Vom Unsinn sich Düfte zeigen zu lassen

Heute bleibt ihr mal von Wissenschaft verschont 😉

Die Tage war ich wieder in einem Parfümladen. Genau, Parfümladen. Es gibt Parfümerien. Und es gibt Parfümläden. In einem wird Kunst an Interessenten gegen Geld vermittelt. Im anderen wird Massenware an Kunden verkauft. Und der Unterschied macht sich bemerkt. Nein, es war nicht das türkise D am Bahnhof. Sondern eine kleinere Kette in einem bürgerlichen Viertel.

Es war einer dieser Läden, wo Selbstbedienung untersagt wird. Na gut, dachte ich mir, dann werde ich halt beraten. Vor zwei Monaten hatte ich bereits zweimal dieses "Vergnügen", als ich die ersten Schritte meiner Duftreise machte. Einmal war es eine Nischenparfümerie, wo ich nach einem kurzen inhaltsvollem Gespräch mir mit Black Orchid Eau de Parfum , "Ganymede | Marc-Antoine Barrois" und Bengal Oud direkt drei Düfte gezeigt wurden, die ich mich auf Anhieb begeisterten. Jetzt ist meine Nase und mein Vokabular ja schon besser, um schneller zu interessanten Düften zu gelangen. Mal sehen.

Mit einem freundlichen Lächeln wurde ich von einer Dame mittleren Alters begrüßt und gefragt, was ich denn suche. Ich antwortete, dass ich einen alltäglichen grünen Frühlingsduft möchte. Ach, und welche Duftnoten ich mag und welche nicht. Ich betonte, dass ich keine mainstream-artigen Designerdüfte will, besonders keine Duschgel-artigen und aquatischen Düfte und keine mit dominanten Wacholder-Noten.

Die Verkäuferin holte zielstrebig K Eau de Toilette hervor. Designer. Blau. Meine Lippen wollten eine Miene ziehen, doch ich stand dort ohne Maske. Meine Befürchtung bewahrheitete sich. Ein charakterloser Frischling, Dusche hoch Zehn. Nun gut, höflich bleiben. Ich lächelte und meinte, ich suche etwas spezielleres. Vintage war der nächste Kandidat. Oh, Barbershop-Leder? Uff, Opening volle Wacholderbeere. Aua. Als nächstes kam Original Wood dran. Brauner Flakon, Holz im Namen. Jedoch ein glasklarer Aquat. Next.

Dann kam etwas, dass sie nur einmal da hätten. Ein Flakon, der einzige der Marke überhaupt. Ombré Leather (2018) Eau de Parfum. Den kannte ich zwar schon, aber warum nicht noch mal riechen, wenn er mir doch so zusagt? Ich seh den aber eher im Herbst oder als Variationsduft. Nach meinem Hinweis, dass ich Terre d'Hermès Parfum mag, er mir aber etwas zu alt wirke, brachte sie mir den Flanker Terre d'Hermès Eau Intense Vétiver. Immerhin. Der kann was. Doch das war zu leicht. Jetzt wollte sie mir Sauvage Eau de Parfum zeigen. Innerlich hatt ich jetzt jegliche Hoffnung aufgegeben und brachte ein dezidiertes: "Nein, den nicht!" raus. Stattdessen wurd mir Green Wood präsentiert. Ob der auch aquatisch sei? Zum Glück nicht. Gefällt mir, sei mir aber zu schwach, zu gewöhnlich. Ich sprach ein Lob aus, dass dieser Duft eher in dir von mir gesuchte Richtung geht.

Wiederholt wünschte ich mir einen grünen Duft, der holzig-ledrig unterlegt sein könnte, aber gerne auch fruchtig oder blumig sein kann. Und dass nicht nur Männer-Düfte, sondern auch Unisex oder aus der Damen-Abteilung für mich in Frage kommen. Das Gender-Symbol steht eben nicht jeder Person auf die Stirn geschrieben. Da kam Voyage d'Hermès Eau de Toilette. Wacholder! Ja, steht nicht drauf, Gin assoziieren dafür einige. Bis auf diese Note trifft der Duft meinen Geschmack. Ich hab ihn mir aufsprühen lassen. Naja.

Ich bedankte mich fürs Zeigen, steckte die Teststreifen ein und verabschiedete mich. Wie kann ein Laden Selbstbedienung untersagen und auf das Zeigen der Düfte bestehen, wenn das Personal schlechter informiert ist, als eine Parfuma mit 2 Monaten Dufterfahrung? In einer knappen halben Stunde wurden mir 7 Düfte gezeigt, von denen die ersten genau dem entsprachen, was ich nicht wollte. Kaufen werde ich davon keinen. Wohl auch keinen aus dem Laden.