborgenen zart eingebettet liegt, zum Vorschein. Ich kann, wenn ich meine Nase darauf konzentriere, Tuberose und Ylang-Ylang riechen – und tatsächlich, ein Pfirsichhauch schwebt auch darüber. Und trotzdem, wie ich bereits zu Beginn beschrieb, es bleibt ein englischer Garten, in dem auch Maiglöckchen und Blausternchen blühen, nicht zu ordentlich, sondern so wie die phantastischen englischen Gärten eine unglaubliche Mischung aus gebändigter Überfülle, formalen Elementen und scheinbar absichtsloser Unordnung.
Genau so langsam und bewusst genießerisch wie der Wechsel von der Kopf- zur Herznote geht es ganz allmählich über in die Basis. Das zarteste helle Holz, eine Ahnung von herbeigewehter Vanille runden das Bouquet gegen Ende hin perfekt ab.
Ich bin begeistert von diesem Duft – und freue mich, dass ich bei der Bestellung gleich reichlich Proben mitorderte – denn ich bin mir fast sicher, dass es da noch einige andere Schönheiten zu entdecken gibt.
PS: Und wieder mal ein (inzwischen schon etwas vorsichtiger, du weißt, denke ich, warum) Dank an Susan, deren Statement mich dazu brachte, beim lange geplanten Kauf des wundervollen „Lavender“ des gleichen Dufthauses spontan auch noch dieses königliche Sträußchen hinzuzufügen!
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